Geisteswissenschaft / Philosophie Person und Gewissen

Karl
Karl
Administrator

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Karl
als Antwort auf daddy60 vom 08.02.2013, 02:25:38
Völlig ausgeschlossen hälst du aber pauschal einfach jeglichen -ich nenne es mal vereinfacht- geistigen Defekt. Kurzfristig oder längerfristig.
Das habe ich doch nicht geschrieben und Du unterstellst mir das.

Mareike hat hier eine theoretische Debatte begonnen. Wenn in eine solche Debatte pathologische Aberrationen einfließen, wird es schwierig, weil damit alles möglich ist. Wie Du schreibst, sind auch Hirnschläge denkbar, deren Folgen, mein Zusatz, jedoch von außen unkalkulierbar und einer rationalen Argumentation schwer zugänglich sind. Sie können die Entscheidungsfindung per se oder auch die Bewertungsmaßstäbe beeinflussen.

An meinem obigen Text sehe ich deshalb keine Notwendigkeit zur Änderung. Ich erkenne Dein Problem damit nicht ganz.

Dein Verhalten bei der Bundeswehr zeigt, dass Du Zivilcourage hast und Deine eigenen Überzeugungen höher bewertest als Anordnungen von außen. Gut so und Gratulation, da Du Recht hattest.

Karl
Medea
Medea
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Medea
als Antwort auf daddy60 vom 08.02.2013, 02:50:45
- Zitat Daddy -

Ich differenziere zwischen angeblichem Gewissen und eigener Überzeugung. Wer Juden selbst unter dem Risiko half, das eigene Leben verlieren zu können, handelte nicht aus Gewissensgründen, sondern aus Überzeugung.

- Zitatende -

Ich vermute mal, daß das, was wir "Gewissen" nennen, erst
den jeweiligen Menschen dazu brachte, ja ihn davon überzeugte,
auch unter Einsatz seines eigenen Lebens den verfolgten Juden
zu helfen.

Eine tiefe humane und ethisch geprägte Verhaltensweise in
einer durch viel Unmenschlichkeit geprägten Zeit.

M.
Mareike
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Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Mareike
es ist eine Frage der Definition. Ob man/frau ein "gutes" oder ein "schlechtes" Gewissen hat, hängt von der Frage ab, ob das eigene Handeln den eigenen Wertmaßstäben entsprochen hat oder nicht.
geschrieben von Karl


Ich differenziere zwischen angeblichem Gewissen und eigener Überzeugung. Wer Juden selbst unter dem Risiko half, das eigene Leben verlieren zu können, handelte nicht aus Gewissensgründen sondern aus Überzeugung.


Hier wird etwas wesentliches deutlich: Das Gewissen ist die Instanz in mir, die mir sagt: ob mein Handeln im Einklang ist mit meiner Überzeugung.

- Überzeugung ist eine feste, unerschütterliche, durch Nachprüfen eines Sachverhalts oder durch Erfahrung gewonnene Meinung oder ein fester Glaube. -

- Überzeugung ist das Vertrauen in die grundlegende Richtigkeit der eigenen Ideen und Anschauungen. Diese ist relativ stabil gegenüber Veränderungen. -

In diesem Zusammenhang wird es auch interessant über den Begriff der »richtigen politischen Überzeugung« nachzudenken.

Mareike

Überzeugung

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Mareike
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Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Mareike vom 08.02.2013, 09:25:47
Niklas Luhmann interpretiert das Gewissen als eine Funktion im Dienste der Identitätsbildung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gewissen

"Moral hieß für Luhmann immer nur, dass sich Menschen hemmungslos über das Verhalten anderer ereifern: eine einzige, nicht enden wollende Drangsaliererei von den barbarischen frühmodernen Religionskriegen bis zu den Auswüchsen der „political correctness“ an den heutigen Universitäten."
Zitat aus: Nachruf von Prof. Dr. Renate Mayntz und Prof. Dr. Uwe Schimank
[KZfSS, 51, 1999: 186-192]

Mareike
Mercurius
Mercurius
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Mercurius
als Antwort auf Mareike vom 08.02.2013, 10:32:28
Als Kind hatte ich manchmal die Erfahrung gemacht, von anderen Jungs überfallen zu werden. Ihr Vorgehen war so ähnlich, wie man es damals in den Westernfilmen aus den USA sah.
Eines Tages überfiel ich selbst mit einem Freund zwei andere Jungen. Dies geschah durch den Einfluss meines Freundes, von mir selbst wäre solches nicht ausgegangen. Mein Freund nahm sich den einen Jungen und ich den anderen. Der Junge lag auf dem Boden, ich war über ihm und drohte, ihm einen Stein auf den Kopf zu schlagen. In diesem Augenblick sagte ich zu mir selbst: "Du kannst dem Jungen doch nicht den Stein auf den Kopf schlagen!" Das war die Stimme meines Gewissens.
Zwar hörte ich von meinen Erziehungspersonen, dass man solches nicht tun sollte, doch hier war es nicht deren Stimme, die in mir ertönte, sondern meine eigene. So ließ ich von dem Jungen ab und ließ ihn gehen.
Noch heute fühle ich eine Beschämung darüber, was ich damals tat.
daddy60
daddy60
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von daddy60
als Antwort auf Karl vom 08.02.2013, 07:41:50
Völlig ausgeschlossen hälst du aber pauschal einfach jeglichen -ich nenne es mal vereinfacht- geistigen Defekt. Kurzfristig oder längerfristig.
geschrieben von karl
Das habe ich doch nicht geschrieben und Du unterstellst mir das.

Mareike hat hier eine theoretische Debatte begonnen. Wenn in eine solche Debatte pathologische Aberrationen einfließen, wird es schwierig, weil damit alles möglich ist. Wie Du schreibst, sind auch Hirnschläge denkbar, deren Folgen, mein Zusatz, jedoch von außen unkalkulierbar und einer rationalen Argumentation schwer zugänglich sind. Sie können die Entscheidungsfindung per se oder auch die Bewertungsmaßstäbe beeinflussen.

An meinem obigen Text sehe ich deshalb keine Notwendigkeit zur Änderung. Ich erkenne Dein Problem damit nicht ganz.

Dein Verhalten bei der Bundeswehr zeigt, dass Du Zivilcourage hast und Deine eigenen Überzeugungen höher bewertest als Anordnungen von außen. Gut so und Gratulation, da Du Recht hattest.

Karl


Okay Karl, es wurde ein Problem bei Diskussionen, Debatten offensichtlich.
Was gesagt und/oder geschrieben wurde, kann missverstanden werden.
Ich warf dir indirekt Unterstellung vor, das man "Vorurteil" nennen kann!

Meine Unterstellung fusste auf Vorverurteilung bzw Vorurteilen. Also bewusstes oder unbewustes außeracht lassen wichtiger Eventualitäten! Unterstellt habe ich also das auslassen von Möglichkeiten die für den Verlauf , bzw das Ergebnis massgeblich sein könnten. Zu oft ist es gängige Praxis geworden, ohne Gutachten ein Vorurteil zu fällen.

Kannst du jederzeit garantieren dass alle deine Körperfunktionen einwandfrei so ablaufen wie das bei einem gesunden Organismus zu erwarten ist? Also auch geistig? Kannst du jederzeit garantieren, niemals käuflich zu sein? Niemals erpressbar?

Wenn du es nicht 100%ig kannst, wieso erwartest du und Andere im Forum dann dass dies jeder andere Mensch zu können hat?

Als Zivilcourage würde ich es nicht bezeichen, sondern als Anwendung des gesunden Menschenverstandes.
Ein Auftrag oder Befehl wird nicht einfach unkritisch übernommen, sondern geprüft.
Unbeachtet ausgeführt hätte es nicht nur mein Leben kosten können, sondern zusätzlich ein Sachschaden. Ist berufliche Dinge betreffend nicht anders.

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Mercurius
Mercurius
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Mercurius
als Antwort auf Mercurius vom 08.02.2013, 14:06:06
Als Kind hatte ich manchmal die Erfahrung gemacht, von anderen Jungs überfallen zu werden. Ihr Vorgehen war so ähnlich, wie man es damals in den Westernfilmen aus den USA sah.
Eines Tages überfiel ich selbst mit einem Freund zwei andere Jungen. Dies geschah durch den Einfluss meines Freundes, von mir selbst wäre solches nicht ausgegangen. Mein Freund nahm sich den einen Jungen und ich den anderen. Der Junge lag auf dem Boden, ich war über ihm und drohte, ihm einen Stein auf den Kopf zu schlagen. In diesem Augenblick sagte ich zu mir selbst: "Du kannst dem Jungen doch nicht den Stein auf den Kopf schlagen!" Das war die Stimme meines Gewissens.
Zwar hörte ich von meinen Erziehungspersonen, dass man solches nicht tun sollte, doch hier war es nicht deren Stimme, die in mir ertönte, sondern meine eigene. So ließ ich von dem Jungen ab und ließ ihn gehen.
Noch heute fühle ich eine Beschämung darüber, was ich damals tat.


In mir zeigte sich ein Keim des Gewissens, der nicht wie ein Programm beim Computer geladen werden kann, wie es eine autoritäre Gehorsamserziehung ähnlich mechanisch-plump anstreben würde, sondern ist einfach schon da. Mein Freund ist auch ein Mensch und wird auch einen Keim des Gewissens haben, aber er entschied sich, andere Erfahrungen machen zu wollen und machte "Karriere". Nach Jahrzehnten seiner Haftentlassung sagte er zu mir, nichts zu bereuen
Seine Erziehung war meiner sehr ähnlich; auch er wurde durch seine Erzieher angehalten, dies und das nicht tun zu sollen, aber er tat es. Oder hatte er doch kein Gewissen?
Tina1
Tina1
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von Tina1
Ich tendiere zu der These von Kant, dass das Gewissen angeboren ist. Es ist aber bei jedem Menschen anders entwickelt.

Je nach gesellschaftlichen und umweltbedingten Einflüssen kann die Intensität der Entwicklung variieren.

Das Gewissen ist die eigene Erkenntnis unseres Handelns und Fühlens als recht oder unrecht. Das Gewissen ist "ein Bewusstsein, das für sich selbst Pflicht ist".

"Gewissen ist das Bewusstsein eines inneren Gerichtshofes im Menschen".
Immanuel Kant
qilin
qilin
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von qilin
als Antwort auf Tina1 vom 22.04.2013, 08:22:24
"Das Gewissen ist ein kleines dreieckiges Ding in meinem Herzen.
Wenn ich etwas Böses tue, dann dreht es sich, und das bereitet mir
Schmerzen. Wenn ich aber nicht aufhöre Böses zu tun, dann werden
die Ecken stumpf, und es tut nicht mehr weh..." (indianisch [?])
worldy
worldy
Mitglied

Re: Person und Gewissen
geschrieben von worldy
als Antwort auf qilin vom 02.05.2013, 17:11:37
Oder ist das Gewissen, nicht (einfach) ein weiteres Wort – von Menschen gemacht – denn:

Gewiss ist das Wissen nicht,
Gewissen, was es verspricht.

Ge(ht) Wissen überall;
Wissen wie ein Überfall.

Gewiss(en), wie das Licht,
kommt und geht im Gleichgewicht.

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