Innenpolitik Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
Hallo Bias, das ZDF hat erfolgreich in etwa 400 000 Videobänder digitalisiert. Darunter auch....
Mit seiner Interviewreihe "Zur Person" schrieb der politische Journalist, Publizist und spätere Diplomat Günter Gaus Fernsehgeschichte. In den 32 Folgen der renommierten und Grimme-Preis-prämierten Interviewreihe, die das ZDF zwischen 1963 bis 1966 ausstrahlte, setzte Gaus Maßstäbe für einfühlsame Filmporträts von Wissenschaftlern, Politikern und Künstlern in Form des Interviews.
Zufällig habe ich gestern einen Ausschnitt aus dem mit Hannah Ahrendt geführten Gespräch gesehen. Da es u.a. deine Argumentation in Sachen Eichmann unterstreicht, nachstehend der Link dazu. Etwas weiter nach unten scrollen und es finden sich zahlreiche von Günter Gaus geführte Interviews "Zur Person", die aus heutiger Sicht sicher aufschlussreich sind.
Er war Journalist und später Diplomat - aber vor allem war Günter Gaus ein herausragender Fragesteller. Seine ZDF-Sendereihe "Zur Person" ist legendär
Schwere Kost, am frühen Morgen.Nicht zum ersten Mal bringst Du dieses Beispiel, sozusagen als der Weisheit letzten Schluß, auch hier ignorierst Du, daß das zwar die Meinung der Arendt war, die aber keineswegs unangefochten blieb, denn ihr "Täterbild" suggerierte, daß im Prinzip alle Menschen in so einem entmemschlichten Getriebe wie e die KZs waren oder wie sie betrieben wurden, zu "Eichmännern" werden könnten, und genau das ist ihr Denkfehler sagen Kritiker dieser arendtschen Banalitätstheorie!
Die uralte Frage nach dem Bösen in der Welt.
Eine Frage, der Hannah Arendt, eine Frau, die sicherlich nicht unbedarft in Sachen Gräuel des Naziregimes war, in Jerusalem beim Eichmann-Prozess nachgegangen ist.
"I changed my mind", hat sie damals geschrieben.
Das Böse hat keine Tiefe, es wuchert an der Oberfläche, ist – was Eichmann betraf – gedankenlos und so gesehen banal.
Was da auf der Anklagebank saß, war kein Ungeheuer. Sie fand seine Argumentation ungelenk, starr an Regeln ausgerichtet und über weite Passagen läppisch. Ein Herr Mustermann, der im Dritten Reich seiner Arbeit nachging und unter Umständen nach Feierabend ein guter Familienvater gewesen ist.
Unrechtsbewusstsein?
Fehlanzeige.
Ein bürokratischer Charakter, so würde das Erich Fromm bezeichnen.
Ja, Syka, solches sind Themen, die auch mich interessieren und bei denen ich immer wieder erkennen muss: Sie lassen sich hier unter der Vielzahl all jener, die solche Fragen längst beantwortet glauben, nicht ernsthaft diskutieren.
Dabei fällt mir auf, dass das, was da oft an Antworten kommt und als schlüssig angesehen wird, der gestrig verlinkten Erklärung zum „Willensstrafrecht“ ähnelt.
Heißt, die Juristen im Reich waren gefordert, den Willen zu einer Tat – nicht erst die Tat selbst – zu erforschen (zu unterstellen, anzunehmen), die Bereitschaft zur Umsetzung zu erkennen und anschließend präventiv bewertend zu strafen oder auch freizusprechen.
Gleicht das nicht einer hier häufig zu beobachtenden Argumentation und Gegenrede auf Basis vermuteter Motive?
Sie hat nämlich schlichtweg ausgeklammert oder nicht erkannt, daß sie damit die Täter nur zu hölzernen Marionetten des Nazisystems wandelte und deren persönliche Beweggründe, Interessen, politische Orientierung und sozialen Herkünfte vollkommen außer acht ließ, und somit ist oder konnte das Böse freilich "banal sein!
Vergegenwärtigt man sich aber, daß Eichmann und alle anderen Täter und Mittäter sowohl als auch waren, nämlich gewissenlose Massenmörder als auch Familienväter, dann ist das Böse eben nicht mehr "banal", sondern einfach nur grausam, brutal, gewissen - und rücksichtslos!
Und den Bogen, den Du zum "Willensstrafrecht" spannst, der ist genau so verwaschen, wie viele Deiner Äußerungen, das Willensstrafrecht sollte die Umerziehung des Volkes zum Nationalsozialismus unterstützend vorantreiben , und mit der Höherbewertung des Willens zu einer Straftat als die Tat selber entwickelte man gleichzeitig auch eine "Typologie" von Menschen, man wollte so ja jede "Schädigung der Volksgemeinschaft " unterbinden, nicht nur mit wirklichen Verbrechern sondern auch mit Juden, Sinti, Roma, Behinderten, psychisch Kranken , Leuten die sich dem Nationalsozialismus verweigerten, und - und - und!
Auch dieses Böse war selbstverständlich nicht banal!
Edita
Edita
Hallo Bias, das ZDF hat erfolgreich in etwa 400 000 Videobänder digitalisiert. Darunter auch....Danke, Innah.
Mit seiner Interviewreihe "Zur Person" schrieb der politische Journalist, Publizist und spätere Diplomat Günter Gaus Fernsehgeschichte. In den 32 Folgen der renommierten und Grimme-Preis-prämierten Interviewreihe, die das ZDF zwischen 1963 bis 1966 ausstrahlte, setzte Gaus Maßstäbe für einfühlsame Filmporträts von Wissenschaftlern, Politikern und Künstlern in Form des Interviews.
Zufällig habe ich gestern einen Ausschnitt aus dem mit Hannah Ahrendt geführten Gespräch gesehen. Da es u.a. deine Argumentation in Sachen Eichmann unterstreicht, nachstehend der Link dazu. Etwas weiter nach unten scrollen und es finden sich zahlreiche von Günter Gaus geführte Interviews "Zur Person", die aus heutiger Sicht sicher aufschlussreich sind.
Er war Journalist und später Diplomat - aber vor allem war Günter Gaus ein herausragender Fragesteller. Seine ZDF-Sendereihe "Zur Person" ist legendär
Ich habe das Interview vom 28.10.64 mit Günter Gaus als Hörbuch und darüber hinaus auch zwei Sammlungen von Hannah Arendts langjähriger Korrespondenz mit ihrem Doktorvater, Karl Jaspers und ihrem Mann, Heinrich Blücher - jeweils erschienen bei Piper - nebst ihrem im gleichen Verlag erschienen Buch „Über die Revolution“.
Ich erinnere mich auch, den Beitrag aus der Sendereihe „Zur Person“ vor Jahrzehnten gesehen zu haben; muss wohl sehr beeindruckt gewesen sein.
Prima, dass Du gefunden und hier eingestellt hast, was ich mir alsbald mit Muse ansehen werde.
Komm gut durch den Tag und ins Wochenende.
Nachtrag: Seh gerade – das ist eine richtige Fundgrube. Danke noch einmal dafür!
Kurz und bündig:
Ich möchte es nicht versäumen hier auf die bekannte und berüchtigte und unbelehrbare Dame, trotz Gefängnisstrafen, mittlerweile ist sie 93 Jahre hinzuweisen:
Ursula Meta Hedwig Haverbeck-Wetzel ist eine deutsche rechtsextremistische Aktivistin. Sie wurde mehrmals wegen Leugnung des Holocaust zu Freiheitsstrafen verurteilt und war von Mai 2018 bis November 2020 inhaftiert. Wikipedia
Animiert durch Deinen Beitrag, Innah, habe ich auch noch einmal bei YouTube nachgeschaut, ob dort nichts über den oft beanstandeten Satz von der Banalität des Bösen zu finden ist.
Gefunden habe ich u.a. das hier:
Vieles, was sie wie worüber sagte und schrieb wird kontrovers diskutiert.
Wie sollte es auch nicht, bei einem Menschen, der so wie sie etwas durchdacht und authentisch zu sagen hat? Nur Banalitäten – um den Begriff aufzunehmen – stimmen für gewöhnlich die meisten Menschen bedingungslos zu.
Wenn eine Kontroverse argumentativ sauber und intelligent ausgetragen wird, kann es das eigene Denken beflügeln. Kann dazu beitragen, neue Perspektiven zu entdecken und einzunehmen.
Doch dazu gehört Interesse, Verstand, Neugier und Aufgeschlossenheit.
Es klingt hart, aber ich denke aktive Art und Weise in der Nazizeit darf nicht unter den Teppich gekehrt werden.
Seht es so, was für ein " Glück", dass er nicht viel früher aufflog.
Da war viel Zeit sich zu stellen , zu bereuen, und zu zeigen dass er wirklich bereut .
Alter sollte da keine Rolle spielen.
Gerade wo wir in einer Zeit leben, wo viele die böse Vergangenheit leider vergessen haben.
Es grüßt paris 2
Wenn wir noch lange darüber diskutieren, wird die Natur uns die Antwort geben.....
Es klingt hart, aber ich denke aktive Art und Weise in der Nazizeit darf nicht unter den Teppich gekehrt werden.
Seht es so, was für ein " Glück", dass er nicht viel früher aufflog.Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für diesen Beitrag - ich empfinde es genau so und zwar als Zeitzeugin dergestalt ,dass ich als junge Studentin die Prozesse gegen Nazis, Auschwitz usw, initiiert durch Dr. Fritz Bauer, mit Interesse verfolgte und zudem durch familiäre Gegebenheiten sehr früh mit diesem verbrecherischen Tun der Nazis in Berührung kam.
Da war viel Zeit sich zu stellen , zu bereuen, und zu zeigen dass er wirklich bereut .
Alter sollte da keine Rolle spielen.
Gerade wo wir in einer Zeit leben, wo viele die böse Vergangenheit leider vergessen haben.
Es grüßt paris 2
Das war und ist lebensprägend für mich geworden bis heute.
Auch dieser alte Mann,der anscheinend nicht bereit ist, zu dem sich nähernden Lebensende Frieden mit sich und anderen zu machen, wird vermutlich lange Zeit gedacht haben - als er " normal" in der DDR und später Gesamtdeutschland lebte, dass ihn sicher keiner mehr belangen würde.
Es ist richtig, dass er sich getäuscht hat und die noch ausstehenden Prozesse müssen ebenfalls geführt werden, wenn die Delinquenten nicht vorher sterben sollten.
Die Nachfolge-Nazis versuchen in unserem Land immer stärker zu werden - und sie verhöhnen u.a. unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat und fordern eine Abschaffung des "Schuldkults" - so nennen sie das grösste Menscheitsverbrechen aus deutscher Hand. Olga
Spätestens mit der Wiedervereinigung hätte man ihn vor Gericht stellen können, dem MfS war seine Vergangenheit ja bekannt. Deren Akten wurden ja penibel ausgewertet.
Andererseits - wenn der Mitautor und Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, ein gewisser Hans Globke, in der postfaschistischen Bundesrepublik der 50-er Jahre steile politische Karriere machen könnte, und als Chef des Kanzleramtes unter Adenauer wesentlichen Einfluss auf die Nachkriegspolitik der BRD-alt hatte, braucht man sich nicht zu wundern über den watteweichen Umgang mit Altnazis.
Globke übrigens wurde in der DDR aufgrund seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Abwesenheit zu lebenslänglich verurteilt.
Ich habe von Ihn en nichts anderes erwartet als dass Sie wieder mal Herrn Globke herauskramen, der seit 50 Jahren tot ist.
Was mich aber an dem aktuellen Fall des früheren DDR-Bürgers sehr erstaunt, ist wie dort antifaschistisch bis zum Untergang des Landes agiert wurde.
Da wurde zwar das Volk mit einem sog. antifaschistischen Schutzwall eingemauert, um es vor den Faschisten,die alle im Westen leb(t)en zu schützen oder was auch immer und übersah die eigenen Gewächse, die im eigenen Land fruchtbar gedeihen konnten.
Warum hätte dieses selbsterklärte, antifaschistische Land bis zur sog. Wiedervereinigung warten sollen, bis es den selbst schon erkannten und ermittelten Alt-Nazi vor Gericht stellt?
Soll das eigentlich eine Rechtfertigung für dieses undurchsichtige Verhalten der DDR sein, wenn Sie nun stolz erfahren, dass gegen Herrn Globke in Abwesenheit lebenslängliches Urteil erging?
M.W. erging dieses Urteil 1963 - 10 Jahre später starb Herr Globke sowieso.
Für den nun verurteilten Alt-Nazi war es natürlich eine grosse Erleichterung, nicht in dem unmenschlichen Hohenschönhausen gelandetzu sein, vermutlich wäre er längst tot, wenn das geschehen wäre. Olga