Geisteswissenschaft / Philosophie Beseelt oder Besessen
Beseelt oder besessen? - diese Fragestellung tauchte auf im Thread "Mysteriöse Erscheinungen".
Ich glaube dies ist ein Thema, welches sich lohnt, näher erörtert zu werden.
In kenne es vom philosofischen Café her, dass einige Zitate am Anfang den Einstieg in das Thema erleichtern können,
so starte ich mit folgenden Gedanken:
"Der Stoff ist das Mögliche, die Form das Wirkliche. Da nun dies aus beiden Zusammengesetzte ein beseeltes Wesen ist, so ist der Körper nicht die Wirklichkeit einer Seele, sondern die Seele die Wirklichkeit eines bestimmten Körpers."
Aristoteles, Über die Seele
"Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin. Doch nur auf deinen Weg kommt es an, und es gibt keine Vorräte, in deren Mitte du dich niederlassen könntest. Denn dann stirbt das Kraftfeld, das dich ausschließlich beseelt, und du gleichst einem Leichnam."
Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
"Die Deutschen haben eine Besessenheit, jede Sache so weit zu treiben, bis eine böse daraus geworden ist."
George Bernard Shaw
(26.06.1856 - 02.11.1950)
"Das Sprichwort «Wo ein Wille ist, da ist ein Weg» drückt nicht bloß ein germanisches Vorurteil aus. Es ist ein Aberglaube des modernen Menschen im allgemeinen. Um diesen Glauben aufrechtzuerhalten, kultiviert er auf der anderen Seite einen bemerkenswerten Mangel an Introspektion. Er steht der Tatsache blind gegenüber, daß er bei aller Vernünftigkeit und Tüchtigkeit von «Mächten» besessen ist, über die er keine Kontrolle hat."
C.G. Jung, Traum und Traumdeutung
Mareike
Ich glaube dies ist ein Thema, welches sich lohnt, näher erörtert zu werden.
In kenne es vom philosofischen Café her, dass einige Zitate am Anfang den Einstieg in das Thema erleichtern können,
so starte ich mit folgenden Gedanken:
"Der Stoff ist das Mögliche, die Form das Wirkliche. Da nun dies aus beiden Zusammengesetzte ein beseeltes Wesen ist, so ist der Körper nicht die Wirklichkeit einer Seele, sondern die Seele die Wirklichkeit eines bestimmten Körpers."
Aristoteles, Über die Seele
"Gewiß ist die Vollkommenheit unerreichbar. Sie hat nur den Sinn, deinen Weg wie ein Stern zu leiten. Sie ist Richtung und Streben auf etwas hin. Doch nur auf deinen Weg kommt es an, und es gibt keine Vorräte, in deren Mitte du dich niederlassen könntest. Denn dann stirbt das Kraftfeld, das dich ausschließlich beseelt, und du gleichst einem Leichnam."
Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste
"Die Deutschen haben eine Besessenheit, jede Sache so weit zu treiben, bis eine böse daraus geworden ist."
George Bernard Shaw
(26.06.1856 - 02.11.1950)
"Das Sprichwort «Wo ein Wille ist, da ist ein Weg» drückt nicht bloß ein germanisches Vorurteil aus. Es ist ein Aberglaube des modernen Menschen im allgemeinen. Um diesen Glauben aufrechtzuerhalten, kultiviert er auf der anderen Seite einen bemerkenswerten Mangel an Introspektion. Er steht der Tatsache blind gegenüber, daß er bei aller Vernünftigkeit und Tüchtigkeit von «Mächten» besessen ist, über die er keine Kontrolle hat."
C.G. Jung, Traum und Traumdeutung
Mareike
Mein Anliegen mit diesem Thread ist, den Versuch zu wagen, diese Thematik zu erörtern ohne mich auf Gott, Engel und Teufel zu berufen, philosophisch:
"Anders als Religionen, religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen stützt sich die Philosophie bei der Bearbeitung der oben genannten „philosophischen“ Fragen allein auf die Vernunft, d. h. auf rationale Argumentation, die keine weiteren Voraussetzungen (wie z. B. den Glauben an eine bestimmte zugrundeliegende Lehre) erfordert.
Philosophie
Mareike
"Anders als Religionen, religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen stützt sich die Philosophie bei der Bearbeitung der oben genannten „philosophischen“ Fragen allein auf die Vernunft, d. h. auf rationale Argumentation, die keine weiteren Voraussetzungen (wie z. B. den Glauben an eine bestimmte zugrundeliegende Lehre) erfordert.
Philosophie
Mareike
Von den Zitaten ist das von Shaw Vorurteil pur und hat nichts mit seiner viel gerühmten Ironie zu tun. Er hat sicher die beiden Weltkriege im Hinterkopf, insofern verzeihlich. Die richtigen Worte in meinem Verständnis hat mal wieder Antoine de Saint-Exupéry gefunden.
Von mir selbst glaube ich nicht, besonders beseelt oder besessen zu sein, zu einem gewissen Grad gehören diese Eigenschaften aber zu jedem Menschen, der nicht einfach stumpf und dumpf vor sich hinlebt. Wenn bedeutende Menschen von ihrer "Mission" nicht beseelt und besessen wären, könnten "wir" kleinen Geister nicht davon profitieren. Große Künstler, Entdecker und Erfinder nehmen und nahmen dafür Entbehrungen aller Art auf sich. Oft leiden sie unter ihrer zwanghaften Besessenheit, von der sie sich nicht lösen können. Vielleicht haben Hirnforscher Erklärungen über dieses Phänomen. An Engel und Teufel glaube ich nicht, deshalb sind "beseelt" und "besessen" für mich wertneutral.
Clara
Von mir selbst glaube ich nicht, besonders beseelt oder besessen zu sein, zu einem gewissen Grad gehören diese Eigenschaften aber zu jedem Menschen, der nicht einfach stumpf und dumpf vor sich hinlebt. Wenn bedeutende Menschen von ihrer "Mission" nicht beseelt und besessen wären, könnten "wir" kleinen Geister nicht davon profitieren. Große Künstler, Entdecker und Erfinder nehmen und nahmen dafür Entbehrungen aller Art auf sich. Oft leiden sie unter ihrer zwanghaften Besessenheit, von der sie sich nicht lösen können. Vielleicht haben Hirnforscher Erklärungen über dieses Phänomen. An Engel und Teufel glaube ich nicht, deshalb sind "beseelt" und "besessen" für mich wertneutral.
Clara
Auf akademischem Niveau kann ich nicht mitdiskutieren. Aber da wir ja ein öffentliches Forum sind, darf ich vielleicht auch einfach meine Gedanken dazu äußern?
Wenn ich den Ausdruck "besessen" höre, drängt sich mir die Assoziation einer "Außensteuerung" der betreffenden Person auf. Jemand wird von einer Idee oder einem Anliegen quasi fremdgesteuert. Das schmeckt für mich nach Kontrollverlust.
"Beseelt" dagegen hat für mich nicht den Beigeschmack dieses überstarken affektiven Drangs, etwas Bestimmtes zu tun.
Ich selbst erfahre mich so, dass ich in meinem Leben diese beiden Wörter nicht benutzen würde. Ich habe einfach zu sehr das Gefühl, mich selbst in der Hand zu haben.
Aber auch das ist natürlich eine Illusion. Keiner hat sich immer und in jeder möglichen Situation in der Hand. Aber im normalen Alltag fühle ich mich weder beseelt noch besessen.
Wenn ich den Ausdruck "besessen" höre, drängt sich mir die Assoziation einer "Außensteuerung" der betreffenden Person auf. Jemand wird von einer Idee oder einem Anliegen quasi fremdgesteuert. Das schmeckt für mich nach Kontrollverlust.
"Beseelt" dagegen hat für mich nicht den Beigeschmack dieses überstarken affektiven Drangs, etwas Bestimmtes zu tun.
Ich selbst erfahre mich so, dass ich in meinem Leben diese beiden Wörter nicht benutzen würde. Ich habe einfach zu sehr das Gefühl, mich selbst in der Hand zu haben.
Aber auch das ist natürlich eine Illusion. Keiner hat sich immer und in jeder möglichen Situation in der Hand. Aber im normalen Alltag fühle ich mich weder beseelt noch besessen.
Ein akademisches Niveau wird nicht angestrebt.
Und wichtig ist wohl auch zu vermerken, dass die Philosophie (auch) keine Antworten liefert.
Sie fordert jedoch auf zu hinterfragen und ermöglicht die Teilhabe an den Meinungsreichtum und den Überzeugungen anderer.
Auf diesem Weg kann man sein Welt- und Menschenbild konkretisieren und darauf, so vermute ich mal, beruhen - bewußt oder unbewußt - zu einem guten Teil unsere Entscheidungen und Handlungen.
Mareike
Und wichtig ist wohl auch zu vermerken, dass die Philosophie (auch) keine Antworten liefert.
Sie fordert jedoch auf zu hinterfragen und ermöglicht die Teilhabe an den Meinungsreichtum und den Überzeugungen anderer.
Auf diesem Weg kann man sein Welt- und Menschenbild konkretisieren und darauf, so vermute ich mal, beruhen - bewußt oder unbewußt - zu einem guten Teil unsere Entscheidungen und Handlungen.
Mareike
Das hast du schön gesagt, liebe Mareike!
Oben habe ich gesagt, dass ich mich in meinem normalen Alltag weder beseelt noch besessen erlebe. Aber ich fühle mich durchaus inspiriert...
Oben habe ich gesagt, dass ich mich in meinem normalen Alltag weder beseelt noch besessen erlebe. Aber ich fühle mich durchaus inspiriert...
Besessen kommt von Besitzen. Heisst also, dass man in der Hand oder im Besitz von jemandem oder von etwas sei. Ich bevorzuge es, nur einfach beseelt zu sein.
Selig sind die Beseelten, nicht aber die Besessenen.
Selig sind die Beseelten, nicht aber die Besessenen.
Wenn ich den Ausdruck "besessen" höre, drängt sich mir die Assoziation einer "Außensteuerung" der betreffenden Person auf. Jemand wird von einer Idee oder einem Anliegen quasi fremdgesteuert. Das schmeckt für mich nach Kontrollverlust.Das scheint mir doch sehr gut zu dem Begriff "besessen" zu passen. Ich würde ihn auch verwenden, wenn ich erkennen würde, dass sich jemand völlig und irreversibel in eine Denkrichtung verrannt und diese fanatisch verfolgen würde, dann wäre er von einer Idee "besessen".
"Beseelt" dagegen hat für mich nicht den Beigeschmack dieses überstarken affektiven Drangs, etwas Bestimmtes zu tun.Ganz und gar nicht. "Beseelt" denke ich, ist positiv zu verstehen. Ein Gedanke kann mich beleben. "Beseelt" fühle ich mich, wenn ich von einer Aufgabe überzeugt bin etc.
Ich denke, ich würde die Begriffe ähnlich werten wie Du und schorsch.
Karl
Ich empfinde "beseelt" als die aktive Seite, besessen als passiv oder wie Du es nennst: fremdgesteuert.
Nun kann ich versuchen dennoch bei mir zu bleiben, in dem Sinne, dass ich Geist und Körper als Einheit sehe.
Die "Fremdsteuerung" wäre somit eine "Programmierung" welche ich nicht bewusst angestrebt habe, "Daten auf meiner Festplatte (Gehirn?)" welche das Leben schrieb, somit der große Teil des Un-Bewußten.
Das beseelte Handeln ist in meinen Augen ein ganzheitliches Tun,
all(e) mein(e) Sinnen, mein Hoffen, Sehnen, Fühlen, Wissen wird bewusst in eine Richtung gesteuert - die Seele als Kraftfeld.
? ? ?
Mareike
Nun kann ich versuchen dennoch bei mir zu bleiben, in dem Sinne, dass ich Geist und Körper als Einheit sehe.
Die "Fremdsteuerung" wäre somit eine "Programmierung" welche ich nicht bewusst angestrebt habe, "Daten auf meiner Festplatte (Gehirn?)" welche das Leben schrieb, somit der große Teil des Un-Bewußten.
Das beseelte Handeln ist in meinen Augen ein ganzheitliches Tun,
all(e) mein(e) Sinnen, mein Hoffen, Sehnen, Fühlen, Wissen wird bewusst in eine Richtung gesteuert - die Seele als Kraftfeld.
? ? ?
Mareike
Hm, wenn ich eure Gedanken, Karl und Mareike, zu "beseelt" so lese, drängt sich mir auf, dass ihr Recht habt. Von etwas beseelt zu sein, ist positiv belegt.
Mareike, mir leuchtet auch ein, dass "beseelt", etwas mit der Gesamtheit der Persönlichkeit zu tun hat. Beseelt ist man, wenn man sich von einer Sache ganzheitlich angesprochen fühlt und alles im eigenen Innern durch diese ganzheitliche Motivation in Bewegung kommt...
Mareike, mir leuchtet auch ein, dass "beseelt", etwas mit der Gesamtheit der Persönlichkeit zu tun hat. Beseelt ist man, wenn man sich von einer Sache ganzheitlich angesprochen fühlt und alles im eigenen Innern durch diese ganzheitliche Motivation in Bewegung kommt...