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Esperanto Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet

frali
frali
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Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von frali

Peter WEIDE: "Die Gemeinsamkeiten der europäischen Länder sollten viel stärker hervorgehoben werden.
Europa ist bei allen Unterschieden zwischen den Ländern ein zusammenhängendes kulturelles Gebiet.
Für dieses Kulturgebiet ist eine gemeinsame Sprache notwendig, eine Zweitsprache für alle.
Diese gemeinsame Sprache muss demokratisch sein, also keine bisherige bevorzugen, und leichter als die Nationalsprachen zu lernen sein. Esperanto muss die gemeinsame europäische Sprache werden.
Schon Umberto Eco wusste, dass es gegen Esperanto nur ein Argument gibt: Den Egoismus der nationalen Regierungen."

https://futureu.europa.eu/processes/OtherIdeas/f/8/proposals/7185?filter%5Brelated_to%5D=&filter%5Bsearch_text%5D=Esperanto&order=random#:~:text=siehe%20andere%20Versionen-,Teilen,-Einbetten

Karl
Karl
Administrator

RE: Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von Karl
als Antwort auf frali vom 30.06.2021, 11:27:30

Lieber @frali,

Deiner Überschrift stimme ich natürlich gerne zu.

Ich bewundere den Esperanto-Ansatz zur Lösung des Sprachproblems seit langem. Trotzdem hoffe ich, dass Du mir nicht übel nimmst, wenn ich Kritisches anmerke.

Glaubst Du, dass dieses Projekt Erfolgsaussichten hat? Wenn Jugendliche sich für das Erlernen einer Sprache begeistern, dann wollen sie meist direkt etwas damit anfangen. Englisch öffnet da viele Türen direkt. Esperanto hat da eher noch weniger Attraktivität als Latein, das zumindest im Ruf steht, sehr hilfreich bei dem Erlernen anderer europäischer Sprachen zu sein und zudem historische Schriften lesbar macht.

Ein weiterer Punkt. Wie stehst Du zu der Entwicklung von elektrischen Simultanübersetzungen? Ich stelle mir das in Zukunft so vor, dass meine drahtlosen Hörgerät/Kopfhörer-Hybride auf die Sprache eines Gastlandes einstellbar sind und ich die Übersetzung direkt im Ohr haben kann, wenn ich es wünsche.

Schon heute gibt es viele elektronische Simultanübersetzer zu kaufen.

Karl

Zwergohreule
Zwergohreule
Mitglied

RE: Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von Zwergohreule
als Antwort auf Karl vom 30.06.2021, 11:55:22

Lieber @frali, lieber @karl,

eure Vorschläge sind alle spannend!
Eine gemeinsame Zweitsprache halte ich auch für ganz wichtig, und das Erlernen sollte schon im Kindergarten beginnen.

Ob es Esperanto sein soll oder vielleicht doch Englisch (da käme man beim momentanen Stand der Dinge währscheinlich am schnellsten auf einen grünenZweig), ist zu überlegen. Man könnte Esperanto aber in der Schule zumindest als Wahlfach anbieten, um es überhaupt erst ins Bewusstsein der Leute zu bringen.

Dein Hinweis, Karl, auf die elektrischen Simultanübersetzer war für mich eine Offenbarung, ich finde die Idee großartig und werde mich darüber informieren!

Zwergohreule


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frali
frali
Mitglied

RE: Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von frali

Esperanto gibt es seit 130 Jahren. Es hat zwei Weltkriege und Anwendungsverbote von Hitler und Stalin überdauert. Wer vor diesen Umständen ableitet, das wäre genug um sich allseits als Zweitsprache durchsetzen zu können und dies nicht geschehen ist, annimmt, Esperanto sei gescheitert, der irrt meines Erachtens. 

Noch nicht durchsetzen können hat sich die Idee, dass es friedensfördernd und belebend sein kann, wenn Menschen unterschiedlicher Muttersprachen aller Bevölkerungsgruppen - also nicht nur Wirtschaftsbosse, Politiker, Wissenschaftler und Generäle - spontan und differenziert (ohne Übersetzungsapparate) verständigen können. Als Esperantosprecher bin ich verwöhnt: Im Ausland komme ich mir taubstumm vor, wenn ich nicht nur nach dem Weg fragen will (das fällt ja dank Google Maps nun auch flach) oder etwas kaufen.

Vor einer Auslandsreise kontaktiere ich Esperantosprecher*innen und genieße es sich mit ihnen fast so gut zu verständigen wie mit meiner Muttersprache. Ich weiß, man kann sich das nicht vorstellen, wenn man es nicht erlebt hat. So ist dies keine tragfähige Motivationsvariante Esperanto lernen zu wollen.

Jeder der Fremdsprachen lernt (lernen musste), erfährt, dass es ein steiniger Weg ist, bis man die gelernte Sprache vernünftig anwenden kann. Ich glaube, dies ist ein wichtiges Hindernis bei dem "Durchsetzen" einer Fremdsprache. Besonders hart scheint mir zu sein, wenn man Sprachen übersetzen lernen musste (Latein, Altgriechisch) ohne Aussicht sie wirklich einmal flüssig zu sprechen. Wer Esperanto durch diese Brille sieht, der ist wirklich zu bedauern. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass diese Menschen wenig Neigung haben, mal im Internet zu schauen, was in der Esperantokultur Lebendiges geschieht.

In der Esperantobewegung gibt es zumeist Sprecher*innen die die Sprache anwenden ohne dass das öffentlichkeitswirksam wird, es bleibt das Meiste privat. Bei Aktiven gibt es unterschiedliche Ansätze Esperantoausbreitung zu fördern: Die Einen versuchen politische Instanzen von den Vorteilen zu überzeugen, die anderen eher die Massen normaler Bürger. Beides ist schwer zu verwirklichen: 1. Das haben wir ja noch nie gehabt. 2. Da könnte ja jeder kommen. 3. Wo kämen wir denn dahin? Der Mittelweg ist ebenfalls mühsam. Den zu überzeugenden Menschen fehlt die Phantasie, das es funktionieren könnte.

Niederdeutsch/Niederländisch hat sich seinerzeit im ganzen Hanseraum zumindest bei Kaufleuten und Seefahrern durchgesetzt - aber das erst nach längerer Zeit und weil sie gemeinsame Interessen verfolgten.

Ein gemeinsames Interesse an Frieden und Menschenwürde ist angesichts immer noch stattfindendem Terror, Bürgerkriegen, Schaffen von Fluchtursachen vorerst als Massenphänomen nicht in Sicht. Das kann man nur mit einer gemeinsamen Sprache nicht leisten. Aber damit anfangen könnte man...

Wenn alte Menschen bei Fridays for Future mitmachen können, so können sie auch Esperanto lernen und anwenden - man lernt nie aus. Ich behaupte sogar, dass Esperantolernen Demenzprohylaxe sein kann.

Simultan zu übersetzen hemmt den spontanen Gedankenaustauch und schneidet wichtigen Kontext ab. Simultan zu übersetzen ist etwas für Menschen, die dem süßen Gift der Bequemlichkeit erliegen und es vorziehen sich bedienen zu lassen. Um es mit einem Bild zu illustrieren: Wer mit einer Seilbahn auf Bergesspitze kommt, kann die Aussicht nicht so genießen, wie der Mensch, der die Bergspitze zu Fuß erreicht hat.

Soziale und ökologische Probleme durch technische Apparate lösen zu wollen, halte ich für einen Irrweg. Hören wir auf Menschengruppen auseinander zu treiben und biologische Kreisläufe zu zerstören!

https://polandrockfestival.pl/ https://en.polandrockfestival.pl/ https://krokodilo.de/woodstock/woodstock.php

RE: Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf frali vom 30.06.2021, 17:05:53

Über die Jahre bin ich natürlich auch ab und an mit Diskussionen über Esperanto in Berührung gekommen, aber das Thema hat mich ehrlich gesagt nie näher angesprochen. Ich glaube, es liegt daran, daß Sprache für mich etwas historisch Gewachsenes ist, etwas Organisches, Lebendiges, das sich nicht künstlich herstellen läßt. Sprache ist so viel mehr als ein technisches Verständigungsmittel. Nun weiß ich nicht, ob Esperanto eine eigene Literatur, Lyrik, Lieder usw. entwickelt hat, aber ich kann es mir schlecht vorstellen. Und alle weiteren untergründigen, oft unerklärlichen Erscheinungen von Sprache, im Humor zum Beispiel, in idiomatischen Wendungen, Ausdrücken - was ist mit ihnen? Es sind dies die eigentlichen Dinge, die mich interessieren, wenn ich an meine eigene Sprache und an andere  Sprachen denke, mit denen ich bekannt geworden bin. Beim Thema Esperanto reagiere ich zugegebenermaßen mit einer gewissen inneren Abwehr, die mit diesen Dingen zu tun haben mag. Und wenn man Esperanto schon als europäisch sehen will - warum dann nur auf der Basis von Latein und ohne die Anteile von, sagen wir Friesisch, Skandinavisch, Finnisch-Ugrisch, Baskisch usw. Man möge mich bitte korrigieren, wenn ich hier von falschen Sachverhalten ausgegangen sein sollte. 

frali
frali
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RE: Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von frali

So wie aus Oberdeutsch und Niederdeutsch irgendwann etwas wurde, das wir heute Standarddeutsch nennen, so ist aus Latein, Deutsch, Französisch, Englisch und einigen weiteren Quellen Esperanto entstanden. An den jeweiligen Entwicklungen waren maßgeblich Konstrukteure beteiligt: Martin Luther und die Brüder Grimm - bezüglich Esperanto: Ludwig Zamenhof. Das heißt: Sowohl Deutsch als auch Esperanto sind mehr oder weniger konstruiert und gewachsen. Mit anderen Worten: Esperanto war schon bei seiner Veröffentlichung 1877 eine nicht aus der Luft gegriffene Sprache. Um gleich Kulturschätze mitzuliefern, hat Zamenhof das Alte Testament, Hamlet und weitere Klassiker übersetzt und Gedichte original in Esperanto verfasst. Zu Zamenhofs Zeiten war Europa mehr oder weniger die Welt. Daher kritisieren einige Menschen, dass Esperanto zu europalastig sei und somit nicht als internationale Sprache tauge. Indessen haben etliche Asiaten bekundet, dass auch für sie Esperanto lernbar war, während sie bei dem Versuch, Englisch oder Französisch zu lernen, gescheitert waren.

In den 134 Jahren seiner Existenz haben viele Esperantosprecher*innen zu einer internationalen Kultur beigetragen, die ihren eigenen Reiz hat. Ohne sich damit befasst zu haben, kann man sich natürlich nichts darunter vorstellen. Aber man könnte ja ein wenig sich im Internet umtun. Um den Rahmen dieses Diskussiunsbeitrags nicht zu sprengen, will ich nur auf die Esperanto-Version von Wikipedia (https://eo.wikipedia.org/wiki/Vikipedio:Ĉefpaĝo) und eine Suchmöglichkeit (https://www.google.de/webhp?hl=eo&lr=lang_eo) hinweisen, die vorwiegend Resultate auf Esperanto liefert.

Esperantosprecher*innen genießen in Esperanto auch das, was von Menschen als fehlend behauptet wird: "Und alle weiteren untergründigen, oft unerklärlichen Erscheinungen von Sprache, im Humor zum Beispiel, in idiomatischen Wendungen, Ausdrücken - was ist mit ihnen?" Alles ist dabei! Nebenbei: Mit so etwas sind Übersetzungsmaschinen überfordert.

Bei Esperantosprecher*innen gibt es etliche, die Fremdsprachen sammeln: Es macht natürlich mehr her, wenn mann nicht nur sechs, sondern auch sieben Sprachen drauf hat. Ich fände es geschickter, mit Esperanto anzufangen. Da es wie ein Minilatein ohne Ausnahmen aber mit modernen Ausdrücken ist, die international gebräuchlich sind, sind Nationalsprachen leichter zu lernen als ohne die Basis Esperanto.

Ich lade ein, einen ersten Eindruck von Esperanto zu sammeln auf meiner Seite https://ene.frali.net/ und dort den angebotenen Links zu folgen.

Zwergohreule
Zwergohreule
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RE: Europa - ein gemeinsames Kulturgebiet
geschrieben von Zwergohreule
als Antwort auf frali vom 30.06.2021, 17:05:53
"Simultan zu übersetzen hemmt den spontanen Gedankenaustauch und schneidet wichtigen Kontext ab. Simultan zu übersetzen ist etwas für Menschen, die dem süßen Gift der Bequemlichkeit erliegen und es vorziehen sich bedienen zu lassen. Um es mit einem Bild zu illustrieren: Wer mit einer Seilbahn auf Bergesspitze kommt, kann die Aussicht nicht so genießen, wie der Mensch, der die Bergspitze zu Fuß erreicht hat."

Da hast du teilweise recht. Es gibt aber auch Menschen, die die Seilbahn nicht aus Bequemlichkeit benutzen, sondern weil sie gehbehindert sind. Und Menschen benutzen auch andere Hilfsmittel, die den Kontakt und Austausch mit anderen Menschen ermöglichen oder erleichtern, z.B. Hörgeräte oder Skypen.
Nätürlich ist so ein Ersatz in der Qualität nicht mit der originalen Fähigkeit zu vergleichen, aber in bestimmten Situationen doch besser als nichts.

z.B. wenn ich im Urlaub nicht jedes Jahr an den gleichen Ort fahre, sondern mal nach Polen, mal nach Tschechien, mal nach Ungarn etc., kann ich nicht jedesmal vorher die Sprache lernen, mit einem Übersetzungsgerät aber trotzdem mit den Einheimischen Kontakt aufnehmen.
Ausserdem gibt es auch Leute, die viele Begabungen haben, aber Sprachbegabung ist halt nicht darunter. Denen wäre doch damit auch geholfen.

Fazit, um bei deinem Bild zu bleiben: Natürlich ist es befriedigender, den Berg zu Fuß zu erklimmen, aber wenn das, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich ist, soll ich dann auf die schöne Aussicht verzichten, obwohl es eine Seilbahn gibt?

Das war jetzt nur meine Einstellung zu Übersetzungsgeräten, nicht zu Esperanto.
Was das betrifft, danke für deine interessanten Erläuterungen und deine Einladung, sich zu informieren. Das werde ich bestimmt tun!

Zwergohreule

 

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