Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?

Geisteswissenschaft / Philosophie Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?

attis
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von attis
als Antwort auf longtime vom 26.03.2008, 20:00:52
Nur ein reales, authentisches Ich kann Ich-Fragen oder Daseinsfragen stellen; wer nicht geboren wurde, geistert rum.... in der Phantasie anderer.
longtime


Ist nur die Frage, wie real, authentisch ein Ich wohl sein kann.
Und damit wären wir wieder bei der Anfangsfrage.
Gibt es einen kleinen Mann, eine kleine Frau im Kopf (oder Bauch, woauchimmer), der/die das ist?
Und wo wäre dieses reale Ich zu lokalisieren? Wenn ich mich so hineinfühle in mich, dann würde ich mich zum größten Teil im Kopf orten. Zumindest jetzt, beim Schreiben. Wenn ich meine kleine Enkelmaus im Arm halte, dann spüre ich dieses Ich im Oberkörper, in den Armen, im Gesicht.
Die Beine .... manchmal, wenn ich spazierengehe und auf meinen Körper achte, und das Gehen genieße, dann spüre ich mich auch in den Beinen. Dann sind sogar die Fußsohlen ganz lebendig, so als ob sie Hände wären, die den Boden wahrnehmen.
--
attis
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von attis
als Antwort auf ehemaligesMitglied57 vom 26.03.2008, 20:12:08
Geht so nicht, attis. Man ist immer da. In was für einem Aggregatzustand auch immer. Hinter unserer Stirn "wohnt" das Fitzelchen Weltgeist, welches sich einst "uns" als materiellen Träger ausgesucht hat. Während des Lebens altert unsere Seele, und wird in gleichem Maße reifer. Verschiedene Religionen glauben zu wissen, dass der Mensch in einer Art Abfolge von Geburt-Leben-Tod-Wiedergeburt diesen Zyklus solange durchlaufen muss, bis sich im letzten dieser Leben die finale Erleuchtung einstellt. Das wird als der Zeitpunkt beschrieben, an dem dieser nervige Zustand beendet und der Abmarsch ins Nirwana beginnt. In allen langlebigen Mythen steckt ein Körnchen Wahrheit, und so sicher auch hier.
Die unsterbliche Seele, das eigentliche "wir" ist gezwungen, in einer bestimmten Anzahl von Leben zur Erkenntnis zu reifen. Deshalb wird sie versuchen, sich wieder und wieder, und in möglichst kurzen Abständen, in Körper zu transponieren. So kann es durchaus geschehen, dass die Seele eines verstorbenen Körpers sich schon wenige Tage später von neuem in ein entsehendes Leben begibt. Die katholische Kirche selbst legt diesen Zeitpunkt mW nach auf die 13. Woche fest.
Ganz nebenbei erwähnt sollten wir mit diesem Wissen auch dafür sorgen, dass es der uns innewohnende Geist, das eigentliche "wir", es zeitlebens gut hat, und sich nicht mit Krankheiten usw. rumquälen muss.
--
gerald
geschrieben von gerald


Wiedergeburt ist gut. Ich komm sofort wieder. Wenngleich ich mir die Umstände viel sorgfältiger aussuchen werde als letztesmal.
Nicht, weil ich drauf aus bin zu reifen, sondern weil die Welt so interessant und so schön ist. Und immer ist sie neu.
Abgesehen von den schlimmen, ganz entsetzlichen Sachen.
Aber gleichzeitig ist sie auch wunderschön.
Apropo „reifen“: Wieso wird Reifwerden immer mit „leiden müssen und daraus lernen“ gleichgesetzt? Ich lerne dabei wenig.
Jedenfalls bin ich schon sehr gespannt darauf, ob ich nach meinem Abgang noch vorhanden bin, in welchem Aggregatzustand auch immer.
Ob man das kann, so wie Schorsch schreibt: es mitzukriegen, wie man einschläft? Ich meine, es mitzukriegen, wie man seinen Aggregatzustand wechselt?

Also gut, um nochmals auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Ich denke, dieser Eindruck eines Ich, das denkt, das eine Biographie hat, ist nicht alles, was man ist.
Irgendwann krieg ich es noch raus, was ich bin!

Gut Nacht, schlaft alle gut und wacht morgen gesund und munter wieder auf.
Ich wünsche uns endlich Sonne!
Attis
schorsch
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf attis vom 26.03.2008, 19:49:12
@: "...Und was ist mit den multiplen Persönlichkeiten? Was ist mit ihnen passiert? ..."

Ich gebe mal folgende Theorie vor: Genau so wie es Kinder mit 2 Köpfen oder 2 Gesichtern gibt, gibt es auch Hirne, in denen irrtümlicherweise 2 Persönlichkeiten gespeichert sind. Vermutlich ist das auch bei Schizophrenie der Fall.

--
schorsch

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attis
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Mitglied

Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von attis
als Antwort auf schorsch vom 27.03.2008, 11:53:12
@: "...Und was ist mit den multiplen Persönlichkeiten? Was ist mit ihnen passiert? ..."

Ich gebe mal folgende Theorie vor: Genau so wie es Kinder mit 2 Köpfen oder 2 Gesichtern gibt, gibt es auch Hirne, in denen irrtümlicherweise 2 Persönlichkeiten gespeichert sind. Vermutlich ist das auch bei Schizophrenie der Fall.


Ich hab mal gelesen, daß bei solchen Menschen nicht nur die Persönlichkeit wechselt, sondern daß sich diese Veränderungen auch auf den Körper erstrecken. So hat z.B. der gleiche Körper bei Auftreten der einen Persönlichkeit Neurodermitis, bei der anderen nicht.

Die Grundlage einer Persönlichkeit ist das Gedächtnis. Warum einer so und so reagiert und nicht anders, ergibt sich aus den gemachten Erfahrungen. Zumindest wenn die Person auf Autopilot funktioniert. Und die meiste Zeit fährt doch bei uns der Autopilot. Wir reagieren automatisch, so wie wir immer reagieren. Wir denken, so wie wir immer denken. Und wir brauchen gar nicht mehr genau hinschauen, wie die Situation wirklich ist, weil wir ja passende Schablonen in unserem Gedächtnis haben.
Wir könnten ja auch anders reagieren. Wissen, daß keine Situation ganz einer anderen gleicht. Wir könnten aufmerksamer sein.

Ich glaube, Persönlichkeit entsteht so ähnlich wie der individuelle Gang eines Menschen. Ich erkenne Bekannte von weitem an ihrem Gang, auch wenn ich ihre Gesichter und Figur noch nicht erkennen kann. Im Laufe der Zeit spurt sich eine bestimmte Bewegungsart ein. Und genau so spurt sich eine bestimmte Persönlichkeit ein.
Bis zu einem gewissen Grad ist das sicher unvermeidlich, aber dann wird die Geschichte starr, der Gang und auch die Persönlichkeit.

Aber seltsam finde ich, daß z.B. Katzen durchaus sehr unterschiedliche Wesensarten haben, aber allein am Gang kann man kaum keine Katze von der anderen unterscheiden. Von weitem gesehen lief der junge schwarze Kater vom Nachbarn auf genau dieselbe Weise wie meine alte schwarze Kätzin. Ich konnte sie nicht voneinander unterscheiden, wenn sie auf der Hangwiese unterwegs waren.

--
attis
mintsch
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von mintsch
als Antwort auf attis vom 28.03.2008, 19:38:01
Das `Ich` muss neu umschrieben werden.

"Lachen auf Knopfdruck
Bei einer solchen Untersuchung entdeckten Forscher der Universität von Kalifornien in Los
Angeles Anfang des Jahres auch einen zwei mal zwei Zentimeter großen Bereich im linken
Vorderhirn, der offenbar das Lachen steuert. Jedes Mal, wenn die Ärzte bei einer Patientin das
sogenannte supplementär-motorische Areal elektrisch stimulierten, begann das Mädchen zu
lachen.
Das Verblüffende daran: Das Mädchen empfand die Reize als natürlichen Impuls und
begründete sein Kichern mit komischen Beobachtungen, die es an den Ärzten machte oder
mit den angeblich witzigen Aufgaben, die ihm gestellt wurden. Das Gehirn erfindet also
offensichtlich bei Bedarf Märchen, die das Erlebte im nachhinein plausibel machen.
Nach Ansicht vieler Forscher gaukelt es dem menschlichen Bewusstsein sogar das Gefühl von
Autonomie vor. "Mehrere Untersuchungen weisen darauf hin, dass man den freien Willen
durch gezielte Stimulationen in diesem supplementär-motorischen Areal künstlich erzeugen
kann", berichtete Gerhard Roth in Berlin. "Wenn man die richtige Stelle reizt, heben die Leute
beispielsweise ihren Arm und behaupten dann, sie hätten dies gewollt."

Folgendes von Peter Sloterdijk habe ich irgendwo teils schon zitiert:Aus `Kritik der zynischen Vernunft`.

S. 155: ..., so sind wir zunächst und „von Natur“ aus Idioten der Familie“ im weitesten Sinn erzogene Menschen. Mit dem Idiotismus des Ichs hat es die Aufklärung in letzter Instanz zu tun.

S. 156: Die Sucht nach Identität scheint die tiefste der unbewussten Programmierungen zu sein, so sehr verborgen, dass sie auch der aufmerksamen Reflexion lange entgeht. In uns ist quasi ein formaler Jemand als Träger unserer sozialen Identifikation einprogrammiert. Er garantiert allenthalben den Vorrang des Fremden vor dem eigenen; wo Ich zu sein scheine, waren die anderen immer schon an meiner Stelle vor mir da, um mich durch meine Vergesellschaftung zu automatisieren. Unsere wahre Selbsterfahrung in ursprünglich Niemandheit bleibt in dieser Welt unter Tabu und Panik begraben. Im Grunde aber hat kein Leben einen Namen. Der selbstbewusste Niemand in uns - der erst mit seiner sozialen Geburt Namen und Identität erhält - ist es, der die lebende Quelle der Freiheit bleibt.

S. 156: Der lebendige Niemand ( der Niemand aus der Odyssee) ist es, der, trotz der Greuel der Sozialisation, sich an die energetischen Paradiese unter den Persönlichkeiten erinnert. Sein Lebensgrund ist der geistesgegenwärtige Körper, den wir nicht nobody, sondern yesbody nennen sollen, und der sich im Gang der Individuation vom areflexiven „Narzissmus“ zur reflektierten „Selbstentdeckung im Weltganzen zu entfalten vermag. Bei ihm findet die letzte Aufklärung als Kritik des privaten, egoistischen Scheins ihr Ende.

[/i]
--
mintsch
luchs35
luchs35
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf mintsch vom 29.04.2008, 12:30:43
"Lachen auf Knopfdruck
Bei einer solchen Untersuchung entdeckten Forscher der Universität von Kalifornien in Los
Angeles Anfang des Jahres auch einen zwei mal zwei Zentimeter großen Bereich im linken
Vorderhirn, der offenbar das Lachen steuert. Jedes Mal, wenn die Ärzte bei einer Patientin das
sogenannte supplementär-motorische Areal elektrisch stimulierten, begann das Mädchen zu
lachen.


Ob wohl die Fernsehmacher sich auf diese Untersuchung stützen und blenden deshalb in ihre "lustigen" Comedies" Lacher ein, damit die Zuschauer auch merken, wann sie lachen müssen ??))
--
luchsi35

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mintsch
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von mintsch
als Antwort auf luchs35 vom 29.04.2008, 23:33:36
Ob wohl die Fernsehmacher sich auf diese Untersuchung stützen und blenden deshalb in ihre "lustigen" Comedies" Lacher ein, damit die Zuschauer auch merken, wann sie lachen müssen ??))
--
luchsi35[/quote]

Ich hoffe, dass Du laut und befreiend gelacht hast, obwohl Niemand höchstwahrscheinlich nicht dabei war.
Die Themen in Mythologie, Literatur, Philosophie und Psychologie sind immer die selben geblieben. So las ich heute über den Fluss Lethe der griechischen Mythologie.


Mit dem Link funktioniert es nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lethe_(Mythologie)
--
mintsch
luchs35
luchs35
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf mintsch vom 01.05.2008, 09:52:43
hallo mintsch, und ob ich gelacht habe! )

Natürlich bleiben diese Themen immer gleich, vielleicht erfahren sie noch Ergänzungen, andere Blickwinkel, aber im Prinzip ist längst alles gesagt, gedacht und niedergeschrieben worden! Man erfindet ja heute auch das Rad nicht mehr neu....)

Aber so ein Schlückchen Lethe könnte ich manchmal doch gebrauchen!
--
luchsi35
mintsch
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Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von mintsch
als Antwort auf luchs35 vom 01.05.2008, 10:10:44
Wir sollten beim Thema bleiben, das ich nochmals in Erinnerung rufen will. "Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?“

Nachdem ich Deinen letzten Beitrag las, fragte ich mich, ob sich das mit dem Schlückchen machen lässt.
In der Odyssee geht es wohl landläufig anerkannt um eine Selbstfindung, um Selbsterkenntnis. Ich zitiere aus dem ersten Vers:
"und auf dem Meere so viel Leiden erduldet, seine Seele zu retten."

Es ist anzunehmen, dass Odysseus bei seinen Abenteuern, um zu erfahren, wer er ist, Wasser in rauen Mengen geschluckt hat.

--
mintsch
mintsch
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Mitglied

Re: Die uralte Frage, will ich wirklich wissen, wer ich bin?
geschrieben von mintsch
als Antwort auf mintsch vom 01.05.2008, 10:50:26

Liebe Attis,
was für ein schönes Beispiel, das mit den Katzen. Sind wir auf unsere Individualität oft fälschlicherweise stolz?
Auch ich bedaure sehr, zu spät dazu gekommen zu sein und möchte, robo wäre noch dabei.

Auf die Frage, ob wir wissen wollen, wer wir sind, werden sicherlich die meisten sofort mit ja antworten. Aber die Frage, wollen wir wirklich wissen, wer wir sind, mahnt uns doch, nochmals darüber nachzudenken! Geht es uns dabei nur um Erklärungen? Oder einen Glauben? Darum, dass wir darum wissen, dass wir schlussendlich aus Sternenstaub entstanden sind, und glücklicherweise nicht zu schwarzen Löchern kollabierten, weil wir nur an einer kleineren Sonne teilhatten?
Das denke ich nicht.
Könnte es aber um Dinge gehen, die erlebt werden müssen, um uns zu erfahren. Und will ich dann noch wirklich wissen, wer ich bin? Will ich diese Odyssee wirklich erleben?

Ich hätte oben den ganzen Verses zitieren sollen:
`Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,
welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troia Zerstörung,
Vieler Menschen Städte gesehen und Sitte gelernt hat,
Und auf dem Meere so viel unnennbare Leiden erduldet,
seine Seele zu retten und seiner Freunde Zurückkunft'.
(Üb. Voss)
Da hat Odysseus also viele Sitten kennen gelernt. Anzunehmen ist, dass dies seine Wahrnehmung erweiterte, er also zumindest nicht an seinem Image arbeitete, wie luchsi35 von den Philosophen denkt, dass sie es tun.

luchsi35 antwortete am 23.11.07 auf den Beitrag von Yankee:
"Man kann die Frage von allen Seiten angehen. Aber ist sie nicht vor allem für die Menschen relevant, die ein Leben lang an ihrem Image herumbasteln, bis sie selbst nicht mehr wissen, wer sie wirklich sind?"

Mein Versuch hier wird sein, die Frage noch von einer anderen, etwas ungewohnten Seite anzugehen.

roundabout oder robo antwortete luchsi35 am 24.11.07

Hallo, luchsi35-ein toller Name. Danke für Deine Zeilen.

Tja, ob die Frage mit Image zu tun hat, bezweifle ich.
Und meinst Du denn, „Deine“ von Dir vermuteten Imagebastler hätten VOR der Bastelei gewusst, wer oder was sie sind?
Weißt Du es?
Gruß
robo

Das da gebastelt wurde, scheint für ihn auch Tatsache zu sein. Ich denke mir nur, dass seine Frage dahin weist, was Sloterdijk viel radikaler so ausdrückt:

S. 156: Die Sucht nach Identität scheint die tiefste der unbewussten Programmierungen zu sein, so sehr verborgen, dass sie auch der aufmerksamen Reflexion lange entgeht. In uns ist quasi ein formaler Jemand als Träger unserer sozialen Identifikation einprogrammiert. Er garantiert allenthalben den Vorrang des Fremden vor dem eigenen; wo Ich zu sein scheine, waren die anderen immer schon an meiner Stelle vor mir da, um mich durch meine Vergesellschaftung zu automatisieren. Unsere wahre Selbsterfahrung in ursprünglich Niemandheit bleibt in dieser Welt unter Tabu und Panik begraben. Im Grunde aber hat kein Leben einen Namen. Der selbstbewusste Niemand in uns - der erst mit seiner sozialen Geburt Namen und Identität erhält - ist es, der die lebende Quelle der Freiheit bleibt.

Nach ihm wurde also ebenso vor der eigenen Bastelei am Image gebastelt. Das wusste schon Freud. Wir hätten da: Aus Es werde Ich, was der gute alte Freud ja auch in der Analyse weiter zu führen versuchte. Darum wird er uns hier nicht dienen.

Aber sind vielleicht Wege zu gehen, die wir gerne verleugnen und mit Recht fürchten? Da ist bestimmt in den Zitaten nicht zufällig eine Ähnlichkeit; einerseits die "unnennbaren Leiden" von Homer erwähnt, und dann: "Unsere wahre Selbsterfahrung in ursprünglich Niemandheit bleibt in dieser Welt unter Tabu und Panik begraben."

Dazu die Antwortet am 24.11.07 von robo an angelottchen:

Hi, danke für Deinen Kommentar.

kannst Du denn tatsächlich das sein, was Du wahrnimmst??
Also z. B. „Dein“ Körper, den Du (teilweise) siehst?
Gruß

Und weiter von Peter Sloterdijk:
S. 156: Der lebendige Niemand ( der Niemand aus der Odyssee) ist es, der, trotz der Greuel der Sozialisation, sich an die energetischen Paradiese unter den Persönlichkeiten erinnert. Sein Lebensgrund ist der geistesgegenwärtige Körper, den wir nicht nobody, sondern yesbody nennen sollen, und der sich im Gang der Individuation vom areflexiven „Narzissmus“ zur reflektierten „Selbstentdeckung im Weltganzen zu entfalten vermag. Bei ihm findet die letzte Aufklärung als Kritik des privaten, egoistischen Scheins ihr Ende.

Das Thema aller grossen Epen war dasselbe wie in der Odyssee. So auch in Goethes Faust. Da meint er:
"Und solang du das nicht hast
Dieses: Stirb und Werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde."
Da macht er eine Trennung zwischen Menschen. Er sieht einerseits diejenigen, die nicht wirklich wissen wollen wer sie sind. Anderseits die, die es tun.
Ist dies der von Nietzsche gedachte Übermensch.? Es gibt klare Indizien. Die Philosophen bauten sich nicht nur ein Image oder suchten nach nicht vorhandenen Katzen im Dunkeln.

Aber nochmals zu Goethe:
Wagner:
Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist!
Möcht jeglicher doch was davon erkennen.
Faust.
Ja was man so erkennen heisst!
Wer darf das Kind beim Namen nennen?
Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht g`nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.

Mintsch

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