Innenpolitik Erika Steinbach

Re: Erika Steinbach
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Medea vom 14.11.2009, 13:52:50
Medea hat schon recht, Westerwelle hat in Polen etwas in Aussicht gestellt, das in der Koalition nicht abgestimmt war. Wie sonst erklärt sich die Reaktion der CSU zu diesem Vorgang. Fakt ist doch, sollte Frau Steinbach auf diesen Sitz beharren, dann gibt es Krach in der Koalition.
--
picaro
ehemaligesMitglied65
ehemaligesMitglied65
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von ehemaligesMitglied65
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 14.11.2009, 15:43:36

--
Was mich an der Steinbach Sache einzig stört, ist die Einmischung der Polen in innerdeutsche Angelegenheiten.

Ansonsten hat selbst mein Vater -Schlesier- schon in den Fünfzigern den Verlust seiner Heimat als Folge des Krieges ohne Murren akzeptiert. Schon weil ihm klar war, dass die Verhältnisse unumkehrbar waren, es sei denn, es sollten schon wieder Menschen vertrieben werden.
Dementsprechend war er auch nie in einem Vertriebenenverband organisiert.

Zum eigentlichen Thema:
Das sehe ich wie Medea. Warum sollen Frauen dieses Alters weniger Ehrgeiz entwickeln dürfen als Männer?

Zumal Frauen eh eine höhere Lebenserwartung haben
meritaton
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von carlos1
als Antwort auf eko vom 14.11.2009, 13:20:13
"Ich weiß zwar nicht, was WW den Polen zugesichert hat, vermutlich ging es um die Oder/Neiße-Grenze. Warum sollte er da nicht den Polen Zusicherungen machen, dass von unserer Seite aus nichts unternommen wird, um diesen Zustand zu verändern. Das ist doch legitim, oder ?" eko


Hallo eko,
mit Sicherheit ging es nicht um die Oder-Neiße-Grenze. Es geht nicht an, immer wieder diese Grenzfragen, die längst geregelt sind, ins Spiel zu bringen. Die Grenzen der europ. Staaten liegen unverrückbar fest. Du schreibst mit Recht, wer denn überhaupt rückkehrwillig sein würde im hypothetischen Fall, dass .... . In Europa gilt übrigens das Prinzip der Freizügigkeit.

Es geht um die Nominierung Steinbachs für die Besetzung eines freien Sitzes im Stifungsrat der Stiftung «Flucht, Vertreibung, Versöhnung». Insgesamt drei Sitze stehen den Vertriebenen zu. Die Einflussnahme Polens auf die Besetzung dieser Stelle ist eine Einmischung in innere Angelegenheiten. Der Name von Frau Steinbach wäre ohne diese Publikationshilfe von polnischer Seite in Deutschland kaum bekannt.

Trotzdem möchte ich um Verständnis bitten für die polnische Seite. In dem angegeben Link findet sich eine Stelle, die das deutlich macht:

"Die Causa Steinbach sei ein «deutsches Dilemma», wird Tusk zitiert. Doch seien die Polen «sehr empfindlich, wenn es um die Verteidigung der Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg geht. Da sind wir obsessiv und werden es immer bleiben». (AP/pda s. Link bei Kreuzkampus


Es geht um diese Empfindlichkkeit und um die "Wahrheit". Die polnische Seite sieht im Auftreten der Frau Steinbach einen Ansatzpunkt für einen Geschichtsrevisionismus, der in praktische politische Forderungen münden könnte. Darin täuschen sie sich zwar, aber auf Empfindlichkeiten sollten wir Rücksicht nehmen, sie zumindest beachten. Das ist bereits dadurch erfolgt, dass ein Sitz für die Vertriebenen nicht besetzt wurde. Es wäre aber, wie schon erwähnt, angebracht und sinnvoll gemeinsam nach der historischen Wahrheit zu suchen. Die polnische Seite und die deutsche werden sich dabei unangenehmen Wahrheiten stellen müssen. Nicht nur was den 2. Weltkrieg betrifft, sondern auch die Vorgeschichte und die Geschichte der dt-polnischen Beziehungen.

Die organisatorische Konstruktion des Zentrums für die Verteibung ist leider so erfolgt, dass es keine gemeinsame Lösung, kein gemeinsames Unternehmen mit den Polen gab. Vertreibung ist eine gesamteuropäische Frage, aber eine gemeinsame Darstellung und Bewertung findet nicht statt. Die Ablehnung der Teilnahme der deutschen Vertriebenen durch Polen ist nicht akzeptabel.

Der Fall Steinbach ist vor allem ein innerpolnisches Problem. Die deutsche Gefahr wird aufgebauscht, um politisch daraus Kapital zu schlagen. Frau Steinbach ist bei uns dagegen kaum bekannt und bedeutungslos. Haupsächlich durch polnische Proteste wird ihr Wirken publik

c.








Anzeige

eko
eko
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von eko
als Antwort auf Medea vom 14.11.2009, 13:52:50
Lieber guter Eko,
nun hänge das mal nicht so hoch
völlig absurd ist, mir Polenhaß zu unterstellen,
zumal ich viele Jahre Mitglied der deutsch-polnischen Gesellschaft war, die schon frühzeitig für die Verständigung zwischen Deutschen und Polen warb und regen Austausch zwischen den beiden Völkern pflegte.
Dessen ungeachtet begrüße ich das Engagement von Frau Erika Steinbach und finde die wie mir scheint manipulierte Angst vor ihr absurd.

M.


Hallo medea,

meinetwegen! In letzter Konsequenz ist mir das auch ziemlich schnurz, denn es betrifft mich nicht und geht mir deshalb auch ziemlich an dem berühmten Körperteil vorbei. (

--
eko
olga64
olga64
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von olga64
als Antwort auf carlos1 vom 14.11.2009, 19:19:36
Frau Steinbach, die Berufs-Vertriebene, die dieses grausame Schicksal als sehr kleines Kind erleiden musste, wollte die EU-Mitgliedschaft Polens vom Wohlverhalten dieses Landes abhängig machen.
Was glaubt Frau Steinbach denn dann? Dass sie "geliebt" wird auch von Polen, einem Land, in welchem wir Deutsche unheimliches Leid anrichteten und es nach wie vor so bornierte "Vertriebene" gibt, die sich weigern, dies in Zusammenhang mit dem von Deutschland angezettelten Krieg zu setzen?

Gottseidank stirbt diese Generation der Vertriebenen nun aus. Und den Nachfolgegenerationen steht es ja frei, in Wroclaw o.ä. zu leben, wenn ihnen die nie gekannte Heimat so viel wert sein sollte.

Ich bin oft und gerne in Polen, habe dort auch langjährige Freunde - ich bin sehr dafür, dass Menschen vom Schlage Steinbach endlich mal ruhig sein sollen, um die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen nicht weiter zu gefährden.
Vielleicht findet die CSU ja einen anderen job für Frau Steinbach, wo sie nicht international so viel Porzellan zerschlagen kann. Es müsste sich doch ein Rathaus irgendwo in Niederbayern finden, wo sie Bürgermeisterin sein kann.
--
olga64
niederrhein
niederrhein
Mitglied

Nur ein Querverweis
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf olga64 vom 16.11.2009, 16:55:46
Nur ein Querverweis

(Zu diesem Zweck habe ich mich einfacherhalber an den letzten Beitrag angehängt, ohne inhaltlich zu diesem Beitrag Bezug zu nehmen. Ich bitte um Verständnis.)


Mein Querverweis bezieht sich nur auf eine Publikation, auf ein Buch, dessen Rezension ich heute morgen gelesen habe.

Vielleicht hat der/die eine oder andere Interesse an Rezension und Buch.

Ich zitiere (Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.264, Montag, den 16. November 2009 , Seite 16):


Ohne Gefühlsduselei
Nicht alle, die ihre Heimat verlassen haben, können so nüchtern damit umgehen wie Herta Müller. Für sie gebe es "keine selbstverständlichen Orte der Zugehörigkeit", antwortete die Liteaturnobelpreisträgerin auf die Frage, ob sie "die Heimat ganz verloren" habe. Solche Kühle bringen diejenigen, die in diesem bewegenden Buch zu Wort kommen und beschrieben werden, nicht auf, wenn sie über Ostpreußen, Oberschlesien, Südmähren oder Bessarabien sprechen. Bei ihnen schwingen Schwermut, Angst, Verlorenheit, Orientierungslosigkeit mit. So selbstbewusst wie Herta Müller ("Ich wusste, als ich hier in Deutschland ankam, dass ich es jetzt geschafft habe") sind viele Heimatvertriebene nie in Westdeutschland angekommen. [...]
Das gesellschaftliche Versäumnis, diesen Sektor der Kriegsfolgen tabuisiert oder ausgeblendet zu haben, wird allmählich aufgeholt, häufig leider übertönt vom Streit über ein Vertreibungs-Museum.
Die Schicksale, die die Journalistin Hilke Lorenz erzählt, sind vermutlich nicht repräsentativ für die rund zehn Millionen, die nach 1945 aus den deutschen Ostgebieten in den Westen zogen, aber viele Fälle haben sicher typische Züge.
Hilke Lorenz ist es stilvoll gelungen, ohne Heimatduselei Geschichten zu bewahren, die sonst verlorengingen: Alltagsgeschichten ganz normaler Leute [...] Erlebnisse von der Flucht, [...] aus der Zeit danach [...] Dabei sind drastische Einblicke in eine vielfach verdrängte Zeit entstanden und Psychogramme von Menschen, die als unerwünschte Ankömmlinge mit Zurücksetzungen und Demütigungen leben mussten. Lorenz hat in die Herzen dieser Zeitzeugen geschaut und Symbole gelesen. Doch lässt sie niemals den Anschein zu, als seien die deutschen Vertriebenen die einzigen Leidtragenden der von Deutschen begangenen Verbrechen und des von ihnen angezettelten Zweiten Weltkriegs.

HELMUT LÖLHÖFFEL


HILKE LORENZ: Heimat aus dem Koffer. Vom Leben nach Flucht und Vertreibung. Ullstein Verlag Berlin, 2009. 301 Seiten, zahlreiche Fotos, 19,90 Euro.


Verantwortlich

Die Bertha
vom Niederrhein

Anzeige

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 16.11.2009, 16:55:46
".... ich bin sehr dafür, dass Menschen vom Schlage Steinbach endlich mal ruhig sein sollen, um die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen nicht weiter zu gefährden." olga64


Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist ein hohes Gut - zählt zu den Grundrechten - und kann deshalb nicht ausßenpolitischen Wohlgefallens wegen einem anderen Staat gegenüber einfach aufgegeben werden. Auch eine ins Amt gewählte Regierung kann nicht verlangen die Opposition solle aufhören zu kritisieren, damit die Regierung in Ruhe arbeiten könne.

Ich bin kein Berufs-Heimatvertriebener, war noch nie auf einem Heimattreffen der Vertriebenen. Mein Heimat ist hier, wo die Familie ist. Heimat ist m. E. auch nicht an einen geographisch festgelegten Ort gebunden.

In einem geeinten Europa besteht das Recht auf Freizügigkeit, wie ich schon sagte. Polnische Bürger nehmen zunehmend die Gelegenheit wahr auf der deutschen Seite der Oder zu leben, in Meck.-Pomm. Es gibt Deutsche, die in Polen leben.

Niederrhein hat aus der Rezension des Buches von Hilke Lorenz zitiert. Dem darin Gesagten stimme ich weitgehend zu. Nur eine Anmerkung zu dem folgenden Satz:

"Das gesellschaftliche Versäumnis, diesen Sektor der Kriegsfolgen tabuisiert oder ausgeblendet zu haben, wird allmählich aufgeholt, häufig leider übertönt vom Streit über ein Vertreibungs-Museum." zit nach Niederrhein, Rezension zu Hilke Lorenz in SZ


Tabuthemen sind nicht nur die Vertreibungen. Auch der Bombenkrieg musste aus den Nischen der Verdrängung hervorgeholt werden. Da ethnische Säuberungen ein Thema der Politk Zeitgeschichte und Politik bis in unsere Tage sind (vgl. Nahostkonflikt und Palästinenser, Jugoslawienkriege) wird dies Thema uns weiter begleiten. Es ist notwendig ethnische Säuberungen, die Mio Menschen das Leben gekostet haben zu thematisieren. Thema der Vertreibungen im Osten sind auch die Vertreibungen polnischer Bürger ab 1939/40 und die Ansiedlung deutscher Umsiedler (Baltikum, Bessarabien, Wolhynien etc.).

Der 2. Weltkrieg hatte die gewaltigsten Wanderbewegungen zur Folge, die es bis dahin in Europa gegeben hat. Eine Einbeziehung aller Vertreibungen ist deshalb geboten und wird, soviel ich weiß, auch erfolgen. Leider erfolgte dies nicht in Zusammenarbeit mit den polnischen Vertriebenen. Die polnischen Zuwanderer in Schlesien stammen großenteils aus Galizien. Die heutige Universität von Breslau wurde von Professoren der Universität Lemberg (Lwow) weiter geführt. Das alles ist Teil der deutschen und polnischen Geschichte in diesem Europa. Darüber sollten wir nachdenken.

c.
moldau
moldau
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von moldau
als Antwort auf olga64 vom 16.11.2009, 16:55:46
Frau Steinbach, die Berufs-Vertriebene, die dieses grausame Schicksal als sehr kleines Kind erleiden musste, wollte die EU-Mitgliedschaft Polens vom Wohlverhalten dieses Landes abhängig machen.
Was glaubt Frau Steinbach denn dann? Dass sie "geliebt" wird auch von Polen, einem Land, in welchem wir Deutsche unheimliches Leid anrichteten und es nach wie vor so bornierte "Vertriebene" gibt, die sich weigern, dies in Zusammenhang mit dem von Deutschland angezettelten Krieg zu setzen?

Gottseidank stirbt diese Generation der Vertriebenen nun aus. Und den Nachfolgegenerationen steht es ja frei, in Wroclaw o.ä. zu leben, wenn ihnen die nie gekannte Heimat so viel wert sein sollte.

Ich bin oft und gerne in Polen, habe dort auch langjährige Freunde - ich bin sehr dafür, dass Menschen vom Schlage Steinbach endlich mal ruhig sein sollen, um die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen nicht weiter zu gefährden.
Vielleicht findet die CSU ja einen anderen job für Frau Steinbach, wo sie nicht international so viel Porzellan zerschlagen kann. Es müsste sich doch ein Rathaus irgendwo in Niederbayern finden, wo sie Bürgermeisterin sein kann.
--
olga64


Ich unterstreiche jedes Wort von Dir!

Gruß aus Danzig
Dieter


--
moldau
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 16.11.2009, 16:55:46

"Ich bin oft und gerne in Polen, habe dort auch langjährige Freunde - ich bin sehr dafür, dass Menschen vom Schlage Steinbach endlich mal ruhig sein sollen, um die nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen nicht weiter zu gefährden." olga64[/indent]

Sehr enge Verwandte von mir stammen aus Polen und fahren oft dorthin. Was haben aber enge persönliche Beziehungen mit Frau Steinbach zu tun? Nichts. Sie spielen keine Rolle. Sollte Frau Steinbach abtreten, wird jemand an ihre Stelle treten, den heute nur ganz wenige kennen.

Welche Rolle spielt Frau Steinbach in der Innenpolitik? Sie bringt Stimmen bei Wahlen mit. Deshalb findet sie Unterstützung bei der CSU. Frau Merkel hält sich zurück, will die Sache eher aussitzen und hinauszögern, niemandnd vergrätzen. Sie will den Rücken frei haben. Außenminister Westerwelle ist deshalb auch strikt gegen ihre Anwesenheit im Stiftungsrat. Was folgt daraus? Allen geht sie auf die Nerven. Aber verärgert soll sie nicht werden. Die Stimmen sollen nicht weiter naxch rechts abwandern. Deshalb halten die kleinen Parteien der Koalition der Kanzlerin den Rücken frei. Diese will mit Polen ein deutlich verbesseres Verhältnis. Deshalb dieses Bild der "Zerrissenheit" in der KOalition.

Es wird immer auf die Empfindlichkeit der polnischen Partner in der Regierung hingewiesen (betrifft vor allem die Vorgänger. Das ist zu wenig. Es ist ein psychologisches und medizinisches Problem.

Der bekannte Hirnforscher Wolf Singer nennt starke Emotionen einen, wenn nicht [i]den
kontaminierenden Faktor unserer kognitiven Leistungen. Sie hindern uns ein realistisches Weltmodell aufzubauen. Wer mit einem unrealistischen Weltbild lebt bringt für sich und andere und Unheil.

Wir haben ganz andere, wichtigere Aufgaben in Europa zu lösen als polnische Mimositäten. Das ist richtig. Wem hatten wir eigentlich den Fall der Mauer zu danken? Polen. Es ist nicht vergessen.

c.
pippa
pippa
Mitglied

Re: Erika Steinbach
geschrieben von pippa
als Antwort auf carlos1 vom 17.11.2009, 20:12:42
Richtig, u. a. Polen!
Daher denke ich, wenn es Frau Steinbach wirklich um die Sache ginge, würde sie sich still und heimlich für eine andere Position interessieren.
--
pippa40

Anzeige