Innenpolitik BGH-Urteil gegen KZ-Sekretärin
Meine Eltern haben mir geschworen, dass sie nichts von den Taten in den Verbrennungsanlagen gewusst haben, da ist nie etwas durchgesickert oder bekannt geworden. Erst nach dem Krieg wurde alles bekannt.
Wie man das allerdings geheim halten konnte, ist mir auch schleierhaft.
Jutta
Selbst wenn Deine Eltern es gewußt hätten, was hätten sie denn machen können?
Wenn dann so unaufgeklärte junge Menschen meinen, das Volk hätte aufbegehren müssen. Ich möchte denen nicht wünschen,daß sie so etwas erleben.
Leider gibt es noch viele Altnazis.
Meine Eltern haben mir geschworen, dass sie nichts von den Taten in den Verbrennungsanlagen gewusst haben, da ist nie etwas durchgesickert oder bekannt geworden. Erst nach dem Krieg wurde alles bekannt.
Wie man das allerdings geheim halten konnte, ist mir auch schleierhaft.
Jutta
Meine Eltern sagten mir auch, daß sie im Krieg nichts davon wusste.
Was sie mitbekommen haben, war, daß Menschen verschwanden, aber niemand wusste, wohin und was mit ihnen passierte.
Meine Mutter erzählte von ein paar Kindern aus der Nachbarschaft, die auf einmal nicht mehr da waren und mein Vater von einem sehr guten jüdischen Arzt, zu dem die ganze Familie seit vielen Jahren ging, der plötzlich nicht mehr da war.
Ich denke, es hat sich auch niemand getraut, zu viel nachzufragen, um nicht selbst eines Tages zu verschwinden ...
Es ist viel geforscht und recherchiert worden und es war wohl so,dass sich in den Familien über Generationen hinweg eigene Erzählungen bildeten,die dann auch nie verändert wurden, bzw. zu Nachfragen der Nachkommen wurde entweder geschwiegen oder diese Erzählung weitererzählt.
Ich hatte es da vermutlich etwas "besser". Schon als kleines Mädchen erlebte ich mit, dass die Nazikumpels meines Vaters zu uns nach Hause kamen. Das alte Hitler-Bild wurde wieder hervorgeholt und diese Marschlieder gesungen.
Meine Fragen wurden verboten und nie beantwortet.
Als ich dann grösser wurde und schon aufs Gymnaisum ging, waren dort auch andere Lehrer; die alten Nazi-LehrerInnen hatten altersbedingt ausgedient.
Und diese jüngeren Lehrer waren ebenfalls auf der Suche nach der Wahrheit.
Unvergessen für mich der erste Besuch im KZ Dachau, wo wir dann auch teilweise die Wahrheit erfuhren; denn diese grausamen Stätten konnten ja nicht verschwiegen werden - sie waren ja existent.
Je älter ich wurde,d esto mehr bohrte ich meiner Verwandtschaft - war aber wenig erfolgreich. Aber wir waren dann doch eine Generation, die auch auf die Strassen ging und dafür kämpften, dass die Wahrheit ans Licht kam. Damals gab es den bewunderungswürdigen Fritz Bauer, die ersten Prozesse in Frankfurt und auch in Israel und es wurde darüber berichtet. Dann kam der Film "Holocaust", der mich lebenslang beeindruckte und auch prägend für mich wurde.
Natürlich litt darunter das Verhältnis zu Eltern und Grosseltern, die nach wie vor schwiegen, weil "sie ja von nichts wussten". Dabei standen in manchen Wohnungen alte Schränke, Geschirr usw. das man nach Deportation den Juden weggenommen hatte und wo deutsche Menschen zugreifen durften. Sie stehen da vermutlich heute noch, in der Erbfolge immer weitergegeben.
Ich habe dann auch viele Bücher z.B. von Zeitzeugen gelesen, besuchte auch Auschwitz und schäme mich bis heute, dass so etwas in unserem deutschen Namen geschehen konnte.
Und ich fürchte mich davor, dass wir schon wieder auf dem Weg zurück in diese unselige Vergangenheit sind - nur dieses Mal kann niemand behaupten, er oder sie hätte von nichts gewusst. Dafür sind dieInformationsmöglichkeiten zu umfangreich.
Solange so mutige Frauen wie Frau Friedländer mit über 100 Jahren noch leben, in Schulen gehen und aufklären, sollten wir zuhören und nicht alles dafür tun, dass sich diese Zeit nicht wiederholt. Aber wird es so kommen? Olga
Meine Großeltern auf beiden Seiten waren einfache Leute, die hatten nichts im Schrank, das man Juden genommen hatte. Die Großeltern mütterlicherseits sind sehr früh gestorben, ich kann mich kaum an sie erinnern, auch mein Großvater väterlicherseits starb als ich im Kindergartenalter war. Meine Großmutter hat nicht viel erzählt, aber meine Eltern.
Und ich bin mir sicher, daß es sich bei ihren Erzählungen nicht um eine geschönte Wahrheit gehandelt hat, sie waren immer sehr ehrlich und wir konnten sie alles fragen über die Zeit damals. Sie haben Fehler zugegeben nichts aus Scham geändert.
Mein Großvater mütterlicherseits hat Krieg total angelehnt und es irgendwie geschafft, nicht Soldat sein zu müssen, sondern an der "Heimatfront" nach Bombenangriffen Tote und Verletzte zu bergen usw. Vielleicht hat er damals mehr gewusst, aber darüber wurde in der Familie nicht gesprochen. Den Kindern hat er eingetrichtert, wie sie in der Schule auf bestimmte Fragen zu antworten hatten, um ja nicht anzuecken.
Liebe Cosi,
da mein Vater ja schon einmal wegen einer Nichtigkeit im KZ landete, mußte er wohl höllisch aufpassen, was er sagte und tat. Ich kann mich noch erinnern, dass er mal äußerte, dass er das Kriegsgebiet verlassen wollte. Aber dann hätte er mit dem Tode rechnen müssen. Er hat die Zeit des Krieges immer als furchtbare Zeit betitelt und die Zeit nach dem Krieg mit Hungern und keinerlei Güter mehr im Besitz, war auch eine ganz schwere. Mein Vater war auch in Italien in Kriegsgefangenschaft und diese Zeit hat ihn ebenfalls traumatisiert. An den Nazis hat er kein gutes Haar gelassen und mir persönlich eingetrichtert: "Nie wieder Krieg auf deutschem Boden!" Das wünsche ich mir nicht nur für Deutschland, sondern weltweit.
Jutta
Es geht - mit VErlaub -nicht um Ihre Grosseltern oder Eltern.Es geht um die Logik in dieser deutschen Geschichte.
Eine Tötungsmaschine, der viele Millionen Juden, KOmmunisten, Sinti und Roma, Homosexuelle usw. zum Opfer fielen, brauchte gut funktionierende Strukturen und auch viele Menschen,d ie dies erledigten. Das waren nicht Hitler, Himmler, Göring usw. allein -es waren ganz normale Menschen,d ie ihren Job gegen Bezahlung und evtl. berufliche Karriere erledigten.
Nach der Befreiung durch die Allierten haben vermutlich viele erst mal verstanden ,was sie da angerichtet haben und hatten neben derScham auch noch Angst, was ihnen jetzt passieren könnte.
Dann bildeten sich die familiären Erzählungen - war bei mir auch nicht anders.
Nur haben meine Generation teilweise sich damit nicht zufriedengegeben, da die Informationskanäle auch immer zugänglicher wurden und Überlebende auch irgendwann bereit waren, über ihre unsäglichen Erfahrungen zu sprechen.
Bei mir, meinem Bruder und auch anderen Teilen meiner Familie wurde es zu einer Art Lebensaufgabe,sich nicht mehr in der Familie belügen zu lassen,bzw. sogar verbieten zu lassen, Fragen zu stellen.
Damit hörte ich auch erst ein wenig auf als die meisten aus der Familie verstorben war.
Meine Mutter lebte die letzten Jahre in einem gutgeführten Münchner Altenheim. Es mussten dort seit vielen Jahren auch ausländische Pflegekräfte die Arbeiten machen, für die deutsche Menschen nicht mehr zu gewinnen waren und sind.
Meine Mutter war darüber so erbost, dass sie ausländische Pflegekräfte beschimpfte und erklärte, sie seien wohl von Hitler vergessen worden.
Wenn mein Bruder und ich dann auf 'Besuch waren, gingen wir reihum und entschuldigten uns für diese Gemeinheiten unserer 90-jährigen Mutter und versuchten, mit einer Trinkgeldaufstockung ein wenig Ruhe in die Sache zu bringen. Und es war nicht nur unsere Mutter, die sich so aufführte - da waren ganze Gruppen,d ie natürlich auch geprägt waren bis an ihr Lebensende von dieser Nazi-Zeit. Olga
Selbst wenn Deine Eltern es gewußt hätten, was hätten sie denn machen können?
Wenn dann so unaufgeklärte junge Menschen meinen, das Volk hätte aufbegehren müssen. Ich möchte denen nicht wünschen,daß sie so etwas erleben.Sie scheinen hier einiges in der Geschichte zu übersehen und zu vergessen - auch in der deutschen Geschichte.
Leider gibt es noch viele Altnazis.
Es ist noch nicht so lange her, da begehrten mutige Ostdeutsche auf, zogen auf die Strasse mit dem sehr berechtigten Satz "sieseien das Volk" und stürzten ihre Diktatur, die sich auch noch "demokratisch" nannte.
DieseMenschen hatten sicher grosse Angst, dass auch sie von russischen Panzern angegriffen und zermalmt wurden - wie Jahre vorher in Ungarn und der Tschechei.
Sie machten es trotzdem und es gelang und solche Beispiele gibt es weltweit genug von tapferen Menschen, die als Volk aufbegehren.
Übrigens denke ich, dass es altersbedingt nicht mehr viele Altnazis gibt - aber es gibt seit Jahren Nachwuchs, die sog. Neonazis. Olga
Nun, ich verwehrte mich lediglich gegen die Verallgemeinerung:
Zitat:
"Es ist viel geforscht und recherchiert worden und es war wohl so,dass sich in den Familien über Generationen hinweg eigene Erzählungen bildeten,die dann auch nie verändert wurden, bzw. zu Nachfragen der Nachkommen wurde entweder geschwiegen oder diese Erzählung weitererzählt."
Kann schon sein, daß es solche Familien gab, vielleicht auch sehr viele Familien, in denen durch solche Erzählungen die Wahrheit zurecht gebogen wurde.
So formuliert "in den Familien" suggeriert die Aussage aber, daß es in allen Familien so war und daß folglich Erzählungen der Eltern oder Großeltern grundsätzlich nur geschönte Fakten enthalten.
Ich habe nirgendwo geschrieben, dass es in "allen Familien" so war. Aber wenn Sie sich darüber so aufregen, können Sie irgendwie beweisen, dass es in vielen Familien nicht so war und diese bis heute von ihren Erzählungen leben, nichts gewusst zu haben, nie dabei gewesen zu sein usw.?
Haben Sie jemals detailliert selbst recherchiert? Wie haben Sie selbst reagiert als Sie ein KZ besucht hatten oder Filme wie Holocaust, Schindlers Liste usw. gesehen haben?
Oder sich mit Überliebenden unterhielten,die ihnen dann berichteten, zu welchen Grausamkeiten deutsche Menschen fähig waren?
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen,d ass es nicht einfach ist, von der Beteiligung an diesen Gräueltaten im eigenen Umfeld zu erfahren, aber ich denke, für das eigene Leben ist eine solche Konfrontation wichtiger und richtiger als ebenfalls in den Verdrängungsmodus zu schalten und nach dem Motto zu leben: die Schuld hatten nur die anderen.... Olga