Forum Kommentare zu den Artikeln der Blogger Gruppenbeitraege "Sitten und Gebräuche entlang des Rheins und des Hinterlandes"

Gruppenbeitraege "Sitten und Gebräuche entlang des Rheins und des Hinterlandes"

anjeli
anjeli
Mitglied

Klick, klick, klick
geschrieben von anjeli
hat es jetzt bei mir gemacht.
Abtreibungen mit Absinth da fällt mir etwas aus meiner Jugend ein.

Meine Schwester ist schwanger geworden und in der Familie wurde überlegt wie diese Schwangerschaft beendet werden könnte.
Ein alte Tante meinte, dass meine Schwester nachts auf dem Friedhof gehen sollte und sich
Zweige des Lebensbaumes schneiden sollte. Sie sollte sich dann einen Tee kochen.

Lebensbaum (Thuja) klickklickklick machte es bei mir. Aber warum sollte meine Schwester
nachts auf den Friedhof gehen? Das möchte ich gerne wissen.

Meine Schwester hat sich keine Zweige vom Lebensbaum geholt und auch keinen Tee getrunken, denn mein Papa hat diesem Spuk oder Aberglauben ein Ende bereitet.

Er hat ein Machtwort gesprochen indem er sagte - was festsitzt das bleibt und akzeptiert es.

Und es wurden keine Versuche mehr in dieser Richtung unternommen. Meine Nichte ist
jetzt 43 Jahre alt geworden.

anjeli, die sich jetzt fragt sind das auch Sitten und Bräuche.
luchs35
luchs35
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Eher Überlieferungen verzweifelter Frauen
geschrieben von luchs35
In früheren, "pillenlosen" Zeiten mussten sich die Menschen zur Verhütung so mancherlei einfallen lassen- und es klappte nicht alles.
Sitten und Gebräuche sind das aber eher nicht, sondern Überlieferungen, Anjeli. Oh je, wurden da Ratschläge ausgetauscht, wobei die meisten immer am Rande einer Vergiftung entlang liefen. Abkochungen der giftigen Pflanzen bis zum Runterrollen über eine Treppe war wohl alles dabei. Sogenannte "Engelmacherinnen" hatten Hochkunjunktur und dann manches junge Frauenleben auf dem Gewissen. "Sitte" oder "Brauch" war auch ins "Wasser gehen".

Wenn man sich das alles mal vor Augen hält, wird man erst so richtig die grosse Erfindung der "Pille" schätzen lernen, wenn es auch dabei Schattenseiten gibt.

Ist im Nachhinein aber doch wunderschön, dass deine Nichte dank der Sicht deines Vaters leben durfte und weder mit Absinth noch anderen "Hilfsmitteln" am Leben gehindert wurde.

Ich hoffe in der Verbindung zu diesem Thread aber, dass wenigstens in letzter Verzweiflung der Mütter die sogenannte "Babyklappe" zu einem festen lebensrettenden "Brauch" wird.

LG Luchs
luchs35
luchs35
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Das sollte nicht vergessen werden
geschrieben von luchs35
Fast hätten wir einen ganz besonderen Brauch übersehen. Ist allerdings einen von den Schwaben übernommener, aber er hat sich auch in Baden zu einer festen und vor allem regelmässigen Sitte eingebürgert: die Kehrwoche!

Nirgendwo findet man sonst noch diesen Reinlichkeitsfimmel, an den ich mich mit Grausen, aber auch stillem Einverständnis erinnere. Mit Grausen, weil ich schon von meiner schwäbisch-gebürtigen Mutter damit traktiert wurde, denn der Samstagvormittag gehörte dem Besen, Schrubber und Putzlappen- da wurde ich auch als Kind oder Jugendliche nicht verschont.
Und die Frau Nachbarin hatte auch noch die "Gewohnheit", kaum war ich fertig, alles nachzuprüfen, ob ja auch nirgends mehr ein Stäubchen im Treppenhaus bis zum Keller zu finden war.

Im Rückblick allerdings muss ich zugeben, es war überall sauber. Keine Kippen, Papierschnipsel, Kaugummireste, Dosen ,Flaschen, Plastiktüten etc. lagen herum, jeder im Haus war verantwortlich für die Sauberkeit.

Die Badener nah und fern des Rheins haben diesen Brauch ohne zu murren übernommen, sogar noch vor Zusammenschluss von Baden und Württemberg.
Das vereint die beiden Landesteile ebenso wie die Tatsache, dass sie außer Hochdeutsch "alles können"!

In der sprichwörtlich sauberen Schweiz dagegen werden Freiwillge als Hausabwarte /innen bestimmt und vom Rest der Mieter auch entsprechend bezahlt. Nur die Besitzer der Einfamilienhäuser müssen selbst für Ordnung ums Haus herum sorgen. Und da werden sie zu eifrigen "Schwaben"

Genaue Anweisung von Alfons siehe Link

Luchs

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anjeli
anjeli
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Kehrwoche im Zusammenhang
geschrieben von anjeli
mit dem Kommentar von Luchs gelesen ist mir ein Begriff.

Bei uns heisst es Besenwoche oder Besentag. Das ist öffentlich und alle Bürger werden,
per Tageszeitung aufgerufen an einem bestimmten Tag zu erscheinen.

Es wird dann alles an Unrat in den öffentlichen Parks und Anlagen beseitigt.
Anschliessend nach getaner Arbeit findet ein gemütlicher Umtrunk statt.
Schupp, jetzt sind wir ja schon wieder beim Alkohol. Es gibt natürlich auch Kaffee.

Ziel ist - unsere Stadt soll sauber sein.

anjeli
anjeli
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Luchsi
geschrieben von anjeli
Alfons und die Kehrwoche/ Die richtige Kehrwoche dein Linktipp

Nee, was habe ich gelacht. Und dieser Mann, der Zugereiste aus Saarbrücken, der sich
nicht an die Kehrwoche hält, ist einfach köstlich.

Der ganze Clip - Lachen von Anfang bis Ende.

anjeli
luchs35
luchs35
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Zusätzlich bei Wikipedia gefunden
geschrieben von luchs35
Ich habe mich auch gekugelt über Alfons und den aufmüpfigen Saarländer. Aber schau mal-es ist "Vorschrift" und kein Witz:

Die württembergische Kehrwoche ist die geregelte Reinigung gemeinschaftlich benutzter Bereiche in Mehrparteienwohnhäusern im Gebiet des ehemaligen Württemberg. Sie beruht auf einer Vielzahl von Erlassen, die seit Ende des 15. Jahrhunderts in Württemberg herausgekommen sind, um die Menschen zu Ordnung und Sauberkeit im häuslichen Umfeld anzuhalten.

So stand im Stuttgarter Stadtrecht von 1492:

„Damit die Stadt rein erhalten wird, soll jeder seinen Mist alle Wochen hinausführen, (…) jeder seinen Winkel alle vierzehn Tage, doch nur bei Nacht, sauber ausräumen lassen und an der Straße nie einen anlegen. Wer kein eigenes Sprechhaus (WC) hat, muss den Unrath jede Nacht an den Bach tragen“.
In der Folge gab es diverse „Gassensäuberungs-Ordnungen“, die die Frequenz der erforderlichen Reinigung und die Art der Durchführung genauer regelten.

In der Zeit zwischen 1871 und 1918, als auch Elsass-Lothringen zum Deutschen Reich gehörte, versuchte man, die Kehrwoche auch hier zu etablieren. Deshalb werden im Elsass heute noch deutsche oder vermeintlich deutsche Eigenarten scherzhaft oder abwertend als „Schwabenzeug“ bezeichnet. Auch das 1803 von Württemberg annektierte Oberschwaben konnte sich bis heute der Kehrwoche entziehen. (Wikipedia)


Hahaha, Baden (und mich) hatte es auch erwischt!

Luchs

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anjeli
anjeli
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Babybräuche
geschrieben von anjeli
Jetzt sind wir von der Schwangerschaft zur Abtreibung mit Absinth doch noch zu einem Baby gekommen.
Baby hat auch viele schöne Bräuche.


Erstmal sind wir am Ende der Schwangerschaft bei der Geburt. Warum eine Geburtsanzeige
in der Zeitung schalten, denn es geht auch einfacher.


Wäscheleine



Wenn in einem Haus ein Baby geboren wurde - bzw. wenn ein Mitglied des Hauses ein Baby zur Welt gebracht hat - ist es oft Brauch, dass man an die Hausfassade eine Wäscheleine mit Babykleidung spannt, damit jeder in der Umgebung sehen kann, dass es Nachwuchs gegeben hat.



Wenn man die Leine sofort nach der Geburt spannt und auch eine Weile (etwa eine Woche) hängen lassen möchte, sollte man keine hochwertige Kinderkleidung aufhängen, da diese durch die Witterung beschädigt werden könnte. Für solche Fälle kann man Babykleidung auf dem Flohmarkt besorgen oder bei Bekannten nachfragen, ob diese noch alte Babykleidung zu Hause haben.



Wenn man aber die Leine nur an dem Tag aufhängen möchte, an dem Mutter und Kind nach Hause kommen - sozusagen als Begrüßungsfeier - kann man auch als Geschenk für die Eltern neue Kleidung auf die Leine spannen. Die Kleidung dürfen sich die Eltern dann im Laufe des Tages von der Leine holen.


Dann gibt es noch einen Brauch,der manchmal lebenslange verheerende Folgen haben kann.

Der stolze Vater geht unmittelbar nach der Geburt mit seinen Kumpeln eine trinken. Das
Baby wird zünftig begossen, der stolze Papa lässt es kräftig pinkeln. (Pinkelparty)

Dann muss ja auch noch das Baby beim Standesamt angemeldet werden. Oh weh, Papa kann
nicht mehr denken, er Alkohol wirkt und Gedächtnisverlust ist die Folge. Papa denkt und
denkt kommt nicht mehr auf den Namen, den die frischgebackene Mami glückselig ihm ins Ohr geflüstert hat.
Ja, und nun nimmt das Schicksal seinen Lauf. Statt Peter heisst der
Kleine jetzt August. Und aus einer Christine ist auch schon mal eine Birgit geworden.

Ja, ich möchte nicht in Haut des Vaters gesteckt haben.

anjeli





luchs35
luchs35
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Sprung üder den Graben und retour
geschrieben von luchs35
War ja ein ganz schöner Umweg bis zur Geburt des Kindes , aber es ist vollbracht!

Hier im Schweizer Rheintal habe ich unlängst einen sehr hübschen Brauch kennengelernt, den es sicher auch noch anderswo gibt: Man stellt einen je nach künstlerischen Ambitionen angefertigten Storch samt Nest auf das Dach, bevor Mutter und Kind nach Hause geholt werden. Vor sich hat der Storch einen grossen Korb stehen, in dem Geschenke für das Baby liegen. Nun hat auch der Papa seine "Wehen", denn mittels einer Feuerwehrleiter (die kostet!!!- vor allem der Umtrunk mit den Feuerwehrleuten) ) muss er den Geschenkekorb runterholen. Logisch, dass die gesamte Nachbarschaft dann durstig Spalier steht.

Wichtig ist übrigens auch die Auswahl der Geburtsgeschenke für das Kleine, wobei auch noch die Konfession eine Rolle spielt. Goldkettchen mit entsprechendem Anhänger, silberne Babyrasseln, Spieluhren mit Leuchteffekten für die Nacht, und natürlich das gesamte Kleidersortiment bis zum 1.Lebensjahr werden geschenkt. Sehr beliebt waren früher die ersten Essbestecke in Silber (meist Löffel mit einem Schieber), heute sieht man das nur noch selten.

Mal sehen, was wir noch über Brauchtum zur Geburt oder Taufe finden.

FG Luchs




anjeli
anjeli
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Dass mit dem Storch
geschrieben von anjeli
ist bei uns auch bekannt. Er wird vor dem Haus oder im Vorgarten plaziert. Dass mit dem
Dach ist ja wirklich lustig, wenn auch gefährlich.
Auffallend ist für mich, dass überall der Alkohol im Spiel ist und eine zünftige Brotzeit darf natürlich auch nicht fehlen. Bei uns sind Mettbrötchen sehr beliebt.

Die Geschenke fürs Baby sind ja sehr vielfältig. Das schöne Geschenk ein Besteck zu schenken ist auch bei uns Brauch. Meine Enkel haben auch diese Bestecke, allerdings nicht aus Silber.

Eine andere Tradition ist, dass nach der Geburt des Babys eine Zusammenkunft stattfindet. Baby soll ja würdig begrüsst und begutachtet werden.
Natürlich wird auch wieder getrunken und gegessen. Wie immer, wenn Menschen gemütlich
zusammenkommen.

Ein Besonderheit ist, dass das nackte Baby herumgereicht wird, von einem zum anderen.
Und derjenige, der von dem Baby angepinkelt wird, dem wird lebenslang Glück verheissen.

Ich kenne aber keine Statistik mit einer Gegenüberstellung wievielen Menschen, die
angepinkelt wurden, denn tatsächlich das Glück hold war. (lach)

anjeli
luchs35
luchs35
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Herrlich....
geschrieben von luchs35
...Anjeli, und wenn es bei der Glücksuche darum geht, von Babies angepinkelt zu werden, müsste ich geradezu im Glück schwimmen

Aber wenn es um den Storch geht, erinnere ich mich noch sehr gut, dass unser Würfelzucker zuhause mehrfach auf den äußeren Fenstersims wanderte, wünschte ich mir doch so sehnlichst ein Geschwisterchen. Damals glaubte ich noch das Märchen, dass der Storch die Babies in das Haus bringt, wo Zucker vor dem Fenster liegt. Natürlich holte ihn meine Mutter immer wieder weg, denn ich war ein unmittelbares Nachkriegskind und da kannst du dir denken, dass Zucker nicht gerade zum Störche füttern vorhanden war.
Deshalb wohl hat das mit dem Nachwuchs auch nicht geklappt - heute weiß ich natürlich, dass es gar nicht klappen konnte: Vater war noch lange in Gefangenschaft .

LG Luchs

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