Geisteswissenschaft / Philosophie Was bedeutet der Tod an sich?

gilda
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von gilda
als Antwort auf arno vom 21.01.2010, 14:24:49
"Über die Elektronen liegen dann beständige und nicht mehr reaktive Verbindungen vor."
Ich bin kein Physiker, deshalb entschuldige meine unbedarfte Frage: Beständige Verbindungen würde doch heißen, der Körper löst sich nicht auf?
Das tut er aber doch.
gilda
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von gilda
als Antwort auf gilda vom 21.01.2010, 16:39:42
Und ich hab da noch eine Frage, das Thema steht unter: Geisteswissenschaft/Philosophie! Ist das richtig?
Ich hab mal gelernt, Physik sei Naturwissenschaft, aber das kann sich geändert haben, bei dem was da so alles ans Licht kommt.
arno
arno
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von arno
als Antwort auf gilda vom 21.01.2010, 16:47:15
Hallo, gilda,

die Naturwissenschaftler haben heute durch ihren Erkenntnisgewinn die
Geisteswissenschafler schon lange abgehängt und beherrschen die
Philosophie über die menschliche Existenz usw..

Unter beständige Verbindungen verstehe ich die Mineralisation,
also die Überführung in Oxide.
Die Überführung kann sehr unterschiedlich erfolgen. Der tote Zellverband
kann als Nahrung für Pilze, Algen, Bakterien, Würmer, usw. dienen oder er
kann auch eingeäschert werden.

Viele Grüße
arno

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carlos1
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 21.01.2010, 00:13:45
„Alle Prozesse der belebten und unbelebten Materie funktionieren doch nur,
weil die Atome von sehr lebendigen Elektronen umkreist werden und diese
Verbindungen mit anderen Atomen ermöglichen.“ Arno

„Im Zustand des Todes haben die Elektronen der Atome ihre Verbindungen,
die das Leben ermöglichten, aufgegeben und sind neue festere und beständigere
Verbindungen eingegangen.“ Arno

„Wir können heute nicht nur erklären, was Elektronen sind, sondern auch, welche Aufgabe
diese im Wirkungsgefüge der Natur haben und was sich alles mit ihnen bewerkstelligen läßt. Arno an gilda



Hallo arno,

deinen Vorstellungen entspricht ein Atommodell vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Die Photonentheorie Einsteins, Plancks Quantentheorie 1901 tauchen in deinen Vorstellungen nicht einmal auf. Natürlich geht das Leben auf chemische Verbindungen zurück, die mit dem Tode zerfallen. Aber wo bleibt das Bewusstsein? Der Zerfall molekularer Strukturen bedeutet nicht zwangsläufig das Ende quantenphysikalischer Prozesse. Was Bewusstsein heißt und bedeutet, ist durch den Hinweis auf feste chemische Verbindungen nicht erklärt. Anzunehmen, dass es Elektronen gibt, heißt auch nicht, dass wir sie gesehen haben und ihr Aussehen beschreiben können. Es bedeutet nur, dass wir eine bestimmte kernphysikalische Theorie (Atommodell) zu akzeptieren haben. Darin erschöpft sich der Sinn der Redeweise von der „Realität“ der durch theoretische Termini bezeichneten Objekte. Wir müssen die Sprache der Beobachtung und die Sprache der Theorie unterscheiden. Die Rede von festen Verbindungen steht für die Beobachtung/Feststellung einfacher Verbindungen. Bei den Quantenstrukturen liegen die Verhältnisse anders. Wir können sie nur indirekt erschließen auf dem Weg über Theorien.


Das gilt übrigens nicht nur für den Bereich physikalischer Theorien. Ein Psychologe wäre in derselben Lage wie ein Quantenphysiker mit seinen Quanten: Er müsste zurückfragen, durch welche psychologische Theorie das Unbewusste oder Bewusste definiert wird. Einem Soziologen erginge es mit seinen Gesellschaftslehren nicht besser.


Die Vorstellung, dass Atome von „sehr lebendigen Elektronen umkreist werden“ und „diese (die Elektronen allein?)
Verbindungen mit anderen Atomen ermöglichen“ muss korrigiert werden. Die „Eigenschaften“ von Elektronen, ihre „persönliche Identität“ ist nicht ohne weiteres definierbar. Dies nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das Verhalten dieser „Teilchen“, die sich der Beobachtung entziehen, die in Experimenten geradezu bizarre Eigenheiten an den Tag legen, macht deutlich, dass sich die Alltagssprache für die Beschreibung der physikalischen Welt des Mikrokosmos nicht anwenden lässt. Nur mittels einer mathematischen Formel (Psi-Funktion) lässt sich das Phänomen nach der Wahrscheinlichkeit berechnen. Der Mathematiker John von Neumann stellt aber 1932 fest, dass diese Wahrscheinlichkeitsfunktion bei der Beobachtung der Teilchen zusammenbricht und Wirkungen nur unter besonderen Bedingungen hinterlässt.


Heisenberg zog aus diesen Ergebnissen der Quantenphysiker die philosophische Konsequenz und stellte fest, dass Begriffe wie „Ort“ oder „Bewegungsgröße“ (von mir aus auch „Geschwindigkeit“) Begriffe sind, die unserer Alltagssprache angepasst sind, nicht aber dem Mikrokosmos subatomarer „Teilchen“. Solche Begriffe lassen sich nicht objektivieren. In der Quantenwelt, dazu gehören m.E. die von dir genannten chemischen Verbindungen nicht oder nur indirekt, sind sie gegenstandslos.


Ein Beispiel für die Wirkung von Elektronen: Ein Elektronenstrahl auf eine Wand mit zwei Spalten abgeschossen (in einer sogenannten Wahrscheinlichkeitswelle). Nun soll der Strahl so ausgedünnt werden, dass nur ein Elektron zu einer bestimmten Zeit unterwegs ist. Es trifft auf zwei Spalten in der Wand. Das „Teilchen“ muss sich „entscheiden“ durch welchen Spalt es fliegen kann. Die Versuche zeigen eine eigenartige Entwicklung. Das „Teilchen“ trifft keine Entscheidung, sondern geht durch beide Spalten gleichzeitig! Es halbiert sich. Eine Unmöglichkeit eigentlich. Dahinter interferiert es mit sich selbst und tut so als wäre es immer ein einzelnes „Teilchen“ gewesen. Ausgerechnet solche Teilchen sollen stabile Verbindungen des Lebens garantieren, arno? Die Stabilität des Bewusstseins, des ICH, dazu ein Leben lang. Eigentlich ein Wunder. (nach B. Heller, Wie entsteht Wissen, Reise durch die Wissenschaftstheorie).


Solche Erscheinungen, wie im Versuch beschrieben, müssen erst einmal gedeutet werden. Vielleicht war das Teilchen vor dem Spalt eine Überlagerungserscheinung von mehreren virtuellen Elektronen, die also nicht in Wirklichkeit existierten, sondern in einer Sphäre bloßer Möglichkeiten, als Geisterteilchen. Hinter den 2 Spalten haben sie sich wieder zu einer Einheit überlagert, einem „echten Elektron“. Keine „persönliche Identität“ also bei diesem Teilchen.


Max Born stellte fest, dass die Mikrowelt der Elementarteilchen vom Zufall beherrscht sei. Wann und wo irgendwelche Photonen oder Elektronen auftauchen, wo sie dann sich befinden, wo sie sich hinbewegen kann nie mit Gewissheit vorausgesagt werden. Mittels der Wahrscheinlichkeitsfunktion (Psi-Funktion) besitzen wir nur einen allgemeinen Orientierungsrahmen. Die maßgebenden Atomphysiker der 20er Jahre waren in heller Aufregung, weil die Experimente deutlich machten, dass es im Mikrokosmos keine Kausalität gab. Aber es ist damals wie heute so: Wann ein Elektron aus einem Atomverband von einer Bahn auf die andere springt, kann kein Prophet vorhersagen. Solche „Quantensprünge“ haben keine erkennbare Ursache, genau so wenig wie der plötzliche Zerfall eines Atoms. Der Zeitpunkt des radioaktiven Zerfalls eines lässt sich nur statistisch festlegen.


Der Atomphysiker Niels Bohr, wie Einstein und Max Born Nobelpreisträger, äußert sich:

„Wer über die Quantentheorie nicht entsetzt ist, der hat sie nicht verstanden.“

Wohlgemerkt: Ich gebe nicht die neuesten Erkenntnisse wieder, sondern den Stand von 1927 zum Zeitpunkt der Kopenhagener Konferenz, an der maßgebende Physiker aus vielen Ländern teilnahmen, um die für das physikalische Weltbild umstürzenden neuen Erkenntnisse zu diskutieren.

Einstein wehrte sich vehement gegen die Deutungen und Folgerungen der neuen Erkenntnisse:


„Zu einem Verzicht auf strenge Kausalität möchte ich mich nicht treiben lassen, bevor man sich nicht noch ganz anders gewehrt hat als bisher. Der ‚Gedanke, dass ein einem Strahl ausgesetztes Elektron aus freiem Entschluss den Augenblick und die Richtung wählt, in der es fortspringen will, ist mir unerträglich. Wenn schon, dann möchte ich lieber Schuster oder gar Angestellter in einer Spielbank sein als Physiker ….“ Einstein


Einstein irrte hier, blieb aber Physiker.


Arno, jede deiner drei Feststellungen, die ich oben zitiere stehen in Frage. Die Quantenphysik ist die die Gestaltung des Universum bestimmende Gesetzmäßigkeit. Hier auf unserer Erde unter irdischen Bedingungen mag der erste Satz eingeschränkt gelten.

Warum sollten die für das Bewusstsein als gültig angenommenen quantenphysikalischen Gesetzmäßigkeiten nach dem Tode enden, wenn sie im Universum gültig sind? Eine Hypothese, mehr nicht. Klar. Sie zeigt, wie überaus wenig wir überhaupt über die Tätigkeit unseres Hirns (Bewusstsein) wissen.


Die Behauptung, dass wir „heute wissen, was Elektronen sind“ und was sie leisten können, ist außerordentlich kühn. Ein Handwerksmeister im Elektrohandwerk kann das behaupten. Aber für die Erklärung der Entstehung des Universums und der Tätigkeit unseres Gehirns ist es unzureichend.

Gruß

c.
carlos1
carlos1
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf gilda vom 21.01.2010, 16:47:15
"Und ich hab da noch eine Frage, das Thema steht unter: Geisteswissenschaft/Philosophie! Ist das richtig?
Ich hab mal gelernt, Physik sei Naturwissenschaft, aber das kann sich geändert haben, bei dem was da so alles ans Licht kommt." gilda


Das Thema Bewusstsein und Tod, die "Existenz" nach dem Tod, der Tod als solcher sind Themen, die sowohl von naturwissenschaftlicher als auch geisteswissenschaftlicher Seite angegangen werden können. Die Diskussion über das Bewusstsein begann in Deutschland mit introspektiven Theorien über das
Bewusstsein, bis sie Anfang des 20. Jahrhunderts vom Behaviourismus abgelöst wurde, eine Richtung, die sich mit menschl. Verhalten befasste und viele Daten erhob. Psychologie hat heute auch viel mit Erhebung von Daten zu tun.

Einstein war theoretischer Physiker, er konnte am Küchentisch sitzen und mit Bleistift und Papier arbeiten. Philosophen arbeiten auch so. Von Weizsäcker war Physiker und Philosoph. Heisenberg auch etc. Mathematik und Philosphie passen sehr gut zusammen, auch Physik und Philosophie etc etc ... Es gibt auch viele Physiker, die nur Rechner sind, die mit Denken nicht viel am Hut haben. Bedeutende Wissenschaftler denken immer über ihr Fach hinaus.

Das Ausmaß an Wissen über unser Bewusstsein ist sehr gering. Überheblichkeit ist nicht angebracht. Allzu viel ist strittig. Die Erkenntnisse in Experimenten werfen mehr Fragen auf als sie lösen. Über den Tod und was danach kommt, wissen wir nicht viel. Unsere Kenntnisse beziehen wir aus dem Tod anderer.

Was "Erfüllung" bedeuten soll, weiß ich nicht. Arno hat es mal reingeschrieben in seinen Katalog. Ich habe deshalb auf Heidegger verwiesen, der sich mit dem Tod auseinandersetzt. Eine mathematische Formel für Erfüllung gibt es m. E. nicht. Wie jemand sein Leben mit dem Tod im Voraus gestaltet, bleibt jedem selbst überlassen.

c



arno
arno
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von arno
als Antwort auf carlos1 vom 21.01.2010, 22:17:02
Hallo, carlos1,

der Inhalt Deines Beitrages ist mir bekannt.

Ich vermute, dass die Vorstellung vom Bewußtsein
reformiert werden muß.


Das Bewußtsein hat den Menschen die Möglichkeit
gegeben, zu lügen, zu behaupten, Abstand zu schaffen
zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten.
Unser Körper kann nicht lügen, denn seine Bandbreite
ist dafür zu groß, aber unser Bewußtsein kann es.
Oder anders: Eine Karte kann lügen, aber das Gelände
lügt nie! In der Tat ist das Bewußtsein eine tolle Erfindung
der Evolution. Unser Bewußtsein weiß auch, dass es die
Welt nicht meistern kann. Es gibt Prozesse, die sich über
Jahre und Jahrzehnte vollziehen oder so langsam sind,
dass wir sie nicht mehr unmittelbar wahrnehmen können.
Wüssen wir nicht unser Bewußtsein ständig verändern,
um all diese Prozesse begegnen zu können?


"Die Behauptung, dass wir „heute wissen, was Elektronen sind“ und was sie leisten können, ist außerordentlich kühn."
Sicher weiß ich, dass es viel mehr Elementarteilchen gibt und
kenne die Wirkung der Interferenz.
Ich weiß aber nicht, welche und ob einige der Elemantarteilchen Informationen
des Bewußtseins transportieren können.

Viele Grüße
arno


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ana
ana
Mitglied

Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von ana
als Antwort auf arno vom 21.01.2010, 14:24:49

arno,

Deine Aussage solltest Du bitte nicht auf alle beziehen.
Viele werden auch immer ruhiger, sie haben ihren Kampf aufgegeben
und sind bereit zu sterben, damit meine ich die schwerst -unheilbar Kranken.

Die Menschen die Du damit meinst, reagieren vielleicht in ihren Verhalten anders, das kann ich nicht beurteilen, dazu fehlen mir die
Kenntnisse -Erfahrung.
Menschen die zu Mördern werden-geworden sind, für diese empfinde ich
kein Mitleid,für die Opfer ja !


ana
Medea
Medea
Mitglied

Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von Medea
als Antwort auf ana vom 22.01.2010, 00:27:08
Ich habe zwei Jahre meine Freundin in ihrem Sterbeprozeß begleitet - jetzt am 6.1.2010 war ihr erster Todestag -
sie wußte seit langem, daß es keine Rettung für sie gab.
Wir haben viel miteinander geredet in dieser Zeit, die auch mich an den Rand des Kaumaushaltens brachte.
Es war auch nicht der Tod, der sie schreckte, sie war Theosophin und gläubig. Aber den Verfall ihres einstmals so schönen Körpers mitzuerleben, alle paar Tage wurden ihr aus dem Bauchraum zig Liter Wasser gezogen, die ständig erhöhten Morphiumgaben gegen die Schmerzen, die den gesamten Körper erfaßt hatten, keine Nahrung mehr zu sich nehmen zu können, selbst der Schluck Wasser kam wieder heraus, der röchelnde Husten, ob Liegen oder Sitzen, alles ging kaum noch, so ein Sterben war grausam.
Tod kommt ja nicht immer freundlich einher, er ist vielfältig in seinem Auftreten. Am Ende bleibt tatsächlich nur die Asche oder das Verrotten im Sarg in der Erde.

M.

arno
arno
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von arno
als Antwort auf Medea vom 22.01.2010, 08:50:48
Hallo, medea,

Du hast den Sterbeprozess Deiner Freundin miterlebt.

Dieses Thema beschäftigt sich mit dem Tod.

Viele Grüße
arno
schorsch
schorsch
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Re: Was bedeutet der Tod an sich?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf arno vom 22.01.2010, 09:10:03
Es kommt der Moment im Leben der meisten Menschen, da haben sie nur noch einen Wunsch: sterben zu dürfen.....

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