Geisteswissenschaft / Philosophie Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?

Hallo Arno,


die Frage ist unter diesem Thema "Geisteswissenschaft/Philosophie richtig platziert, manche der Antworten kommen aus einer vorwissenschaftlichen Zeit. Unsere Gedanken sind Gehirnvorgänge, objektiv sichtbar zu machen mit geeigneten Messgeräten, subjektiv erlebbar in unserem Bewusstsein. Diese beiden Aspekte mancher Gehirnvorgänge, ihre Assoziation mit messbaren physikalisch-chemischen Prozessen und ihre subjektive individuelle Bewusstwerdung sind die zwei Seiten dieser Informationsverarbeitungsprozesse.

Wichtig ist m. E. (übrigens in der Tradition des kybernetischen Denkansatzes) nicht die physikalisch-chemische Natur der Informationsverarbeitungsprozesse für die Entstehung von Bewusstsein, sondern der Algorithmus der Informationsverarbeitung, der auch auf anderen, nicht nur biologischen Computern lauffähig sein wird.

Wo sind die Gedanken bevor sie gedacht werden?

Den Gedanken gibt es nicht, bis dass er gedacht wird. Dass gerade er und kein anderer gedacht wird, bestimmt das Kausalnetz aus inneren und äußeren Ursachen. Für diese Zeilen kausal notwendig war z. B. deine Themenstellung, aber auch die (teilweise Selbst)Programmierung meines Gehirns während der vergangenen 59 Jahre.
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karl

Dann ist unsere Seele im "standby", und lässt die Dinge einfach so laufen...
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gerald

Hallo Karl,
was genau wird da sichtbar gemacht mit geeigneten Meßgeräten? Das Feuern der Neuronen?
Bio-Computer Attis fühlt sich gekränkt ob der Zumutung, ein Computer sein zu sollen.
Ok, ich will ja nicht widersprechen, versteh ich doch zu wenig von Computern und Algorithmen. Erklär mir doch bitte, was du unter „Entstehung von Bewußtsein“ meinst. Genauer gesagt, was du denkst, wie das vor sich geht. Denkst du, Bewußtsein wird von Gehirnen hervorgebracht?
Kann bzw. könnte ein Super-Computer Bewußtsein hervorbringen?
Wenn ja, ist das, was er hervorbringt, tatsächlich Bewußtsein oder nennt man es nur so?
Ein Computer ist eine Summe von Teilen, die zusammengeschraubt, -geschweißt, -gelötet und was sonst noch wird. Diese Teile werden von unterschiedlichen Orten zusammengeholt und um eine Mitte versammelt. Dann kommt noch der Strom aus der Steckdose dazu.
Kein Lebewesen ist auf dieselbe Weise gemacht wie ein Computer aus verschiedenen Metallen und Kunststoffen gemacht ist. Ein Lebewesen wächst von innen her, seine unterschiedlichen Organe entfalten sich. Es zieht natürlich seine Nahrung aus der Umgebung, aber dieses ist nicht einfach ein Zusammenkleben der Nährstoffe, sondern Transformation.
Gebrauchen wir für die Entstehung von Bewußtsein nicht einfach ein mechanisches Bild?
Natürlich gibt es in einem lebenden Organismus Teile wie Leber, Herz, Nieren, Arme, Beine, Gehirn usw., aber im Gegensatz zum Computer entfalten sich seine sogenannten Teile gleichzeitig im ganzen Körper.
Was ist Bewußtsein, wie würdest du es definieren?
Wenn wir Bewußtsein sind, können wir aus uns heraustreten und uns objektiv betrachten?
Vielleicht können wir das gar nicht? Für das Äußere gibt es Spiegel, aber für die Innenansicht nicht.
Gedanken sind Gehirnvorgänge, gut. Aber was um Himmels willen ist Bewußtsein?

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attis

Hallo, karl,

vielen Dank für Deinen sehr guten Beitrag.
Unter der Annahme, daß der Algorithmus der Informationsverarbeitung -
also ein mechanisches Verfahren - für die Verarbeitung der Gedanken
im Gehirn erforscht und gefunden wird, kann man doch nicht voraussagen,
was ein bestimmter Mensch denken und tun wird, denn der Mensch
funktioniert doch zum größten Teil unbewußt, oder?
Ich denke, daß weder ein einzelner Mensch selbst noch ein
Außenstehender wissen kann, was ein Mensch zu tun bestimmt ist -
selbst wenn es durch Gesetze und klaren Anfangsbedingungen vollständig
festgelegt ist.
Ich persönlich halte meine chaotischen Gedanken für einen irreversiblen
Prozeß, welcher mich daran hindert die vielen Einzelheiten meines
Lebens oder irgend eines Systems zu verstehen. Je mehr ich weiß,
desto schwieriger fällt es mir, Zusammenhänge zu beschreiben.

Viele Grüße
--
arno

denn der Mensch funktioniert doch zum größten Teil unbewußt, oder?

Arno, ja. Wenn wir bewußt fertigbringen müßten, das Herz zu schlagen, das Blut durch unsere Adern und Venen zu pumpen, die Haare wachsen zu lassen, zu atmen - wir könnten kaum eine Minute überleben.

Ich persönlich halte meine chaotischen Gedanken für einen irreversiblen
Prozeß, welcher mich daran hindert die vielen Einzelheiten meines
Lebens oder irgend eines Systems zu verstehen. Je mehr ich weiß,
desto schwieriger fällt es mir, Zusammenhänge zu beschreiben.

Es wird einfach zu komplex. Obwohl das Leben, die Natur, nur dann komplex ist, wenn man sie in lineare Zeichen übersetzen will. Leben ist einfach, geht ganz leicht. Leben zu analysieren, zu beschreiben, wird man nur stückweise schaffen. Und das ist dann womöglich auch noch falsch.
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attis

meint ihr nicht, es könnte eher sein, dass der mensch nicht unbewusst, sondern selbstverständlich funktioniert und das bewusstsein erst dann ankommt, wenn etwas nicht mehr selbstverständlich funktioniert ?
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plumpudding

ich arbeite als "creativer" und manchmal sitze ich vor dem monitor nach dem prinzip: KOMM WEISSES BLATT UND INSPIRIER MICH! da können minuten zu stunden werden. meißt stößt dann ein fingerbreit scotch im glas die tür auf und plötzlich entsteht das logo für bäckermeister krause, oder die webseite für den kulturverein niederwiesa ganz von allein.

ich postuliere also: der gedanke liegt im whisky bevor er gedacht wird!

...oder wie es SEAGRAM ende der 90er jahre als slogan für eine seiner whisky-marken formulierte:

Ich denke, also bin ich .....
ja aber was ist mit meinen Hunden? In all den Jahren habe ich zigmal erlebt, ob es Jettchen war oder jetzt Paulchen ist, daß dort in deren Gehirnen "Denkvorgänge" ablaufen. Sie teilen wir unmißverständlich mit, was sie gerade möchten, bringen mir Leine oder Freßnapf oder Spielzeug und Paulchen wird direkt ärgerlich, wenn ich mal ein wenig schwer von cappee bin. Das sind nicht instinktive Handlungen, sondern recht durchdachte scheint mir.

Medea.

NB: Von unseren nächsten affenartigen Verwandten gar nicht zusprechen ....

kann man doch nicht voraussagen,
was ein bestimmter Mensch denken und tun wird, denn der Mensch
funktioniert doch zum größten Teil unbewußt, oder?

Ja, auch wenn die Gehirnprozesse gesetzmäßig sind, sind sie doch zu komplex, um tatsächlich in jeder Situation vorausgesagt werden zu können.
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karl

Aber was um Himmels willen ist Bewußtsein?

Diese Frage kann jeder für sich selbst am Besten beantworten. Bewusstsein erfahren wir direkt nur selbst, schon das "Bewusstsein" des Gesprächspartners erschließen wir uns in einem Analogieverfahren. Er verhält sich und redet so als habe er ein Bewusstsein wie ich selbst. Vom Gegenüber nehmen wir aber nur physikalisch-chemische Signale war.

Ein Computer ist eine Summe von Teilen, die zusammengeschraubt, -geschweißt, -gelötet und was sonst noch wird. Diese Teile werden von unterschiedlichen Orten zusammengeholt und um eine Mitte versammelt. Dann kommt noch der Strom aus der Steckdose dazu.
Kein Lebewesen ist auf dieselbe Weise gemacht wie ein Computer aus verschiedenen Metallen und Kunststoffen gemacht ist. Ein Lebewesen wächst von innen her, seine unterschiedlichen Organe entfalten sich. Es zieht natürlich seine Nahrung aus der Umgebung, aber dieses ist nicht einfach ein Zusammenkleben der Nährstoffe, sondern Transformation.

Computer und Lebewesen bestehen aus unterschiedlichem Material. Die Frage ist, ob in ihnen ähnliche Informationsverarbeitungsprozesse ablaufen können oder nicht. Es gibt keinen mathematischen Lehrsatz, auch kein Naturgesetz, das verwendet werden könnte, um dies auszuschließen. Stellt sich also die Frage, würde ein Computer (Roboter), der sich so verhalten würde, wie ein bewußtes Lebewesen, Bewusstsein besitzen?
Niemand wird dies ausschließen können, nur der Analogieschluss würde uns vielleicht nicht so leicht fallen, wie bei einem menschlichen Gesprächspartner. Oder vielleicht doch? Weltweit wird auch an Robotergesichtern gearbeitet, die emotionale Regungen nachahmen können. Stellen wir uns also vor, in einer unbestimmt ferneren Zukunft würden wir auf einer Bank neben einem Roboter sitzen, der uns anlächelt und mit dem wir eine angeregte Diskussion über Gott und die Welt und über Robotik führen würden. Möglicherweise würden wir mit dem Gefühl heimgehen, das war ein richtig nettes und gehaltvolles Gespräch. Gäbe es eine wissenschaftlichen Basis, diesem Roboter Bewusstsein abzusprechen? Dann verhält sich vielleicht ja auch mein Nachbar nur so als ob er Bewusstsein habe, jedenfalls bin ich noch niemals er gewesen.

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karl