Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Staatstheorien - Staatsphilosophie

Geisteswissenschaft / Philosophie Staatstheorien - Staatsphilosophie

Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Anna842
Jetzt ist mir eingefallen, dass es bei den Kommunen etwas
anders läuft.
Vielleicht nur eine Kleinigkeit.
Aber im offiziellen Amtsblatt der Gemeinde wird der gesamte
Haushaltsplan der Kommune veröffentlicht.
Dieses Amtsblatt wird jeden Monat an alle Haushalte verteilt.
Es liegt im Briefkasten.
Ich finde, dass dies eine kleine Möglichkeit ist der Teilhabe
des Volkssouveräns.
In diesem Amtsblatt können wir darüber hinaus auch sehen,
welche Neubaugebiete entstehen sollen.
Es wird eine Frist angegeben, in welcher die Leute ihre Eingabe
machen können.
Auf diese Weise ist verhindert worden, dass hier in diesem Ortsteil
ein Neubaugebiet am Waldrand entsteht.
Engagierte Bewohner gingen hier von Tür zu Tür und haben
Unterschriften gesammelt.
Das Neubaugebiet wird jetzt an der Bundesstraße gebaut, also
an einer Stelle, an der Flora und Fauna nicht massiv beschädigt wird.

Es ist also durchaus möglich, Demokratie als Staatsform so zu
gestalten, dass es den Namen auch verdient.

Nachdem, was ich gestern in der Tagesschau gesehen habe, wie
sie sich allesamt spreizen, sich um ihr eigenes Ego drehen, war
ich bereits bedient.
Ihr geht mir alle auf die Nerven, mehr dachte ich nicht mehr...

Anna
Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Anna842 vom 14.11.2024, 10:46:07

Liebe Anna

Nicht nur auf kommunaler Ebene hat der Bürger Möglichkeiten Einfluss zu nehmen.

Bürgerinitiativen können einiges bewirken.
Das ist allerdings Arbeit und das Demonstrieren ist nur ein Bruchteil des Aufwandes.

Ich habe aber den Eindruck, dass immer weniger Zeitgenossen bereit sind sich ernsthaft für etwas zu engagieren.

Zu Deinem letzten Absatz: JA! Ich war und bin auch bedient ...
LG
Mareike

MarkusXP
MarkusXP
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf Anna842 vom 14.11.2024, 09:39:17

...
Nein. Wir sind eher eine Zuschauerdemokratie.

Im Februar sollen wir wählen gehen.
Wir können unser Kreuzchen machen.
Danach haben wir auf rein gar nichts mehr Einfluss.
Wir bestimmen nicht, welche Koalitionen sich finden und welche
nicht.
Wir bestimmen nicht, was in diesem Koalitionsvertrag steht.
Wer Bundeskanzler wird.
Welche Gesetze erlassen werden und welche nicht.
Wir bestimmen nicht über den Haushaltsplan.
Welche Subventionen beschlossen werden, welche nicht.
Wir haben keinen Einfluss darauf, welche Waffen in welche Länder
geliefert werden, mit welcher Zielsetzung.
Wir bestimmen nicht, wer Minister für was wird.


Wir sitzen vier Jahre lang da und sehen zu, was passiert.
...
Alle Macht geht vom Volke aus ?
Welche?
Im Februar zwei Kreuze machen.

Anna
Du hast ja einige wichtige Dinge aufgezählt ...

Wenn du den Anspruch hast gefragt zu werden, dann haben alle andere WählerInnen auch das Recht mitzusprechen, beispielsweise beim Haushaltsplan, Koalitionsvertrag, Ministerwahl oder auch bei Waffenlieferungen u.ä.

Wie soll denn ein Staat so funktionieren?

Wir haben eine repräsentative Demokratie, die "Auserwählten" sind nur ihrem Gewissen verantwortlich, können auch nicht bei jeder Entscheidung erst mal nachfragen, was denn ihre Wähler meinen. Machen sie in deren Augen Murks ...  werden sie eben abgewählt. 

Ein generelles imperatives Mandat ist m.E. nicht praktikabel ... bestenfalls für bestimmte Sachverhalte, also als Ausnahme.
MarkusXP

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Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Anna842
als Antwort auf Mareike vom 14.11.2024, 11:38:55
Liebe Mareike,
ja der Souverän unseres Staates hat Möglichkeiten.
Im Falle meines Ortsteils hier, konnte es beigelegt werden,
weil dem Baukonsortium ein anderes Grundstück zur Bebauung
zugewiesen worden ist.
Nicht so schön gelegen, aber akzeptabel.

Was jedoch passiert, wenn die Staatsgewalt sich mit einem
Großkonzern gemein macht und zu seinem verlängerten
Arm wird, das haben wir hier ja im Rheinischen Kohleabbau
Gebiet erleben können.
Da standen wir dem Energiegiganten RWE gegenüber und
einer gewählten Landesregierung (mit dabei die Grünen).

Das sah schon anders aus.
Die Landesregierung hat unter einem erfundenen Vorwand
eine  " Räumung " angeordnet und dabei, trotz eines Verbots,
über 30 Bäume gefällt.

Sie hat sich für die Interessen eines Großkonzerns stark gemacht.
Die Polizei ist extrem rabiat vorgegangen.
Auch gegenüber der Zivilbevölkerung, die sich solidarisch zeigen
wollten, mit den jungen Leuten, die im Wald lebten.
Wie viele Rechtsbrüche dabei die Staatsmacht, als Polizei
begangen hat, kann ich hier gar nicht aufzählen.
Selbst wenn diese von uns darauf hin gewiesen worden sind,
dass ihr Handeln gegen geltendes Recht verstoße, ernteten
wir nur ein höhnisches Lachen.

Genau das darf in einer Demokratie niemals passieren:
Eine entgrenzte gewalttätige Executive, die sich an keinerlei
Gesetz mehr halten muss.
Das hat meine Einstellung nachhaltig verändert.
Was alles in diesen Wochen passiert ist, kann ich an dieser
Stelle nicht ausführen. Sehr viel.

Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden.
Auch in diesem Bereich gab es Rechtsbrüche.
Zahlreich.

Junge Frauen, die in Polizeigewahrsam genommen worden
sind, erzählten uns später von sexualisierten Übergriffen.
Anzeige? Zwecklos.

Ich hätte mir so etwas nie vorstellen können, wenn ich es nicht
selber miterlebt hätte.

Ein junges Paar, welches zu Besuch war und aus Berlin kam,
wurde ohne eine Vorwarnung mit Pfefferspray attackiert.
Ich stand nicht weit weg und sah es.
Anzeige wollten sie nicht erstatten.
In Berlin passieren noch schlimmere Sachen, meinten sie.

Eine Zuschauer-Demokratie, welche mehr im Interesse irgendwelcher
Konzerne handelt.
Für mich 2018 eine Realitätsschock.

Anna

 
Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Anna842 vom 14.11.2024, 16:33:09

Ich weiß Anna.
Wir waren viele Jahre aktiv in der Bürgerbewegung.
Ich kann Deine Schilderungen nur bestätigen ...

Ich bin mal gespannt, wie es mit unserem Landrat weitergeht.
https://www1.wdr.de/nachrichten/dueren-landrat-reaktion-suspendierung

Gruß
Mareike

Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Anna842
als Antwort auf MarkusXP vom 14.11.2024, 16:07:34
Ja, Markus, alle haben dann das Recht, mit zu bestimmen.
Oder über bestimmte weitreichende Gesetze alleine zu
entscheiden.
Mehr Mitsprache für den Demos, damit unsere Staatsform
dem Namen gerechter wird, kann vorgelegt werden.
Der Haushaltsplan des Bundeslandes NRW könnte leicht
öffentlich zugänglich gemacht werden.
Und statt bei nass-kaltem Wetter in Düsseldorf vor dem Landtag
zu stehen, gäbe es bestimmt Möglichkeiten eines Votums
bezogen auf die 83 Millionen Euro, die gestrichen werden sollen
und ausgerechnet die treffen, die es dringend benötigen.

Teilhabe am politischen Geschehen, ich halte das für sinnvoll.
In jedem Betrieb gibt es einen Betriebsrat, der mitmischt.

Demokratie als Staatsform ist nicht festgeschrieben.
Sie wird sich verändern.
Nur wohin....

Anna

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aixois
aixois
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von aixois
als Antwort auf Mareike vom 14.11.2024, 16:51:50

Solche Gefälligkeitsaufenthalte gab es ja auch auf höherer Ebene (z.B. Zypern, Bulgarien, Malta)..
Die Pässe wurden 'Goldene Pässe' genannt und berechtigten zum Aufenthalt in der EU .

Aber nachdem in Düren keine Pässe mehr ausgestellt werden, sondern nur noch in Berlin, ist da zumindest nichts 'Goldiges' im Spiel ...😵😉

Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Anna842
Und?  Wie sieht es denn jetzt so aus mit der ältesten Demokratie
der Welt??

Die zweite Kammer ist auch an die Republikaner gefallen.

Das bedeutet, dass D. Trump für die nächsten zwei Jahre
durch regieren kann.

Ein Autokrat, eine Art Alleinherrscher.

Na gut. Wenn ich mich recht erinnere, war er das auch in seiner
ersten Amtszeit für zwei Jahre, die er eifrig genutzt hat, um
Gesetze zu erlassen, z.B. Steuererleichterungen für Superreiche,
soweit ich mich erinnern kann....

Anna
Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von Anna842
Nach dem Trump-Schock als autokratisch Regierenden innerhalb
einer Demokratie, bin ich mal zurück gegangen, hin zu der sog.
Wiege unserer Demokratie: Rein in die Antike Griechenlands.
Was sagen die denn so?

Platon kam zu der Erkenntnis, dass die Demokratie eine korrupte
und ungerechte Regierungsform sei.
Die Athener hatten erlebt, wie aus einer Demokratie eine Tyrannis
werden kann.
War einfacher als bei einem D. Trump.

Bei Platon darf jedoch nicht vergessen werden, dass es demokratische
Prozesse waren, die zum Tod seines Lehrers Sokrates geführt hatten.
Sokrates wurde vor einer demokratischen Jury zum Tode verurteilt,
weil er durch seine Methode, alles zu hinterfragen, die Jugend
verunsichern würde.
Sokrates hat die Vollstreckung dann zu Hause eigenhändig vorgenommen,
indem er zum Schierlingsbecher griff.
Seine Frau, besagte Xanthippe, meinte noch: Du stirbst ungerechter Weise.
Seine Antwort: Wäre dir gerechter Weise lieber?
So war er. Er stellte immer nur Fragen, gab niemals Antworten.

Ein toller Typ, dieser Sokrates, finde ich heute noch.

Jedenfalls war Platon extrem erbost.

Zu einem Staatswesen, seinen Vorstellungen gemäß, hat er so einiges
geschrieben.
Unter anderem, dass er die Philosophenherrschaft für die beste aller
Staatsbildungen hielt.
Er war davon überzeugt, dass, solange in den Staaten nicht die
Philosophen die Herrscher werden, solange nicht die Macht im Staate
und die Philosophie verschmolzen sind, so lange gibt es keine 
Erlösung vom Übel für die Staaten.

Also zurück zur Wiege der Demokratie !

Es kann aber auch sein, dass ziemlich viele Leute einen D. Trump
für einen großen Philosophen halten.
Was dann??

Anna
MarkusXP
MarkusXP
Mitglied

RE: Staatstheorien - Staatsphilosophie
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf Anna842 vom 14.11.2024, 21:59:50


Zu einem Staatswesen, seinen Vorstellungen gemäß, hat er so einiges
geschrieben.
Unter anderem, dass er die Philosophenherrschaft für die beste aller
Staatsbildungen hielt.
Er war davon überzeugt, dass, solange in den Staaten nicht die
Philosophen die Herrscher werden, solange nicht die Macht im Staate
und die Philosophie verschmolzen sind, so lange gibt es keine 
Erlösung vom Übel für die Staaten.

Also zurück zur Wiege der Demokratie !

Es kann aber auch sein, dass ziemlich viele Leute einen D. Trump
für einen großen Philosophen halten.
Was dann??

Anna
Zur Philosophie gehörte ja in der Antike mehr als nur philosophieren. Es war ja eigentlich eine Universalwissenschaft. Platon hatte ja auch bestimmte Vorstellungen, wie die lange Ausbildung zu staatslenkenden Philosophen auszusehen hat.

Wenn ich bei der heutigen Demokratie ( in Verbindung mit dem Kapitalismus ) vermute, dass die Klimakrise nicht erfolgreich behandelt werden kann, dann habe ich in der Tat schon an Platons Philosophenstaat gedacht. ( Popper würde mir wahrscheinlich noch aus dem Grab den Stinkefinger zeigen! ) 

Leute mit Durchblick brauchten wir, Staatsmänner und - frauen, die das tun, was erforderlich ist und nicht immer nur versuchen, den anderen in die Pfanne zu hauen ... oft entgegen besseren Wissens. Ich würde fast sagen: aus niederen Beweggründen.

Aber es wäre natürlich ein Staat, in dem "Eliten" das sagen haben, teilweise einer demokratischen Kontrolle entzogen. Das Model hat sicher viele Schwachstellen, nicht zuletzt sind es die menschlichen Schwächen wenn es um Macht geht ...
MarkusXP

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