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Innenpolitik Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?

olga64
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Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von olga64

Verurteilt zu 4 Jahren Haft soll ein 96-jähriger in Haft. Seine bisherigen Gnadengesuche wurden abgelehnt.
Gibt es ein Verfallsdatum für Gerechtigkeit? Sollte man jemanden dafür belohnen,dass er sich so lange der Justiz entzogen hat wie dieser verurteilte Täüter?
Zum Recht gehört auch die Strafe. In Rechtsstaaten wie Deutschland wird hier keine Rache ausgeübt, sondern den Opfern eine gewisse Genugtuung für die erlittenen Taten gewährt. Ausserdem sind deutsche Gefängnisse keine grausamen Folteranstalten; sie verfügen über Krankenhäuser und auch für die immer häufiger einsitzenden Senioren entsprechende Abteilungen.
Die Geste der Gnade steht nicht der Regierung des Nazi-Nachfolgestaates, der Bundesrepublik zu. Gnade kann nur eine Geste der Opfer sein.
Die Täter des NS-Verbrechens haben ihren Opfern gegenüber niemals Gnade gezeigt. Auch nicht Opfern gegenüber ,die damals im Greisenalter waren.
Ginge dieser Oscar Gröning ins Gefängnis, wäre es ein gutes Signal an alle anderen NS-Verbrecher, dass sie ihrer Schuld nicht entkommen werden. Dies war in Deutschland zu lange der Fall und muss jetzt angewandt werden, so lange es noch Menschen gibt, die unter uns leben. Die Welt steht so lange in der Pflicht, das grösste Verbrechen der Menschheit weiterzuverfolgen, wie es noch Lebende auf Seiten der Täter und auch der Opfer gibt. Nur dann kann die Menschheit auch die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Kambodscha, Burundi, Ruanda, Bosnien, Syrien, Irak und anderswo sühnen lassen. Olga

wandersmann
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 22.01.2018, 19:19:17

Hätte ihn die BRD-alt als 30-jährigen vor Gericht gestellt und zur Verantwortung gezogen, hätte sie heute ein Problem weniger. Sie tat sich aber schwer damit, was erklärbar ist. Nazis als Bundeskanzler, wie Adenauer und Kiesinger, Nazis  als Ministerpräsidenten, wie Carstens und Filbinger. Oder  Hans Globke, der Mitbegründer der Nürnberger Rassengesetze, Nazi aus Überzeugung und Leidenschaft, wurde unter Adenauer Staatssekretär. Das ging problemlos.
Unter dieser braunen Regentschaft des Nachkriegs-Dunkel-Deutschland-West konnte keine ehrliche Aufarbeitung der Vergangenheit erfolgen.

Globke übrigens wurde in der DDR  aufgrund seiner Taten während der NS-Zeit in Abweseneit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Und ebenso wäre Gröning in der DDR zur Verantwortung gezogen wurden.

Heute muss der greise Gröning als Alibi herhalten. Ein Globke, ein Filbinger wurde seinerzeit hofiert.

RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 22.01.2018, 20:55:22

@wandersmann

Ich empfehle Dir, zu Konrad Adenauer mal nachzulesen, was er so um die Jahre 1931-33 und danach gemacht hat. Z.B. bei Wiki. Ich gebe Dir keinen Link, das kannst Du bestimmt selbst. Lächeln


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wandersmann
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.01.2018, 21:18:48

@ klari

Der Lebenslauf von Konrad Adenauer war wie so viele Lebensläufe geschönt, wies braune Flecken auf.  Adenauer war der Meinung, dass die Nazis die besseren Deutschen und die wahrhaften Patrioten seien, im Gegensatz zu jenen Deutschen die im Widerstand waren oder während der Nazizeit emigrierten.  Adenauer hegte stets große Sympathien für die Mörderbanden der SS. So schrieb im Oktober 1955 Bundeskanzler Dr. Adenauer an den FDP-Abgeordneten General a.D. von Manteuffel, der sich, wie seine Fraktionskollegen, für die Angehörigen der SS-Verbände einsetzte:

"Ich weiß schon längst, dass die Soldaten der Waffen-SS anständige Leute waren. Aber solange wir nicht die Souveränität besitzen, geben die Sieger in dieser Frage allein den Ausschlag, so dass wir keine Handhabe besitzen, eine Rehabilitierung zu verlangen... Machen Sie einmal den Leuten deutlich, dass die Waffen-SS keine Juden erschossen hat, sondern als hervorragende Soldaten von den Sowjets gefürchtet war..."

gezeichnet: Dr. Konrad Adenauer, Bundeskanzler



Ein Flaggenverbot gelegentlich eines Hitler-Besuches reicht hier zur Rehabilitierung bei weitem nicht aus.

Einen SS-Verherrlicher als Bundeskanzler zujubeln, aber einen kleinen bürokratischen Geldzähler mit 96 Jahren als Ungeheuer zu verdammen, dafür reichts.
 

RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 22.01.2018, 21:28:59
Einen SS-Verherrlicher als Bundeskanzler zujubeln, aber einen kleinen bürokratischen Geldzähler mit 96 Jahren als Ungeheuer zu verdammen, dafür reichts.
 
Ausgerechnet Adenauer als Nazi darzustellen ist schon ein starkes Stück und weit weg von der Realität.
Ich frage mich, warum die Nazis  "deinen " angeblichen SS-Verherrlicher kalt gestellt und 1944 sogar inhaftiert hatten...

Was meinst du wohl, wieviel wirkliche SS-Mitglieder ( nicht zu verwechseln mit Waffen SS) , stramme NSDAP-Mitglieder in BEIDEN deutschen Staaten auch im Bundestag, in der Volkskammer und sonstwo Karriere machten, während Adenauer untertauchen musste.
Ich erinnere an Panzergeneral Arno von Lenski, der sogar ehrenamtliche Richter am Volksgerichtshof und an einem Todesurteil für einen Antifaschisten beteiligt war. Wurde in der DDR sogar mit der  "Medaille für Kämpfer gegen den Faschismus" ausgezeichnet.
Oder Wilhelm Adam Mitglied der SA, Träger des Blutordens - anschließend Generalmajor der KVP und später Volksarmee.
Da gibt es lange Listen im Internet.
Über eine Vrurteilung eines fast 100-jährigen Nazi kann man streiten - aber nicht über deine idiotischen Vergleiche.
RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 22.01.2018, 21:28:59

@Wandersmann
Adenauer war kein Nazi, vielleicht eine „schillernde Persönlichkeit“, wenn man z.B. an seine Geldgeschäfte in den 10er und 20er Jahren, seine Positionen zum Kolonialismus und sein Herumlavieren mit den Nazis denkt. In den 30er Jahren erhielt er Berufsverbot, wurde festgenommen, kam 1944 ins Gefängnis. Das ist keine Karriere eines Nationalsozialisten im Dritten Reich.
Nach dem 2. Weltkrieg, mit Beginn des Kalten Kriegs, verzichteten die Amerikaner auf weitere Verfolgung der alten Nazis. Dies kommt der allgemeinen Stimmung in Deutschland entgegen, die von Deutschen begangenen Kriegsverbrechen nicht weiter zu verfolgen. Die gesamte Gesellschaft ist durchdrungen von ehemaligen Funktionsträgern, Du hast ja einige Namen aufgezählt. In diesem Kontext ist das von Dir eingefügte Zitat Adenauers (es fehlt noch die Quellenangabe mit dem Jahr; aus dem „Spiegel“ zitiert reicht nicht) anzusiedeln, eine widerliche Anbiederung an die Kriegstäter. Der erste Einschnitt dieses Klimas in der Adenauer-Ära ist der Auschwitz-Prozess in Frankfurt 1963, der dank des unermüdlichen Einsatzes von Fritz Bauer gegen den Widerstand der deutschen Instanzen zustande kam. (Es gibt darüber einen Film, sehr sehenswert.) In demselben Geiste sind die Aktionen des Ehepaars Klarsfeld anzusiedeln, sehr lesenswert deren „Erinnerungen“.
Die meisten Täter kamen davon, sie lebten frei unter ihrem Namen in Deutschland oder hatten sich im Ausland versteckt. Es ist also logisch und rechtens, dass die noch lebenden Kriegstäter, auch wenn sie mittlerweile sehr alt geworden sind, bestraft werden. Das ist ein Zeichen an die Opfer, an unsere europäischen Nachbarn, die solche Zeichen erwarten; es ist aber auch ganz einfach logisch im Sinne des Rechtsstaats.
Dass solche Leute in der DDR verurteilt worden wären, ist ein schönes Märchen. Es ist hinreichend dokumentiert, dass eine ganze Liste von Alt-Nazis, Parteigenossen, in der neuen Partei SED Unterschlupf fanden und hier nahtlos weiter „funktionierten“. Dazu empfehle ich Dir, auch mal die Memoiren von Stefan Heym „Nachruf“ zu lesen. Wo er über diese Phase in der entstehenden DDR berichtet und über das Misstrauen, das man Remigranten gegenüber hatte (also Heimkehrern aus der Emigration, die vor der Naziverfolgung geflohen waren).


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schorsch
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf olga64 vom 22.01.2018, 19:19:17

Irgendwo muss er ja seinen Rest-Ruheabend verbringen. Warum also nicht dort, wo er eigentlich seit Jahzehnten hingehört hätte?

olga64
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 23.01.2018, 09:58:06

Ich gehöre zu der Generation, die zu Studentenzeiten gegen die Altnazis in Deutschland und den eigenen Familien kämpften, bzw. kämpfen wollten. Dass dann allerdings die RAF ähnliche Strukturen unter anderer Fahne aufbaute, verstörte schon damals viele von uns und rettete uns auch vor dem Untergang in die linken Grausamkeiten.
Nun aber hier die längst verstorbenen Adenauer und Globke als irgendein milderndes Beispiel für den Greis,der in den Knast soll, anzuführen, kann ich nicht nachvollziehen. Sollen die evtl. post mortem noch vor Gericht "gestellt" werden, bzw. die Reste von denen, die noch auffindbar sind?
DArum geht es ja nicht und ich denke auch nicht, dass noch (über)lebende KZ-Opfer sich einer solchen seltsamen Argumentation für "Gnade" für einen Nazi-Verbrecher anschliessen könnten.
Dieser Täter hatte das grosse Glück, ca 70 Jahre friedlich und sicher auch mit einigem Wohlstand ein bürgerliches Leben zu leben - all das, was den Opfern der Nazi-Mörder nie vergönnt war. Deshalb darf die Verfolgung der Nazi-Verbrechere erst dann aufhören, wenn keiner mehr von denen lebt. Auch als Abschreckung für die sich heute entwickelnde Nazi-Szene, die auf den Mustern der damaligen Verbrecher ihr Unwesen treiben.
Über Nazis in der früheren DDR, die es ja trotz anderslautender Aussagen dort genau so gab, wie bei uns im Westen, hörte ich, dass es genügte, wenn sie erklärten, sie hätten dem Nationalsozialismus abgeschworen und wollten sich nun mit Tatkraft dem Aufbau des reinen Sozialismus widmen. So geht es natürlich auch, zumal wenn man dann jahrzehntelang erklärt, die Nazis leben beim Klassenfeind im Westen. Olga

justus39
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von justus39
als Antwort auf schorsch vom 23.01.2018, 10:05:08

Nachdem in der Bundesrepublik zahlreiche Massenmörder, die aktiv für die Tötung Unschuldiger verantwortlich waren, nicht nur heil davonkamen, sondern auch hohe Renten bezogen und in Ehren bestattet wurden, muss man an diesem alten Mann, der nur Verwaltungsarbeit leistete, kein Exempel mehr statuieren.
Das Urteil mag symbolisch richtig sein, aber den alten Mann als Bauernopfer im Gefängnis sterben zu lassen macht die Naziverfolgung in der BRD nun auch nicht mehr glaubhafter.
justus
olga64
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RE: Soll ein 96-jähriger Nazitäter in Haft?
geschrieben von olga64
als Antwort auf justus39 vom 23.01.2018, 17:01:37

Da ist Wahres dran, Justus und die Rolle der BRD, sich über Jahrzehnte um diese juristische Verfolgung der Naziverbrecher zu kümmern, ist auch eine grandiose Fehlleistung. Es ist auch nur wenigen unermüdlichen Juristen zu verdanken, dass dies doch noch in Gang kam und deshalb bin ich auch dafür, nach dem Grundsatz zu verfahren: zum Recht gehört auch die Strafe und dies ohne Altersbegrenzung.

Auch das mit den Renten ist richtig (vermutlich wurden viele Beamtenpensionen bezahlt). ABer auch Frau Honecker erhielt bis zu ihrem Tod eine Rente von dem verhassten Klassenfeind, überwiesen nach Chile, die ihr und ihrem Enkel auch das Überleben garantierte. Vermutlich zusätzlich noch einen Anteil der Rente ihre vorher verstorbenen Mannes. Olga


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