Innenpolitik Panik wegen Corona Virus
Danke, immer wieder interessant. Besonders erfreulich die Abwärtsbewegung von Deutschland nach fast einer Woche Lockerungen. Vielleicht liege ich ja doch nicht so ganz falsch. 😉
Liebe @marina,
ich hoffe ja mit Dir, aber die Effekte werden sich mit größerer Verzögerung noch zeigen. Es dauert ja immer.
Beste Grüße
Karl
Gerade im Bereich der Pflegebedürftigen - und darunter gibt es auch Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, nicht nur demente Alten - wurden gravierende Fehler gemacht. Die Besuchsverbote haben häufig genau das Gegenteil bewirkt - statt Schutz entstand Isolierung und womöglich mangelnde Versorgung und Betreuung durch überfordertes Personal. Liebende Angehörigen hätten mit Sicherheit alles dafür getan ihre Schutzbefohlenen NICHT zu gefährden.
Dies ist nur ein Beispiel, wo Kritik angebracht ist und wo man nicht warten kann bis nach der Coronakrise.
Gute Aufklärung,Einfordern von Eigenverantwortung, in strittigen Bereichen auch Wahlmöglichkeiten, könnte einiges entkrampfen. Wir werden ja noch lange mit diesem Virus konfrontiert sein.
Diese Kontaktsperre über viele Wochen hat die kranken Menschen noch kränker gemacht. Ich erlebe es real, denn ich betreue meine Nachbarin, kurz vor 90 Jahren, seit vorigem Jahr. Sie leidet enorm unter dieser Isolierung. Durch die Kontaktsperre hat sie jeglichen Lebensmut verloren, sie weint nur noch u ihr Gesundheitszustand hat sich sehr verschlechtert. Durch ihre Ängste, ihr Aufregen wegen des allein sein müssen, ist ihr Blutdruck ständig sehr hoch, zu hoch. Da sind die Folgen. Sie läuft viel weniger, denn das habe ich immer mit ihr gemacht im Haus u außerhalb. Die Muskeln bauen immer mehr ab. Sie isst jetzt noch weniger, auch hier fehlen ihr die vielen Situationen, wo ich mit ihr zusammen gegessen habe im Heim u. sie ständig zum Essen animiert habe, während sie gegessen hat. Sie wird immer schwächer.
Es ist nun so weit gekommen, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wo ich sie auch nicht besuchen kann. Das heißt zusammengefasst, die Zeit wo sie mich am meisten brauchen würde, weil es ihr sehr schlecht geht, sie war vor kurzen noch gestürzt u kann mit dem rechten Arm nichts mehr machen, hat Schmerzen, kann ich für sie nicht da sein. Also für viele Patienten wird der letzte Weg, die letzte Zeit ihres Lebens, die Zeit die am schlimmsten ist, durch die Isolierung noch viel schlimmer.
Es geht ja nicht nur darum, dass durch die Besuche man miteinander spricht, das könnte man auch über Telefon, sondern es geht vor allem darum, dass die alten, kranken Menschen durch die Besucher mal aus dem Haus kommen. Mal Luft u Sonne genießen können und mal was anderes sehen.
Ich bin mit ihr in dem Garten des Hauses spazieren gegangen. Ich bin auch mal mit ihr, in ihr Lieblingslokal essen gegangen, außerhalb der Stadt, dort haben wir immer allein an einem Tisch gesessen, obwohl es die Regeln damals noch nicht gab. Ich habe zusammen mit ihr, neue Kleidung gekauft, weil sie sie brauchte. Das alles hat ihr wieder Freude u Kraft gegeben, um weiter Lebenslust zu haben. Vieles dieser Sachen würde man jetzt nicht mehr tun u auch nicht dürfen, aber sie wurde nicht durch diese Unternehmungen infiziert. Sie und ihre Mitbewohner wurden bis jetzt auch nicht durch die Besuche infiziert.
Es gibt keinen einzigen Fall in dem Heim u. in der Umgebung. Die Fälle in Pflegeheimen sind erst seit kurzen im Gespräch, erst seit kurzen gibt es Fälle, obwohl es außerhalb der Heime schon tausende infizierte u. Todesfälle gibt. In Pflegeheimen wo es in der letzten Zeit passiert ist, ist die Ansteckung hauptsächlich durch das Pflegepersonal gekommen u. an mangelnder Hygiene.
Also die Kontaktsperre kann nicht viel bewirken, wenn das Pflegepersonal nicht jeden Tag getestet wird, denn sie bewegen sich im Alltag außerhalb des Heimes, gehen einkaufen u haben mit der Familie Kontakt. Und wenn sie sich nur mit Masken jetzt schützen können, keinen Abtand einhalten können, dann kann der Besucher mit den Regeln viel mehr Schutz bieten, denn er kann den wichtigen Abstand einhalten.
Diese Isolierung ist unmenschlich, so steht es jetzt in den Medien und so ist es auch. Man muss auch an die Kinder denken in den KH, in Hospizen, die schwer krank sind(Krebs) ,wo der Besuch oft nur noch das einzige ist für die Menschen, das Wichtigste ist. Auch da habe ich eigene Erfahrungen, durch meinen Mann in einem Hospiz. Was man draußen durch strenge Regeln erreichen kann, das könnte man auch mit noch strengeren Regeln bei der Betreuung, bei Besuchen für sehr kranke oder alte Menschen tun. Jede Woche sterben Menschen in dem Heim meiner Nachbarin u. das ohne Corona.
Die meisten Menschen in Pflegeheimen für alte u kranke, haben eine Patientenverfügung. Sie sind in den Heimen, weil sie sehr krank sind. Also gleich, wenn sie ich infizierten sollten, wollen sie nicht gerettet werden, nicht an Maschinen, wie eine Lungenmaschine angeschlossen werden. Sie wollen laut der Patientenverfügung, keine lebenserhaltende Maßnahmen, wo sie nur durch Maschinen, künstliche Ernährung, ans Bett gefesselt, am Leben erhalten werden. Sie wollen nur noch starke Schmerzmittel, die das Sterben erleichtern.
Sie wollen also nicht auf eine Intensivstation, wo das alles bei den schweren Fällen getan wird, damit würden sie so gut wie kein Bett auf den Intensivstationen wegnehmen, belegen, wenn man sich an die Patientenverfügung hält.
Aber genau diese Angst sind der Grund, warum man die alten Menschen wegsperrt, isoliert.
Den einzigen Wunsch den sie noch haben,ist Kontakt mit ihren Lieben u. auch mal raus aus dem Heim kommen.
Das sind meine Gedanken zum Kontaktverbot in Pflegeheimen, Gedanken, die durch eigenes erleben entstanden sind.
Tina
Das sollst Du auch, aber darüber sich austauschen sollte genauso möglich sein.
Da hast du ein Beispiel aus deinem Leben geschildert und davon hört man ja jetzt immer mehr. Es stellt sich die Frage, was macht "Isolierung" mit einem Menschen, alt wie jung...ich denke manchmal, dass kann man oft erst hinterher sehen. In deinem Fall mit der Nachbarin kannst du es jetzt schon sehen und das alles ist traurige Realität.
Was macht es aber z.B. mit "eingesperrten" Kindern, die nicht auf den Spielplatz dürfen, nicht in die Kita...sie sind ja noch zu klein, um überhaupt etwas zu verstehen.
Ich hörte von Fällen, wo Familienmitglieder nach und nach aggressiver werden, man hat nicht mehr soviel Geduld, flippt schneller aus..., weil man 24 Stunden aufeinander hockt.
Was macht es mit Eltern, die im Homeoffice arbeiten und "nebenbei" die Kids unterrichten müssen...da liegen sicherlich oft die Nerven blank.
Wohin wird das führen...
Kristine
Warum denn "Klappe zu" ?
Die Meinung, dass es 'irgendwo' ein imaginäres Gleichgewicht zwischen den Opfern des Virus und denen des Virenschutzes selbst, geben sollte, ja, geben muss, vertreten ja viele. Und darüber kann man doch diskutieren, eine 'gefühlte' Meinung haben.
Abwägen, entscheiden, die Verhältnismäßigkeit einschätzen, müssen die von der Bevölkerung damit beauftragten Politiker. Die wiederum stehen unter dem Druck ihrer Wähler und ganz besonders von allbekannten (aber zunehmend auch neu sich formierenden) starken Lobbygruppen, die immer noch nicht begriffen haben, dass SARS CoV2 ihnen das Steuer aus der Hand genommen hat.
Nicht die Wirtschaft sagt (wie - überwiegend - bisher), wo es lang zu gehen hat, sondern ein kleines Evolutionsteufelchen, das nicht Fisch, nicht Fleisch ist, das man nicht sehen kann und das seine Existenz der Arbeit anderer, die auf Manipulation, Ausbeutung und Vernichtung gegründet ('versklavte' Wirtszellen) ist. Eigentlich ein Prinzip, das 'der' Wirtschaft gar nicht so fremd sein sollte. Eben mit dem Unterschied, dass es jetzt die Natur ist, die das Sagen hat, nicht die CEOs, ob es uns allen , oder der Wirtschaft im Besonderen passt oder nicht.
Eine Meinung zu haben, ohne sich sicher zu sein, das gilt eben auch für die Entscheider. Die müssen sich nach bestem (verfügbaren) Wissen und (persönlich-ethischen) Gewissen entscheiden.
Dazu braucht es die Wissenschaft. Ihre Vertreter müssen auch der Öffentlichkeit gegenüber 'glaubwürdig' bleiben. Das geht aber nicht, wenn sie sich in anscheinender Konkurrenz untereinander - in die öffentliche Meinungsbildung einbringen, mit Positionen, die nur unter Experten verstanden und - durchaus auch kontrovers - diskutiert werden können.
Alles andere verstärkt nur das Unsicherheitsgefühl, die Angst bei den Bürgern, die dann anfälliger werden, für die Schalmeienklänge selbsternannter, verantwortungsscheuer Besserwisser.
Still zu sein, ist keine gute Antwort darauf.
Offen zu sagen, z.B. welche und wieviel Schäden man bereit ist, in Kauf zunehmen (z.B. ältere Corona Tote - jüngere Wirtschaftsopfer/Suizide ?) besser, aber wahrscheinlich auch brutaler und ehrlicher.
Ich stelle mal wieder fest, dass ich mit meinen Überlegungen und Bedenken in bester Gesellschaft bin.So ist es Marina. Den Artikel habe ich heute auch schon gelesen, meine Gedanken wurden bestätigt. Er hat recht, man muss gegen den Coronavirus kämpfen u gleichzeitig alles dafür tun, dass es nicht zu einer Massenarbeitslosigkeit kommt, denn dann würde der Sozialstaat zusammenbrechen. Und genau das befürchten nun die Politiker, die Sozialwissenschaftler. Es gab seit 1945 nie eine solche schlimme wirtschaftliche, finanzielle Situation in Deutschland.
Hier ein interessantes Interview mit Schäuble: Schäuble will dem Schutz des Lebens nicht alles unterordnen
Neben der Gesundheit ist für die Menschen ein Arbeitsplatz ebenfalls wichtig, es gibt ein Recht darauf. Ohne Geld kann ein Mensch nicht leben, denn man muss Miete u vieles mehr jeden Monat zahlen. Wenn man das nicht kann, dann landet man ganz unten, in Harz4. Und die Frage ist, wie lange kann das ein Staat bezahlen, wenn die Einnahmen wegfallen? Ohne Wirtschaft u Einnahmen, kann der Staat, die Kommunen die sozialen Maßnahmen nicht finanzieren, die aber für sehr viele schon immer u jetzt erst recht überlebenswichtig sind. Viele Kommunen fehlt jetzt schon Unmassen an Geld, weil die Einnahmen weggebrochen sind. Sie rufen schon nach dem Staat. Da werden viele Sozialprojekte nicht mehr finanzierbar sein, auch vieles was mit Bildung zu tun hat, das wird alles als Erstes wegfallen. Darunter leiden dann die ärmsten in den Kommunen, vor allem die Kinder.
Ich habe das Gefühl, dass manche froh sind, dass die Wirtschaft runtergefahren wurde, denn das wünschen sich manche schon länger. Aber das sind die, die weder einen Job brauchen, noch das Sozialsystem brauchen. Für sie würde sich nichts ändern, wenn es kaum noch Jobs gäbe. Die haben alles was sie brauchen, auch ohne Wirtschaft. Was wird mit der Jugend? Sie brauchen alle mal einen Job, denn sie müssen von was leben können.
Als es 2010 fünf Millionen arbeitslose gab, da gab es einen Aufschrei, denn es wurde für den Staat gefährlich. Sofort wurden strenge Maßnahmen durchgeführt, die vor allem die armen und die Mittelschicht betraf u das bis heute. Heute wird es nach Corona, was jetzt schon beginnt, viel mehr Millionen arbeitslose geben und das wird so bleiben, denn man kann die Wirtschaft nicht mehr retten. Sie stehen schon zu lange still. Man hätte in der weltwirtschaftlichen Lage, die es schon vor Corona gab, nie die Wirtschaft so runterfahren dürfen, denn der wirtschaftliche Schaden dadurch, für Selbstständige, für Kleinunternehmer, Künstler, Opernhäuser, Theater, Parks, Zoos, für große Firmen ist inzwischen so hoch, dass sie sich nicht mehr erholen können. Viele werden in Insolvenz gehen müssen, das bedeutet es brechen Arbeitsplätze weg.Wie lange kann ein Sozialstaat diese Situation aushalten ? Der Staat hat sich schwer neu verschuldet. Wer wird die Schulden bezahlen? Der kleine Mann und die neue Generation.
Man sollte mit den Unterstellungen aufhören, wenn Politiker, wenn Menschen an Jobs denken, Angst vor Arbeitslosigkeit haben, Existenzängste haben, zu sagen, dass ihnen Gesundheit nicht wichtig sei. Was für ein Blödsinn. So ist es nicht! Gesundheit ist für jeden Menschen immer das wichtigste, aber dann ist der Job auch wichtig. Der Staat ist verpflichtet dafür zu sorgen, dass die Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen können. Es gibt ein Recht auf Arbeit. Und er ist verpflichtet, dass das Sozialsystem stabil bleibt. Dieses Ausspielen der Kriterien ist in meinen Augen furchtbar.
Tina
Zitat: "Warum denn "Klappe zu" ? "
Danke aixois. Ich halte sie ja sowieso nicht, wie du siehst. Alles leere Versprechungen. 😉
Ja, in dieser Sache bin ich immer wieder hin- und hergerissen, das gebe ich gerne zu. Aber das ist legitim, glaube ich. Denn niemand weiß alles objektiv und genau, nicht einmal die Virologen.😉
Wie dem auch sei: Irgendwann kommt das große Aufräumen nach der Flut. Und ich hoffe nicht, dass man dann feststellen muss, dass die Wirkungen der Maßnahmen schlimmer waren als das, was man damit erreichen wollte. Und ich meine damit nichr nur die wirtschaftlichen Schäden, sondern auch die Gefahren, die dem Rechtsstaat drohen, dazu gab es gerade einen guten Kommentar von H. Prantl in der SZ, leider nicht ohne weiteres lesbar: Der Rechtsstaat, vom Virus befallen
Ich hoffe es wirklich nicht, bei dieser Sache geht es mir nicht um Rechthaben, dazu ist alles zu gefährlich für uns alle, und zwar in jeder Beziehung!
Auf die verheerenden Folgen für die deutsche Wirtschaft hatte ich schon zu beginn dieses Theads hingewiesen.
Doch nun ist es nicht nur ein - deutsches Problem – sondern die ganze Weltwirtschaft ist getroffen.
Dazu wird es in Afrika noch eine große Hungersnot geben.
poldy
Einer der entscheidenden Sätze in deinem - wie immer äußerst überzeugenden - Beitrag lautet für mich:
" Nicht die Wirtschaft sagt (wie - überwiegend - bisher), wo es lang zu gehen hat, sondern ein kleines Evolutionsteufelchen, das nicht Fisch, nicht Fleisch ist, ..." - so sollte es jedenfalls sein. Aber ich fürchte, die Schreihälse und vor allem die Lobbyisten der großen Wirtschaftsunternehmen werden sich durchsetzen.