Innenpolitik Die Schweiz isoliert sich
"Bei den Alpenvölkern scheint wohl von je her die rechtsnationale Blut-und-Boden-Politik das Gehirn auszuschalten."
Seit 40 Jahren lebe ich als immer noch Deutsche in der Schweiz, aber ein so dämlicher Ausspruch wie dieser hat Seltenheitswert, Dutch!
Die Halbe-Halbe -Abstimmung sagt nichts aus über das, was tatsächlich in den harten Diskussionen unter der abstimmenden Bevölkerung Schwergewicht hatte. Jährlich ist derzeit eine Zuwanderung in der Größenordnnung der Stadt Luzern zu verzeichen mit ca. 80 000 Einwohner. Die Schweizer haben abgewogen für ihre eigene Zukunft mit einer Masseneinwanderung und ihrer traditionellen Bereitschaft, Menschen aufzunehmen, die in Not sind.
Die Schweiz ist ein Alpenland. Sollen nun in den Bergen Siedlungen entstehen, in die kein Ausländer will? Abgesehen von den dann zu bauenden Zugangsstrassen, Schulen und sonstigen Einrichtungen? Heute bekommt man schon in kleinen Dörfern nur noch mit viel Glück eine Wohnung unter 1400.Sfr. Die Landwirtschaft ist bedroht, denn es wird immer mehr Bauland benötigt, was einmal grün war, ist heute zubetoniert.
Dazu kommt noch, dass die EU der Schweiz in den Grenzregionen bestimmt hat, Wohnraum zur Verfügung zu stellen für jene, die zwar in der Schweiz wohnen wollen, aber jenseits der Grenze in EU-Ländern zu arbeiten - wie z.Bsp. Liechtenstein (EU), das sich zwar Leute von überall zum Arbeiten holen kann, die aber ihren Wohnsitz in der Schweiz haben können, weil auch in L. der Platz fehlt. Jetzt wird der "Ausweichwohnort" zulasten Österreichs gehen ,und diese Wohngebiete gehen an jene Arbeitnehmer, die auch in der Schweiz arbeiten, wobei ich sicher bin, dass die Schweiz auch da eine Lösung finden wird für die liechtensteinischen Pendler.
(Ich habe Liechtenstein jetzt nur als Beispiel genommen, weil es vor meiner Haustür liegt und ich die Zustände kenne, es gibt auch noch andere Grenzregionen mit den gleichen Problemen )
Dass die kleine Schweiz einen wesentlich höheren Ausländeranteil hat als Deutschland zählt nur noch am Rande.
Ich war mit Kenntnis vieler Zustände vor der Wahl schon absolut sicher, wie knapp das Ergebnis ausfallen wird, auch dass eine Begrenzung der Zuwanderung mit einem sehr knappen "Ja" in die Urne geht. Das hat absolut nicht mit Ausländerfeindlichkeit zu tun, die es hier wesentlich weniger gibt als in Deutschland, wo jahrelang eine NSU gegen Ausländer wüten konnte, Auslanderheime Ziele von Angriffen wurden und mit "Multikulti" ein sanftes Mäntelchen über Ausländerfeindlichkeit gehängt wird.
Woher kommt es wohl, dass prozentual in der Schweiz mehr Flüchtlinge aufgenommen wurden als in Deutschland?
So ein kleines Land wie die Schweiz kann sich allein platzmässig Masseneinwanderungen nicht leisten, alles andere wäre Augenwischerei.
Abgesehen davon, wird zwischen der Schweiz und der EU der Austausch weiterlaufen wie bisher - mit Deutschland sowieso. Das Geschrei wird verebben.
Luchs (die nicht mitwählen durfte , weil Ausländerin)
Re: Die Schweiz isoliert sich
Entschuldige Therese, daß ich die Schweiz kleiner gemacht habe
als sie ist - .
Ich hatte irgendwo 5,3 Millionen gelesen und das übernommen.
Hätte ich überprüfen sollen.
Ich kann mich mit dem Gedanken von Volksabstimmungen anfreunden -
das Beispiel mit 'Ja zur Todesstrafe' halte ich für an den
Haaren herbeigezogen, in heutiger Zeit jedenfalls nicht für
Deutschland.
Der Schweiz das möglicherweise unterstellen zu wollen
ist unanständig.
M.
als sie ist - .
Ich hatte irgendwo 5,3 Millionen gelesen und das übernommen.
Hätte ich überprüfen sollen.
Ich kann mich mit dem Gedanken von Volksabstimmungen anfreunden -
das Beispiel mit 'Ja zur Todesstrafe' halte ich für an den
Haaren herbeigezogen, in heutiger Zeit jedenfalls nicht für
Deutschland.
Der Schweiz das möglicherweise unterstellen zu wollen
ist unanständig.
M.
Re: Die Schweiz isoliert sich
Hallo Justus
Genau das ist das Problem, werden in einer Demokratie keine Richtlinien angeboten, kann die Demokratie genau so gefährlich werden wie eine Diktatur. Das Referendum war meiner Meinung nach keine gute Idee.
Ich bin mal gespannt wie das EU Parlament reagieren wird.
Phil.
Hallo Phil,
Ja, so habe ich das auch gemeint.
Wenn die Regierung der BRD vor jeder Entscheidung ihr Volk in einer geheimen Abstimmung fragen würde, dann würde wohl mehr als die Hälfte aller Beschlüsse des Bundestages wieder zunichte gemacht.
Ich will darauf verzichten, alles aufzuzählen, was es dann wahrscheinlich jetzt nicht geben würde.
justus
Re: Die Schweiz isoliert sich
Ich habe hier, liebe Therese, von niemanden gelesen, dass der Schweiz zugetraut wird, die Todesstrafe per Volksentscheid einzuführen.
Dem Volksentscheid - und nicht der Schweiz - wurde eine so sehr wichtige Gesetzesänderung zugetraut. Und das ist nicht ein Problem der Schweiz, sondern der Demokratie allgemein.
Wie bereits geschrieben, kenne ich die Schweiz recht gut, war sehr, sehr oft dort Gast und habe den Bundesrat immer bewundert, wie er den vier Sprachregionen demokratisch gerecht wird.
Hafel
Dem Volksentscheid - und nicht der Schweiz - wurde eine so sehr wichtige Gesetzesänderung zugetraut. Und das ist nicht ein Problem der Schweiz, sondern der Demokratie allgemein.
Wie bereits geschrieben, kenne ich die Schweiz recht gut, war sehr, sehr oft dort Gast und habe den Bundesrat immer bewundert, wie er den vier Sprachregionen demokratisch gerecht wird.
Hafel
Luchs35
Du sprichst mir aus dem Herzen.
Danke für deine, wie immer, sachlichen Worte.
Liebs Grüessli therese
Du sprichst mir aus dem Herzen.
Danke für deine, wie immer, sachlichen Worte.
Liebs Grüessli therese
Re: Die Schweiz isoliert sich
geschrieben von ehemaliges Mitglied
"Nicht das deutsche Volk sondern die Lobbys bestimmen in Deutschland die Politik."
Es gab doch aber eine Bundestagswahl, mit einem bekannten Wahlergebnis.
Die Parteien, die mehr direkte Demokratie mit bundesweiten Volksbefragungen auf ihre Fahnen geschrieben haben, wie Piratenpartei, Freie Wähler, Bayernpartei sind deutlich abgewählt worden.
Vielleicht will die große Mehrheit der Deutschen keine bundesweiten Volksbefragungen, weil diese Mehrheit weiß, wie schnell Stimmungmache und aktuelle Krisensituationen Volksentscheide in eine Richtung entscheiden können, die sich als schwerwiegende Fehler herausstellen können.
Deutschland lässt sich auch schwer mit der Schweiz vergleichen.
UND - übrigens - gab es keine Volksbefragung über die Teilnahme der Schweiz am 2. Weltkrieg. Die Neutralität ist lt. Verfassungsanlage seit langer Zeit vorgegeben.
Die Schweiz lieferte bis Oktober 1944 Deutschland Rüstungsgüter und bis Ende des Krieges Strom für Süddeutschland, die Banken horteten weiter deutsche Gelder, Aktien...
Volksbefragungen auch zu solchen Fragen gab es nicht trotz einiger Initiativen der Schweizer.
Noch mal "Übrigens"!
Mit deiner Einschätzung vom 10.02.2014 09:25 zur Volksbefragung gehe ich konform.
Re: Die Schweiz isoliert sich
Justus, Du kannst ein Land mit 80 Mio. Einwohnern nicht vergleichen mit einem Land mit 8 Mio. Das ist verzerrend.
Die Schweiz hat eine sehr lange Tradition mit der direkten Demokratie und ist gut damit gefahren. Das lässt sich nicht vergleichen. Der Vorteil in der Schweiz ist in jedem Fall, dass der Einzelne politisch gebildeter ist, weil er dauernd mit Abstimmungen konfrontiert wird und sich zuvor mit allem wirklich auseinandersetzen muss, ein ständiges Abwiegen der Entscheidungen.
Das ist in Deutschland nicht möglich, da müssen auch ganz andere Entscheidungen gefällt werden, aus der sich das Land nicht heraushalten kann - was allerdings auch die Bevölkerung in internationale Auseiandersetzungen hineinzerrt, die es gar nicht möchte.
Eine Ideallösung gibt es nirgendwo.
Luchs
Die Schweiz hat eine sehr lange Tradition mit der direkten Demokratie und ist gut damit gefahren. Das lässt sich nicht vergleichen. Der Vorteil in der Schweiz ist in jedem Fall, dass der Einzelne politisch gebildeter ist, weil er dauernd mit Abstimmungen konfrontiert wird und sich zuvor mit allem wirklich auseinandersetzen muss, ein ständiges Abwiegen der Entscheidungen.
Das ist in Deutschland nicht möglich, da müssen auch ganz andere Entscheidungen gefällt werden, aus der sich das Land nicht heraushalten kann - was allerdings auch die Bevölkerung in internationale Auseiandersetzungen hineinzerrt, die es gar nicht möchte.
Eine Ideallösung gibt es nirgendwo.
Luchs
Ich möchte mich bei allen Alpenbewohnern entschuldigen: selbstverständlich war meine Aussage überzogen und wird gewiss der Mehrheit der Süddeutschen, Österreicher und Schweizer nicht gerecht.
Jedoch ist mir auffällig, welche politischen Initiativen gerade von dieser Himmelsrichtung in letzter Zeit ausgehen:
- Minarettverbot
- Ausländer-Maut
- Schüren von Zuwanderungsängsten (Wer betrügt fliegt)
- Einwanderungsbeschränkung in der Schweiz etc.
Dies zeugt von einem gewissen Hang zur Abschottung und Ausgrenzung von Fremden zumindest bei einem maßgeblichen Teil der Bevölkerung. Meine Verallgemeinerung vom Sonntag war jedoch falsch und oberflächlich und ich bitte um Verzeihung.
Jedoch ist mir auffällig, welche politischen Initiativen gerade von dieser Himmelsrichtung in letzter Zeit ausgehen:
- Minarettverbot
- Ausländer-Maut
- Schüren von Zuwanderungsängsten (Wer betrügt fliegt)
- Einwanderungsbeschränkung in der Schweiz etc.
Dies zeugt von einem gewissen Hang zur Abschottung und Ausgrenzung von Fremden zumindest bei einem maßgeblichen Teil der Bevölkerung. Meine Verallgemeinerung vom Sonntag war jedoch falsch und oberflächlich und ich bitte um Verzeihung.
ZITAT Tageblatt
"Beziehungen prüfen"
Als "eine schlechte Nachricht" für Europa hat Frankreichs Außenminister Laurent Fabius das Schweizer Votum zur Begrenzung der Einwanderung eingestuft. "Das ist ein besorgniserregendes Votum, weil es bedeutet, dass die Schweiz sich auf sich selbst zurückziehen will", sagte Fabius am Montag im Radio. Es sei auch "paradox", weil die Schweiz 60 Prozent ihres Außenhandels mit der Europäischen Union abwickle. Die Schweiz für sich genommen sei keine Wirtschaftsmacht.
"Wir werden unsere Beziehungen zur Schweiz überprüfen", fügte Fabius hinzu. Seit 1999 gebe es EU-Abkommen mit der Schweiz insbesondere zur Freizügigkeit für Arbeitnehmer und zu vielen anderen Fragen. Dabei gebe es eine Klausel, die "Guillotine" genannte werde: Demnach wird alles nichtig, wenn ein Teil des Abkommens in Frage gestellt werde. Es werde also neu verhandelt werden müssen. Im Nachbarland Schweiz arbeiten zahlreiche Franzosen, 104.000 Franzosen leben dort.
IRONIE : ZITAT SPON
„Die Schweiz kann sich nicht ernsthaft auf den Standpunkt stellen, dass sie sich gegen Zuwanderer abschotten kann, und gleichzeitig das Steuerfluchtgeld aus ganz Europa mit offenen Armen empfängt.“
"Beziehungen prüfen"
Als "eine schlechte Nachricht" für Europa hat Frankreichs Außenminister Laurent Fabius das Schweizer Votum zur Begrenzung der Einwanderung eingestuft. "Das ist ein besorgniserregendes Votum, weil es bedeutet, dass die Schweiz sich auf sich selbst zurückziehen will", sagte Fabius am Montag im Radio. Es sei auch "paradox", weil die Schweiz 60 Prozent ihres Außenhandels mit der Europäischen Union abwickle. Die Schweiz für sich genommen sei keine Wirtschaftsmacht.
"Wir werden unsere Beziehungen zur Schweiz überprüfen", fügte Fabius hinzu. Seit 1999 gebe es EU-Abkommen mit der Schweiz insbesondere zur Freizügigkeit für Arbeitnehmer und zu vielen anderen Fragen. Dabei gebe es eine Klausel, die "Guillotine" genannte werde: Demnach wird alles nichtig, wenn ein Teil des Abkommens in Frage gestellt werde. Es werde also neu verhandelt werden müssen. Im Nachbarland Schweiz arbeiten zahlreiche Franzosen, 104.000 Franzosen leben dort.
IRONIE : ZITAT SPON
„Die Schweiz kann sich nicht ernsthaft auf den Standpunkt stellen, dass sie sich gegen Zuwanderer abschotten kann, und gleichzeitig das Steuerfluchtgeld aus ganz Europa mit offenen Armen empfängt.“
Re: Die Schweiz isoliert sich
Ich wollte nicht die Situation der Schweiz nach Deutschland übertragen, mir ging eher das Problem durch den Kopf, was es für eine Regierung in der Ausübung ihrer Funktion bedeutet, wenn das Volk ständig und geheim die Entscheidungen trifft.
So demokratisch es auch sein mag, aber ich stelle mir gerade den Familienvater einer imaginären Großfamilie mit Schwiegereltern und acht Kindern im unterschiedlichen Alter und mit völlig verschieden Interessen vor, der über jede Entscheidung anonym abstimmen lässt.
Ob er es noch für sinnvoll hält, sich eigene Gedanken zu machen?
justus
So demokratisch es auch sein mag, aber ich stelle mir gerade den Familienvater einer imaginären Großfamilie mit Schwiegereltern und acht Kindern im unterschiedlichen Alter und mit völlig verschieden Interessen vor, der über jede Entscheidung anonym abstimmen lässt.
Ob er es noch für sinnvoll hält, sich eigene Gedanken zu machen?
justus