Innenpolitik BGH-Urteil gegen KZ-Sekretärin
Liebe Michiko, sei nachsichtig.......logischerweise gehörten und gehörenIch rege mich nicht auf und hätte nur gerne eine Antwort auf meine Frage, woher Sie wissen wollen, dass Irmgard Furchner bis 1960 angeblich in der DDR gelebt hat. Ich halte das für absurd.Sie wurde in Marienburg (heute Polen) geboren, ging dort auch zur Schule und arbeitete dort bei der Dresdner Bank, bevor sie ins KZ Stutthof wechselte, wo sie auch zum ersten Mal 1954 zu ihrer Tätigkeit aussagte. Dieses KZ lag bei Danzig, das dann ebenfalls polnisch wurde.
Michiko
Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen (Oberscharführer), den sie 1954 heiratete.
Der Umzug nach Schleswig erfolgte 1960, ein Jahr, bevor die Mauer gebaut wurde.
Alles im Netz nachlesbar und logischerweise verbinde ich diese nun polnischen Gebiete, wo sie geboren und aufgewachsen ist, nicht mit westdeutschen Regionen. Oder irre ich mich? Haben Sie andere Fakten? Olga
Es ist eben nicht im Netz nachlesbar und deshalb wunderte mich Ihre Behauptung, sie hätte sich bis 1960 in der DDR aufgehalten. Sie haben also auch keinen Nachweis für diese Behauptung, das dachte ich mir.
Alles übrige war mir bekannt, auch von zahlreichen Netzbeiträgen erlesen und natürlich von wikipedia.
Michiko
die polnischen Gebiete um Danzig nicht zu den westdeutschen Regionen,
aber logischerweise auch nicht zur DDR. Da war wieder einmal der Wunsch
der Vater des Gedankens, die Frau Furchner schnell mal bis 1960 der
DDR zur Last zu legen.
.
Für mich hat die Verurteilung der NS-Täterin hauptsächlich Symbolcharakter,
obwohl ich glaube, daß die Nachfahren der damaligen Häftlinge den
langen Prozess trotzdem als eine Art Genugtuung erfahren haben.
Und ich frage mich, wie kann man so alt werden wie die Frau Furchner und
persönlich so mit der Geschichte der NS-Zeit konfrontiert sein, OHNE sich
mit ein paar eigenen Worten von der eigenen damaligen "Arbeitstätigkeit"
zu distanzieren und als alte Frau zu bereuen und zu entschuldigen.
C.S.
Lieber DW,
nicht in der DDR , aber auch nicht Polen, wenn man - dem bereits von mir zitierten Sachverständigen Hördler bzw. der TAZ (diesmal vom 20.02.2022) Glauben schenken darf. Ich halte es durchaus für plausibel, dass das KZ Pärchen nach Ende des Krieges nicht als Deutsche und schon gar nicht als KZ Mitarbeiter, am Ort des Verbrechens, in Stutthof, das die Russen im Mai 1945 besetzten, und auch nicht in Polen, geblieben sind, wo sie mit Verhaftung oder Todesstrafe hätten rechnen müssen, sondern 1945 nach Auflösung des Lagers mit der SS auf Schleppern nach Holstein gegangen (man könnte auch sagen : geflüchtet) sind.
Der verantwortliche Lagerleiter Hoppe wurde nie wegen des "Massakers von Neustadt" angeklagt. Er bestritt seine Beteiligung am Mord an den zwangsevakuierten Juden , die in Neustadt (Holstein)* unter aktiver Mithilfe von Neustädter Bürgern erschossen wurden.
Die Staatsanwaltschaft forschte damals 1955 nicht weiter nach. Später, Ende der 1980er-Jahre suchte die Lübecker Oberstaatsanwaltschaft erfolglos nach den Verantwortlichen für das Massaker. Die Ermittlungen gegen mögliche Täter wurden 2015 eingestellt. Keiner der beteiligten Deutschen wurde je ausfindig gemacht. Die Mörder kamen ungeschoren davon:
Im Itzehoer Prozess gegen Irmgard F. brachte der Anwalt der Nebenkläger dieses Massaker zur Sprache, da vermutet wurde, dass auch Irmgard F. zu diesem Zeitpunkt sich dort aufhielt :
Durch einen Beweisantrag des Nebenklagevertreters Salvatore Barba aus München wurde das sog. Massaker von Neustadt in Holstein im Mai 1945 zur Sprache. Die Staatsanwaltschaft hatte die Taten von Neustadt als wenig relevant betrachtet und sich vielmehr auf die Taten, welche im KZ Stutthof begangen wurden, konzentriert. Im Laufe der Verhandlung stellte sich dann jedoch heraus, dass der [es sollte wohl "die" heissen] Angeklagte wohl am 3. Mai 1945 in Neustadt in Holstein vor Ort war, als tausende KZ-Insassen auf der „Cap Arcona“ und am Strand von Pelzerhaken den Tod fanden. Überlebende Insassen des KZ Stutthof gab es danach nur noch wenige." (Kanzlei Barba)
TAZ Zitat : "Vor Gericht berichteten ein Staatsanwalt und ein Polizeibeamter, dass die Angeklagte bei einer Durchsuchung vor fünf Jahren unwirsch und mit „Bockigkeit“ reagiert habe. Die Ermittlungen seien lächerlich, soll sie gesagt haben. Der historische Sachverständige Stefan Hördler wies an einem Verhandlungstag darauf hin, dass die Angeklagte sowohl ihren ehemaligen Chef Hoppe als auch den ehemaligen SS-Rapportführer Arno Chemnitz nach 1945 in ihrer Wohnung in Schleswig getroffen habe und warf die Frage auf, woher die Männer ihre Adresse hatten.Das alles ist furchtbar, ist aber für die jetzige Verurteilung so was von irrelevant ...
*) Wikipedia : Mehr als 2000 Häftlinge wurden in für diese Reise ungeeigneten Schuten nach Neustadt in Holstein gebracht und sollten von dort an Bord der Cap Arcona kommen. Die Anbordnahme wurde von der Besatzung der Cap Arcona abgelehnt. Nachdem die SS mit den Schleppern abgelaufen war, um in Neustadt Quartier zu nehmen, trieben die Schuten in der Nacht an Land. Am Morgen des 3. Mai 1945 wurden sie am Strand entdeckt und die Häftlinge während eines Todesmarschs in Richtung Hafen ermordet." [ Massaker von Neustadt]
Nachdem ich den obigen link "Rattenlinie Nord" gelesen habe, kann man nur vermuten, dass noch viel mehr Personen, die aus den deutschen "Ostgebieten" aus Angst vor Verfolgung und Verhaftung flüchteten, in Flensburg und Umgebung Schutz suchten.
Ja, so steht es in Wikipedia. Ich wollte aber weniger detailliert auf Hoppe eingehen als auf die Frage, ob die Irmgard F. bis 1960 eine Zeitlang oder dauernd in der DDR gelebt hat.
Was nicht der Fall war. Auch dort wäre ihrem Mann und/ oder auch ihr, wie in Polen, früher oder später der Prozess gemacht worden. wobei ich nicht weiss, wie in der DDR die Mittäterschaft (Beihilfe zum Mord ?) von KZ Angestellten gehandhabt wurde.
Sie ist wohl mit den vor den Russen flüchtenden KZ / SS Schergen (ihr späterer Mann war SS Oberscharführer in Stutthof) , nach Neustadt geflüchtet.
Hoppe hatte den Befehl zur KZ Auflösung gegeben, ob er in Flensburg war oder dabei in Neustadt, lässt sich nicht mehr feststellen.
Was dort mit den zum 'langem Marsch' gezwungen KZ Insassen geschah, ist eine andere grausame Geschichte.
Seit Jahrzehnten befasse ich mich mit der NS-Zeit und
dem Nachfolgestaat BRD diesbezüglich.
Von der " Rattenlinie Nord " habe ich nirgendwo bislang
gelesen. Also Merci für diese Info. Werde ihr mal nachgehen.
Anna
das fand ich ebenfalls interessant weil mir die Nordlinie auch neu war
Von der " Rattenlinie Nord " habe ich nirgendwo bislang
gelesen. Also Merci für diese Info. Werde ihr mal nachgehen.
Anna
dazu noch der Link: Rattenlinie Nord – Wikipedia
Ich wusste nur von der Rattenlinie über die Alpen. Die kath. Kirche hatte daran einen nicht unerheblichen Anteil:
Rattenlinien – Wikipedia
ja tue das, man kann nur noch nachträglich entsetzt sein.
Auszug aus Rattenlinie Nord:
...."3. Mai 1945: Die in Flensburg eingetroffenen NS-Größen erhielten nach der Ankunft im Polizeipräsidium, das dem SS-Standartenführer Hans Hinsch als Polizeipräsident unterstand, Papiere für neue Identitäten.[15][16][17] So wurden SS-Angehörige zu einfachen Feldpolizisten, Unteroffiziere der Wehrmacht zu Maaten der Marine erklärt. Die genaue Anzahl der im Polizeipräsidium ausgestellten falschen Papiere ist bis heute unklar. Es sollen hunderte gewesen sein. Schätzungen gehen von ungefähr 2000 bis 3000 falsch ausgestellten Ausweispapieren aus.[18] In Mürwik erhielten diese „neuen Personen“ passende gebrauchte Uniformen".
Michiko
ich werde dem nachgehen. !!
Im Winter fahre ich mal wieder nach Köln und gehe dort
in das " Judaicum " , welches in der Stadtbibliothek eine ganze
Etage einnimmt.
Dort kann man alles finden.
Jedes kleine Dorf hier in der Umgebung ist dort nachzulesen.
Anna
hier im ST habe ich an anderer Stelle vor längerer Zeit über eine Frau geschrieben Stella Goldschlag, denn auch das gab es. Weil ich für Stolpersteine recherchierte, die im Berliner Bezirk Treptow verlegt werden sollten, bin ich sehr weit in die ehemaligen Deportationslisten u.a.m. im Netz eingestiegen, denn die gibt es digital, damals akribisch geführt von Anfang bis Ende. Das bricht einem das Herz.
Das war jetzt OT und auch wieder nicht, das nur zum Thema "Recherchen".
Michiko
Ich habe vor vielen Jahren ein Buch gelesen über ihr Leben.
Das Buch hieß " Stella ".
Sie wollte sich und ihre Angehörigen retten.
Ich kann und will auch nicht über die sog. U-Boote ein Urteil
fällen.
H.Arendt ist ja mit den Judenräten unfassbar hart ins Gericht
gegangen.
Ich finde da kein Urteil. Weder gegenüber den Judenräten, noch
gegenüber den Sonderkommandos in den Vernichtungslagern.
Gegenüber all den zahlreichen NS-Tätern ist mein Urteil
eindeutig.
OT ist das ganz und gar nicht.
In Ravensbrück gab es Häftlinge als Kapos.
Einige haben überlebt.
Zur Rechenschaft ziehen kann man sie nicht.
Sie waren nicht freiwillig dort. Sie kämpften dort um ihr Überleben.
So wie Stella.
Wenn ich mich recht erinnere, ist sie vor ein Gericht gestellt worden ??
Anna