Innenpolitik Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
Neid als Ursache? Was ist denn dann die Ursache für die Diskriminierung von Muslimen, Sinti und Roma, Homosexuellen, Behinderten und anderen Minderheiten? Hier kann man Neid sicher ausschließen.
So einfach ist das leider nicht, alles mit Neid erklären zu wollen. Ich fürchte, es geht schlicht und einfach immer um den Ausschluss von Minderheiten, die eine andere Ethnie, eine andere Religion, eine andere sexuelle Ausrichtung haben oder behindert sind und irgendwie anders ticken als die große Masse. Es scheint eine Eigenart von herrschenden Gesellschaften zu sein, alles, was nicht ins Raster passt, wegbeißen zu wollen. Das würde Karls Theorie entsprechen, dass Rassismus in gewisser Weise angeboren ist (was ich eigentlich trotzdem nicht glauben kann oder glauben will). Neid ist aber sicher nicht die Ursache von Rassismus. Die Ursache von Rassismus ist m. E. eher das Gegenteil: ein Überlegenheitsgefühl der herrschenden gesellschaftlichen „Klassen“ (mir fällt gerade kein besseres Wort ein).
Es liegt mir am Herzen in dieser Diskussion darauf hinzuweisen, dass Bezeichnungen wie DIE Juden und DAS deutsche Tätervolk (aus einem hier verlinkten Artikel), mMn nicht dazu beitragen Antisemitismus abzubauen..
Ich möchte nochmal auf den Artikel, der hier, glaube ich, von marina verlinkt wurde, verweisen, in dem sich der jüdische Psychologe Rolf Verleger zum Antisemitismusproblem äußert. Zitat:
Daher möchte ich im Folgenden einige Dinge klarstellen, und zwar:
- Der deutsche Antisemitismus von 1880-1945 war die (zuerst "nur" diskriminierende, dann mörderische) rassistische Reaktion auf eine konkrete historische Situation. Diese historische Situation ist vorbei, und so ist auch dieser Antisemitismus vorbei.
- Demgemäß gehen antisemitische Einstellungen in der Bevölkerung kontinuierlich zurück. Negative Meinungen finden sich dagegen gehäuft zu Immigranten, Roma und Muslimen (aufgrund ähnlicher sozialer Gegebenheiten wie vor 100 Jahren bei Juden).
- Muslime haben gehäuft negative Meinungen über Juden. Ebenso haben Juden gehäuft negative Meinungen über Muslime. Diese Sachlage verweist auf die Notwendigkeit gegenseitigen Respekts.
- Die einseitige Heraushebung von Antisemitismus als gesellschaftlichem Übel durch Politik und Medien ist weder gerechtfertigt noch zielführend - im Gegenteil, sie fördert ihn.
Des Weiteren liegt mir am Herzen darauf hinzuweisen, dass es auch innerhalb des Judentums Differenzen bis hin zur Feindlichkeit und Diskriminierung anderer Juden gab und gibt. Dazu folgenden - wie ich finde - informativen Beitrag, Zitat, :
Orthodoxe Juden werfen ihren liberalen Glaubensbrüdern manchmal vor, ein „Judentum light“ zu vertreten. Doch auch diese leben nach den Religionsgesetzen, allerdings gehen sie mit ihnen anders um. Denn liberale Juden fühlen sich dem autonomen Denken und Handeln der Aufklärung verpflichtet.Wer heutzutage Beschneidung von Kindern ablehn,t wird nicht selten massiv als Antisemit beschimpft.
[...]
So entstanden in Deutschland sogar zwei Richtungen jenseits der Orthodoxie, das Reform-Judentum und das konservative Judentum – personifiziert durch die Rabbiner Abraham Geiger und Zacharias Frankel...
Doch manches, was Abraham Geiger forderte, wie die Abschaffung „des blutigen Aktes der Beschneidung“ oder die Reformierung der Speisegesetze ging dem konservativen Frankel zu weit. ...
[...]
".... Und ich glaube, das Oberrabbinat in Israel mutet sich da zu viel zu, eine Art Vatikan des Judentums sein zu wollen.....“
In dieser Diskussion um Judentum und Antisemitismus auch mMn wissenswert: Das HIER:
Das liberale Judentum bildete in Deutschland bis zur Schoah die Mehrheit innerhalb der „Einheitsgemeinden“....Sorry leute, ich will euch ja nicht mit Worten erschlagen, aber das musste - nachdem, was ich hier gelesen habe - sein. Denn: Worüber reden wir hier eigentlich?
Markante Unterschiede des liberalen Judentums (gegenüber dem orthodoxen Judentum u. a.) sind:
- besonderer Schwerpunkt auf den ethischen Aspekten des Judentums (auf Kosten der strengen Befolgung formaler Gebote)
- Liturgie sowohl in Hebräisch als auch in der Landessprache.
- Verwendung von Musikinstrumenten in der Liturgie.
- Vermeidung von Gebeten, deren Inhalt der Betende heute eventuell nicht mehr teilt (zum Beispiel die Bitte um Wiedereinführung des Tieropfers, wie es im Tempel in Jerusalem bestand), und eine Kürzung des Gottesdienstes.
- Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen religiösen Angelegenheiten, einschließlich der Ordination von Frauen zu Rabbinern. Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von ihrem Familienstand oder ihrer sexuellen Orientierung.
- Bekenntnis zu Demokratie und sozialer Gerechtigkeit innerhalb und außerhalb der jüdischen Gemeinschaft.
- Vorrang des inhaltlichen Sinns der Gebote (Mitzwot) vor ihrer verbindlichen Festlegung als „Zeremonialgesetz“. Zum Beispiel sollte der Schabbat als Ruhetag gefeiert werden; das Schreiben oder das Fahren mit dem Auto zur Synagoge (das nach orthodoxer Auffassung beides am Schabbat verboten ist) werden aber nicht als Entweihung des Feiertags betrachtet. Die Gebote sind also nicht aufgehoben, ihre Beachtung wird jedoch der Entscheidung des Einzelnen überlassen.
- Eine offene Haltung gegenüber der nichtjüdischen Gesellschaft, aktive Teilnahme am interreligiösen und interkulturellen Dialog.
- In den USA, offiziell anerkannte jüdische Abstammung durch den Vater oder durch die Mutter, falls nur ein Elternteil jüdisch ist.
Aber, aber ... alle haben das sicher nicht 'gemeint'. Tatsächlich gab es ja auch Widerstand. Dass dieser einfach nicht genug war, können wir aus heutiger Sicht nicht verstehen.
Was glaubt ihr, wie haben Hitler & Consorten es fertig gebracht, ein ganzes, seit Jahrhunderten zu Deutschland gehörendes Volk, die Juden, im Volk so miesig zu machen, dass alle meinten, es sei ein gutes Werk, die Juden auszurotten?
Es liegt mir am Herzen in dieser Diskussion darauf hinzuweisen, dass Bezeichnungen wie DIE Juden und DAS deutsche Tätervolk (aus einem hier verlinkten Artikel), mMn nicht dazu beitragen Antisemitismus abzubauen..
Ich möchte nochmal auf den Artikel, der hier, glaube ich, von marina verlinkt wurde, verweisen, in dem sich der jüdische Psychologe Rolf Verleger zum Antisemitismusproblem äußert. Zitat:Daher möchte ich im Folgenden einige Dinge klarstellen, und zwar:
- Der deutsche Antisemitismus von 1880-1945 war die (zuerst "nur" diskriminierende, dann mörderische) rassistische Reaktion auf eine konkrete historische Situation. Diese historische Situation ist vorbei, und so ist auch dieser Antisemitismus vorbei.
- Demgemäß gehen antisemitische Einstellungen in der Bevölkerung kontinuierlich zurück. Negative Meinungen finden sich dagegen gehäuft zu Immigranten, Roma und Muslimen (aufgrund ähnlicher sozialer Gegebenheiten wie vor 100 Jahren bei Juden).
- Muslime haben gehäuft negative Meinungen über Juden. Ebenso haben Juden gehäuft negative Meinungen über Muslime. Diese Sachlage verweist auf die Notwendigkeit gegenseitigen Respekts.
- Die einseitige Heraushebung von Antisemitismus als gesellschaftlichem Übel durch Politik und Medien ist weder gerechtfertigt noch zielführend - im Gegenteil, sie fördert ihn.
Welche war denn die historische Situation, die den Antisemitismus von 1880 bis 1945 verursachte, vorbei ist und auch den "zugehörigen" Antisemitismus vorbei gehen ließ? Dem widerspreche ich auf jeden Fall heftig. Du baust hier sowas auf wie einen "vertretbaren" Antisemitismus, an dem die Juden auch noch selber schuld waren, aufgrund einer historischen Situation. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, daß der Anschlag von Halle doch nicht antisemitisch gewesen sein soll. So nicht!!
--
adam
????WAS????Marina:
"Karls Theorie entsprechen, dass Rassismus in gewisser Weise angeboren ist"
Geschrieben habe ich das genaue Gegenteil. Niemand wird als Rassist geboren.
Wie kannst Du mich so missverstehen? Habe ich mich irgendwo so missverständlich ausgedrückt? Dann zeige mir wo, damit ich das korrigieren kann.
Karl
Es tut mir leid, Karl, wenn ich dich missverstanden habe. Ich hatte das so im Kopf und habe es garantiert nicht als Angriff gemeint.
Ich werde danach suchen und es einstellen, wenn ich es gefunden habe (kann aber vielleicht dauern).
Marina - so ganz würde ich das mit dem Neid nicht von der Hand weisen, zumindest bei den Juden nicht, denn die hatten lange vor den kommunalen und kirchlichen Wohlfahrtseinrichtungen, gut .... nein - ein bestfunktionierendes Wohlfahrtswesen, z.B.in Hamburg galt:
" Die Verfasser positionierten sich damit in der Debatte um die Zukunft der Gemeinde und vor allem ihrer Unterstützungsinstrumente, als die Verfassungsänderung von 1860 die Juden Hamburgs rechtlich mit Nichtjuden gleichstellte. Denn innerhalb des Gemeindevorstands herrschte Uneinigkeit darüber, ob die Fortführung eines separaten jüdischen Wohlfahrtswesens auch bei Abschaffung des Gemeindezwangs unbedingt nötig war.
Eine Minorität unter den Vorstehern plädierte dafür, dass sich jüdische Bedürftige von nun an primär an die öffentliche Hand wenden sollten. Die Majorität sah dies anders, und der offene Brief reflektiert diese Meinung.
Er verdeutlicht in besonders eindringlicher Weise, von welch überragender Bedeutung die jüdische Wohltätigkeit für den sozialen Zusammenhalt und die Identitätsbewahrung der Juden der Hansestadt war. "
Was ich jetzt verlinke ist höchst interessant zu lesen, aber bis ganz nach unten scrollen, nicht nach einem Drittel der Seite aufhören:
Debatten um jüdische Wohltätigkeit in Zeiten bürgerlicher Gleichstellung
Edita
@Karl, ich hab schon etwas gefunden. Du hattest geschrieben, die Fremdenangst sei angeboren, das habe ich dann wohl synonym gesetzt mit Rassismus, denn eigentlich ist es ja etwas Ähnliches, oder?.
Hier der Link, wo das steht: Pöbelnder Pegdia-Demonstrant
Zitat karl: Ich habe gerade „Hart aber fair“ gesehen. Es ging über Rassismus.
Interessant die Aussage eines Fachmanns. Es gäbe das Angstgehirn und das Vernunftgehirn in jedem von uns.
Das Angstgehirn ist uralt und von Instinkten, nicht von Erfahrung gesteuert, also angeboren.
Gutes Beispiel: Die Spinnenangst. Auch Deutsche haben sie, obwohl keine der einheimischen Spinnen giftig ist.
Das Angstgehirn produziert auch die Fremdenangst. Sie ist dort am größten, wo es am wenigsten Fremde gibt.
Therapie: Menschen müssen sich kennenlernen.
Ich schrieb schon einmal: Unsere Instinkte passen nicht mehr in die moderne Zeit, ins globale Dorf.
So ähnliche Äußerungen über die angeborene Fremdenangst habe ich schon öfters von dir gelesen. Wenn ich dich falsch verstanden habe, indem ich das mit Rassismus gleichgesetzt habe, bitte ich um Entschuldigung.
Ich habe auf jeden Fall beim Suchen auch gelesen, dass du schreibst, Rassismus sei nicht angeboren.
Mir ist der Unterschied zwischen Fremdenangst und Rassismus allerdings tatsächlich nicht ganz klar. Denn ich meine, dass der Rassismus auf der Fremdenangst beruht.