Geisteswissenschaft / Philosophie Gleichheit und Wille zur Macht
Seit der Französischen Revolution bestimmt der Egalitarismus unser Verständnis von Moral und Legitimität. Heute sind alle für Gleichheit, damals jedoch war der Begriff umstritten und verrufen. Inzwischen sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, die gesellschaftspolitische Wirklichkeit hat sich mehrmals geändert. Genau genommen war es ein Schwanken zwischen gegensätzlichen Extremen, die jeweils die Begriffe „Gleichheit“ oder „Elite“ als Grundlage verwendeten.
Mit Egalitarismus ist nicht materielle Gleichverteilung gemeint, sondern dass alle Menschen gleiche Grundrechte haben. Dass ein solcher Gedanke im 19.Jahrhundert auf Widerspruch stieß, verwundert nicht. Denn die gesellschaftliche Wirklichkeit basierte auf den Unterschieden der Menschen. Die Idee der Gleichheit war etwas Unbegreifliches: in Nietzsches Zarathustra wird die Lehre von der Gleichheit den Taranteln in den Mund gelegt, für Hitler war es eine Idee der Juden.
Von der von Nietzsche postulierten Ungleichheit ist es nicht weit zu dem Begriff „Herrenmensch“, der im ersten Drittel des 20.Jahrhunderts eine verheerende Rolle spielte. Gleichheit sei charakteristisch für das Herdenbewusstsein; die Forderung gleicher Rechte müsse verworfen werden, weil Gleichheit so viel wie Gewöhnlichkeit bedeute und darum die Feindin von allem Herausragenden und aller Kultur sei.
Der von Nietzsche geforderte Begriff lautet "Wille zur Macht". Die Macht allein – auch als Gewalt verstanden – entscheidet und rechtfertigt alles Handeln. Es sei eine Tatsache, dass alles menschliche Handeln und alles Leben ausschließlich durch Machtstreben bestimmt werden.
Er hatte die Vorstellung von einer unüberbrückbaren, "blutsmäßig" bestimmten Ungleichheit zwischen den "höheren" und den "gewöhnlichen" Menschen. Dahinter stand seine Überzeugung, es gebe einerseits „große, höhere“ und andererseits "gewöhnliche, niedrige" Menschen. Darin liegt auch die Unterscheidung in Stark und Schwach. Und so ergibt sich, dass Nietzsche den Starken, Höheren den Willen zur Macht und das Recht zu ihrer Ausübung zuerkannte. Diese „Herrenmoral" setzte sich bis ins 20.Jahrhundert fort, obwohl sie eigentlich nur die Fortsetzung oder der Abklatsch des adligen Feudalismus war.
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hb730
Mit Egalitarismus ist nicht materielle Gleichverteilung gemeint, sondern dass alle Menschen gleiche Grundrechte haben. Dass ein solcher Gedanke im 19.Jahrhundert auf Widerspruch stieß, verwundert nicht. Denn die gesellschaftliche Wirklichkeit basierte auf den Unterschieden der Menschen. Die Idee der Gleichheit war etwas Unbegreifliches: in Nietzsches Zarathustra wird die Lehre von der Gleichheit den Taranteln in den Mund gelegt, für Hitler war es eine Idee der Juden.
Von der von Nietzsche postulierten Ungleichheit ist es nicht weit zu dem Begriff „Herrenmensch“, der im ersten Drittel des 20.Jahrhunderts eine verheerende Rolle spielte. Gleichheit sei charakteristisch für das Herdenbewusstsein; die Forderung gleicher Rechte müsse verworfen werden, weil Gleichheit so viel wie Gewöhnlichkeit bedeute und darum die Feindin von allem Herausragenden und aller Kultur sei.
Der von Nietzsche geforderte Begriff lautet "Wille zur Macht". Die Macht allein – auch als Gewalt verstanden – entscheidet und rechtfertigt alles Handeln. Es sei eine Tatsache, dass alles menschliche Handeln und alles Leben ausschließlich durch Machtstreben bestimmt werden.
Er hatte die Vorstellung von einer unüberbrückbaren, "blutsmäßig" bestimmten Ungleichheit zwischen den "höheren" und den "gewöhnlichen" Menschen. Dahinter stand seine Überzeugung, es gebe einerseits „große, höhere“ und andererseits "gewöhnliche, niedrige" Menschen. Darin liegt auch die Unterscheidung in Stark und Schwach. Und so ergibt sich, dass Nietzsche den Starken, Höheren den Willen zur Macht und das Recht zu ihrer Ausübung zuerkannte. Diese „Herrenmoral" setzte sich bis ins 20.Jahrhundert fort, obwohl sie eigentlich nur die Fortsetzung oder der Abklatsch des adligen Feudalismus war.
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hb730
hb 730-
hier im ST sind wir nicht alle gleich. In Bezug auf das Alter, die Vorbildung, die Erfahrungen, die wir machten.
Auch unsere Strategien - mir fällt gerade kein besseres Wort ein- das Leben zu leben ( zu bewältigen? zu genießen? zu ertragen-? ) sind unterschiedlich.
Das macht den ST manchmal fast unerträglich!!
Aber dennoch unentbehrlich....
--
marieke
hier im ST sind wir nicht alle gleich. In Bezug auf das Alter, die Vorbildung, die Erfahrungen, die wir machten.
Auch unsere Strategien - mir fällt gerade kein besseres Wort ein- das Leben zu leben ( zu bewältigen? zu genießen? zu ertragen-? ) sind unterschiedlich.
Das macht den ST manchmal fast unerträglich!!
Aber dennoch unentbehrlich....
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marieke
"Seit der Französischen Revolution bestimmt der Egalitarismus unser Verständnis von Moral und Legitimität. Heute sind alle für Gleichheit, damals jedoch war der Begriff umstritten und verrufen." hb730
Ein ungeheures Thema, das von dir noch zusätzlich befrachtet wird mit dem Begriff Macht bzw Wille zur Macht. Ich halte es für besser, zuächst einmal beide Begriffe zu trennen und den Begriff Gleichheit im Zusammenhang mit der französichen Revolution näher zu betrachten. Der Begriff Gleichheit in der Verfassung von 1791 bedeutete in erster Linie Rechtsgleichheit, Gleichheit vor dem Gesetz also. Gleichheit war das erklärte Ziel des Dritten Standes (der Dritte Stand wollte im Staat etwas bedeuten) und vor allem des Besitz-und Bildungsbürgertums, das seine Interessen auf diese Weise im Staat nach der Beseitigung des Absolutismus besser zur Geltung bringen wollte. Die Radikalisierung der Revolution in der Folge des Krieges mit den Mächten des alten Europas hatte zur Folge, dass das Kleinbürgertum (Jakobiner) an Bedeutung gewann. Das Ergebnis war die Verfassung von 1793, worin der Begriff Gleichheit eine andere Färbung gewann. Nimmt man zum Maßstab die Möglichkeit für den einzelnen Bürger und die Bürgerinnen sich öffentlich zu betätigen und dabei sich für ein Amt oder einen Sitz in einer Vertretungskörperschaft zu gewinnen (Partizipation), so war im ersten Fall alles klar: Von Gleichheit war im Wahlrecht keine Spur. Das Zensuswahlrecht schloss die Frauen von vornherein bei Wahlen aus. Die Stimmen wurden ausgezählt nach dem Zensuswahlrecht. Einige Tausend wohlhabende Bürger übten die Macht im Staate aus. Mit der Verfassung von 1793 wurde der Kreis der Wahlberechtigten erweitert. Aber das Frauenwahlrecht gab es immer noch nicht. Nicht einmal alle männlichen Franzosen durften wählen. Immerhin beinhaltete die Idee der Gleichheit nun auc hdie Vorstellung der Gleichheit im Besitz. Aber nicht bei allen. Die franz. Revolution war ein echtes Experimentierfeld, ein Schlachtfeld auch von politischen und sozialen Ideen. Mit Baboeuf (1795) kam dann der nächste Schritt: Völlige Gleichheit im Besitz (Kommunismus). Auc das Frauenwahlrecht vertrat er. Viel Anklag fand diese Vorstellungen damals beim Großbürgertum nicht. Der vierte Stand war auch nicht mächtig genug , diese Forderungen durchzusetzen. Die industrielle Revolution setzte in Frankreich erst später ein (um 1830). Die Idee der sozialen Gleichheit kam dann in der Pariser Februarrevolution 1848 erstmals voll zum Tragen, als Nationalwerkstätten gegründet wurden. Es war das Jahr, in dem Karl Marx das Kommunistische Manifest veröffentlichte.
Die Ideen von Gleichheit und Freiheit (und Brüderlichkeit = Solidarität) waren, ausgehend von der frz. Rev. bestimmende Themen des 19. Jahrhunderts. Sie sind es bis heute. Insofern ist die frz. Revolution von größter Bedeutung für die europäische Geschichte. An ihr und ihren Ideen schieden sich die Geister. Es entwickelt sich so etwas wie ein poltisches Spektrum. Konservative, Liberale und Demokraten gibt es seit diese Zeit.
Die Durchsetzung philosophischer Ideen in der Politik ist immer eine Machtfrage und führt zu einem Konflikt zwischen sozialen Gruppen (Ständekämpfe, Klassenkampf, soziale Konflikte).
Nietzsches Willen zur Macht stellt in weitestem Sinne auch eine Auseinandersetzung mit den Ideen der frz. Revolution dar. Der Begriff "Herrenmoral" zeigt es. Aber darauf einzugehen, würde den Rahmen eines kleinen Beitrages sprengen. Den Begriff Egalitarismus würde ich im Zusammenhang mit der frz. Rev. nicht verwenden. Radikale Gleichmacherei als dominierendes Prinzip trifft in diesem Zusammenhang nicht zu und ist bis heute selten praktikabel, auch wenn entsprechende Forderungen emotional viel Anklang finden.
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c.
Ein ungeheures Thema, das von dir noch zusätzlich befrachtet wird mit dem Begriff Macht bzw Wille zur Macht. Ich halte es für besser, zuächst einmal beide Begriffe zu trennen und den Begriff Gleichheit im Zusammenhang mit der französichen Revolution näher zu betrachten. Der Begriff Gleichheit in der Verfassung von 1791 bedeutete in erster Linie Rechtsgleichheit, Gleichheit vor dem Gesetz also. Gleichheit war das erklärte Ziel des Dritten Standes (der Dritte Stand wollte im Staat etwas bedeuten) und vor allem des Besitz-und Bildungsbürgertums, das seine Interessen auf diese Weise im Staat nach der Beseitigung des Absolutismus besser zur Geltung bringen wollte. Die Radikalisierung der Revolution in der Folge des Krieges mit den Mächten des alten Europas hatte zur Folge, dass das Kleinbürgertum (Jakobiner) an Bedeutung gewann. Das Ergebnis war die Verfassung von 1793, worin der Begriff Gleichheit eine andere Färbung gewann. Nimmt man zum Maßstab die Möglichkeit für den einzelnen Bürger und die Bürgerinnen sich öffentlich zu betätigen und dabei sich für ein Amt oder einen Sitz in einer Vertretungskörperschaft zu gewinnen (Partizipation), so war im ersten Fall alles klar: Von Gleichheit war im Wahlrecht keine Spur. Das Zensuswahlrecht schloss die Frauen von vornherein bei Wahlen aus. Die Stimmen wurden ausgezählt nach dem Zensuswahlrecht. Einige Tausend wohlhabende Bürger übten die Macht im Staate aus. Mit der Verfassung von 1793 wurde der Kreis der Wahlberechtigten erweitert. Aber das Frauenwahlrecht gab es immer noch nicht. Nicht einmal alle männlichen Franzosen durften wählen. Immerhin beinhaltete die Idee der Gleichheit nun auc hdie Vorstellung der Gleichheit im Besitz. Aber nicht bei allen. Die franz. Revolution war ein echtes Experimentierfeld, ein Schlachtfeld auch von politischen und sozialen Ideen. Mit Baboeuf (1795) kam dann der nächste Schritt: Völlige Gleichheit im Besitz (Kommunismus). Auc das Frauenwahlrecht vertrat er. Viel Anklag fand diese Vorstellungen damals beim Großbürgertum nicht. Der vierte Stand war auch nicht mächtig genug , diese Forderungen durchzusetzen. Die industrielle Revolution setzte in Frankreich erst später ein (um 1830). Die Idee der sozialen Gleichheit kam dann in der Pariser Februarrevolution 1848 erstmals voll zum Tragen, als Nationalwerkstätten gegründet wurden. Es war das Jahr, in dem Karl Marx das Kommunistische Manifest veröffentlichte.
Die Ideen von Gleichheit und Freiheit (und Brüderlichkeit = Solidarität) waren, ausgehend von der frz. Rev. bestimmende Themen des 19. Jahrhunderts. Sie sind es bis heute. Insofern ist die frz. Revolution von größter Bedeutung für die europäische Geschichte. An ihr und ihren Ideen schieden sich die Geister. Es entwickelt sich so etwas wie ein poltisches Spektrum. Konservative, Liberale und Demokraten gibt es seit diese Zeit.
Die Durchsetzung philosophischer Ideen in der Politik ist immer eine Machtfrage und führt zu einem Konflikt zwischen sozialen Gruppen (Ständekämpfe, Klassenkampf, soziale Konflikte).
Nietzsches Willen zur Macht stellt in weitestem Sinne auch eine Auseinandersetzung mit den Ideen der frz. Revolution dar. Der Begriff "Herrenmoral" zeigt es. Aber darauf einzugehen, würde den Rahmen eines kleinen Beitrages sprengen. Den Begriff Egalitarismus würde ich im Zusammenhang mit der frz. Rev. nicht verwenden. Radikale Gleichmacherei als dominierendes Prinzip trifft in diesem Zusammenhang nicht zu und ist bis heute selten praktikabel, auch wenn entsprechende Forderungen emotional viel Anklang finden.
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c.
Hi Marieke!
Hast du darüber Nichtmahl nachgedacht warum-----„Das macht den ST manchmal fast unerträglich empfindest?“
Wäre von deiner Seite nicht ein Versuch da so ganz vollkommen verstanden sein und eventuell auch hoch geschätzt werden? Denkmal an die Worte in Bibel:
Die letzte werden die ernste, und die ernste die letzte sein, oder an die Philosophie „Was du so anstrebst gerade das entfern sich von Dir“, oder an die Worte von Erasmus ----„Die Midas Ohren“, und…und
Da wirst du viel ruhiger was betrifft das ST.
Hast du darüber Nichtmahl nachgedacht warum-----„Das macht den ST manchmal fast unerträglich empfindest?“
Wäre von deiner Seite nicht ein Versuch da so ganz vollkommen verstanden sein und eventuell auch hoch geschätzt werden? Denkmal an die Worte in Bibel:
Die letzte werden die ernste, und die ernste die letzte sein, oder an die Philosophie „Was du so anstrebst gerade das entfern sich von Dir“, oder an die Worte von Erasmus ----„Die Midas Ohren“, und…und
Da wirst du viel ruhiger was betrifft das ST.
auch wenn es umformuliert ist teilweise, warum kann man bitte nicht die quellen angeben???????es gibt sowas wie einen copyright.
Ernst Tugendhat würde es nicht sonderlich gefallen, oder?????
Archiv Die Zeit, 2000/38
--
eleonore
Ernst Tugendhat würde es nicht sonderlich gefallen, oder?????
Archiv Die Zeit, 2000/38
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eleonore
ich bin nicht davon überzeugt, daß die "gleichheit" aller menschen im denken der bundesbürger angekommen ist. sogar hier im ST habe ich die akzeptanz von "eliten" schon oft bemerkt. fast selbstverständlich wird der adel für befähigt erklärt führungsaufgaben und diplomatische funktionen auszuüben.
die regenbogenpresse und wahrscheinlich auch die westdeutsche schulbildung befördert solche unterscheidungen. es gibt zwar keine rechtlichen privilegien mehr, aber gewaltiger grundbesitz (die von bismarcks besitzen halb norddeutschland) und ein stets arbeitsfähiges netz von küngel und beziehungen, lancieren vertreter der immer gleichen familien in wichtige positionen.
es ist falsch anzunehmen, daß der Egalitarismus in der bürgerlichen gesellschaft verankert ist.
die regenbogenpresse und wahrscheinlich auch die westdeutsche schulbildung befördert solche unterscheidungen. es gibt zwar keine rechtlichen privilegien mehr, aber gewaltiger grundbesitz (die von bismarcks besitzen halb norddeutschland) und ein stets arbeitsfähiges netz von küngel und beziehungen, lancieren vertreter der immer gleichen familien in wichtige positionen.
es ist falsch anzunehmen, daß der Egalitarismus in der bürgerlichen gesellschaft verankert ist.
Hallo Dutch,das ist ein wichtiger Hinweis, den du gibst. Gleichheit hat immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun und mit Gerechtigkeitsempfinden. Dazu gehört, dass Aufgaben übernommen werden und Funktionen ausgeübt werden. Gerade der Funktionsverlust des Adels und der hohen Geistlichkeit im Zeitalter des Absolutismus und deren materielle und rechtliche Privilegien führten zu Unzufriedenheit vor allem bei den Intellektuellen und damit dazu, dass das absolutistische System einem schleichenden Vertrauens- und Legitimitätsverlust erlitt, eine der Ursachen der Revolution. Mit Sicherheit gibt es Ungerechtigkeiten in der heutigen Gesellschaft, eine ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung, fehlende Chancengerechtigkeit durch mangelhafte Ausbildung, ungleiche Verteilung von Vitamin B etc.
Egalitarismus und Gleicheit würde ich jedoch trennen. Es ist nicht dasselbe. Egalitarismus würde ich mit Gleichmacherei gleichsetzen, mit dem Versuch ohne Rücksicht auf natürliche gegebene Unterschiede eine Gleichbehandlung in jedem Falle anzustreben. Deine Feststellung, dass der Egalitarismus in der bürgerlichen Gesellschaft nicht "verankert" sei, bestreite ich nicht. Wenn ein Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens das 250 bis 300fache des mtl Einkommens einer Krankenschwester verdient, erhebt sich die Frage, was an dessen Leistung wirklich so außerordentlich großartig sein soll, besonders auch dann wenn in den meisten Fällen sein Unternehmen noch Verluste erleidet (wie vor einiger Zeit noch üblich) oder auf der Stelle tritt. In welcher Gesellschaft ist denn die Gleichheit oder der "Egalitarismus" verankert oder war verankert, außer auf dem Papier? Wenn ich mir die Berichte aus der Sowjetunion in den 30er Jahren ansehe mit den unglaublich hohen Einkommensunterschieden, werde ich nachdenklich. Die französische Revolution war beendet, als die Kirchengüter und die Güter des Adels (zwei Drittel des Grundbesitzes) verteilt waren. Nutznießer war das Großbürgertum. Dem Volk blieb das wertlose Papiergeld, das als Anweisung (Assignate)auf diese Güter ausgegeben war. Es waren zu viele ausgegeben worden. Napoleon führte dann eine Währungsreform durch. Geldbesitz wurde entwertet, wer Sachwerte besaß blieb reich. Außerdem erklärte er die Revolution für beendet. Gleichwohl war das Prinzip der Gleichheit im Code Napoleon verankert. So sah die Gleicheit aus.
Noch einen schönen Abend
c.
Egalitarismus und Gleicheit würde ich jedoch trennen. Es ist nicht dasselbe. Egalitarismus würde ich mit Gleichmacherei gleichsetzen, mit dem Versuch ohne Rücksicht auf natürliche gegebene Unterschiede eine Gleichbehandlung in jedem Falle anzustreben. Deine Feststellung, dass der Egalitarismus in der bürgerlichen Gesellschaft nicht "verankert" sei, bestreite ich nicht. Wenn ein Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens das 250 bis 300fache des mtl Einkommens einer Krankenschwester verdient, erhebt sich die Frage, was an dessen Leistung wirklich so außerordentlich großartig sein soll, besonders auch dann wenn in den meisten Fällen sein Unternehmen noch Verluste erleidet (wie vor einiger Zeit noch üblich) oder auf der Stelle tritt. In welcher Gesellschaft ist denn die Gleichheit oder der "Egalitarismus" verankert oder war verankert, außer auf dem Papier? Wenn ich mir die Berichte aus der Sowjetunion in den 30er Jahren ansehe mit den unglaublich hohen Einkommensunterschieden, werde ich nachdenklich. Die französische Revolution war beendet, als die Kirchengüter und die Güter des Adels (zwei Drittel des Grundbesitzes) verteilt waren. Nutznießer war das Großbürgertum. Dem Volk blieb das wertlose Papiergeld, das als Anweisung (Assignate)auf diese Güter ausgegeben war. Es waren zu viele ausgegeben worden. Napoleon führte dann eine Währungsreform durch. Geldbesitz wurde entwertet, wer Sachwerte besaß blieb reich. Außerdem erklärte er die Revolution für beendet. Gleichwohl war das Prinzip der Gleichheit im Code Napoleon verankert. So sah die Gleicheit aus.
Noch einen schönen Abend
c.
Ich bin damit einverstanden, dass die Vorlage für ein Thema genannt werden könnte. Aber was ändert das an diesem Thema? Nietzsche lesen heißt eine Fülle von sprachlich elegant formulierten Wendungen über sich ergehen lassen und ihrem Zauber erliegen. Bei weiterem intensiven Lesen - und Nachdenken - spürt man schnell, dass N. gar keine systematische Lehre vermitteln will. Seine Aphorismen sind eingängig, aber auch sehr widersprüchlich. Was will der Sprachmagier sagen? Wusste er selber, was er sagte? Willen zur Macht? Darf ich lachen? Im deutsch-französischen Krieg war Nietzsche dabei, war aber alles andere als ein Kriegsheld, da er nicht reiten konnte und vom Pferd purzelte. Krieg beendet - für ihn wenigstens. Da macht es sich gut für die eigene Psyche den starken Mann zu mimen. Nietzsche war ein Fall für den Therapeuten. Tugendhat zweifelt, ob Hitler Nietzsche je gelesen hat. Doch hat er. Einige Aphorismen, die ihm gefielen. Andere, die das Gegenteil aussagten von dem, was Hitler gefiel, nahm dieser nicht zur Kenntnis. Nietzsche hat eben kein systematisches Werk über seine Weltsicht verfasst. Viel Dichtung und Wahrheit, bunt gemischt. Jede darf sich was raussuchen und raunen, was die dunklen Worte bedeuten könnten.
Es tut mir weh, wenn ich lese, dass die französische Revolution von "Egalitarismus" geprägt war. Gleiche Grundrechte für alle soll das heißen nach Tugendhat. Eine gewalttätige Definition, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Egalität ist ein Programm, das bis heute immer nur in Ansätzen verwirklicht wurde. Auch nicht verwirklicht werden kann. Grundrechte/Menschenrechte bedeuten imer ein Seinsollen. Sie beschreiben die Wirklichkeit nicht. So wird es auch in Zukunft sein. Nietzsche beklagt die Auswirkungen der modernen Zivilisation auf den Menschen, sieht die Gefahren für ihn und sein Menschsein in dem kraftlosen, schwächlichen Menschentum der technisierten Zivilisation. Er will ein aristokratisches Menschentum. Er spricht sogar von der Eliminierung minderen Menschentums, Rassenhygiene. Es gibt aber auch andere Stellen. Man sollte nicht so viel über ihn lesen als vielmehr ihn selber. Irgendwann greift der Mensch dann wieder zu einer anderen Lektüre.
c.
Es tut mir weh, wenn ich lese, dass die französische Revolution von "Egalitarismus" geprägt war. Gleiche Grundrechte für alle soll das heißen nach Tugendhat. Eine gewalttätige Definition, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Egalität ist ein Programm, das bis heute immer nur in Ansätzen verwirklicht wurde. Auch nicht verwirklicht werden kann. Grundrechte/Menschenrechte bedeuten imer ein Seinsollen. Sie beschreiben die Wirklichkeit nicht. So wird es auch in Zukunft sein. Nietzsche beklagt die Auswirkungen der modernen Zivilisation auf den Menschen, sieht die Gefahren für ihn und sein Menschsein in dem kraftlosen, schwächlichen Menschentum der technisierten Zivilisation. Er will ein aristokratisches Menschentum. Er spricht sogar von der Eliminierung minderen Menschentums, Rassenhygiene. Es gibt aber auch andere Stellen. Man sollte nicht so viel über ihn lesen als vielmehr ihn selber. Irgendwann greift der Mensch dann wieder zu einer anderen Lektüre.
c.
Nietzsche
"Der von Nietzsche geforderte Begriff lautet "Wille zur Macht". Die Macht allein – auch als Gewalt verstanden – entscheidet und rechtfertigt alles Handeln. Es sei eine Tatsache, dass alles menschliche Handeln und alles Leben ausschließlich durch Machtstreben bestimmt werden."
hb730
Ich möchte ein Zitat von Tucholski hiervoranstellen. "Sage mir, was du brauchst und ich will dir ein Nietzsche-Zitat bringen.
Nietzsche ist unzweifelhaft ein bedeutender Denker und eine Gestalt, die aus dem Geistesleben nicht wegzudenken ist. Trotzdem habe ich Bedenken so ohne weiters auf ihn an dieser Stelle einzugehen. Das Buch "Wille zur Macht" enthält seinen Nachlass auf vielen Zetteln, die später von seiner Schwester u.a. zusammengefasst wurden und in eine von ihr gefasste Ordnung gebracht wurden. Man muss aber nicht auf dieses Werk zuückgreifen, um zu erfahren, wie radikal er denkt. Er spricht sich an mmehreren Stellen für eine physische Liquidierung derjenigen aus, die nicht die Disposition der leibgewordenen Vernunft (Übermensch) aufweisen. Er bezeichnet diese Menschen als das "Entartete", das "Parasitäre", es sind die Massen, die verfallenden Rassen, die Missratenen. Im "Antichrist" Nr 2 schreibt er: "Die Schwachen und Missratenen sollen zugrunde gehen..... Und man soll ihnen dazu noch helfen." Das ist eine Seite der Herenmoral.
In der Literatur werden solche Stellen nicht gerne erwähnt. Aber die Namen, die Nietzsche dafür verwendete, müssen genannt werden: "Vernichtung der Massen", "die Menschheit als Masse dem Gedeihen einer einzelnen stärkeren Spezies Mensch geopfert - das wäre eine Forschritt." (Zur Genealogie der Moral II, Nr 12)
Vernichtung von Entartetem und Parasitischem "die größte aller Aufgaben, die Höherzüchtung der Menschheit" schließt "die schonungslose Vernichtung alles Entartenden und Parasitischen" ein (Ecce homo, Die Geburt der Tragödie, Nr 4)
Rassenvernichtung: "Es bedarf einer Lehre, stark genug, um züchtend zu wirken: stärkend für die Starken, lähmend und zerbrechend für die Weltmüden. Die Vernichtung verfallender Rassen" (Frühjahr 1884, VII. S. 65, Nr 25). Millionenweise Vernichtung von Missratenen: "jene ungeheure Energie der Größe zu gewinnen, um durch Züchtung und Vernichtung von Millionen Missrathener, den zuküftigen Menschen zu gestalten und nicht zugrunde zu gehen an dem Leid, das man schafft, und dessen Gleichen noch nie da war.“
Das als Hinweis.
c.
"Der von Nietzsche geforderte Begriff lautet "Wille zur Macht". Die Macht allein – auch als Gewalt verstanden – entscheidet und rechtfertigt alles Handeln. Es sei eine Tatsache, dass alles menschliche Handeln und alles Leben ausschließlich durch Machtstreben bestimmt werden."
hb730
Ich möchte ein Zitat von Tucholski hiervoranstellen. "Sage mir, was du brauchst und ich will dir ein Nietzsche-Zitat bringen.
Nietzsche ist unzweifelhaft ein bedeutender Denker und eine Gestalt, die aus dem Geistesleben nicht wegzudenken ist. Trotzdem habe ich Bedenken so ohne weiters auf ihn an dieser Stelle einzugehen. Das Buch "Wille zur Macht" enthält seinen Nachlass auf vielen Zetteln, die später von seiner Schwester u.a. zusammengefasst wurden und in eine von ihr gefasste Ordnung gebracht wurden. Man muss aber nicht auf dieses Werk zuückgreifen, um zu erfahren, wie radikal er denkt. Er spricht sich an mmehreren Stellen für eine physische Liquidierung derjenigen aus, die nicht die Disposition der leibgewordenen Vernunft (Übermensch) aufweisen. Er bezeichnet diese Menschen als das "Entartete", das "Parasitäre", es sind die Massen, die verfallenden Rassen, die Missratenen. Im "Antichrist" Nr 2 schreibt er: "Die Schwachen und Missratenen sollen zugrunde gehen..... Und man soll ihnen dazu noch helfen." Das ist eine Seite der Herenmoral.
In der Literatur werden solche Stellen nicht gerne erwähnt. Aber die Namen, die Nietzsche dafür verwendete, müssen genannt werden: "Vernichtung der Massen", "die Menschheit als Masse dem Gedeihen einer einzelnen stärkeren Spezies Mensch geopfert - das wäre eine Forschritt." (Zur Genealogie der Moral II, Nr 12)
Vernichtung von Entartetem und Parasitischem "die größte aller Aufgaben, die Höherzüchtung der Menschheit" schließt "die schonungslose Vernichtung alles Entartenden und Parasitischen" ein (Ecce homo, Die Geburt der Tragödie, Nr 4)
Rassenvernichtung: "Es bedarf einer Lehre, stark genug, um züchtend zu wirken: stärkend für die Starken, lähmend und zerbrechend für die Weltmüden. Die Vernichtung verfallender Rassen" (Frühjahr 1884, VII. S. 65, Nr 25). Millionenweise Vernichtung von Missratenen: "jene ungeheure Energie der Größe zu gewinnen, um durch Züchtung und Vernichtung von Millionen Missrathener, den zuküftigen Menschen zu gestalten und nicht zugrunde zu gehen an dem Leid, das man schafft, und dessen Gleichen noch nie da war.“
Das als Hinweis.
c.
Re: Gleichheit und Wille zur Macht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ich bin damit einverstanden, dass die Vorlage für ein Thema genannt werden könnte. Aber was ändert das an diesem Thema?
Carlos, du hast eine Menge Interessantes über Nietzsche geschrieben, zu dem ich mich noch gesondert äußern möchte, in den letzten Tagen hatte und heute habe ich aber wenig Zeit, deshalb erst mal nur so viel off topic:
So ganz unwichtig finde ich es nicht, wenn jemand einen Beitrag von einem der bedeutendsten deutschen Vertreter der analytischen Sprachphilosophie einfach kopiert, leicht verändert und unter eigenem Namen einstellt, sich dann zurückzieht und andere darüber diskutieren lässt.
Hier ein Link zu Ernst Tugendhat, der ein Buch über Ethik geschrieben hat, das zu den interessantesten der Gegenwart gehören soll.
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marina