Innenpolitik In diesem Jahr 2020, jährt sich die Wiedervereinigung Deutschlands zum 30. Mal.
„wieso in den 60ern aus dem Provisorium BRD ein Definitivum wurde.“
Das ist wahrlich ein weites Feld.
Das hatte damit zu tun, dass es deutlich geworden war, dass eine Wiedervereinigung in weite Ferne gerückt war, die bis dahin geltende Gleichung ein Volk = eine Nation = ein Staat hinterfragt wurde und statt dessen, der Staat und sein Verhältnis zu ihm in den Vordergrund rückte. Der Westdeutsche identifizierte sich nicht mehr mit Gesamtdeutschland als seinem Staat, das Verständnis, die BRD sei, als 'Teilstaat', wie auch die DDR, nichts Endgültiges, nur auf Abruf angelegt, eben nur ein Provisorium, wurde als Abwertung empfunden.
Mit dem Bewusstseinsumbruch, der die BRD (in der mehr als 2/3 der 'Deutschen' lebten) als das "wahre" Vaterland, als den eigentlichen Nachfahren der deutschen Nation, die allein die ‚freiheitlich-demokratischen‘ Werte verkörpert und bewahrt, ansah, sollte der aufkommenden Staatsgleichgültigkeit , ja Staatsverdrossenheit bes. der nachrückenden Generation , die Probleme hatte mit der Identifikation mit ihrem 'Staat' (der BRD), entgegengewirkt werden.
Der Mauerbau 1961 war so verstanden, ein ‚booster‘ dieses Verständnisses des endgültigen Staatscharakters (das Definitum) der BRD (nicht der deutschen Nation !).
Nach dieser ‚klein-deutschen‘ Auffassung wurde die Wiedervereinigung nicht aufgegeben, aber als ein mögliches, wünschenswertes geschichtliches Ereignis in eine theoretisch vorstellbare, aber sehr ferne Zukunft verschoben. Die BRD war der Bezugspunkt, der vitale Kern in den die DDR zurückkehren musste, um die Nation zu restituieren.
Der DDR wurde nach dieser Logik gleichzeitig der ‚Staatscharakter‘ abgesprochen, allein der BRD-Staat durfte Deutschland vertreten (siehe Hallsteindoktrin), die BRD quasi als alleiniger Träger der deutschen ‚Geschichtsfackel‘, nicht das dem Ost-Westkonflikt geschuldete Provisorium DDR, ‚Hort‘ der Unfreiheit, des Zwangs, der Unterdrückung und Fremdbestimmung.
Aus Deutschen, aus den ‚Stämmen‘, den vielen Landsmannschaften , die Preussen 1871 in einen gemeinsamen Staat zusammengefügt hatte, waren die (guten, weil freiheitlich-demokratischen)Westdeutschen geworden, in Abgrenzung zu den ‚Ostdeutschen‘, den Deutschen in der ‚Soffjetszone‘, die nicht dazugehörten, bestenfalls bedauernswerte ‚Opfer‘ waren.
Nach meinem Verständnis liegen in diesem Staatlichkeitskonzept die tieferen, in der heutigen Diskussion leider personifizierten, Ursachen für die 40 Jahre dauerende ‚Auseinander‘-Entwicklung in ‚Wessis‘ – ‚Ossis‘. Aus Ossis müssen ‚wieder‘ Wessis werden, sie müssen sich anpassen, lernen, sich wie die ‚guten‘, freiheitlich-demokratischen Deutschen zu handeln und zu benehmen.
Die Prägungen, Errungenschaften, Problemlösungen, Anstrengungen den Alltag zu meistern im ‚Nicht-Staat‘ DDR, zählen nicht im System des freien Marktes, sind irrelevant, nicht konkurrenzfähig, nicht systemkonform. Kein Wessi stand morgens auf und dachte an die Ossis, in der Hoffnung auf baldige Wiedervereinigung. Hatte man keine , meist verwandtschaftlichen Kontakte, war dem Westbürger, der deutsche Osten so ziemlich egal und entsprechend gering sein Wissen um die Befindlichkeiten seiner „Brüder und Schwestern“ und ihre gelebten 40 Jahre DDR Geschichte. Was übrigens auch anders herum gilt, korrigiert um das Interesse, es einmal so gut zu haben wie die im Westen unter Ausblendung der Schattenseiten.
Ein Einheitsfeiern, das auch noch nach 30 Jahren ‚gemeinsamer‘ Geschichte sich auf Vergleiche konzentriert, auf die Suche und Darstellung von Defiziten, auf nicht erfüllten‚ Nachholbedarf‘ (so als ob es in erster Linie das Anliegen 1989 gewesen wäre, möglichst schnell so reich zu werden wie der Westen, möglichst schnell materiell 40 Jahre Teilung aufzuholen, nicht aber um den ideell-politischen Wert der Freiheit), verfestigt das Wessi-Ossi Denken, statt es abzubauen, erreicht das Gegenteil von Identitätsfindung, von einem gemeinsamen Verständnis dessen, was der ‚Frededessi“ (der ‚neue‘ , freiheitlich- demokratische Deutsche) ist oder sein könnte oder sein wollte, in einem offenen Kontinent , in einer globalen Welt.
Es wäre an der Zeit , wieder die Diskussion zu führen, über das, was eigentlich ‚Deutsch‘ ist, jetzt, wo es wieder ein Staatsvolk gibt, eine deutsche Nation, einen deutschen Staat statt die Antwort dieser Frage den ewig – Gestrigen zu überlassen.
Stünde es uns - den Wessis und seinen „Ossi-Lehrlingen“ - im Hinblick auf unsere gemeinsame schuldhafte Vergangenheit – nicht gut an, sich auch gemeinsam von dieser Vergangenheit, von der Überbetonung des – anderen überlegenen – nationalen Deutschtums, das uns letztlich in die Katastrophe geführt hat, bewusst abzusetzen. ? Besonders friedliebend, tolerant, anti-rassistisch, mitfühlend, human, offen … zu sein ? Weniger die preußischen Generaltugenden hochzuhalten, in hoffärtiger Abgrenzung zu den anderen ? Weniger obrigkeitshörig, autoritätsgläubig, pünktlich, ordentlich, sauber, fleißig, durchorganisiert, überheblich, … ?
Kurz gesagt, am Einheitstag das herauszufinden, was uns eint, einen könnte, was wir als Deutsche, als europäischer deutscher Volksstamm sind bzw. in Zukunft gemeinsam sein wollen ? Zu versuchen zusammen, Sachsen, Schwaben, Preußen, Bayern, Rheinländer, Pommern ... Schulter an Schulter, eine Identität zu erarbeiten, die sagt, was uns ausmacht, wenn wir mit der Freiheit umgehen können, wie wir wollen ? Das wären weniger salbungsvolle „wir sind ein Volk-Reden“, dafür mehr Diskussion, mehr dem anderen Zuhören, respektvolles Ringen und Streiten, aber mit dem Wunsch, nach einem gemeinsamen Ergebnis.
In den letzten 30 Jahren ist da nicht viel Kontruktives entstanden.
..... Aus Ossis müssen ‚wieder‘ Wessis werden, sie müssen sich anpassen, lernen, sich wie die ‚guten‘, freiheitlich-demokratischen Deutschen zu handeln und zu benehmen.
Stünde es uns - den Wessis und seinen „Ossi-Lehrlingen“ - im Hinblick auf unsere gemeinsame schuldhafte Vergangenheit – nicht gut an, sich auch gemeinsam von dieser Vergangenheit, von der Überbetonung des – anderen überlegenen – nationalen Deutschtums, das uns letztlich in die Katastrophe geführt hat, bewusst abzusetzen. ?
Kurz gesagt, am Einheitstag das herauszufinden, was uns eint, einen könnte, was wir als Deutsche, als europäischer deutscher Volksstamm sind bzw. in Zukunft gemeinsam sein wollen ? Zu versuchen zusammen, Sachsen, Schwaben, Preußen, Bayern, Rheinländer, Pommern ... Schulter an Schulter, eine Identität zu erarbeiten, die sagt, was uns ausmacht, wenn wir mit der Freiheit umgehen können, wie wir wollen ?
Ich habe - obwohl nicht an mich gerichtet - mir die Abhandlung mal angetan, aber ich sag mal so: Für den Westen und den Osten nichts Neues.
Die von mir fett unterlegten Worte lasse ich mal unkommentiert, die sprechen für sich, darauf muss man erstmal kommen.
Und erst heisst es "vom überlegenen nationalen Deutschtum ablassen und weiter unten steht: ....dass wir als Deutsche, als europäischer deutscher Volksstamm, eine gemeinsame Identität suchen sollen, die uns eint. Ich behaupte mal, die haben wir, schon lange, egal aus welchen Bundesländern. Etwas weniger mit dem erhobenen Zeigefinger wäre besser gewesen. Aber das ist wohl immer noch so drin.
neuen Bundesländer ein, denn von denen ging die Initiative aus
Ich bleibe dabei, der Schlüssel lag seit 1949 in Moskau, was die Existenz der russisch besetzten Zone, der DDR angeht.
Ohne Gorbatschow, dessen historische Leistung immer noch unterschätzt wird, wären alle 'Initiativen' so ausgegangen wie ihre Vorgänger 1953- 1956 -1968. Gorbatschows Hoffnung, die Konfrontation der Systeme durch Reformen im Innern des Ostblocks, abzubauen, zugunsten von mehr Zusammenarbeit, hat sich nicht erfüllt. Seine 'Offenheit' würde als Schwäche, der Fall der Mauer als Sieg des Westens über den Osten ausgelegt.
Aus Moskau kam kein Signal zuzuschlagen, sondern Gorbi steckte den Schlüssel in das Schloss und drehte in linksrum um , so dass die Tür aufging. Ihm gebührt die Dankbarkeit, er liess zu , dass sich die SSR schütteln , "Revolution" machen konnten, es waren nicht die SSR , wie Vaatz behauptet, denen wir den BRD-DDR Zusammenshluss verdankenb ( "Diesen Ländern verdanken wir zu einem gehörigen Teil, dass wir heute einen weiteren Tag der Befreiung in unserer Geschichte feiern dürfen.)
Jeder war doch überrascht, dass da kein Widerstand kam.
Kein Schuss fiel, obwohl die Patronen eingelegt waren, Gewehr bei Fuss sozusagen mit hunderttausenden russischen Soldaten um die Ecke mit gefüllten Panzertanks.
Da war kein Plan zur Revolution, zum geplanten Umsturz im Osten, da war so gut wie nichts vorbereitet, keine Vorstellung , wie es weitergehen sollte, was man als Montagsdemonstrant eigentlich wollte.
Man musste sich erst berappeln (Runder Tisch), bis der Westen anfing , schnell das Drehbuch zu schreiben, angeblich aus Angst vor dem bevorstehenden Sturz Gorbatschows. Schnellst möglicher Anschluss/Beitritt war die Parole. Sprüche, wonach der Rechtsstaat (der BRD) im Widerspruch zur Gerechtigkeit stünde, sind da - auch heute nicht - wenig hilfreich.
Keine Zeit zu warten, bis die 'Revolutionäre' klar darüber waren, was sie eigentlich (etwas 'Neues'?) wollten. Wie gering ihre Einigkeit war, zeigten die Runden Tische , die sich untereinander nicht grün waren. Mal ganz abgesehen davon, wie dünn die Personaldecke der vom bvreiten Volk getragenen Revolution war. viele deer Akteueere dere ersten Studne - so bestätigt auch Vaatz - waren bald wieder abgetaucht.
Auch Briefmarkensammler Vaatz ist als Mitglied der Gruppe der Dresdner 20 nicht besonders aufgefallen, deren Forderungen waren ja 'systemimmanent', d.h.auf eine Verbesserung innerhalb der DDR Strukturen ausgerichtet, nicht auf die 'Wiedervereinigung'. "Copy- paste"zu machen, weil man einen PC besaß, ist ja noch kein politisches Verdienst.
Mit seinem kritischen Rundumschlag gegen die Westdeutschen (Presse, CDU, SPD, Grüne ...), die angeblich dem DDR Regime freundlich gesonnen bzw. wiedervereinigungsfeindlich eingestellt waren, reiht sich auch Vaatz ein in die Reihe derjenigen Redner, die, jedes jahr wieder neu, den Finger in die Spaltungswunde legen, was bekanntlich nicht heilungsfördernd ist.
Die Kritik (Vaatz: " ...mit Schaum vor dem Mund beim Reden und Schreiben...") an Demokratiefeinden wie Orban etc. in einen Zusammenhang mit Hass und Hetze der Rechtsradikalen zu stellen, und dies auch noch als Ausdruck einer verlorenen Freiheit im Vgl zu 1990 abzuqualifizieren, wie es Vatz tut, kann ich weder als warm oder gar herzlich verstehen.
Eine große Rede, dem Anlass angemessen, war diese Rede aus meiner Sicht bestimmt nicht, eher eine erneute, altbekannte Nörgelei.
DAs ist nach meiner Einschätzung einer der klügsten Sätze,die hier zu diesem Thema geschrieben wurden - denn es geht ja um die Zukunft und nicht um diese VErgangenheit, die nun auch schon 30 Jahre her ist.
Unsere Kinder werden es besser machen ..., nein, machen es jetzt schon, weil es nicht mehr wichtig ist, WER "gewonnen" hat...sie leben schon jetzt die EINHEIT !!!
Kristine
Jeder, der heute ca 40 Jahre und jünger ist, für den ist die DDR ein winzigkleiner Teil der Geschichte, die unblutig durch mutige Menschen beendet wurde, wozu ich auch Herrn Gorbatschow zähle,der immerhin 1Jahr nach dem Beitritt der DDR an die BRD sein Amt verlor.
Diese Menschen dieser jüngeren Generation werden bei Familienfesten oder wo auch immer den ERzählungen der Altvorderen lauschen, sich aber nichts mehr darunter vorstellen können. So, wie es bei unserer Generation war als bei Familienfesten die Grossväter die Geschichten "damals im Schützengraben" erzählten,die durch ihre Wiederholungen letztendlich ermüdeten und langweilten.
Die jungen Menschen ergreifen ihre Chancen und können sich vermutlich nicht mehr vorstellen, in einem Land zu leben, wo mindestens 300.000 Bürger sich der Stasi verpflichteten,deren Daseinsberechtigung darin bestand, die anderen Mitmenschen auszuhorchen. Ich sah kürzlich im TV den Film "Gundermann", der mich sehr beeindruckte. Eine junge Band und ein junger Sänger, der sich "den Diensten andiente" und über sein ganzes soziales Umfeld der Stasi berichtete.
Wie grausam muss ein Staat sein ,der so etwas von seinen Bürgern verlangt, die damit auf beiden Seiten ihre Traumata ihr Leben lang mit sich rumschleppen. Olga
Was "altbekannte Nörgelei" bedeuten soll bei Vaatz, k.A., die würde er Ihnen garantiert zurückgeben, da passt sie besser.
Es ist zwar etwas dürr, aber ich stelle fest, dass 30 Jahre lang dieser Zustand der Wiedervereinigung nicht rückgängig gemacht wurde, gut so, die Vollendung dauert aber länger als sie soll, unwiderruflich.
Dem kann ich nur mit großer Hoffnung zustimmen.
Unsere Kinder werden es besser machen ..., nein, machen es jetzt schon, weil es nicht mehr wichtig ist, WER "gewonnen" hat...sie leben schon jetzt die EINHEIT !!!
Kristine
Und sie werden wohl auch den folgenden Abschnitt aus Olga's Beitrag als das erkennen was er ist und deshalb nicht beachten
lupus
Aus dem Beitrag von Olga:
Die jungen Menschen ergreifen ihre Chancen und können sich vermutlich nicht mehr vorstellen, in einem Land zu leben, wo mindestens 300.000 Bürger sich der Stasi verpflichteten,deren Daseinsberechtigung darin bestand, die anderen Mitmenschen auszuhorchen. Ich sah kürzlich im TV den Film "Gundermann", der mich sehr beeindruckte. Eine junge Band und ein junger Sänger, der sich "den Diensten andiente" und über sein ganzes soziales Umfeld der Stasi berichtete.
Wie grausam muss ein Staat sein ,der so etwas von seinen Bürgern verlangt, die damit auf beiden Seiten ihre Traumata ihr Leben lang mit sich rumschleppen. Olga
Tja, tja @Edita, ich vermute mal, mein Beitrag ist etwas missverständlich, man könnte ihn natürlich auch als Lob für Vaatz verstehen. Lobenswert finde ich aber durchaus die Sätze die ich fett hervorgehoben habe, aber den Herrn Vaatz würde ich im Leben nicht wählen. Aber gerade diese Aussagen, über die blühenden Landschaften, die Solidarität der Wessis, und dieses große Gemeinschaftswerk usw., ja genau dies wird doch gewöhnlich als absurd abgetan, und deshalb finde ich es durchaus erfreulich, wenn sowas mal von einem ääähh Ultrakonservativen hervorgehoben wird.
Natürlich kann man bei dem auch massenhaft rechtslastige Tendenzen finden, seine Artikel, Reden, oder auch seine Bücher sind ja nicht ohne Grund bei achgut, tichys einblick, bis hin zu Verschwörungsblogs überaus beliebt. Seine Erzfeinde sind natürlich die Grünen, sind die doch „Rote Wölfe im grünen Schafspelz“, oder Öko-Faschisten und in denen steckt immer noch ein Kernstück Pädophilie, usw.
Aber wie bereits oben erwähnt, wenn selbst so einer die positiven Aspekte der Wiedervereinigung lobt, die ja gerade in diesem Milieu eigentlich eher ins Gegenteil verdreht werden, dann finde ich es schon erfreulich, vielleicht versteht dann doch der eine, oder der andere seine Aussage: „Lassen Sie uns dieses große Gemeinschaftswerk achten und fortsetzen.“ Genau darum geht es doch bei der Wiedervereinigung.
Pat
Fotograf: Norbert Vogel/LeipBild Zernsdorf/ bei Königs Wusterhausen, Karfreitag 1981,
Schaufenster eines Friseurgeschäftes, gefunden in der leipziger-bilderkiste.de