Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?

Geisteswissenschaft / Philosophie Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?

Karl
Karl
Administrator

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von Karl
als Antwort auf attis vom 17.03.2008, 19:46:22
Hallo attis,


ich sehe die Bringschuld weniger bei mir, sondern eher bei Leuten, die Aussprüche machen wie
Der Geist, das Bewusstsein, war "eher" da, oder besser gesagt, ist immer da, die profane Materie schuf er sich, um sich den "Alltag" zu versüßen.
geschrieben von gerald

(wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob Gerald nicht nur sein Spässchen treibt)

Die Art der Informationsverarbeitung in unserem Gehirn ist hochgradigst parallel. Wenn ich von einem Algorithmus schreibe, dann meine ich damit nicht eine lineare Abfolge von Befehlen, sondern die Regeln der Informationsverarbeitung bei der gegebenen Verdrahtung unseres Gehirns. In unserem Kopf geht alles mit rechten Dingen zu und wenn die biologischen Prozesse, die unseren "Computer" am Laufen halten zum Erliegen kommen, dann werden von dort auch keine Gedanken mehr produziert.

Dass ich der Gehirnfunktion die Fähigkeit zuschreibe, die Gedanken zu produzieren, scheint mir durch Wissen wesentlich besser gestützt als jede andere Behauptung.

Wer nicht geneigt oder willens ist, den wissenschaftlichen Beobachtungen zu trauen, darf gerne weiterhin anderes glauben, missionarisch bin ich nicht.

--
karl
attis
attis
Mitglied

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von attis
als Antwort auf Karl vom 18.03.2008, 17:27:13
Karl, aber ja doch, ich traue dir, was du mir an wissenschaftlichen Beobachtungen sagst. Ich versteh davon doch nichts, also will ich dir trauen. Technisch gesehen ist bestimmt der Algorithmus der Informationsverarbeitung wichtig. Aber außerhalb des Technischen gesehen ..... Wieso sollten wir nicht ein bißchen spekulieren dürfen, oder philosophieren, was außerhalb des Technischen sein könnte? Ist doch interessant. Naturwissenschaft kann auch nicht alles erklären. Außerdem stelle ich mir das gruselig vor, wenn mein Gehirn nach meinem Tod noch Gedanken produzieren würde. Z.B. „Huh, jetzt lieg ich da im Sarg ....“ ne, ich bin schon still, meine makabre Phantasie hat schon Redeverbot. Falls Bewußtsein mehr als Gedanken und Ich-Gefühl ist, dann könnte es ja weitergehen, ohne Gehirn. Ich hab jedenfalls bis jetzt keine Angst vor dem Tod. Vor einigen Jahrzehnten bin ich plötzlich aufgetaucht aus dem Nichts, und irgendwann tauche ich dort wieder unter, im Nichts. Nichts und Etwas gehören zusammen. Das Nichts ist der Hintergrund zu Etwas. Gäbe es keinen leeren Hintergrund, würde man nichts mehr wahrnehmen können.
Karl, dies hier ist der philosophische Diskutierbereich. Sei also nicht gar zu streng.

--
attis

ps: Arno, hattest du in deinem Eingangsposting die Libet-Forschungen im Sinn? Es hat mich dran erinnert.
navallo
navallo
Mitglied

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von navallo
als Antwort auf attis vom 17.03.2008, 19:46:22
Das Eröffnungsthema inspiriert zu Mutmaßungen philosophischer Natur. Wissenschaftlich unumstößliche Belege zur genauen Herkunft der Gedanken „bevor sie gedacht werden“, kann zur Zeit keiner liefern. Und wer ernsthaft meint, er könne das, der überschätzt sich. Solange das ungeklärt bleibt, sind vergleichende Rückschlüsse zwischen Hirntätigkeit und vertrauten informationstechnologischen Abläufen statthaft und hilfreich. Naturwissenschaftlicher Fortschritt unter Verzicht auf Analogieschlüsse und folgerichtiger Hypothesen ist undenkbar.

Analogien im biologischen Sinne setzen keine Identität (~gleiche Phylogenese) voraus, wie du das im Attis-Amsel-Verleich karikierst. Du betonst dabei die Unterschiede und verwirfst Ähnlichkeiten. Was du als Knie der Amsel ansiehst, entspricht in der vergleichenden Anatomie übrigens der Ferse. Auch die Amsel hat das Knie vorn!

Derartige Vergleiche – auch wenn sie oft hinken - erlauben Schlußfolgerungen, die gelegentlich zu einer Theorie führen. Diese muß nicht zwangsläufig stimmen. Vielleicht haben Amsel und attis doch in grauer Urzeit gemeinsame Vorfahren? Immerhin haben beide 2 x Knie vorn und nicht 8x oben, wie die Spinnen. Je mehr Ähnlichkeiten (Analogien) sich finden lassen, desto zutreffender scheint eine Theorie, bis sie schließlich in naturgesetzliche Sicherheit mündet, z. B. Darwins Evolutionstheorie - oder widerlegt wird (z. B. Resonanztheorie von Helmholtz).

Daß heutige Computer als eigenständige Wesen unabhängig von menschlichen Einflüssen agieren, behaupte ich nicht. Betrachtet man aber Computer und Mensch als miteinander kommunizierende Einheit, dann ist es nicht gerade ökonomisch, wenn man sich jede auf dem Markt befindliche Programmneuheit augenblicklich draufzieht; denn es würde die Arbeit auf Grund des Lernbedarfs zunächst verlangsamen, ganz zu schweigen von Zuverlässigkeit oder Praxiserprobung. Daher ist es ratsamer und meist effektiver, zunächst abzuwarten, das eingespielte Programm weiter zu nutzen und sich vielleicht erst ein paar Versionen später umzustellen, wenn sich etwas bewährt hat. Und Mutter Natur arbeitet halt auch nach dem Prinzip, wonach der Effekt den Aufwand rechtfertigen sollte – also ökonomisch. Sie reduziert allzu häufige Änderungen unserer „Zenteralnerven-Festplatte“ auf ein sinnvolles Maß. So jedenfalls kann ich mir allgegenwärtiges, jeder Logik zuwider laufendes geistiges Beharrungsvermögen ganz gut erklären. Ein besseres Modell fällt mir dazu nicht ein. Möglicherweise ist alles ganz anders.

--
navallo

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schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf navallo vom 19.03.2008, 16:15:45
Alles, was vom Menschen geschaffen wird, kann nichts anderes, als "menschlich" zu sein.

Es dürfte also kein Zufall sein, dass der Mensch den Computer so geschaffen hat, dass er sich immer "menschlicher" gebärdet. Aber ein Mensch wird er auch in 100 Jahren nicht sein.

--
schorsch
hema
hema
Mitglied

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von hema
als Antwort auf arno vom 07.02.2008, 21:23:26
Gedanken halte ich für eine zielgerichtete elektrische
Kommunikation zwischen Neuronen.

Wenn diese elektrische
Kommunikation erst manipulierbar wird, wird ein neues
Zeitalter der Menschheit beginnen.


Mit Schauern habe ich diesen Satz gelesen!
Willst du wirklich, dass unsere Denkweise manipuliert wird?

Dieses angeblich "neue Zeitalter der Menschheit"
möchte ich nicht erleben.


--
hema
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf hema vom 03.04.2008, 22:26:07
@hema

ich habe schon oft unsere kommunikation mit kybernetischen systemen (zB. mit dem PC) als höchst primitiv angesehen. manche sätze muss ich 3x verbessern, weil sie entweder nicht ausdrücken was ich denke, oder weil ich mich vertippt habe. auch programmierfehler passieren oft auf diese art. ...oder ich stelle mir eine bestimmte grafische gestaltung vor, muss aber stundenlang mit der "maus" basteln, um das hinzubekommen. STEINZEIT!

da wäre mir ein direkter datalink ganz recht. ich kann jetzt einen film in dolby-surround und höchster filmqualität in ca. fünf minuten auf ne DVD kopieren, aber meine gedanken zu einem wundervollen frühlingstag, inklusive dem geruch der frischen erde und der blumen nicht zwingend in worte fassen.

welche formen der literatur entstehen würden, wenn wir unsere emotionen, wünsche und gedanken DIREKT anderen menschen via datalink mitteilen könnten, sind unermessbar. auch denke ich an die zusammenschaltung mehrerer wissenschaftler und ingenieure, während der forschung und entwicklung neuer technologien. die meisten kolloquien und konferenzen würden überflüssig - weil sich die fachleute plötzlich ohne vorbehalt und falschheit wirklich verstehen könnten - auch die politiker (wenn man die dann überhaupt noch braucht).

stellt euch auch erstmal den sex vor, wenn man nicht nur die geschlechtsteile zusammenstöpselt, sondern auch die taktilen und übrigen sensoren verbinden könnte. kein paarungspartner stöhnt/schreit mehr zu laut, oder fasst an die falsche stelle, weil er dann seinen gegenüber direkt EMPFINDEN kann.

natürlich möchte ich dann auch nen schalter, oder besser eine FIREWALL haben, um selbst bestimmen zu können, wann ich mich öffne und wann nicht.

ich hoffe, ich kann das noch alles miterleben! ...vielleicht ist DAS die gnade der späten geburt *lache*

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hema
hema
Mitglied

Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von hema
als Antwort auf dutchweepee vom 04.04.2008, 05:25:44
Dutch, die Empfindungen anderer Menschen koennen wir doch schon miterleben.
Uebers Herz, uebers Unterbewußtsein und ueber die Augen sehen wir, ob
unser Gegenueber gluecklich ist, oder ob es ihm schlecht geht.

Ueber Telepathie kommunizieren ist auch moeglich, obgleich diese
Faehigkeit noch nicht bei allen Menschen ausgepraegt ist.

Was ich aber ablehne ist, dass mich ein Mensch/Geist manipuliert und
mich zu etwas zwingen will, das ich nicht will.

Auch das ist schon moeglich.



--
hema
carlos1
carlos1
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Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf hema vom 04.04.2008, 14:16:57
Wo war Beethovens 9. Sinfonie beim Urknall? Als Möglichkeit war sie vorgegeben, als Enwicklungsmöglichkeit angelegt, wenn wir nicht Zufall als herrschendes Prinzip annnehmen. Wo war der Satz des Pythagoras, als seine Gültigkeit noch nicht erkannt worden war? Der Inhalt dieses Satzes ist zeitlos gültig. Ist er auch ewig gültig? Ist er überall gültig? Ist nicht die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung des mathematischen Lehrsatzes höher als beim Erschaffen der Beethovensinfonie? Alles ist Zufall? Aber ist nicht Zufall auch wiederum nur das Ergebnis von Vorgängen, deren Gesetzmäßigkeit wir nicht genau kennen? Zufall nennen wir gern auch Schicksal, Vorsehung, Fügung ....

The mathematicians to the front.

c.

PS: Bin im Moment mit Umweltproblemen, Energieverbrauch, Feinstaub und Bürokratie befasst. Mir ist so gar nicht nach Philosophie zu Mute. Deshalb die Fragen.
hema
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Re: Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?
geschrieben von hema
als Antwort auf carlos1 vom 06.04.2008, 12:28:30
Wo war Beethovens 9. Sinfonie beim Urknall? Als Möglichkeit war sie vorgegeben, als Enwicklungsmöglichkeit angelegt, wenn wir nicht Zufall als herrschendes Prinzip annnehmen.

Gut geschrieben Carlos1.
Ich glaube nicht, dass "Koenig Zufall" unsere schoene Erde,
mit Bergen und Taeler, Meeren, Fluessen, Wuesten, Oasen
und gruenen Taelern, mit Pflanzen und Tieren aller Art,
mit Regen und Schnee, Eis und Hagel, mit fruchtbaren Feldern
und Samen aller Art, die zur rechten Zeit zu leben und zu
wachsen beginnen, damit die Menschen Nahrung haben.

Ich glaube, dass alles vor Urzeiten von einem maechtigen Wesen
ausgedacht wurde, in dieser Harmonie und Vollkommenheit und dass
sich alles in Milliarden Jahren langsam gebildet hat nach seinem Willen und nach SEINEN Vorstellungen und dass es in dieser Vollkommenheit nicht als Zufall entstanden sein kann.

*******************************************************

Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?

Auf einer hoeheren geistigen Ebene, wo sie sich bilden, entwickeln, lebendig werden und sich verwirklichen.



--
hema

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