Geisteswissenschaft / Philosophie Was ist Geist?

hl
hl
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Re: Das Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer
geschrieben von hl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 09.04.2007, 14:04:12
Wenn ein "Computergehirn" funktionsfähige Sinne bekommt und diese Sinneswahrnehmungen entsprechend verarbeiten und mit "Erinnerungen" verbinden kann, wird es genauso veränderlich, wie ein menschliches Gehirn.

Die Frage ist für mich, wird es auch in der Lage sein, Emotionen zu entwickeln?
--
hl
dmz
dmz
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Re: Niemand bezweifelt die Realität geistiger Leistungen
geschrieben von dmz
als Antwort auf felix vom 07.04.2007, 19:37:00
War als Replik auf das vorweggegangene Posting von 'elfenbein' gedacht )
Karl
Karl
Administrator

Aber ein Computer kann die Arbeitsweise eines Gehirns simulieren
geschrieben von Karl
als Antwort auf hl vom 09.04.2007, 14:19:02
@ ursula,

ich stimme dir zu. Ein Gehirn ist unglaublich flexibel und keine zwei Gehirne, die Unterschiedliches erlebt haben, werden identisch sein, selbst wenn sie vom gleichen Hersteller sind (upps, wollte sagen, wenn sie genetisch identisch sind).

Es wird weltweit (und im Nachbarlabor ) an dem Aufbau von Nervennetzen (besser gesagt: deren Simulation im Computer) gearbeitet. Die Simulationen sollen gerade diese Eigenschaften von Gehirnen widerspiegeln.


@ hl

Emotionen treten bei uns auf, wenn Sinneseindrücke oder Handlungen stark bewertet werden sollen (im positiven oder im negativen Sinne). Eigene Emotionen erleben wir subjektiv als "Gefühle", auf die Emotionen anderer schließen wird aufgrund von Gesichtsausdruck, Haltung und deren akustischer Lautäußerungen. Wenn eine Interaktion zwischen Robotern und Menschen reibungslos ablaufen soll, dann müssen die Roboter die Emotionen der Menschen erkennen können und sie sollten auch selbst Emotionen für den menschlichen Betrachter zeigen. Wir werden niemals in ihr Innenleben schauen können, ebensowenig wie wir in das Innenleben eines anderen Menschen schauen können. Alles, was zählen wird, ist, ob sie sich situationsgerecht so verhalten können als ob sie Gefühle haben würden und dies durch ihre Taten unterstreichen.

--
karl

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carlos1
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Re: Niemand bezweifelt die Realität geistiger Leistungen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 07.04.2007, 10:59:27

Ich stimme Ursula zu, wenn sie sagt, dass die Frage "Was ist Geist" nicht beantwortet wurde. Sie wird auch nicht beantwortet werden. Wir sollten "Was ist?" Fragen tunlichst vermeiden. Dabei laufen wir immer Gefahr uns in Wortstreitigkeiten und verbalen Problemen zu verlieren anstatt uns mit wirklichen Problemen zu befassen. Die Frage "Was ist?" zielt auf eine ontologische Untersuchung ab. Diese wäre erst durchführbar, wenn alle Erfahrungen berücksichtigt würden, die ihre Begriffe decken sollen. Auch eine Definition wäre unmöglich. Statt einer Definition können wir aber die Funktion des Geistes deutlich machen, seine Wirklichkeit, sein Auftreten. Das Problem tritt auch bei anderen Definitionen auf. Wenn ich z. B. erklären soll, was "Geld" ist, gerate ich in Schwierigkeiten und rette mich dadurch, dass ich die Funktionen des Geldes darlege. Vielleicht versucht jemand mal sich bei der Definiton "Was ist Gemüse"? Im Rahmnen dieser Schwierigkeiten verläuft die Diskussion auch hier.

Ein kleiner Ausflug in die Astrophysik: Ein Stern ist im normalen Sprachgebrauch ein Ding, er kann aber auch ein "bloßer Haufen" oder eine "Ansammlung von ungeordneter Materie" sein. Aber auch als solcher hat er eine "Gestalt" und er hat auch eine dynamische Struktur. Dieser "Haufen" kann zur Instabilität tendieren oder zur Stabilität, was abhängig ist vom dynamischen Gleichgewicht zwischen dem Gravitationsdruck (Masse) und den Abstoßungskräften seiner schnell bewegten Elementarteilchen (große Hitze). Der Stern kann explodieren, wenn die Abstoßungskräfte zu groß sind. Sind sie kleiner, kann der Stern kollabieren, und ein schwarzes Loch entsteht. Entscheidend ist, dass erkannt wird: Dinge sind nicht unbeweglich in alle Ewigkeit. Dinge sind ein Prozess. Die Metaphorik mit dem Wind und dem Geist (Joannesevangelium) scheint hier stimmig zu sein.

Marina, ich habe den von dir erwähnten Link leider nicht gelesen gehabt, als ich meinen letzten Beitrag schrieb. Danke für deinen Hinweis auf das Nikodemus-Gespräch im Neuen Testament. Mir kam es darauf an, auf die Metaphorik in den Worten Jesu aufmerksam zu machen. Denken und Sprache gehören zusammen. Die Metapher ist, wie Hannah Arendt einaml sagte, eine Brücke über den Abgrund zwischen den inneren und unsichtbaren Geistestätigkeiten und der Erscheinungswelt, den Dingen also, denen wir begegnen. Eine Wechselwirkung, die hier vorliegt.

Solche Wechselwirkungen gibt es viele. Wir erklären das, was auf einer höheren Stufe der Natur vor sich geht mit dem, was sich auf der nächstniederen abgespielt hat. Es gibt aber auch eine Verursachung nach unten. So lassen sich Sterne als "nicht-kostruierte Maschinen betrachten, in deren Innerem Elementarteilchen wie Elektronen und Atome unter ungeheurem Gravitationsdruck stehen. Als (ungeplantes) Ergebnis finden Verschmelzungen von Atomkernen statt, die Bildung von schwerere Elementen (Voraussetzung der Bildung von Leben überhaupt). Ein Beispiel für die Wirkung der Gesamtstruktur auf die sie bildenden Teilchen.

Mythen sind Metaphern für wirkende Kräfte. Die Mythen unserer Zeit werden in einer anderen Sprache geschrieben. Aber es sind immer noch Wunder, denen der menschliche Geist begegnet.
Einen schönen Abend noch




hl
hl
Mitglied

Re: Aber ein Computer kann die Arbeitsweise eines Gehirns simulieren
geschrieben von hl
als Antwort auf Karl vom 09.04.2007, 20:06:11
Ich denke mal leise und unwissenschaftlich vor mich

Eigentlich ist es ja logisch, dass man künstliche neuronale Netze entwickeln kann. Als der 'Computer entwickelt wurde, ging man ja auch von eigenen 'Gedankenprozessen/Schlussfolgerungen aus (wenn .., dann, um es auf den einfachsten Nenner zu bringen).

Wenn ich überlege, wie wir Gefühle anderer Mensch wahrnehmen (Beobachtung, Wahrnehmung, Kenntnis vorheriger Ereignisse,..) sollte das tatsächlich auch einem Computer/Roboter möglich sein ebenso, wie die Programmierung möglicher und passender Reaktionen.

Bin hi- und her gerissen zwischen Faszination und Schaudern.

Ob diese künstlichen 'Gehirne' wohl ein "Ich-Bewusstein" entwickeln können.?
--
hl
felix
felix
Mitglied

Re: Das Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer
geschrieben von felix
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 09.04.2007, 14:04:12
@ Ursula

wenn du unter Computer ausschliesslich die heutigen digitalisierten PC verstehst, magst du recht haben.
Es gibt aber ganz andere künstlich konstruierte kybernetische Systeme, die schom viel näher an die Leistung eines Gehirns herankommen.
Schon um 1960 hat Karl Steinbuch mit seinen Lernmatrizen den Weg dazu vorgezeichnet. Auch bei diesen lernfähigen Systemen verändern sich die "Synapsen" entsprechend den Erfahrungen, die gemacht wurden. Er löst das noch ganz primitiv mit Kristallen, die je nach angelegtem elektischen Potential wachsen und den Widerstand veringern. Also ein analoger Vorgang.
Heute gäbe es viel raffiniertere Möglichkeiten.
Eine Möglichkeit z.B. wäre ein Hybrid zu bauen, der aus elektronischen Elementen gepaart mit biologischen Neuronen besteht.
Ich habe mich schon in den 60er-Jahren mit Kybernetik und künstlicher Intelligenz befasst und würde nie ausschliessen, dass künstliche Systeme vergleichbare Leistungen wie ein Gehirn hervorbringen könnten!
--
felix

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simba
simba
Mitglied

Re: Das Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer
geschrieben von simba
als Antwort auf felix vom 10.04.2007, 17:03:07
Ob diese künstliche Intelligenz dann auch Gefühle haben wird?
--
simba
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Aber ein Computer kann die Arbeitsweise eines Gehirns simulieren
geschrieben von carlos1
als Antwort auf hl vom 10.04.2007, 16:56:51


"Eigentlich ist es ja logisch, dass man künstliche neuronale Netze entwickeln kann. Als der 'Computer entwickelt wurde, ging man ja auch von eigenen 'Gedankenprozessen/Schlussfolgerungen aus (wenn .., dann, um es auf den einfachsten Nenner zu bringen).

Wenn ich überlege, wie wir Gefühle anderer Mensch wahrnehmen....." hl

Logisch, d. h. folgerichtig ist es schon, wenn der Mensch viel erreichen möchte. Aber ob es je möglich sein wird, die Funktionsweise des menschlichen Gehirns völlig zu entschlüsseln, ist mehr als fraglich. Was wissen wir denn überhaupt???

KI, Gefühle wahrnehmen, erkennen und selber entwickeln, "Geist" soll der Computer entwickeln, Schlussfolgerungen soll er ziehen können. Die PCs der Zukunft werden gewaltige Leistungen entwickeln, aber sie werden keinen Text angemessen übersetzen können, wie etwa das Gehirn es kann. Einfach deswegen, weil wir nicht wissen werden, wie ein Text zustande kommt. Jeder Mensch verfasst andere Texte. Weiter: Übersetzen heißt interpretieren, deuten, Erkennen und Wahrnehmen von Konnotationen. Ich wünschte, dass alle mal einen ganz simplen Alltagstext aus dem Englischen sich von einem sehr sehr guten Programm übersetzen ließen. Der Fortschrittsglaube würde leiden, wenn das Ergenis vorläge. Dafür würden die Lachmuskeln strapaziert. Deshalb wird es wahrscheinlich nicht dazu kommen, dass ein Schüleraufsatz von einem Computer verfasst wird. Wäre auch komisch, wenn der Lehrer dann herausbekäme, welche Softwareschmiede das Programm entwickelt hat. Ich erhalte öfter Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche und bin in der Lage in etwa zu erahnen, was gemeint sein könnte, aber nur weil ich die Zusammenhänge gut kenne. Die kannte die Maschine nicht. Nur so ist es überhaupt möglich nicht ganz zu verzweifeln, auch wenn es zum Lachen ist. Erst wenn der Computer merken würde, dass wir über ihn lachen, und sich bessern würde, indem er Folgerungen daraus zieht. Ja dann wäre leise Hoffnung vorhanden.

Fasziniert und hochzufrieden wäre ich schon, wenn Blinde einen Chip bekommen könnten, mit dem sie Hell und Dunkel unterscheiden könnten und vielleicht einige Details, oder wenn gelähmte mit Hilfe eines Chips wieder humpeln könnten - aber das ist Zukunftsträumerei.
Karl
Karl
Administrator

Re: Aber ein Computer kann die Arbeitsweise eines Gehirns simulieren
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 10.04.2007, 18:53:21
Bei Google können wir uns alle über die Unzulänglichkeiten der derzeitigen Übersetzungsprogramme amüsieren. Ein witziges Experiment: Lasst euch einen deutschen Text ins Englische übersetzen und dann wieder zurück ins Deutsche )

Carlos1, ich teile deine Meinung, dass die Übersetzungsfähigkeit von Programmen ein sehr sensibles Maß für die Fortschritte der KI sein werden. Ich für meinen Teil werde deshalb diese Fortschritte beobachten, denn es interessiert mich einfach. Unmöglichkeitspostulate würde ich keine aufstellen, denn das könnte ich nur tun, wenn ich überzeugt wäre, dass es in unserem Gehirn "nicht mit rechten Dingen" zuginge )

Wenn die Leistungen unseres Gehirns aber Informationsverarbeitungsprozesse sind, dann gilt wohl weiter das Postulat von Norbert Wiener, des Vaters der Kybernetik, dass das Substrat, auf dem Informationsverarbeitungsprozesse ablaufen, nicht wichtig ist, es könnte deshalb auch ein Computer mit Silikonchips oder mit Phototransistoren sein.
--
karl
Karl
Karl
Administrator

Re: Das Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer
geschrieben von Karl
als Antwort auf simba vom 10.04.2007, 17:49:37
Hallo simba,


dazu habe ich in diesem Thread an anderer Stelle schon geschrieben. Ich verlinke im Linktipp direkt dorthin.
--
karl


P.S.: Übrigens ist diese Methode der Quervernetzung im neuen Forum neu und ein großer Vorteil gegenüber dem alten Forum. Jeder einzelne Beitrag eines Threads hat in der Baumansicht eine eigene URL. Das ist super!! )

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