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Innenpolitik Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 17:55:29

gebe dir absolut recht, WoSchi....
wie denkst du, kommt man am besten an die Menschen heran um sie "aufzuklären"
Hast du dazu Gedankenanstöße?

 

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 11:02:10
Liebe Wurzelflügel -  das Unvermögen liegt aber nicht auf der Seite der Juden ...und leider ist da sehr viel Desinteresse und Desinformation, aber auch Berührungsängste und eben auch "ererbte" Vorurteile und eben auch versteckter Antisemitismus. Wie anders liesse sich sonst erklären,  Aber wenn auch heute noch in deutschen Schulbüchern noch ein ganzer Batzen Antisemitismus steckt, wird sich da auch noch lange nichts dran ändern. Das mit dem grossen Leid und Schmerz der Juden lasse ich als Ausrede nicht mehr gelten - das haben zwar alle im Hinterkopf und viele der älteren Generation schlafen mit dem Gedanken an ihre ermordeten Angehörigen jeden Abend ein und wachen morgens damit auf - aber wir leben vorwärts. Und es gibt unter den Juden sicher mehr Lebensfreude , Fröhlichkeit und Liebe als Leid und schmerz

Hier ein intressanter Anrtikel des Bayerischen Rundfunks dazu

eine ausführlichere Studie  dazu hat das Georg - Eckert - Institut zusammengestellt
das ist ja krass, habe gerade den verlinkten Artikel über die Schulbücher gelesen
vielen Dank dafür!
 
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von dutchweepee
antisemitisch.jpg

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RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 18:06:48

ich bin sehr froh, dass Du Dir die Studie schon mal angesehen hast - scheinbar fand sie hier sonst nicht viel Interesse  - zitiere mal etwas - vielleicht macht das den einen oder anderen neugierig.

Der vorliegende Text wurde im Rahmen eines gemeinsamen Projektes des Georg-Eckert-Instituts mit dem Anne Frank Zentrum e.V. Berlin erstellt, das in der zweiten Jahreshälfte 2016 durchgeführt wurde. Er basiert auf einer Stichprobe aktueller zugelas-sener Geschichtsbücher und bereits vorliegenden Schulbuchanalysen zum Thema. Erar-beitet wurde ein allgemeines Bild der Darstellung des Antisemitismus in deutschen Schulbüchern. Dieser wird in der Regel in drei zentralen, größeren inhaltlichen Zusam-menhängen angesprochen: der jüdischen Verfolgungsgeschichte im Mittelalter, in der Ambivalenz von Aufklärung, Emanzipation und Judenfeindlichkeit im 19. Jahrhundert sowie als konstitutiver Teilbereich der nationalsozialistischen Ideologie und Herrschaft.

[...]


Der Antisemitismus wird in drei zentralen, größeren inhaltlichen Zusammenhängen angesprochen: der jüdischen Verfolgungsgeschichte im Mittelalter, in der Ambivalenz von Aufklärung, Emanzipation und Judenfeindlichkeit im 19. Jahrhundert sowie als konstitutiver Teilbereich der nationalsozialistischen Ideologie und Herrschaft. Dieser Befund erscheint wenig überraschend, schaut man nur auf die Sachgeschichte. Bezieht man jedoch methodische Überlegungen ein, so ist auffällig, dass keines der geprüften neueren Bücher und keine der Schulbuch-Untersuchungen, die nach der Wiedervereini-gung erschienen sind, den Antisemitismus explizit und systematisch in den größeren Zusammenhang von Vorurteilsbildung stellt bzw. untersucht. 
[...]


Jüdisches Leben nach 1945 – nur der Nah-Ost-Konflikt und sonst – fast – nichts? Das Thema „Juden nach 1945“ begegnet Schülern im Wesentlichen im Zusammenhang von Israel und dem Nah-Ost-Konflikt. Die deutsch-israelischen Schulbuchempfehlungen von 1985 sowie von 2015 haben gleichermaßen betont, dass die weitgehend präsen-tistische Darstellung von Israel und Palästina zumindest in Geschichtsschulbüchern vermieden werden sollte. Rekurse auf die Geschichte beider Völker vor 1945 finden sich in kurzer, summarischer Form und bleiben meistens unmittelbar konfliktbezogen. Karten stellen Einwanderungs- und Siedlungsgebiete sowie die Entwicklung der Tei-lungspläne dar. Hinweise auf die europaweite Dimension von Pogromen, Einwanderung und Zuspitzung des Konfliktes bis zur Staatsgründung Israels wie in „Das waren Zeiten“ finden sich nur selten.

Die deutsch-israelischen Schulbuchempfehlungen von 2015 machen darauf aufmerksam (S. 35), dass von dieser Darstellungsweise auf Grund curricularer Vorgaben nur die bayerischen SII Bücher ausgenommen sind, die Israel in einem Längsschnitt von der Antike bis heute behandeln. In der Regel aber wird das Konflikt-Paradigma fortgesetzt und noch verschärft, weil kaum andere Gesichtspunkte zum Tragen kommen. Abbildungen von Israelis zeigen ganz überwiegend israelische Soldaten. Obwohl Friedensinitiativen genannt werden, erscheinen die bisher Verfolgten nun in der Rolle der Verfolger. Damit wird ein eventuell bestehendes oder angelegtes anti-jüdisches Stereotyp nun gleichsam erlaubtermaßen negativ besetzt. 
[...]


Bis auf wenige Ausnahmen wird jüdisches Leben in Deutschland nach 1945 in den Geschichtsbüchern nicht angesprochen. Damit fehlt auch der inhaltliche Aufhänger, auf fortbestehende oder neue Formen von Antisemitismus einzugehen. Eine solche Ausnahme bildet die Darstellung in „Das waren Zeiten“, in der die Schüler angeregt werden zu fragen, ob Juden in Deutschland nach 1945 leben sollten. Es wird erwähnt, dass wieder Juden nach Deutschland eingewandert sind, insbesondere nach 1990; auch auf Juden in der DDR wird eingegangen.

Es übe
rrascht, dass selbst in Geschichtsbüchern, die auf Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik eingehen, Antisemitismus oft nicht vorkommt.
Das Thema „Minderheiten“ wird fast ausnahmslos besetzt durch die Behandlung von Einwanderung und Integrationsproblemen von Ausländern, unter denen Juden in der Regel nicht erwähnt werde
n.

Die ausführliche Behandlung der deutschen
Geschichte nach 1945 ist insbesondere in den Oberstufenwerken auf die „deutsche Frage“, die Wiedervereinigung und ihre Folgen ausgerichtet.

Fragen der Vorurteilsbildung
werden systematisch kaum behandelt. Man mag einwenden, dass dies die Aufgabe des Sozialkundeunterrichts sei. Stichproben von Sozialkundebüchern, die für die 8.–10. Klassenstufe geeignet sind, haben aber keinen günstigeren Befund ergeben. Da die Verteilung der Inhalte des Sozialkundeunterrichts aber keiner einheitlichen Systematik folgt, war es im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich, allgemeinere Angaben zu machen. Jedenfalls erscheint es dringend notwendig zu prüfen, in wie weit Vorurteils bildung und Antisemitismus in den Schulbüchern und Lehrplänen für Geschichte und Sozialkunde der höheren Klassen der SI und der SII allgemein behandelt werden. So wichtig es ist, Mechanismen der Vorurteilsbildung und Wurzeln antisemitischer Einstellungen zu kennen, so haben kognitive Ansätze doch immer nur einen beschränk-ten Einfluss auf Einstellungsänderungen. Wichtiger noch ist es eine positive Beziehung zwischen den Weltbildern der Jugendlichen und ihrer Wahrnehmung „der Juden“ herzu-stellen.

Überspitzt hat Rainer Erb im Er
gebnis einer Befragung zu Einstellungen Ju-gendlicher formuliert:

„[...] nicht die Au
flösung von Vorurteilen ist die Hauptaufgabe der Schule, sondern Empathie wecken durch die Vermittlung der Geschichte der Juden als Teil der deutschen Geschichte, die das vielfältige jüdische Leben zum Thema macht und die jüdische Geschichte nicht auf die Verfolgungsgeschichte reduziert.“

Auch wenn man keinen Gegensatz zwischen beiden Herangehensweisen konstruieren muss, so bleibt es jedenfalls aus sozialpsychologischer Sicht wichtig, Aufklärung über den Antisemitismus und emphatische Beschäftigung mit jüdischer Geschichte aufeinander zu beziehen. Umso bedauerlicher ist es, dass nur eine Minderheit der Lehrwerke Längs-schnitte zur jüdischen Geschichte anbietet, die nicht von vornherein die Perspektive von Verfolgung und Diskriminierung verengt sind.


Man kann also sehen, dass da allerhand Nachholbedarf in den Schulbüchern besteht - das wäre immerhin ein Ansatz für die nächste Generation ... bei der älteren Generation sehe ich beim Lesen dieses Fadens eher keine Chance mehr
RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 18:37:44

….aber wir leben vorwärts. Und es gibt unter den Juden sicher mehr Lebensfreude , Fröhlichkeit und Liebe als Leid und schmerz
geschrieben von WoSchi
 
"Umso bedauerlicher ist es, dass nur eine Minderheit der Lehrwerke Längs-schnitte zur jüdischen Geschichte anbietet, die nicht von vornherein die Perspektive von Verfolgung und Diskriminierung verengt sind."  (aus Darstellung des Antisemitismus in deutschen Schulbücher)

…..Man kann also sehen, dass da allerhand Nachholbedarf in den Schulbüchern besteht - das wäre immerhin ein Ansatz für die nächste Generation ... bei der älteren Generation sehe ich beim Lesen dieses Fadens eher keine Chance mehr
geschrieben von WoSchi

diese Studie liest sich sehr aufschlussreich
ich merke gerade für mich, dass auch ich zumindest teilweise so eine verengte Perspektive habe...

und frage mich natürlich gleich:
Woran liegt das?
warum hat WoSchi`s kleiner Nebensatz mich so aufhorchen lassen: es gibt vielmehr jüdische Lebensfreude, Fröhlichkeit und Liebe,  als Leid und Schmerz?

Wenn ich an Juden denke, dann fällt mir immer als erstes, dieses unfassbare Elend ein, dass viele von ihnen erlitten haben und das sich durch ihre Geschichte zieht
und ganz spät erst das, was du @WoSchi beschreist, über ein fröhliches und liebevolles Zusammenleben...

...es rückt sich langsam etwas zurecht in meinen Vorstellungen...

Wie sind eure Gedanken dazu?

WurzelFlügel
Kettwiger
Kettwiger
Mitglied

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von Kettwiger

Ich höre lieber Musik.


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Phryne
Phryne
Mitglied

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von Phryne
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 18:01:11

@woSchi

Dir ist aber wohl klar, dass Du am heutigen Tag genau das mit mir gemacht hast,
was Du Dir verbittest !

Karl
Karl
Administrator

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 17:27:06
WurzelFlügel:
"Diskriminierung ist eine abwertende Unterscheidung von Menschen oder Gruppen von Menschen, die mit einer gesellschaftlichen Benachteiligung verbunden ist."
@Wurzelflügel

Diskriminierung heißt eigentlich nur Unterscheidung oder Ungleichbehandlung von Gruppen. Man kann demnach Gruppen auch positiv diskriminieren. Wenn man sagt "Chinesen sind aus genetischen Gründen intelligenter als Europäer" dann wäre das genauso rassistisch als würde man sagen "Europäer sind aus genetischen Gründen dümmer als Chinesen".

Im Sprachgebrauch liegt das Augenmerk jedoch tatsächlich, so wie Du geschrieben hast, auf der negativen Seite. "Man diskriminiert jemanden" meint meist meist, dass man ihn benachteiligt.

Nicht-jüdische Deutsche sind Juden gegenüber oft befangen. Das gilt insbesondere für diejenigen, die die Geschichte kennen.

Letzten Samstag habe ich das Wort zum Sonntag gehört "Pfarrer Wolfgang Beck über Antisemitismus im Alltag" (Verfügbar bis 19.10.2024). Der katholische Pfarrer Beck sagt darin u. a., dass man die israelische Politik als deutscher Mensch nicht kritisieren sollte, man sollte diese Kritik anderen Menschen auf diesem Globus überlassen. Ich teile diese Auffassung nicht und halte dies für positive Diskriminierung. Aus Angst etwas falsch zu machen, rät Pfarrer Beck davon ab, den Staat Israel zu kritisieren, in dem nicht nur Juden leben, sondern der auch die Verantwortung für Millionen Menschen anderen Glaubens trägt. Solche nach außen getragene Befangenheit, diese positive Diskriminierung von Alldem, was mit "Juden" zu tun hat, ist m. E. zwar positiv gemeint, aber nicht positiv zu werten, denn diese positive Diskriminierung wiederum bereitet bei anderen dem echten negativen Antisemitismus den Boden.

Ich verurteile Pfarrer Beck nicht, er meint es sicher gut, aber positive Diskriminierung sollte m. E. nicht der Weg sein, wie wir als Deutsche unsere Vergangenheit bewältigen. Positive Diskriminierung im Falle des Staates Israel würde z. B. gerade auch bedeuten, die Augen vor dem Unrecht zu verschließen, dass den Palästinensern angetan wird. M. E. müssen die Lehren aus der Geschichte allgemeiner gezogen werden. Wir sind aufgerufen, uns gegen Diskriminierung zu wehren, wo immer sie uns auffällt.

Es bleibt - auch für mich - ein schwieriges Thema, bei dem wir uns mit Ernst und Respekt begegnen sollten.

Karl
RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 24.10.2019, 21:54:36

Hallo Karl, ich habe gerade einen ziemlich langen und aufwändigen Kommentar geschrieben. Als ihn abschicken wollte, kam die Meldung, dass ich dazu keine Berechtigung hätte.

????

Ich versuche es noch mal.

Karl
Karl
Administrator

RE: Alltäglicher Antisemitismus und Rassismus
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2019, 22:00:22

off topic

@Rena, Du wirst automatisch ausgeloggt, wenn Du zu lange schreibst. Öffne zur Sicherheit vor dem Abschicken ein zweites Fenster im ST oder kopiere den Text in die Zwischenablage. Vielleicht kannst Du den Text auch durch "zurück"-Blättern im Browser wieder gewinnen (bei Chrome geht das).

Karl


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