Geisteswissenschaft / Philosophie Was bedeutet der Tod an sich?

gilda
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von gilda
als Antwort auf schorsch vom 22.01.2010, 09:22:18
Vielen Dank für die hilfreiche Antwort.
Eigentlich fiel mir gleich nach meiner Frage ein, daß es Unsinn sei davon auszugehen, Elektronen würden die Zersetzung verhindern. Sie vermaterialisieren ja den Leib, oder mineralisieren ihn.Dennoch sind Mineralisches und Formgebendes während des Lebens vorhanden, während mit dem Tode ein Auflösungsprozess einsetzt und kein lebengetragener Wandlungsprozess. Der Leib wird nach dem Tod ja aufgelöst durch äußere, nicht innere Einflüsse.
Mit Äußerem meine ich, nicht an Lebensprozesse gebundene leibliche Vorgänge. Früher hat man gesagt man übergibt den Leichnam den Elementen und ihrer Wirksamkeit. Nun, beim Tode wirksam, ist alles was zersetzt und zersetzend wirkt. Natürlich gehen die Elektronen noch Verbindungen ein. Und ein "Wurmelektron" wird nicht sagen : Entschuldigung, ich bin ein Wurmelektron, darf ich eine Verbindung mit diesem Menschennelektron eingehen, das ist sozusagen meine Pflicht. Auch Luft, Wasser, Feuchtigkeit und natürlich Feuer oder Hitze wurden ja bereits angeführt.
Ich möchte mich im voraus dafür entschuldigen, daß ich vielleicht dilletantsich abstruses Zeug schreibe .
carlos1
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 21.01.2010, 23:17:30
“In der Tat ist das Bewußtsein eine tolle Erfindung
der Evolution. Unser Bewußtsein weiß auch, dass es die
Welt nicht meistern kann.“ Arno

„Das Bewußtsein hat den Menschen die Möglichkeit
gegeben, zu lügen, zu behaupten, Abstand zu schaffen
zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten. Arno


Hallo arno,
was denn nun? Ist das Bewusstsein eine tolle Erfindung der Evolution oder etwas, das uns lügen lässt? Ist das Bewusstsein ein Ergebnis der Evolution, dann hat es sich bewährt und war lebens- oder überlebensnotwendig. Die Welt muss es nicht meistern, aber dem Menschen helfen sich am Leben zu erhalten, dazu ist es in der Lage und war es in der Lage. Sehr gut sogar. Was hat das mit Lüge zu tun? Das ist ein anderes Thema, arno. Du widersprichst dir übrigens selbst, wenn du im folgenden behauptest, dass unser Körper nicht lügen kann. Bewusstsein ist für dich damit nur eine Tätigkeit oder Eigenschaft der Materie.

„Unser Körper kann nicht lügen, denn seine Bandbreite
ist dafür zu groß, aber unser Bewusstsein kann es.“ Arno

„Ich vermute, dass die Vorstellung vom Bewußtsein
reformiert werden muß.“ arno


Eher glaube ich, dass du deine Vorstellungen ändern solltest. Die Hauptaufgabe unseres Nervensystems ist, soweit wir wissen, Wissen zu kodieren (sensorische Signale in Bilder, Gefühle etc. umzusetzen), also Dinge zu wissen. Man sagt dafür auch Repräsentation. Wir sind ein Ergebnis der Evolution, aber als solches angepasst mit unserem Alltagsverstand an die Bedingungen unseres Nahbereichs. Wir orientieren uns an unseren Erfahrungen in diesem Nahbereich. Körper, auch Elementarteilchen, lügen grundsätzlich nicht, sie senden aber Signale aus, die sehr häufig nicht richtig gedeutet werden. Könnte es nicht sein, dass unsere Modelle unvollkommen sind?


Häufig stehen Ärzte vor einem Rätsel. Sie wissen, dass Medikament A gegen Krankheit B hilft (steht in Büchern oder sagt der Pharmareferent, oder ....), aber sie wissen nicht warum. Das weiß die Pharmaindustrie oft auch selber nicht so genau, die Nebenwirkungen blendet sie etwas aus). Allenfalls vermuten sie was. Ansonsten stützen Ärzte sich auf ihre Erfahrungen, ihre Diagnose und die Methode des Versuchs und Irrtums. Deutlich gesagt, sie verstehen nicht viel von der Wirkung, probieren es mal so, mal so. Wenn der Patient überlebt, meint, dass ihm geholfen wird, ist es gut.


„Sicher weiß ich, dass es viel mehr Elementarteilchen gibt und
kenne die Wirkung der Interferenz.
Ich weiß aber nicht, welche und ob einige der Elementarteilchen Informationen
des Bewußtseins transportieren können.“ Arno


Selbst in einer so exakten Naturwissenschaft wie der Physik – die ja die Geisteswissenschaften „abgehängt hat“ (arno) – gibt es Wissen ohne Verstehen. Sehr peinlich, aber nicht ungewöhnlich. Schulbücher erwecken meist einen anderen Eindruck. Die Quantenphysik hat sehr wohl mit Leben zu tun, im Mikrobereich eben. Es gibt z. B. die Versuche von Alain Aspect von der Universität Paris 1982. Mich wundert, dass du darauf nicht eingehst, da dir das meiste, wie du sagst, bekannt ist. Er hat Experimente mit Photonen überprüft und die bizarren Ergebnisse dieser Experimente bestätigt. Ergebnisse, die einfach nicht erklärbar sind. Elementarteilchen, die der gleichen Quelle entstammten, wirkten in den Versuchen so auf einander ein, vollzogen den gleichen Spin, wenn eines sich entscheiden musste, auch in weiter Entfernung, ohne dass Signale vorausgingen. Was sich bei Teilchen A ereignete, ereignete sich spontan und ohne Vermittlung bei Teilchen B ebenfalls. Dabei können die Teilchen schon viele Kilometer weit entfernt sein, auch Lichtjahre. Sie gehören, obwohl getrennt, immer noch zusammen. „Das nenne ich eine ganzheitliche Betrachtung“, so der britische Physiker Paul Davies zu diesen Versuchen. Dabei gibt noch viel erstaunlichere Sachen.
Was soll eigentlich die Oxydation, Verwesung, Auflösung, die du anführst, in diesem Zusammenhang bedeuten? Das ist eine legitime Frage.

Einen Beleg für das Weiterleben eines Bewusstseins nach dem Tod sind die erwähnten Experimente wohl nicht. Aber ein Beleg für den Erhalt von Mikrostrukturen?


Kann ein Satz wie „Für alles Quantengeschehen gibt es Zusammenhänge mit dem Weltganzen“ denn richtig sein? Hängt wirklich alles mit allem zusammen? Was bedeutet dann „Tod“? Quantenphysik, theoretische Physik, ist auf diesem Hintergrund wie Metaphysik. Vielleicht würde die Physik gerne behaupten, dass im Weltall alles mit allem zusammenhänge. Sie darf es aber nur nicht. Der Satz ist weder falsifizierbar noch verifizierbar.


Die Teilchen, die sich über weiteste Entfernungen beeinflussen, waren Anlass zu wilden Spekulationen: Eine große einheitliche Theorie wurde entworfen. Alle Teilchen im Weltall sollten mit allerfeinsten Energiefädchen aneinander gekettet sein: Strings und Superstrings. Viele hundert Trillionen dieser (Energie?) Fädchen erst ergäben den Durchmesser eines Atoms.


Bis jetzt hat sich aber noch keine Raumsonde in den Fädchen der Strings und Superstrings verheddert. Alles nur Feenstaub auf Physiker-Synapsen. Und wenn sie nicht gestorben sind, spekulieren sie weiter. Wie etwa der Erfinder der Higgs-Teilchens, der schottische Quantenphysiker Higgs. So nebenbei entwarf er 1964 schnell mal ein paar Formeln, in denen bewiesen wurde, dass Teilchen die durch ein bestimmtes Energiefeld wandern, das bestimmte Kraftfelder (Bosonen) enthält, an Masse gewinnen. Teilchen (Quarks, Elektronen, Neutrinos), die diese Kraftfelder durchziehen haben wie Wattwanderer, zwar nicht Schlick, aber dafür Masse anhaften (Masse = Energie). Die Jünger dieser Higgs-Theorie jagen seit dieser Zeit nach diesen Teilchen, wozu ein gigantischer technischer Aufwand betrieben werden muss. In Genf, bei CERN, soll das Suchen im Large Hadron Collider (Milliarden von Euro wurden dafür aufgewandt) weitergehen. Und wenn die Instrumente anschlagen (und hoffentlich nicht fehl anzeigen), dann dürfen unsere Tränen der Rührung fließen.

„Oder anders: Eine Karte kann lügen, aber das Gelände lügt nie! Arno“



Auf einer Messe kaufte ich mir gleich nach der Wende einen Stadtplan von Dresden. Erst später merkte ich, dass viele Gebäude nicht eingezeichnet waren und Straßenzüge verkehrt oder verkürzt eingezeichnet waren. Es war noch eine alte DDR-Karte.


@gilda
„Eigentlich fiel mir gleich nach meiner Frage ein, daß es Unsinn sei davon auszugehen, Elektronen würden die Zersetzung verhindern. Sie vermaterialisieren ja den Leib, oder mineralisieren ihn.“ Gilda


Warum Unsinn? Du fällst nicht weiter auf im Zauberland der theoretischen Physik, speziell der Quantenphysik. Wichtig ist vor allem der Glaube, dass alles richtig ist oder wird.

Gruß
c.
gilda
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von gilda
als Antwort auf carlos1 vom 22.01.2010, 22:56:35
Schön, das kann aber nur der Glaube in sich selbst bewirken, der zu sich selber findet.Letztendlich wäre das dann ein Erkenntnisprozess sozusagen aus dem Glauben heraus. Na ja, Glauben war früher auch mal etwas anderes als das, was man ihm heute unterstellt.

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ana
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Mitglied

Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von ana
als Antwort auf Medea vom 22.01.2010, 08:50:48

media,

diese Sterbebegleitung ist für Betroffenen wichtig,eigentlich schon er-
forderlich,aber leider nicht immer möglich.

Für Dich war es mit Sicherheit prägend gewesen,durch diesen grausamen
körperlichen Verfall Deiner Freundin.

Es ist richtig wie Du schon sagst,der Tod kommt nicht immer freundlich
einher und daher sollten die Betroffenen möglichst in dieser Phase nicht
allein gelassen werden.



ana
carlos1
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf gilda vom 22.01.2010, 23:04:56
"Schön, das kann aber nur der Glaube in sich selbst bewirken, der zu sich selber findet." gilda



@ gilda,
du meinst, dass jemand, der solche allen Erfahrungen widersprechenden Ergebnisse "verkraften" muss, um nicht verwirrt zu werden? Es gibt Dinge, die wir in den quantenmechanischen Experimenten, nicht deuten können, weil sie denErfahrungen unserer greifbaren Nahwelt widersprechen.

Es gäbe noch die Möglichkeit sich damit nicht zu befassen und nach dem Muster des 19. Jahrhunderts weiter zu denken. Ernst zu nehmende Naturwissenschaftler sind auf alte philosophische Fragestellungen zurückgeworfen worden. Philosophen könenn nicht anders als auf die Ergebnisse der Naturwissenschaft zu reagieren, sie zur Kenntnis zu nehmen und in ihre Deutungen einzubauen.

Beispiele:
Determinismus, Lokalität, Kausalität, Realität, Rolle des Beobachters etc.

Link: wikipedia.org/wiki/Quantenmechanik

carlos1
carlos1
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ana vom 23.01.2010, 17:01:52
"... diese Sterbebegleitung ist für Betroffenen wichtig,eigentlich schon erforderlich,aber leider nicht immer möglich.

Für Dich war es mit Sicherheit prägend gewesen,durch diesen grausamen körperlichen Verfall Deiner Freundin." ana an medea


@ ana et medea,
diese Erlebnisse kommen über einem, wir suchen sie nicht. Ich habe Eltern- und Schwiegereltern beim Sterben begleitet. Die seelische, nicht nur die körperliche Belastung ist derart, dass ich beim Sterben der Schwiegermutter erstmals eine Gürtelrose bekam. Ich wurde Zeuge, wie sie den Arzt um eine Todesspritze anbettelte. Jedes Tier darf doch eingeschläfert werden. Die Schmerzmittel mussten in der Dosierung immer stärker erhöht worden. Durogesic 50, 100, 125, 150 dann gab es Morphin, weil Durogesic die Organe zu stark lähmte. Ich musste alle vier Stunden das Mittel spritzen. Es trat das ein, was medea berichtet: Weiter zunehmende Lähmung der Organe. Einmal noch wachte sie unerwartet auf, als der Bruder sie besuchte. Der Abschied im Familienkreis fand vor der ersten Morphinspritze statt. Das Karzinom war die Todesursache, aber unmittelbar starb sie an Organversagen - und Hunger und Verdursten als Folge wohl der Schmerzmittel. Die Ärztin, die wir darauf hinwiesen, war ehrlich genug. "Sie müssen einen Menschen verhungern und verdursten lassen, aber ich darf ihn nicht von seinen Leiden erlösen, auch wenn der Patient es wünscht."

Sie hatte vorher uns gebeten, ihren Sarg geschlossen zu halten, weil sie fürchtete durch den Todeskampf völlig entstellt zu werden. Wenige Minuten nach dem eingetretenen Tod nahm ihr Gesicht einen heiteren und völlig gelösten Ausdruck an. Ihr Gesicht war schön.

c.


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gilda
gilda
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von gilda
als Antwort auf carlos1 vom 23.01.2010, 22:03:51
Mir ist unklar von welchen Erfahrungen Du ausgehst.
Du berichtest ja von Theorien, diese werden heute als Erfahrungen bewertet, weil sich der Beobachter bei der Tätigkeit selbst außer acht läßt.
Entweder führt das Denken diese Handlung herbei, oder durch gewonnene Beobachtung herbeigeführte Erkenntnis. Beides wäre aber zu unterscheiden ,da der Denkende selbst Einfluß auf den Prozess nimmt, obwohl er angibt er käme unter "sterilen" Bedingungen zustande.
Denken setzt aber eine geistige Betätigung voraus, egal ob diese zunächst als rein chemisch oder rein geistig bewertet wird, bedeutet sie einen Eingriff in den Prozess, den der Handelnde aus diesem Denken selbst hervorbringt.
ana
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von ana
als Antwort auf carlos1 vom 23.01.2010, 23:02:12

carlos1,

diese Deine Schilderung kann ich nachvollziehen,Du hast das alles sehr
beeindruckend und auch richtig beschrieben.

Über die Aussage dieser Ärztin kann man geteilter Meinung sein,denn auch
unter den behandelnden Ärzten,herrscht keine Einigkeit im Handeln.

Zu Deinem letzten Absatz möchte ich noch folgendes hinzufügen,die Mus-
kulatur erschlafft und die Gesichtszüge wirken dadurch völlig entspannt
-friedlich und DIESEN Anblick sollten sich die Hinterbliebenen erhalten!


ana

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf gilda vom 24.01.2010, 11:17:18
@gilda
Ich meine, dass es wenig Sinn macht, die erlebte Wirklichkeit des Todes (des eigenen und den anderer) allein aus chemischer und physikalischer Sicht zu erörtern. Wir selbst werden den Tod erleben und setzen uns zeitlebens mit ihm auseinander Der Initiator des Threads hat aber ausdrücklich wissen lassen, dass er nur an dem interessiert ist, was sich nach dem Tod ereignet. Es lag ihm daran festzustellen, dass mit der Verwesung alles vorbei sei. Das ist eine simple Weltsicht. Moderne quantenphysikalische Erkenntnisse werden ignoriert. Vor allem berücksichtigt diese Auffassung nicht, dass der Tod als jedem Menschen bevorstehendem Ereignis diesen beschäftigen wird und damit sein Bewusstsein verändert. Deine Feststellung, dass „der Denkende selbst Einfluss auf den Prozess (= der Erkenntnis) nimmt“, ……geht in die gleiche Richtung. Gehirnforscher äußern sich heute sinngemäß ähnlich. Literatur, Kunst, Philosophie, Medizin, Recht etc. befassen sich mit dem Tod und beeinflussen uns.

c.
arno
arno
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von arno
als Antwort auf carlos1 vom 26.01.2010, 21:59:12
Hallo, carlos1,

in der Tat soll unter diesem Thema nur das diskutiert werden,
was sich nach dem Tod ereignet.
Und das ist auch richtig so.

Vielen Menschen passt diese Sicht der Dinge nicht, weil sie Probleme
mit dem Besußtsein haben.
Selbst die Quantenphysik, Ergebnisse der Hirnforscher usw. werden herangezogen,
um Licht ins Dunkle um das Bewußtsein zu bringen.
Vielleicht ist die Wahrheit um das Bewußtsein viel einfacher.

Vielleicht wird das Bewußtsein nur mit den Genen auf die
nächste Generation übertragen und hat nichts mit der Quantenphysik
und den Ergebnissen der Hirnforscher zu tun.
Vielleicht hat die mit dem Alter zunehmende Bewußtseinszunahme mit
der Informationszunahme zu tun, die wird bis zum zetzten Atemzug
an die Folgegeneration weitergeben?
Wer weiß das?

Viele Grüße
arno

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