Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"

Geisteswissenschaft / Philosophie Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"

Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von Rispe
als Antwort auf aixois vom 26.10.2021, 20:10:49

Danke, @aixois, für deine interessanten Überlegungen. Es ist wohltuend, Beiträge zu lesen, die über die eigene Nasenspitze und die eigenen (ST)-Befindlichkeiten hinausgehen und die politischen Ursachen von Konflikten mit in den Blick nehmen.
Es geht nämlich tatsächlich um mehr als verletzte Eitelkeiten oder vermeintliche Kränkungen, wo immer der oder die Andere der Böse ist und man selber makellos. Das alles ist mir viel zu selbst- und ichbezogen und zu privat. Wichtig ist es doch, die gesellschaftlichen Ursachen von Konflikten und Aggressionen zu beleuchten, die durch politische Einflussnahmen gesteuert und beeinflusst werden. Man denke z. B. nur an den Bosnienkrieg, auch da konnte man deutlich sehen, dass der Hass auf den Anderen politisch gewollt war. Plötzlich wurden vorher friedliche Nachbarn zu Todfeinden Und das wurde von oben geschürt, das war politisch gewolt.
So ist es auch in Apartheidssystemen, auch in Israel-Palästina ist es so. Es geht immer darum, dass der Stärkere sich durchsetzt, ob politisch oder privat. Genau das hat Tsitsi Dangarembga in ihrer klugen Rede sehr eindrücklich herausgearbeitet.

pschroed
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Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von pschroed
als Antwort auf Rispe vom 26.10.2021, 21:09:58
Danke, @aixois, für deine interessanten Überlegungen. Es ist wohltuend, Beiträge zu lesen, die über die eigene Nasenspitze und die eigenen (ST)-Befindlichkeiten hinausgehen und die politischen Ursachen von Konflikten mit in den Blick nehmen.
Es geht nämlich tatsächlich um mehr als verletzte Eitelkeiten oder vermeintliche Kränkungen, wo immer der oder die Andere der Böse ist und man selber makellos. Das alles ist mir viel zu selbst- und ichbezogen und zu privat.
Liebe Rispe,  demonstrierst du jetzt nicht mit deinen direkten Anschuldigungen wie es nicht sein sollte ? 
Das sind Totschlagsätze wo jede weitere Diskussionen zu nichte machen kann, weil die persönliche ich bezogene Dominanz einfach zu groß ist.
Es ist ein schwieriges Thema.  Phil.
Mitglied_a867230
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RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Rispe vom 26.10.2021, 21:09:58

@ Rispe,


Du schreibst, und bringst es dabei in einen Gegensatz zu Privatem:

"Wichtig ist es doch, die gesellschaftlichen Ursachen von Konflikten und Aggressionen zu beleuchten ..."
Bei einem "Wichtig ist es nicht minder ...." würde ich zustimmen.
Ich versuche die Kurve zur Empathie zu kriegen. - Sie wäre (vielleicht etwas kleiner: ein "sich hineindenken-können" in den Gegner oder Kontahenten) auch bezogen auf internationale Konflikte und Aggressionen im Hinblick auf Deeskalation wohl nützlich. Im Kleineren wie im Größeren.

Klar kann man, ein Beispiel, auf der großen Ebene sagen, das Bedrohungspotential, das auf der jeweils anderen Seite gesehen wird (etwa Russland oder China aus "unserer" Sicht) , ist vollkommen unberechtigt, weil "wir" doch die Guten, Friedfertigen sind, was uns jeden Zweifel erspart. Dessen Annahme sei in Wirklichkeit nur eine Erfindung oder projiziere die eigenen Machtgelüste.
(Nicht zuletzt durch den Beginn und Verlauf mehrerer Kriege von Vietnam und weiteren bis zum Irak ist m. E. das Gutsein, und zwar im wörtlichen Sinne gnadenlos  widerlegt, aber es scheint sich um einen hartnäckigen Glauben zu handeln.)

Ob ein derartiger Perspektivwechsel gelingen kann? Keine Ahnung. Aber sicher sind die Profitierenden daran, dass es nicht gelingt, ein sehr bedeutender, weil gesellschaftlich einflußreicher Faktor. 
Andererseits bin ich davon überzeugt, wenn es im Privaten, bei den Individuen, die du Du meines Erachtens klein machst, ein maßgeblicher Bewußtseins-/Wertewandel stattfände, würde das auch eine Gesellschaft verändern. Optimistisch bin ich wenig.

 

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Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von Mareike
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.10.2021, 01:54:53

Deinen Ausführungen kann ich voll zustimmen Waldemar.

Das Thema Empathie wird hier ausführlich behandelt: https://lexikon.stangl.eu/1095/empathie/#google_vignette

Interessant finde ich ua die Ausführungen unter dem Punk: Mitgefühl in Alltag und Forschung (Stangl, 2021).

 
Ob Empathie und kognitive Perspektivenübernahme, also das Vermögen zu verstehen, was andere Menschen wissen, planen oder wollen, miteinander zusammenhängen, haben Kanske et al. (2016) in einer Studie untersucht. (Stangl, 2021).

Da ist der Verweis auf den Begriff der Sozialition von Interesse: Sozialisierung
Da finde ich z B den Satz:
Zitat:
"Sozialisation endet nicht mit einem gewissen Alter oder einer bestimmten „Reife “ des Individuums, sondern „dauert … so lange an, wie neue Motive und Verhaltenserwartungen erlernt werden müssen“.

Für uns Senioren gilt das Letztgesagte durchauch aus, denn auch das Alter bringt neue Herausforderungen, die wie auch immer erlernt werden müssen.

(Weiter vorne schriebst Du, dass Du den Begriff Erziehung auch nicht magst wegen dem Ziehen.
Im Niederländischen spricht man von opvoeden. (Op im Sinne von Aufwärts und voeden = füttern) - klingt in meinen Ohren etwas zugewandter 😉)

Mareike
Mitglied_3fbaf89
Mitglied_3fbaf89
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RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Mir  fiel zu dem Thema UBUNTU gestern folgende kleine Geschichte wieder ein:

Ein Anthropologe zeigte den Kindern eines afrikanischen Stammes ein Spiel...
Er legte einen Korb mit köstlichen Früchten in der Nähe eines Baumstamms und sagte ihnen:
Das erste Kind, das den Baum erreicht, bekommt den Korb - ganz allein für sich.
Als er ihnen den Startschuss gab, wunderte er sich, dass sie zusammen gingen und Händchen hielt, bis sie den Baum erreichten und die Früchte teilten!
Als er sie fragte, warum sie das getan haben, obwohl jeder von ihnen  den Korb doch  für sich allein hätte bekommen können!
Sie antworteten mit Erstaunen: Ubuntu
′′ Das heißt, wie kann einer von uns glücklich sein, während dem Rest elend ist und nichts hat?"
Ubuntu in ihrer Zivilisation bedeutet: (Ich bin, weil wir es sind).
Dieser Stamm kennt das Geheimnis des Glücks, das in allen Gesellschaften verlorengegangen ist, die sie scheinbar weiter entwickelt haben und die sich als zivilisierte Gesellschaften betrachten...

Ubuntu -  das Wort kennen die meisten nur aus der Computersprache. Aber es  ist, wie schon beschrieben, eigentlich ein Wort aus der Bantu-Sprache und bedeutet (ich kopiere aus Wikipedia)

 eine Lebensphilosophie, die im alltäglichen Leben aus afrikanischen Überlieferungen heraus vor allem im südlichen Afrika praktiziert wird. Das Wort Ubuntu kommt aus den Bantusprachen der Zulu und der Xhosa und bedeutet in etwa „Menschlichkeit“, „Nächstenliebe“ und „Gemeinsinn“ sowie die Erfahrung und das Bewusstsein, dass man selbst Teil eines Ganzen ist.
Damit wird eine Grundhaltung bezeichnet, die sich vor allem auf wechselseitigen Respekt und Anerkennung, Achtung der Menschenwürde und das Bestreben nach einer harmonischen und friedlichen Gesellschaft stützt, aber auch auf den Glauben an ein „universelles Band des Teilens, das alles Menschliche verbindet“. Die eigene Persönlichkeit und die Gemeinschaft stehen in der Ubuntu-Philosophie in enger Beziehung zueinander.
Ubuntu enthält auch politische und religiös-spirituelle Aspekte, die die Verantwortung des Individuums innerhalb seiner Gemeinschaft betonen. Es gibt Versuche des südafrikanischen Verfassungsgerichts, diesen afrikanischen Kulturwert bei der Auslegung der Grundrechte in der südafrikanischen Verfassung einzubeziehen.
Ein bisschen mehr Ubuntu könnte die Welt wirklich brauchen
Bias
Bias
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von Bias
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 26.10.2021, 20:29:27
Sehr schwierig. :) - Wenn man eine eine Diskussion oder einen Konflikt z. B. bei einer Freundschaft oder in einer Partnershaft nimmt, steckt so etwas wesentlich dahinter, dann sind beide (!) ziemlich machtslos und drehen sich meist im Kreis.
. . . . . .
Und genau auf der Ebene sollte es beginnen dürfen; wo sonst?
Hier beruht erkennbar nur allzu oft Empathie auf Projektionen - auf den Momenten, in welchen der Partner von sich auf den Anderen schließt - oder auf Wunschvorstellungen.
Mit "Empathie" für soziale Gruppen oder ganze Völker tut sich der Mensch wesentlich leichter, wie hier im Forum an vielen Beiträgen erkennbar wird.
Beispielsweise daran, wenn belehrt wird, wie das Wort "Zigeuner" Empfindungen von Sinti und Roma berührt (gefälligst zu berühren hat)
oder auch in Beiträgen über die Geistesbeschaffenheit von AfD-Wählern, Impfskeptikern, Freitagsdemonstranten, etc.

Herr Hüther spricht u.a. vom Menschlichen.
Dabei geht unter, dass zum Verhaltensspektrum von Menschen eben auch Kampf und Grausamkeit gehört. Ebenso wie Konrad Lorenz glaube ich nicht, dass das alles nur auf Lernen beruht.

Kurz: Meine Lebenserfahrung, die Erfahrung mit mir und meinem sozialen Umfeld lehrt, dass es schon als Erfolg anzusehen ist, wenn es gelingt, Nahestehende anständig zu behandel und zu versuchen, ihnen und anderen aufmerksam zuzuhören und sie zu verstehen.
Wo das geschieht, ergeben sich manchmal spürbar emphatische Momente.

Ich befürchte, dass wir Menschen mit der Aufforderung zur Übernächstenliebe hoffnungslos überfordert sind und empfinde, dass unter den Willensbekundungen zur Erfüllung des gewaltigen Auftrags hin und wieder die tätige Nächstenliebe vernachlässigt wird.

Kommt gut durch den Tag.

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Mitglied_a867230
Mitglied_a867230
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Mareike vom 27.10.2021, 08:13:41

@ Mareike,

Du schriebst:

(Weiter vorne schriebst Du, dass Du den Begriff Erziehung auch nicht magst wegen dem Ziehen.
Im Niederländischen spricht man von opvoeden. (Op im Sinne von Aufwärts und voeden = füttern) - klingt in meinen Ohren etwas zugewandter 😉)
 
Ja, das hört sich viel schöner, passender an!

(Ich würde sagen, ich bin mit meinem Sohn aufgewachsen. Er - anders als ich - noch  in der Länge. ;))
Mitglied_a867230
Mitglied_a867230
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.10.2021, 10:31:44

@ Corgy

eine schöne Geschichte.

"Als er sie fragte, warum sie das getan haben, obwohl jeder von ihnen  den Korb doch  für sich allein hätte bekommen können!"
Ich sag es mal ein bisschen "sophisticated" :)
Ist doch klar, weil sie alle das Beste wollten und sich nicht mit Minderwertigem zufriedengeben!
Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von Mareike
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.10.2021, 10:35:47
......

(Ich würde sagen, ich bin mit meinem Sohn aufgewachsen. Er - anders als ich - noch  in der Länge. ;))
Lach
ganz besonders erlebe ich das zur Zeit mit dem 15 jährigen Enkel, der gewissermaßen bei mir aufgewachsen ist.
Ich bin in den Jahren 5 cm geschrumpft, er um ca 1,80 Meter gewachsen.
In Sache sozialer Kompetenz sind wir mit- und an- einander gewachsen.
Selten habe ich ein Kind erlebt, welches so beständig und beharrlich sein Eigenes (seine Würde und ebenfalls die Würde seiner Kameraden) bewahrt und beschützt hat.
Das hat zu heftigen Krisen geführt in der Schulzeit. Er lässt sich nicht ziehen.

(Hier kommt mir unser kleiner Thih Tzu in den Sinn - da ist mit Ziehen auch nichts zu machen. Unglaublich wieviel Kraft so´n kleines "Paketchen" hat!)

Coronalockdowns waren für den Enkel eher befreiend aber führten zu Lernrückständen.
Nun ist er in einer kleinen Schule, wo er geradezu aufblüht.
Sowohl Schule wie Praktika werden nun ohne Murren und Widerstand, sogar mit Freude angegangen.
Der Notendurchschnitt stieg von gerademal ausreichend auf gut bis sehr gut.
val
val
Mitglied

RE: Empathie, besser miteinander umgehen "Gerald Hüther"
geschrieben von val
als Antwort auf Bias vom 27.10.2021, 10:34:29

Ich befürchte, dass wir Menschen mit der Aufforderung zur Übernächstenliebe hoffnungslos überfordert sind

geschrieben von Bias
'Liebe deinen Nächsten - die Anderen sind zu weit weg' (weiss nicht, wer das sagte)

Wenn das klappte, würde sich das mit der Übernächstenliebe nicht von selbst ergeben ?

Wunschgedanken - kann es doch schon schwerfallen, seine 'Nächsten' überhaupt wahrzunehmen, also zu lieben.
Gruss Val

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