Innenpolitik Bildungswesen auf dem Prüfstand
Anni,
eine Dezentralisierung wird es nicht geben, aber nach Art. 91 GG wird eine Zusammenarbeit der Länder möglich gemacht. Die Staaten einer Föderation müssen ja zusammenarbeiten können. Das geschieht in der Bundesrepublik z.B. durch die Ministerpräsidentenkonferenz, durch die Fachministerkonferenzen der Länder, bei Bildungsfragen durch die gemeinsame Wissenskonferenz. Allerdings haben diese Zusammenkünfte keine gesetzgeberische Funktion. Das muß durch die Länderparlamente erfolgen.
Um hier etwas zu bewirken, ist Eigeninitiative der Bürger gefragt. Es muß nicht immer gleich Volksabstimmung sein, aber außerparlamentarische Organisationen können politische Wünsche der Bürger sehr wirksam unterstützen. Diese Lobbyarbeit ist sehr wünschenwert, auch um der Lobbyarbeit der "Profis" aus der Wirtschaft politische Arbeit aus dem privaten Bereich möglichst gleich zu setzen.
Schwimmen habe ich in familiärem Kreis gelernt. Das muß nicht zur Pflicht der Schulen gehören. Hier ist zu berücksichtigen, daß die Freiheit des Individuums bei uns sehr groß geschrieben wird, was aber automatisch viell Eigenverantwortung bedeutet. Kein Nachtwächterstaat, wie ich es von Wilhelm von Humboldt erinnere, aber in privatem Bereich möglichst wenig Staat.
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adam
Es war mühevoll ohne Emotionen und kräftige Worte hier zu lesen.
Besonders, weil es so ganz verstockte , ja störrische Diskutanten gibt, die absolut keine Lehre annehmen wollen oder sie wenigsten aus den Informationen ableiten.
lupus
(wenn sie wenigstens im Kindergarten ein löbliches Kirchenlied gelernt hätten)
Da müßte rostträger Stahl her!
Jedes noch so starke Eisengerüst muß regelmäßig geölt werden, damit es nicht rostet und zusammenbricht!
(Nimms bitte nicht so Ernst)
lupus
Mach ich nicht, dennoch - glaubst Du, daß es einen korrosionsfreien Baustoff gibt, den man nie mehr pflegen oder gar ausbessern muß?
Edita
Lieber Adam
eine Dezentralisierung wird es kurzfristig nicht geben, langfristig ist sie für unser Bildungssystem in vielen Bereichen nicht zu umgehen. Bei Überschneidungen wird es möglicherweise kommunale Strukturreformen geben, aber es ist nicht zu bestreiten, dass eine Schule ein finanziell nicht-profitables betriebswirtschaftliches Unternehmen darstellt, zu dem neben der Bildung/Pädagogik auch ein erheblicher Finanzhaushalt gehört. Dies alles natürlich auf dem Boden der gesetzlich notwendigen Neutralität.
Mein Beispiel mit der Undurchführbarkeit des Schwimmunterrichts an einer weiterführenden Schule mit dem "L’état c’est moi" zu verknüpfen, ist schon sehr weit her geholt. Ich habe nur eines stellvertretend für viele andere genommen, weil ich kürzlich in einer Statistik las, dass 32,5% aller 12-jährigen in unserem Land zu den Nichtschwimmern gehören und die Fähigkeit eines Menschen schwimmen zu können für mich existentiell ist.
anni53
Das waren noch Zeiten, als vom Kap Arcona bis zum Fichtelberg ein einheitliches Bildungssystem herrschte. Selbst Schwimmunterricht war ein Pflichtfach. Heute sind alle drei Dresdner Hallen, in denen Schwimm-Untericht erteilt wurde, wegen Baufälligkeit gesperrt und in den neu entstandenen Hallen müssen die Eltern erstmal bezahlen, weil diese nicht mehr der Stadt gehören und private Betreiber haben. Wer nicht zahlen kann, muß drausen bleiben und kann auch nicht Schwimmen lernen.
Allein im streng überwachten Bodensee (deutsche Uferseite) gab es in der Badesaison 2016 14 tötliche Unfälle durch Ertrinken. Ich kann mich nicht erinnern, das es in Dresdens Badeseen, Freibädern und Stauanlagen in meiner Jugend eine annähernd ähnlich Anzahl gab. Ich selbst bin als Kind am Blauen Wunder durch die Elbe geschwommen.
Ein Abschluß der 12. Klasse an der EOS (vergleichbar mit Abitur) galt in Plauen genau so viel wie in Bergen auf Rügen. Selbst die Pfarrerstochter Angela Dorothea Kasner mit EOS-Abschluß in Templin und Trägerin der Lessingmedallie konnte in Moskau sowie an der KM-Uni in Leipzig studieren und am ZiPC in Berlin promovieren. Sie bestritt allerdings schon 2005 den Vorwurf AgitProp betrieben zu haben.
Aber das Bildungssystem konnte sich sehen lassen und bot sogar einer Pfarrerstochter aus der Provinz eine Chance.
Ein Abschluß der 12. Klasse an der EOS (vergleichbar mit Abitur) galt in Plauen genau so viel wie in Bergen auf Rügen.Und - wo ist da ein Unterschied zum jetzigen gültigen Bildungssystem? Mit dem jetzigen Abitur kann man sowohl in München als auch in Bonn, Hamburg oder Lübeck studieren, und für den Zugang zu allen weiterführenden Bildungseinrichtungen sind außer der nachzuweisenden Hochschulreife keine weiteren Voraussetzungen wie politische Kriterien oder das gesellschaftliche Engagement der Schüler, oder auch die Verpflichtung der Jungen zu einem längeren Dienst in der Bundeswehr, auch der Beruf der Eltern oder eine Mitgliedschaft in Massenorganisationen wie CDU, SPD, FDP, LINKE und / oder andere Gruppierungen, ist nicht entscheidend, oder gar abträglich!
Aber das Bildungssystem konnte sich sehen lassen und bot sogar einer Pfarrerstochter aus der Provinz eine Chance.geschrieben von hinterwaeldlerAuch unser derzeitiges Bildungssystem ist darauf ausgerichtet, jedem Bildungswilligen einen Platz bereitzustellen!
Edita
An alle DDR-Nostalgiker,
Vergangenheit wird oft verbrämt gesehen und durch die rosrote Brille betrachtet.
Ich hatte mir in meiner Referendarzeit sämtliche Geschichtsbücher samt etlichen Lehrerhandbüchern der DDR gekauft und habe sie immer noch im Regal stehen. Es war interessant zu lesen, wie man Geschichte auch betrachten und unterrichten konnte. Interessant, welche Auswahl an Themen getroffen wurde und wie diese aus kommunistischer Sicht linientreu interpretiert wurden. Interessanter war es, die beabsichtigte Emotionalisierung der Schüler kennenzulernen. Ziel des Unterricht war es, den Schülern die Liebe zur Arbeiterklasse und den Hass auf den Kapitalismus einzuimpfen. Damals wurde mir zum ersten Mal deutlich, wie Manipulierung von Daten und Inhalten stattfinden kann - man muss nur die Fakten auswählen, die man brauchen kann und andere, die nicht ins Weltbild passen, weglassen.
Gleich an die Kritiker: Mir ist bewusst, dass Geschichtsunterricht immer eine Auswahl bedeuten muss, sonst gäbe es nur das eine Fach und für die anderen wäre keine Zeit mehr übrig.
Direkt nach der Wende war ich mit einer westdeutschen Schulklasse in Bad Kühlungsborn im Schullandheim. Dort besuchten wir auch eine Oberschule und diskutierten mit Lehrern und Schülern. Gerade an diesem Tag war an der Schule erstmals eine Wandzeitung aufgetaucht, auf der sich die Schüler weigerten, weiterhin von einem Stasi-Lehrer unterrichtet zu werden. Im Gespräch wurde dann deutlich, dass die Möglichkeit zum Studieren nicht von den schulischen Leistungen, sondern von der politischen Gesinnung und dem entsprechenden Engagement abhing.
Die Schüler kritisierten auch heftig ihren Sportunterricht und berichteten vom Drill und Antreten zum Handgranatenweitwurf - was unsere Schüler gar nicht glauben wollten.
Etwa drei Wochen nach unserem Aufenthalt gab es nach entsprechenden Vorfällen ein Rundschreiben des Oberschulamtes, in dem darauf hingewiesen wurden, dass Klassen mit ausländisch aussehenden Schülern keine Reisen in die ostdeutschen Länder mehr unternehmen durften.
Man darf unser Schulsystem heute gern kritisieren, aber das DDR-System einführen? Nein danke!
Margit
Lieber AdamHallo Anni,
eine Dezentralisierung wird es kurzfristig nicht geben, langfristig ist sie für unser Bildungssystem in vielen Bereichen nicht zu umgehen. Bei Überschneidungen wird es möglicherweise kommunale Strukturreformen geben, aber es ist nicht zu bestreiten, dass eine Schule ein finanziell nicht-profitables betriebswirtschaftliches Unternehmen darstellt, zu dem neben der Bildung/Pädagogik auch ein erheblicher Finanzhaushalt gehört. Dies alles natürlich auf dem Boden der gesetzlich notwendigen Neutralität.
Mein Beispiel mit der Undurchführbarkeit des Schwimmunterrichts an einer weiterführenden Schule mit dem "L’état c’est moi" zu verknüpfen, ist schon sehr weit her geholt. Ich habe nur eines stellvertretend für viele andere genommen, weil ich kürzlich in einer Statistik las, dass 32,5% aller 12-jährigen in unserem Land zu den Nichtschwimmern gehören und die Fähigkeit eines Menschen schwimmen zu können für mich existentiell ist.
anni53
ein zentral erfassendes Schulsystem wird es nicht geben, solange die Bundesrepublik in ihrer jetzigen Form existiert. Da Bildung eben Ländersache ist, gibt es dafür keine gesetzlichen Möglichkeiten und es können auch keine geschaffen werde. Wir sollten uns also mit dem status quo der Möglichkeiten begnügen. Vom Schwimmunterricht möchte ich notwendige Änderungen, die sicher wesentlich von der Finanzierung abhängen, nicht abhängig machen. Es steht dir natürlich frei, dich initiativ dafür einzusetzen. Meine Stimme hast du. Welche Bedeutung du dem Zitat Ludwig des IV zumisst, erschließt sich mir nicht.
Eine öffentliche Schule ist auch kein betriebswirtschaftliches Unternehmen, sondern eine Einrichtung der öffentlichen Körperschaft, das heißt, sie wird aus Steuern finanziert, ist umsonst, konfessionsfrei und soll im Sinne des Grundgesetzes zu Toleranz erziehen.
So sehe ich die Eckpfeiler einer Diskussion, die durchaus Möglichkeiten zu einem vergleichenden Konsens bietet, ohne unbrauchbare Vergleiche aus der Vergangenheit heranzuziehen, die nicht die Zukunft gestalten können. Es wäre toll, im ST wieder einmal eine konstruktive, positiv gestimmte Diskussion zu lesen, die nicht von destruktiven Machenschaften kaputt polemisiert wird. Schön, daß du dabei hilfst.
Gruß an dich
adam
PS: Danke Margit, ich konnte deinen Beitrag eben erst lesen. Den ersten Konsens haben wir.
Gibt es schon, aber es ist doch ein Problem der Kosten.
Korrosionsträger Stahl rostet an der Oberfläche auch und sieht nicht gerade gut aus, verliert aber über sehr lange Zeit kaum Festigkeit.
lupus