Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?

Geisteswissenschaft / Philosophie Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?

arno
arno
Mitglied

Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?
geschrieben von arno
Hallo,

die Evolution schließt eine Unsterblichkeit aus, denn die Evolution
verlangt Fortpflanzung und Generationenfolge, wodurch der Tod nicht
sinnlos wird, sondern für die Entwicklung und Erhaltung unseres
Lebens wichtig ist.

Ob sich die Unsterblichkeit lohnt, kann ich von der finanziellen Seite
bejahen, denn die Kindererziehung ist sehr kostspielig und ohne
Kinder konnten alle Produkte viel billiger hergestellt werden.
Unsterblichkeit bedeutet auch völligen Stillstand, man langweilt
sich zu Tode und kann sich noch nicht einmal selbst umbringen.

Mit unserer Unsterblichkeit hätten die Kirchen ein großes
Problem zu lösen.

Andererseits verändert sich mit unserer Unsterblichkeit unser
Zeitgefühl, weil die Zeit anfängt zu rasen.
Wir hätten also gar nicht viel gewonnen.

Ob eine Unsterblichkeit unser Gehirn verkraftet,
bleibt die Frage, denn all die Erinnerungen erreichen
bald die Grenzen unserer Festplatte im Kopf.
Und wenn man alles erlebt, gehört,gesehen hat, wird die
Unsterblichkeit verdammt langweilig.
Die Unsterblichkeit ist nur dann sinnvoll, glaube ich,
wenn sie sich nicht auf das Körperliche beschränkt.
Aber gibt es überhaupt eine nichtkörperliche Unsterblichkeit?

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir klar,
daß ein Leben ohne Tod sinnlos ist !

Viele Grüße

--
arno
Karl
Karl
Administrator

Re: Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?
geschrieben von Karl
als Antwort auf arno vom 28.03.2009, 19:40:14
Erhöhst du jetzt als Reaktion auf Kritik noch einmal die Schlagfrequenz? Das Thema an und für sich ist interessant, wir hatten es schon öfters hier im ST, s. Linktipp.

Meine Antwort: Biologisch ist "Unsterblichkeit" zum Aussterben verdammt (denn es hat ja als notwendige Konsequenz den Verzicht auf Nachkommen). Deshalb gibt es das in der Evolution nicht, denn die Organismen, die sich vermehren und deshalb auch sterben (Platz machen) müssen, verändern sich und würden die Umwelt der stabilen unsterblichen Arten so verändern, dass diese aussterben (man kann ja z. B. immer noch gefressen werden, verhungern oder zu Soylent Grün verarbeitet werden ).
--
karl
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 28.03.2009, 19:40:14

"Mit unserer Unsterblichkeit hätten die Kirchen ein großes
Problem zu lösen.

Andererseits verändert sich mit unserer Unsterblichkeit unser
Zeitgefühl, weil die Zeit anfängt zu rasen.
Wir hätten also gar nicht viel gewonnen." arno


Nehmen wir an, unser Leben könnte 200 Jahre oder 300 Jahre dauern. Die Kirche würde dann auf Methusalem verweisen, der rund 900 Jahre gelebt haben soll (allerdings Mondjahre).

Es hätte große Auwirkungen auf das Sozialgefüge und die Beziehungen der Generationen. Auch auf internationale Beziehungen.

Francis Fukuyama schrieb vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel "Das Ende des Menschen". Auf den Seiten 88 - 108 kannst du dir zum Thema Langlebigkeit (nicht Unsterblichkeit, das wäre der GAU) einige Anregungen holen.

Gruß
c.

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arno
arno
Mitglied

Re: Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?
geschrieben von arno
als Antwort auf carlos1 vom 28.03.2009, 21:37:18
Hallo, carlos1,

vielen Dank für den Hinweis.

Die Langlebigkeit beseitigt nicht unsere Angst
vor dem Tod, die Unsterblichkeit ja.
Ich werde immer älter und langweile mich jetzt
schon sehr, denn alles wiederholt sich und nichts
Neues passiert. Selbst der Sex wird irgendwann
langweilig.
Bis auf den Fortpflanzungstrieb hat sich der Mensch
schon lange aus der Evolution ausgeklinkt, denn alles
menschliche Leben muß um jeden Preis geschützt werden.
Für mich ist das ein Hinweis, dass wir nicht mehr zur Natur
gehören.

Wenn ich mir die Ewigkeit vorstelle,
von der in den Viehzüchterreligionen die Rede ist,
wird mir ganz schlecht.
Ich bin zur Untätigkeit verdammt!
--
arno
Karl
Karl
Administrator

Aus der Evolution kann man sich nicht ausklinken
geschrieben von Karl
als Antwort auf arno vom 29.03.2009, 07:51:19
Bis auf den Fortpflanzungstrieb hat sich der Mensch
schon lange aus der Evolution ausgeklinkt
geschrieben von arno

Obwohl unter Zeitdruck - ich muss auschecken, frühstücken und den Zug erwischen - muss ich darauf antworten. So etwas wie oben musste ich schon öfters lesen, selbst manche Biologen quatschen so etwas. Aus der Evolution sich ausklinken geht aber nicht. Das wäre so als würden wir beschließen, ab heute fallen die Steine aufwärts.

Wir können den Selektionsdruck in neue Richtungen lenken, aber es ist einfach ein Naturgesetz, welches wir nicht außer Kraft setzen können, dass sich langfristig solche Merkmale durchsetzen, deren Erbanlagen ihre relative Häufigkeit von Generation zu Generation vermehren.

Gut, es wird nicht mehr z. B. gegen Kurzsichtigkeit selektiert, weil Brillenträger wie ich jetzt auch eine faire Chance bekommen. Aber solche Änderungen in der Bewertung von Merkmalen hat es im Laufe der Evolution schon immer gegeben.

Persönlich bin ich überzeugt, dass die biologische Evolution nicht mehr so wichtig sein wird, weil die von uns in Gang gesetzte kulturelle Evolution sehr viel schneller ist. Außer Kraft setzen kann die wirksamen Mechanismen aber niemand, jetzt wirken sie auch bei der kulturellen Evolution, wobei es hierbei schwieriger ist, die "Gene" zu definieren. Sind es die "Meme"?

--
Grüße von karl
arno
arno
Mitglied

Re: Aus der Evolution kann man sich nicht ausklinken
geschrieben von arno
als Antwort auf Karl vom 29.03.2009, 08:10:22
Hallo, karl,

Wir können den Selektionsdruck in neue Richtungen lenken,....
geschrieben von karl


vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich habe mich nicht richtig ausgedrückt.
Wir haben uns nicht aus der Evolution ausgeklinkt, sondern den Selektionsdruck in eine neue Richtung gelenkt, wäre richtiger gewesen.

Der Sinn der Evolution oder der Sinn des Lebens ist ja die Weitergabe
von Informationen in Form von Genen und in Form von Wissen.

Obwohl die Weltbevölkerung auch stetig wächst, ist doch die
Zunahme an Erkenntnis ungleich höher. Diese Wissenszunahme ist
gebunden an unsere kulturelle Evolution, die auf immer und ewig
an die biologische Hard- bzw. Software gebunden bleiben wird
und sich materiell immer neue Grundlagen schaffen wird.

Viele Grüße
--
arno
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Wäre eine biologische Unsterblichkeit sinnvoll?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf arno vom 28.03.2009, 19:40:14
Unsterblichkeit hätte ja nur eine Chance, wenn gleichzeitig alle Menschen unfruchtbar würden!

--
schorsch
carlos1
carlos1
Mitglied

Furcht vor dem Tode?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 29.03.2009, 07:51:19
"Die Langlebigkeit beseitigt nicht unsere Angst
vor dem Tod, die Unsterblichkeit ja." arno

Vor dem Tode fürchten wir uns eigentlich nicht, aber vor dem Sterben. Das wird häufig verwechselt. Der Übergang von einem Leben mit Lernen in einen anderen Zustand ist das Bedrückende zumal es mit Leiden verbunden sein kann. Mit zunehmendem Alter verliert der Tod seinen Schrecken.

Die menschliche Gesellschaft würde sich allein schon durch die Möglichkeit der Langlebigkeit ändern, die Beziehungen zwischen den Generationen nicht allein. Bedrohlich erscheint vor allem das Szenario einer Altengesellschaft, die mit Krankheiten behaftet ist (Problem der Pflege). Das menschliche Leben wäre weniger wert, so hart es klingt. Die umlaufenden Rentnerwitze sind bezeichnend.

Langlebigkeit macht nur Sinn, wenn es ein Leben ohne Leiden ist, ohne Krankheiten und Demenz. Die heutige Medizin hat das Leben bereits erheblich verlängert, deshalb auch die Zunahme der Zahl der Demenzerkrankungen.
c.

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