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Innenpolitik Bleiberecht - Menschenrecht

lalelu
lalelu
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Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von lalelu
Quer durch verschiedene Threads wird die Frage diskutiert, ob Asylbewerber ihr Bleiberecht verwirken, wenn sie schwere Straftaten begehen. Ein Teil der Diskutanten fordert, dass sie ausgewiesen werden; andere sind über diese Forderung empört, weil das Menschenrecht dem entgegen stehe.

Ich frage mich, ob die Befürworter des absoluten Bleiberechts auch so argumentierten würden, wenn die eigene Frau, Freundin, Tochter, Enkeltochter Opfer eines Sexualstraftäters geworden wäre, der hier Asyl haben möchte.

Oder: würden sie jemand weiter unter ihrem Dach beherbergen, den sie in einer Notlage aufgenommen haben und den sie unterstützen, wenn er ihre Enkeltöchter belästigt?

Ich würde es nicht tun – ganz egal, ob er eine andere Bleibe hat und ob es dem Menschenrecht entgegen steht, wenn ich ihm die Tür weise. Er müsste gehen.

Ich habe auch erhebliche Zweifel daran, dass viele von denjenigen, die das Bleiberecht aus Menschenrechtsgründen selbst bei schweren Straftaten leidenschaftlich verteidigen, in einem solchen Fall diesen „Gast“ weiterhin in ihrem Haus haben wollten und ihn unterstützen würden.

Logischerweise dürften aber nur die für Bleiberecht ohne Ausnahme plädieren, die auch niemandem in ihrem Haus die Tür weisen würden, der das Gastrecht auf schäbigste Weise missbraucht. Oder ist das, was einen selbst nicht betrifft, weniger schlimm?

Nur damit es klar ist: Ich werfe nicht ALLE in einen Topf. Die überwiegende Mehrheit der Asylbewerber will hier in Frieden leben, ist dankbar und froh, dass man ihnen hilft und tut niemand etwas zuleide. Die meine ich nicht.

Es gibt aber auch pechschwarze Schafe, und NUR von diesen rede ich.

Lalelu
Karl
Karl
Administrator

Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von Karl
als Antwort auf lalelu vom 20.01.2016, 13:51:45
@ lalelu,

im Disput mit Dir hatte ich von der Gleichheit vor dem Gesetz gesprochen und Artikel 3 unseres Grundgesetzes zitiert. Bei Einhaltung dieses Gleichheitsgrundsatzes würde ich selbstverständlich jeden des Hauses verweisen, der sich an Frau oder Enkel vergreifen würde. Gegebenfalls würde ich ihn oder sie auch anzeigen - und zwar unabhängig von Religion, Hautfarbe, Herkunft oder Behinderung.

Den logischen Fehler, den Du dann machst, ist nun von meinem Privathaus auf das Staatshaus zu folgern. Straftäter müssen bestraft werden. Die in Artikel 3 des Grundgesetzes verbriefte Gleichheit ist aber nicht mehr gegeben, wenn die "Ausländer" für Straftaten nicht nur bestraft, sondern abgeschoben werden, was eventuell ihren Tod bedeuten könnte. "Inländer" können nicht abgeschoben werden.

Ich plädiere für die gleiche Bestrafung aller Straftäter. Ein Automatismus der Abschiebung finde ich persönlich als nicht im Einklang mit unserem Grundgesetz. Letztlich müssen dies aber Richter entscheiden, es ist nur meine (allerdings, so denke ich, legitime) Meinung.

Karl
olga64
olga64
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Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von olga64
als Antwort auf lalelu vom 20.01.2016, 13:51:45
Ich frage mich, ob die Befürworter des absoluten Bleiberechts auch so argumentierten würden, wenn die eigene Frau, Freundin, Tochter, Enkeltochter Opfer eines Sexualstraftäters geworden wäre, der hier Asyl haben möchte.

Oder: würden sie jemand weiter unter ihrem Dach beherbergen, den sie in einer Notlage aufgenommen haben und den sie unterstützen, wenn er ihre Enkeltöchter belästigt?

Lalelu
[/quote]

Was für eine Frage? Jeder Straftäter, egal welcher Nationalität muss auf Basis unseres Rechtsstaates verurteilt werden und wenn er kein deutscher Staatsbürger ist, auch abgeschoben werden. Dies ist derzeit aber einer gewissen Strafhöhe schon möglich, aber nur, wenn das Herkunftsland bekannt ist, bzw. dort keine Folter und Tod drohen.
Umgekehrt werden aber in unserem Land immer noch die meisten Frauen innerhalb der Familien missbraucht und dies dann von deutschen Staatsbürgern, die nirgendwohin abgeschoben werden können, weil sie sicher keiner aufnehmen möchte. Olga

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Drachenmutter
Drachenmutter
Mitglied

Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von Drachenmutter
als Antwort auf Karl vom 20.01.2016, 15:24:09
Ganz entgegen meiner Gewohnheit, mich in solche Themen nicht einzuklinken, traue ich mich jetzt doch einmal.

Mich beschäftigt das Thema sehr und ich lese viel darüber im Internet. Vor einigen Tagen las ich sinngemäß folgendes:

Aus den Staaten Marokko, Algerien und Tunesien werden systematisch die ältesten Söhne der armen Familien nach Europa geschickt, um von hier aus die Familien in der Heimat finanziell unterstützen zu können. Da sie aber zunächst nicht arbeiten dürfen, sind sie praktisch gezwungen, kriminell zu werden, um den finanziellen Forderungen der Familie und dem Druck der Schlepper auf Bezahlung der Kosten für die Einreise gerecht zu werden. Bis über den Asylantrag entschieden ist vergehen etliche Monate. Wird er abgelehnt, kann dagegen gerichtlich vorgegangen werden. Es vergehen wieder Monate. Ich dieser Zeit haben die jungen Menschen nur die Option, Geld aus kriminellen Handlungen in die Heimat zu schicken.

Wenn das so stimmt, leider kann ich die Quelle dazu nicht mehr finden, dann scheint es recht lukrativ zu sein, in den Westen zu gehen, um auf diese Weise Geld zu verdienen. Unsere Gesetz fördern dieses Verhalten, indem die jungen Männer hier nicht arbeiten dürfen, bis über ihren Asylantrag abschließend entschieden ist.

Oder kommen die jungen Männer, obwohl sie wissen, was sie hier erwartet und sie nur die Option der Kriminalität haben? In diesem Falle sollten sie auch abgeschoben werden dürfen, denn dann wären sie Wirtschaftsflüchtlinge und nicht mit dem Tode bedroht, wenn sie zurück in die Heimat abgeschoben werden.

Ich las weiterhin, dass ein erheblicher Geldfluss durch diese Menschen von Europa nach Nordafrika stattfindet, der den Staaten dort gut zu pass kommt. Um hier keine Einbußen zu haben, stellen diese Staaten den Menschen, die von dort weggegangen sind keine neuen Papiere aus, damit sie nicht wieder zurück kommen können.

Ich bin erschüttert darüber, wie tief das alles geht und welche Umstände dazu beitragen, dass diese jungen Männer hier im Westen kriminell werden.

Ich bitte die alteingesessenen Diskutanten in den Politikthemen um Entschuldigung, dass ich mich hier zu Wort gemeldet habe und hoffe, dass ich nun nicht in der Luft zerrissen werde, aber das musste ich nun einmal loswerden.

woelfin
olga64
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Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von olga64
als Antwort auf Drachenmutter vom 20.01.2016, 16:53:28
ES ist doch alles sachlich und sehr fundiert und gut recherchiert, was Sie schreiben und wer Sie "in der Luft zerreissen möchte" hat sicher nicht so viel Ahnung wie Sie.
NIcht ohne Grund wurde gerade gestern mit Tunesien vereinbart, dass diese ihre Leute zurücknehmen, wenn einwandfrei geklärt ist, dass es sich um tunesische Bürger handelt.
Marokko macht dies auch, will aber Visafreiheit für marokkanische Geschäftsleute und Gelehrte - wir werden wohl nachgeben müssen, um Marokkaner abschieben zu können, die über keine gültigen Papiere verfügen.

Wie das mit Algerien weitergeht, wird sich zeigen.
Auch die Drohung, künftig in diese Länder weniger Entwicklungshilfe zu zahlen, dürfte helfen, wenn nicht die Rücküberweisungen der hier Lebenden nicht doch höher sind.
Aber, wenn von jemandem nicht bekannt ist, aus welchem "nordafrikanischem" Land er kommt, wohin soll er abgeschoben werden?
Das umgekehrte Beispiel dürfte es besser darstellen: angenommen ein blonder, blauäugiger Mann ohne Pass wird aufgrund eines Strafdeliktes in einem anderen Land aufgegriffen. Er spricht zwar Deutsch, es wird aber nicht erkannt, ob es sich um einen Deutschen, einen Österreicher oder Schweizer handelt.
Wohin soll dieser Mann abgeschoben werden? Würden die genannten Länder ihn ohne Weiteres zurücknehmen? Ich glaube es nicht.... Olga
wandersmann
wandersmann
Mitglied

Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf Drachenmutter vom 20.01.2016, 16:53:28
Es gibt doch aber eine ganz einfache Maßnahme, dieses zu vermeiden, indem diese jungen Männer aus Nordafrika, die ja in der Regel keiner politischen Verfolgung ausgesetzt sind, ihren Asylantrag an Deutschland von ihrer Heimat aus stellen. Gemäß dem Ergebnis der Prüfung des Antrages können sie dann nach D einreisen oder müssen eben zu hause bleiben. Ganz einfach.

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olga64
olga64
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Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von olga64
als Antwort auf wandersmann vom 20.01.2016, 17:07:16
Nordafrikaner würden bei deutschen Botschaften in ihren Heimatländer erfahren, dass kein Asylgrund bei ihnen vorliegt und sich ein Asylantrag erübrigt, bzw. Visa nicht ausgestellt werden. So einfach ist das.
Diese LÄnder sollen jetzt auch zügig den Status der Ungefährlichkeit erhalten, auch wenn sich die Partei die Linke dagegen sträubt, wie einer Rede des Herrn Riexinger zu entnehmen war.
In Ländern wie Somalia, Eritrea - wenn wir nur in Afrika bleiben - gibt es teilweise keine konsularischen Strukturen mehr, die dies ermöglichen würden. Gründe sind hier aber vorhanden, um Asyl zu bekommen. Olga
wandersmann
wandersmann
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Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf olga64 vom 20.01.2016, 17:13:39
Das umgekehrte Beispiel dürfte es besser darstellen: angenommen ein blonder, blauäugiger Mann ohne Pass wird aufgrund eines Strafdeliktes in einem anderen Land aufgegriffen. Er spricht zwar Deutsch, es wird aber nicht erkannt, ob es sich um einen Deutschen, einen Österreicher oder Schweizer handelt.
Wohin soll dieser Mann abgeschoben werden?


Bürger aus den von Dir benannten Ländern sind über Maßnahmen der Personenerkennung relativ rasch zu identifizieren und zuzuordnen, selbst wenn sie über keine Dokumente verfügen, und ihre wahre Identität verschleiern möchten.
lalelu
lalelu
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Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von lalelu
@Karl, ich fange mit deinem letzten Satz an: Letztlich müssen dies aber Richter entscheiden, es ist nur meine (allerdings, so denke ich, legitime) Meinung.

In diesem Punkt bin ich mit dir einverstanden. Natürlich müssen Richter entscheiden; niemand kann einen anderen ohne richterlichen Beschluss aus Deutschland ausweisen oder anderweitig bestrafen. Ich plädiere nicht für Selbstjustiz.

Ich respektiere die deutsche Rechtsprechung, dass kein Ausländer in ein Land abgeschoben werden kann, in welchem ihm für sein Vergehen die Todesstrafe droht.

Allerdings mache ich einen deutlichen Unterschied zwischen Ländern, in denen verurteilte Straftäter die Todesstrafe zu erwarten haben und solchen, in denen sie wegen wegen der politischen Lage nicht sicher sind. Das ist zweifellos ebenfalls schlimm, aber trotzdem nicht das Gleiche

Wenn noch nicht anerkannte Asylanten niemals befürchten müssen, abgeschoben zu werden, egal, welche Straftat sie begehen, und zwar nicht deshalb, weil sie zu Hause mit der Todesstrafe bedroht sind, sondern weil ihr Heimatland politisch nicht sicher ist und sie eventuell gefährdet sind, kommt das einer Bevorzugung gleich. Die ist nach Artikel 3 des Grundgesetzes ebenfalls verboten.

Sehr viele Menschen leben nach wie vor unter diesen furchtbaren Verhältnissen. Deshalb sollten sich gerade Asylbewerber, die das Glück hatten, dieser Hölle entkommen zu sein, in ihrem Gastland korrekt verhalten und bei schlimmer Zuwiderhandlung nicht hier bleiben dürfen.

Meine Auffassung, die man nicht zu teilen braucht.

@Olga: Dies ist derzeit aber einer gewissen Strafhöhe schon möglich, aber nur, wenn das Herkunftsland bekannt ist, bzw. dort keine Folter und Tod drohen. 

Meine Meinung dazu habe ich gerade dargelegt und stimme mit Ihnen überein, falls sie mit „Tod“ die Todesstrafe meinen. Die unsichere und gefährliche politische Lage allein ist für mich kein Argument, einen kriminellen Asylbewerber nicht abzuschieben.

@woelfin: ich schließe mich Olga an: ich sehe auch keinen Grund dafür, dass jemand dich in der Luft zerreißen könnte. Du hast einen Aspekt eingebracht, der mehr und mehr in den Fokus gerät: Asylbwerber sind hier viel zu lange zur Untätigkeit verdammt. Da sie nicht arbeiten dürfen, aber irgendwie an Geld kommen wollen, werden sie nicht nur vereinzelt kriminell.

Deutschland muss seine Praxis schleunigst überdenken und Asylbewerber ohne Bleibeperspektive sehr schnell abschieben und denen mit Bleibeperspektive die Möglichkeit geben, ein legales Arbeitsverhältnis aufzunehmen, wenn ein Arbeitgeber bereit ist, sie zu beschäftigen.

Guter Wille und Hilfsbereitschaft sind wunderbar, aber sie allein genügen nicht. Man muss den Menschen, die hierher kommen, eine echte Perspektive bieten und die unterstützen, die bereit sind, selbst bei ihrer Integration zu helfen.

Auch wenn ich nerve: den anderen muss man unmissverständlich klarmachen, dass sie dorthin zurückgeschickt werden, wo sie herkommen, erst recht, wenn sie kriminell werden.

Und wieder: meine Meinung, die man nicht zu teilen braucht.

Lalelu
olga64
olga64
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Re: Bleiberecht - Menschenrecht
geschrieben von olga64
als Antwort auf lalelu vom 20.01.2016, 17:27:47
Meine Meinung dazu habe ich gerade dargelegt und stimme mit Ihnen überein, falls sie mit „Tod“ die Todesstrafe meinen. Die unsichere und gefährliche politische Lage allein ist für mich kein Argument, einen kriminellen Asylbewerber nicht abzuschieben.

Lalelu[/
quote]

Ihre Meinung ist, was sie ist - eine Einzelmeinung.
Dies hilft aber nicht weiter, da die Genfer Konventionen vorsehen, dass niemand in ein Land abgeschoben werden darf, wo ihm auch Folter und Tod drohen. Inkludiert sind hier selbstverständlich Kriegsgebiete (Syrien) und auch Terrorländer (Somalia, Eritrea, Irak, auch Afghanistan, wenn dort die Taliban weiter so erfolgreich sind).
Sie werden sicher keine Ambitionen haben, die Genfer Konvention ausser Kraft zu setzen, die es ja seit 1869 bereits gibt, aber in ihrer jetzigen Form und Auswirkung seit 1949, übrigens ein Resultat der Nazi-Gräuel weltweit. Olga

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