Innenpolitik Erika Steinbach

olga64
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von olga64
als Antwort auf carlos1 vom 17.11.2009, 20:12:42

Sehr enge Verwandte von mir stammen aus Polen und fahren oft dorthin. Was haben aber enge persönliche Beziehungen mit Frau Steinbach zu tun? Nichts. Sie spielen keine Rolle. Sollte Frau Steinbach abtreten, wird jemand an ihre Stelle treten, den heute nur ganz wenige kennen.


c.[/quote]

Wenn ich mich mit meinen polnischen Freunden z.B. über Frau Steinbach unterhalte oder die Karikaturen in polnischen Zeitungen sehe, spüre ich sehr wohl, wie aufgewühlt diese durch diese Frau sind. Nochmals: Frau Steinbach wurde mit 2 Jahren vertrieben; wissentlich hat sie ihre "Heimat" nie kennengelernt - ihre Heimat ist Bayern, wo sie lebt.
Ich bin auch nicht so pessimistisch, was eine Nachfolge von Frau St. angeht: die Vertriebenen-Hardliner sterben aus - dieses Problem erledigt sich biologisch seit einigen Jahren. Die Jüngeren werden - wie dies gottlob immer der Fall ist bei solchen Themen - die Problematik pragmatischer und auch moderater angehen.
Der immer noch vorhandene Zündstoff - auch was die ehemaligen Sudetendeutschen angeht - muss endlich entschärft werden. Meist halten ja genau die Menschen an dieser Vertriebenen-Rolle fest, die umgekehrt erklären, endlich muss mal Schluss sein, dass man uns Auschwitz vorwirft.

--
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heinzdieter
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von heinzdieter
als Antwort auf pippa vom 18.11.2009, 11:16:03
Zitat.

Daher denke ich, wenn es Frau Steinbach wirklich um die Sache ginge, würde sie sich still und heimlich für eine andere Position interessieren.

Die Grundablehnung der Polen gegenüber Frau Steinbach basiert doch auf
die Abstimmung im Bundestag 1991 zu dem Deutsch-Polnischen Nachbarschafts- und Grenzvertrag

Sie war eine der 23 CDU/CSU Abgeorneten, die mit Nein stimmten.

Sie begründete ihre Nein-Stimme damals wie folgt:
Man kann nicht für einen Vertrag stimmen, der einen Teil unserer Heimat abtrennt.

Das war, ist und wird stets die Haltung der Polen gegenüber Frau Steinbach beeinflussen.

Meines Wissens stand zuerst der Bau eines Gedenkstätte für die Deutschen
Vertrieben und Opfer des 2. Weltkrieges zur Diskussion.
Was daraus wurde sehen wir jetzt.

--
heinzdieter
olga64
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von olga64
als Antwort auf heinzdieter vom 18.11.2009, 16:31:55
Ich bin gespannt, wie sich Frau Merkel hier positionieren wird: bei klarem Ja für Frau St. hätte sie die FDP zum Gegner und die CSU zum Freund. Was nützt ihr wohl mehr? Eine CSU, die denkbar schlecht bei der letzten Bundestagswahl abgeschnitten hat oder eine FDP, die derzeit recht erfolgreich ist und ausserdem den Aussenminister stellt, der sich ja seinerzeit bereits sehr klar in Polen positioniert hat.
Alle haben ja aktuell das Thema vertagt - keiner weiss also, wo die Reise hingeht.
--
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clara
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von clara
als Antwort auf heinzdieter vom 18.11.2009, 16:31:55


Sie begründete ihre Nein-Stimme damals wie folgt:
Man kann nicht für einen Vertrag stimmen, der einen Teil unserer Heimat abtrennt.


In einem Interview mit dem Spiegel sagte sie wörtlich:

Steinbach: Ich wollte damals mit anderen Abgeordneten erreichen, dass alle offenen Fragen wie zum Beispiel die Entschädigungsfrage gleichzeitig mit der Grenzbestätigung geklärt werden, um dauerhaften Frieden herzustellen. Und es war ein Kardinalfehler das nicht zu tun, wie die heftigen Eigentumsdebatten der letzten Jahre deutlich machen. Wir haben damals auch sofort klargestellt, dass wir mit der Abstimmung die Oder-Neiße-Grenze als völkerrechtlich verbindliche Grenze anerkennen.

Einen m.E. wichtigen Satz daraus habe ich fett markiert.
Das hört sich dann etwas anders an.

--
clara
heinzdieter
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von heinzdieter
als Antwort auf clara vom 18.11.2009, 16:52:35
Ich gehe davon aus, dass Frau Steinbach auf Druck der Öffentlichkeit, ihre Stellungsnahme von 1991 geändert hat.

Trotzdem bleibt sie für unsere polnischen Nachbarn das "Rote Tuch" also der Buhmann in diesem Fall die Buhfrau.

Und unser neuer Aussenminister hat aus eigenen Stücken ohne jeglichen politischen Druck den Polen den Rücken gestärkt ( das 1. Fettnäpfchen)

--
heinzdieter
Medea
Medea
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von Medea
als Antwort auf heinzdieter vom 18.11.2009, 17:12:56
Ich bleibe dabei, der "Fall Steinbach" ist eine innerdeutsche Angelegenheit - bei allem Wohlwollen
dem polnischen Volk gegenüber, die dortige Pressekampagne
ist ungehörig.

M.

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carlos1
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 18.11.2009, 16:25:10
"Der immer noch vorhandene Zündstoff - auch was die ehemaligen Sudetendeutschen angeht - muss endlich entschärft werden. Meist halten ja genau die Menschen an dieser Vertriebenen-Rolle fest, die umgekehrt erklären, endlich muss mal Schluss sein, dass man uns Auschwitz vorwirft." olga64


Es finden sich keine weiteren Argumente in dem Posting. Nur eines: "Zündstoff" entschärfen geht nicht so einfach wie es gesagt wird. In einer Diktatur kann ohne weiteres die Diskussion beendet werden, aber nicht bei uns. Das Problem liegt auch vor allem auch darin, dass Frau St. mit der endgültigen Regelung der Grenzfrage auch die Frage einer Entschädigung verbunden wissen wollte (s. Beitrag von Clara). Diese Forderung ist absolut realitätsfern und unseren Interessen abträglich. Die im 2. Weltkrieg entstandenen Vermögensverluste können nicht durch Gerichtsbeschluss rückgängig gemacht werden.

In einem Grundsatzurteil zur Meinungsfreiheit hat das Bundesverfassungsgericht vor einigen Tagen zur Meinungsfreiheit Stellung genommen und festgestellt, dass alle Meinungen, gleich, ob sie als begründet oder grundlos, emotional oder rational wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingestuft würden vom Grundgesetz geschützt sind. Nicht hinnehmbar wäre aber eine Verherrlichung des Naziterrorregimes, Leugnung historischer Wahrheiten wie des Holocaust etc. Diese Grundsatzentscheidung erging im Zusammenhang mit den Neonaziaufmärschen in Wunsiedel.

Die Richter gehen davon aus, dass das bürgerschaftliche Engagement im freien Meinungskampf die notwendigen Korrekturen anbringen wird. Selbst nationalsozialistische Ideen sind geschützt, nur nicht deren Verherrlichung, weil sie Verherrlichung von Verbrechen sind. " Friedensgefühle", selbst die "Vergiftung des geistigen Klimas" reichen für ein Verbot - "Zündstoff muss endlich entschärft werden", olga64 - nicht aus.

Die Grundrechte sind ein hohes Gut und müssen beachtet werden, auch wenn es unseren Gefühlen widerspricht und es sich um "Zündstoff" handelt. Argumente statt Verbote.

c.
olga64
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Re: Erika Steinbach
geschrieben von olga64
als Antwort auf Medea vom 18.11.2009, 17:49:13
Ich bleibe dabei, der "Fall Steinbach" ist eine innerdeutsche Angelegenheit - bei allem Wohlwollen
dem polnischen Volk gegenüber, die dortige Pressekampagne
ist ungehörig.

M.


Damit machen Sie es sich zu einfach: es ist nicht mehr innerdeutsch, wenn die Oder-Neisse-Grenze von Frau Steinbach in Frage gestellt wurde (hat sie mittlerweile revidiert) und sie Polen die Mitgliedschaft zur EU absprach.
Frau Steinbach wie auch andere Berufs-Vertriebene vergessen immer die Zusammenhänge: das Hitler-Reich zettelte einen Krieg an und brachte unsägliches Leid über Europa, insbesondere aber Polen. Dass dann Deutsche dieses Land verlassen mussten, ist wohl klar.
Ich kenne Fälle, wo Deutsche ca 1950 nach Polen fuhren, wo sie früher mal wohnten. Dort wurden Polen angesiedelt (die teilweise aus Lemberg usw. kamen und auch nicht unbedingt daran interessiert waren, nach ehemals Schlesien zu ziehen). Die Deutschen fragten ganz frech, ob sie mal im Garten buddeln dürften, weil sie dort anscheinend Silber usw. vergraben hatten. Sie packten ein und verschwanden wieder.
Wenn ich mir nur vorstelle, ein Pole käme nach Schwaben und möchte im dortigen Schwaben-Garten buddeln - ein Grossaufgebot schwäbischer Polizei wäre sicher die Folge eines solchen Ansinnens.
Heute kann doch jeder dorthin zurückkehren, wenn das Heimweh auch nach Jahrzehnten so gross geblieben ist.

--
olga64
Re: Erika Steinbach
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 19.11.2009, 15:30:28
Genauso ist es, Olga. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Und Carlos' Satz: "Argumente statt Verbote“ verstehe ich in diesem Zusammenhang gar nicht, da Sie durchaus nachvollziehbare Argumente gebracht und kein Verbot gefordert haben, oder ist mir da etwas entgangen?

Ihren Appell oder Ihre Forderung habe ich in diesem Fall als Forderung an ein Gebot, nicht an ein Verbot verstanden, obendrein als eine sehr vernünftige, die ich teile.
--
Marina
carlos1
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Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 19.11.2009, 15:30:28
"Frau Steinbach wie auch andere Berufs-Vertriebene vergessen immer die Zusammenhänge: das Hitler-Reich zettelte einen Krieg an und brachte unsägliches Leid über Europa, insbesondere aber Polen. Dass dann Deutsche dieses Land verlassen mussten, ist wohl klar." olga64


Es ist nicht klar, warum das (die Dten müssen ihre Heimat verlassen, nicht das Land!) so sein muss. Aus was lässt sich denn solches Unrecht anders ableiten als aus Machtanspruch und Vergeltung? Recht jedenfalls lässt sich aber nicht aus Unrecht ableiten. Auch die die Vertreibung von Polen während der Okkupationszeit waren unrechtmäßig.

Es lässt sich aber auch anders argumentieren: Rechtsansprüche bestehen zwar, können aber auch verloren gehen. Macht geht noch immer vor Recht. Das Unrecht während des letzten Weltkrieges kann deshalb nicht durch Richtgerspruch aus der Welt geschafft werden.

Auf die polnischen Vertriebenen, die in Schlesien und anderswo angesiedelt wurden, habe ich doch früher schon hingewiesen.

"Heute kann doch jeder dorthin zurückkehren, wenn das Heimweh auch nach Jahrzehnten so gross geblieben ist." olg64


Kein neues Argument. Auf die Freizügigkeit in Europa habe ich hingewiesen.

"Damit machen Sie es sich zu einfach: es ist nicht mehr innerdeutsch, wenn die Oder-Neisse-Grenze von Frau Steinbach in Frage gestellt wurde (hat sie mittlerweile revidiert) und sie Polen die Mitgliedschaft zur EU absprach." olga64

Über die Mitgliedschaft in der EU entschied und entscheidet nicht die Frau St. Der Beitritt Polens lag vor allem in deutschem Interesse. Polen ist Verbündeter in der Nato, ein wichtiger Wirtschaftspartner und hat ganz entscheidend dazu beigetragen, dass das kommunistische Herrschaftssystem zusammenbrach. Es ist Teil der europ. Kultur. Der Beitritt war notwendig und richtig. Die Frau Steinbach ist in diesem Zusammenhang unwichtig, eine Randerscheinung.

"Wenn ich mir nur vorstelle, ein Pole käme nach Schwaben und möchte im dortigen Schwaben-Garten buddeln - ein Grossaufgebot schwäbischer Polizei wäre sicher die Folge eines solchen Ansinnens." olga64


Die Schreiberin dieses Beitrags aus dem Freistaat BAYERN darf sich ruhig in Érinnerung rufen, dass das Gebiet Bayerns vor 1500 oder 2000 Jahren keltisches Siedlungsgebiet war. Daraus lässt sich unschwer ein Anspruch für die Nachfolgestaaten keltischer Völkerschaften auf bayrisches Siedlungsgebiet ableiten, wie es bei Chauvinisten üblich ist. Nach dem 1. Weltkrieg, vor der Hitlerzeit also, wurde in polnischen Kreisen die Rückkehr Schlesiens, Pommerns und anderer Gebiet gefordert. Auch solcher westlich der Oder.

Die Vertreibung oder Rücksiedlung sollte nach den Bestimmungen des Potdsamer Abkommens human erfolgen. Sehr wahscheinlich sind bei Flucht und Vertreibung 1,5 bis 2 Mio Menschen umgekommen.

@ marina

"Und Carlos' Satz: "Argumente statt Verbote“ verstehe ich in diesem Zusammenhang gar nicht, da Sie durchaus nachvollziehbare Argumente gebracht und kein Verbot gefordert haben, oder ist mir da etwas entgangenß" marina


Ja, da ist dir etwas entgangen.

"Der immer noch vorhandene Zündstoff - auch was die ehemaligen Sudetendeutschen angeht - muss endlich entschärft werden." olga64


Der vorhandene Zündstoff kann nicht entschärft werden durch Maulkorb, Verbote, sondern nur durch eine gute Politik. Wir können in Europa nicht so weitermachen wie zu Beginn des 20. Jhds. Schluss mit dem Nationalismus. Die Zukunft ist wichtig, nicht die Vergangenheit.

c

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