Eigene Geschichten Opfer?
Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Marie hielt es einfach nicht mehr aus. Sie fühlte sich innerlich immer spröder werdend. Manchmal spürte sie überdeutlich die Grenzen ihrer Kraft.
Hans war krank, schon seit vier Jahren, und er würde nie wieder gesund werden. In diesen vier Jahren war sie immer bei ihm – wie in den dreißig Jahren zuvor auch –, kümmerte sich, gab Halt. Sie tat es aus Liebe, und sie tat es ganz selbstverständlich.
Hans hatte sich verändert durch die Krankheit, war hart geworden. Eigentlich war da nichts, was er forderte – aber es war auch nichts mehr, was er gab. Zunehmend spürte sie den Zorn, der ihn erfüllte. Sein Lachen, das sie so gebraucht hätte, war Erinnerung.
Nein, leid tat er ihr nicht. Obwohl sie ihn manchmal bedauerte. Sie sah ja, wie er kämpfte. Und es war dazu ein zweifacher Kampf: Der gegen die Krankheit und die Schmerzen und der andere um sich selbst. Das anerkannte und erkannte sie. Sie hoffte nur, dass dieser Zorn in ihm ob der Ungerechtigkeit sich nicht in Hass wandeln würde. Dann würde sie gehen.
Lange Zeit hatte sie versucht, ihm auch von seinem Zorn zu nehmen. Irgendwann sah sie, dass er sich in diesem zweifachen Kampf erschöpfen könnte und redete mit ihm darüber. Aber er verstand sie nicht, und dieses Gepräch schien seinen Zorn sogar zu schüren. Und das pflanzte ein neues Gefühl in sie: Angst.
Und auch die wieder zweifach: Angst, ihm zu nahe zu kommen, und Angst um sich selbst. Sie hatte Angst davor, irgendwann zu zerbrechen. Da wollte sie nicht hin, aber sie sah auch keinen Ausweg. Manchmal, ganz entfernt, spürte auch sie schon Zorn, Hilf- und Mutlosigkeit. Zunehmend fühlte sie sich hin- und hergeworfen von diesen Gefühlen und sie nahmen stetig von der Kraft, die sie für Hans und für sich brauchte. Es war kein Fallen, doch immer deutlicher ging es abwärts. Und dabei fühle sie sich zunehmend eingesperrt.
Es gelang ihr einfach nicht mehr, auszuruhen. Kein Buch, kein Spaziergang, kein Gespräch. Sie fühlte sich nur taub, wenn sie einen Moment Ruhe fand.
Um auszubrechen aus diesem Teufelskreis hatte sie vor drei Tagen einen Urlaub gebucht. Ganz spontan war das geschehen. Sie ging am Schaufenster eines Reisebüros vorbei, in dem ein Plakat von Borkum hing. Es sprang sie geradezu an, und plötzlich wusste sie, wohin sie wollte. Es war ein total neues Gefühl, als sie nach der Buchung wieder auf der Straße stand und für einen Moment überlegte.
Es war drückend. Obwohl sie sich „gefunden“ hatte, denn allein schon durch die Idee Borkum fühlte sie sich gerettet. Nein, sie war nicht froh darüber, und da war auch keine Freude, aber sowas wie Dankbarkeit schien sie zu stärken. Es war gut!
In den nächsten Tagen hatte Marie damit zu tun, eine Hilfe zu finden, die sich in der Zeit um Hans kümmerte. Ihr war klar, dass ein schweres Gespräch mit ihm noch bevorstand, aber sie wusste, was sie wollte. Das war ein gutes Gefühl. Und als sie alles erledigt hatte, sprach sie ihn morgens beim Frühstück an. Sie wusste, wie er reagirene würde, doch sie hatte keine Angst mehr davor. In ihr war eine ruhige Kraft und viel Zuversicht.
Marie sprach davon, wie’s ihr ging und was sie fühlte. Sie wollte, dass er verstand. Und dann erzählte sie ihm von Borkum.
Hans schwieg zunächst. Dann platzte es aus ihm heraus. Wieder richtete er seinen ganzen Zorn auf sie, doch diesmal machte es ihr nichts aus. Sie blieb stumm und sah ihn dabei an. Und sie wartete, bis er sich leergelaufen hatte. Es war nur eine einzige Frage, die sie ihm dann stellte. Ruhig und zugewandt
„Kannst du mir die Zeit nicht schenken?“
Dann stand sie auf und ging nach nebenan.
Robert Kühl
Hans war krank, schon seit vier Jahren, und er würde nie wieder gesund werden. In diesen vier Jahren war sie immer bei ihm – wie in den dreißig Jahren zuvor auch –, kümmerte sich, gab Halt. Sie tat es aus Liebe, und sie tat es ganz selbstverständlich.
Hans hatte sich verändert durch die Krankheit, war hart geworden. Eigentlich war da nichts, was er forderte – aber es war auch nichts mehr, was er gab. Zunehmend spürte sie den Zorn, der ihn erfüllte. Sein Lachen, das sie so gebraucht hätte, war Erinnerung.
Nein, leid tat er ihr nicht. Obwohl sie ihn manchmal bedauerte. Sie sah ja, wie er kämpfte. Und es war dazu ein zweifacher Kampf: Der gegen die Krankheit und die Schmerzen und der andere um sich selbst. Das anerkannte und erkannte sie. Sie hoffte nur, dass dieser Zorn in ihm ob der Ungerechtigkeit sich nicht in Hass wandeln würde. Dann würde sie gehen.
Lange Zeit hatte sie versucht, ihm auch von seinem Zorn zu nehmen. Irgendwann sah sie, dass er sich in diesem zweifachen Kampf erschöpfen könnte und redete mit ihm darüber. Aber er verstand sie nicht, und dieses Gepräch schien seinen Zorn sogar zu schüren. Und das pflanzte ein neues Gefühl in sie: Angst.
Und auch die wieder zweifach: Angst, ihm zu nahe zu kommen, und Angst um sich selbst. Sie hatte Angst davor, irgendwann zu zerbrechen. Da wollte sie nicht hin, aber sie sah auch keinen Ausweg. Manchmal, ganz entfernt, spürte auch sie schon Zorn, Hilf- und Mutlosigkeit. Zunehmend fühlte sie sich hin- und hergeworfen von diesen Gefühlen und sie nahmen stetig von der Kraft, die sie für Hans und für sich brauchte. Es war kein Fallen, doch immer deutlicher ging es abwärts. Und dabei fühle sie sich zunehmend eingesperrt.
Es gelang ihr einfach nicht mehr, auszuruhen. Kein Buch, kein Spaziergang, kein Gespräch. Sie fühlte sich nur taub, wenn sie einen Moment Ruhe fand.
Um auszubrechen aus diesem Teufelskreis hatte sie vor drei Tagen einen Urlaub gebucht. Ganz spontan war das geschehen. Sie ging am Schaufenster eines Reisebüros vorbei, in dem ein Plakat von Borkum hing. Es sprang sie geradezu an, und plötzlich wusste sie, wohin sie wollte. Es war ein total neues Gefühl, als sie nach der Buchung wieder auf der Straße stand und für einen Moment überlegte.
Es war drückend. Obwohl sie sich „gefunden“ hatte, denn allein schon durch die Idee Borkum fühlte sie sich gerettet. Nein, sie war nicht froh darüber, und da war auch keine Freude, aber sowas wie Dankbarkeit schien sie zu stärken. Es war gut!
In den nächsten Tagen hatte Marie damit zu tun, eine Hilfe zu finden, die sich in der Zeit um Hans kümmerte. Ihr war klar, dass ein schweres Gespräch mit ihm noch bevorstand, aber sie wusste, was sie wollte. Das war ein gutes Gefühl. Und als sie alles erledigt hatte, sprach sie ihn morgens beim Frühstück an. Sie wusste, wie er reagirene würde, doch sie hatte keine Angst mehr davor. In ihr war eine ruhige Kraft und viel Zuversicht.
Marie sprach davon, wie’s ihr ging und was sie fühlte. Sie wollte, dass er verstand. Und dann erzählte sie ihm von Borkum.
Hans schwieg zunächst. Dann platzte es aus ihm heraus. Wieder richtete er seinen ganzen Zorn auf sie, doch diesmal machte es ihr nichts aus. Sie blieb stumm und sah ihn dabei an. Und sie wartete, bis er sich leergelaufen hatte. Es war nur eine einzige Frage, die sie ihm dann stellte. Ruhig und zugewandt
„Kannst du mir die Zeit nicht schenken?“
Dann stand sie auf und ging nach nebenan.
Robert Kühl
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hallo Robert,
diese Geschichte könnte fast mein Erleben gewesen sein. Nur habe ich keine Reise für mich allein nach Borkum gewählt, sondern wollte mit meinem Mann eine Ostsee-Rundreise machen, in der Hoffnung, wir hätten doch noch eine Chance auf ein paar schöne Erlebnisse. Als schon die neuen Pässe abgeholt waren und wir fast ans Packen dachten, bekam ich plötzlich seinen unbegründeten Zorn ab und er wollte die Scheidung. Ich hab alles storniert, meine Dinge geregelt und bin geflüchtet ...
Nun geht es mir weitaus besser, als wenn ich mit ihm eine Seereise gemacht hätte, bei der ich die Landgänge wohl allein hatte erleben müssen und auf dem Schiff ständig auf der Suche nach seinem Verbleib gewesen wäre.
Es ist gut so.
LG Uschi
diese Geschichte könnte fast mein Erleben gewesen sein. Nur habe ich keine Reise für mich allein nach Borkum gewählt, sondern wollte mit meinem Mann eine Ostsee-Rundreise machen, in der Hoffnung, wir hätten doch noch eine Chance auf ein paar schöne Erlebnisse. Als schon die neuen Pässe abgeholt waren und wir fast ans Packen dachten, bekam ich plötzlich seinen unbegründeten Zorn ab und er wollte die Scheidung. Ich hab alles storniert, meine Dinge geregelt und bin geflüchtet ...
Nun geht es mir weitaus besser, als wenn ich mit ihm eine Seereise gemacht hätte, bei der ich die Landgänge wohl allein hatte erleben müssen und auf dem Schiff ständig auf der Suche nach seinem Verbleib gewesen wäre.
Es ist gut so.
LG Uschi
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Diese Geschichte kennen wohl viele in mehr oder minder abgewandelter Form, Uschi.
Ich hab' sie vor kurzem für eine Frau geschrieben, die ihre Reise gerade wieder stornieren wollte.
Sie ist dann gefahren.
Deine eigene Entscheidung finde ich gut. Ich hoffe, sie ist schon länger her und konnte dich heilen.
Ich hab' sie vor kurzem für eine Frau geschrieben, die ihre Reise gerade wieder stornieren wollte.
Sie ist dann gefahren.
Deine eigene Entscheidung finde ich gut. Ich hoffe, sie ist schon länger her und konnte dich heilen.
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Meine Geschichte ist erst gut vier Jahre her, ich hab dann ein drei-viertel Jahr gebraucht, um alles mir Wichtige nach 46 Jahren zu regeln. Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte – nur leider um Jahrzehnte zu spät ...
Aber heute ist mein Dauerstress weg, ich habe wieder zu mir selbst gefunden. Heilen – gibt es in so einer Geschichte eher nicht ... Uschi
Aber heute ist mein Dauerstress weg, ich habe wieder zu mir selbst gefunden. Heilen – gibt es in so einer Geschichte eher nicht ... Uschi
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Nein, zu spät war's nicht. Vielleicht gerade früh genug. Denn sowas kostet ja unerhört Kraft, Uschi.
Vielleicht hab' ich das mit dem Heilen nicht richtig ausgedrückt. Für mich ist schon dann der Punkt der Heilung erreicht, wenn die Bitterkeit der Zuversicht gewichen ist
Ich freu' mich für dich und wünsch' dir Glück!
Robert
Vielleicht hab' ich das mit dem Heilen nicht richtig ausgedrückt. Für mich ist schon dann der Punkt der Heilung erreicht, wenn die Bitterkeit der Zuversicht gewichen ist
Ich freu' mich für dich und wünsch' dir Glück!
Robert
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Moin Robert, ich denke, wenn ich jetzt im Verlauf der letzten Jahre so ein paar klarere Erkenntnisse habe, streiten Bitterkeit und Zorn, teilweise auch auf mich selbst, immer wieder noch in mir.
Aber ein kleines bisschen Zuversicht lebt doch schon auf, wird durch die Realität aber immer mal wieder in die Ecke geschubst. Würde ich heute auf einen Mann wie meinen Ex treffen, würde ich wohl ganz schnell die Tür zumachen! Es ist schon bitter, im Nachhinein zu erkennen, dass man als junges Mädchen nicht bemerkt hat, ein Wettpreis zu sein ... Daraus resultiert auch meine Ansicht, mich leider Jahrzehnte zu spät getrennt zu haben. Ich hätte ihn gleich links liegen lassen sollen, doch ich wollte auch aus dem Elternhaus weg und er wollte zu Geld kommen, das ihm nicht zustand.
Genug, jetzt „darf“ ich nach meiner Fasson selig werden.
Einen schönen Wochenbeginn wünscht Dir
Uschi
Aber ein kleines bisschen Zuversicht lebt doch schon auf, wird durch die Realität aber immer mal wieder in die Ecke geschubst. Würde ich heute auf einen Mann wie meinen Ex treffen, würde ich wohl ganz schnell die Tür zumachen! Es ist schon bitter, im Nachhinein zu erkennen, dass man als junges Mädchen nicht bemerkt hat, ein Wettpreis zu sein ... Daraus resultiert auch meine Ansicht, mich leider Jahrzehnte zu spät getrennt zu haben. Ich hätte ihn gleich links liegen lassen sollen, doch ich wollte auch aus dem Elternhaus weg und er wollte zu Geld kommen, das ihm nicht zustand.
Genug, jetzt „darf“ ich nach meiner Fasson selig werden.
Einen schönen Wochenbeginn wünscht Dir
Uschi
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Liebe Uschi,
ich denke, da türmst du einen Berg vor dir auf, der unüberschaubar sein kann. Es lohnt nicht, eure Ehe von Anfang an in Frage zu stellen. Ihr habt eure Ehe gemeinsam begonnen, ihr habt gute Zeiten miteinander gehabt und ihr habt ja auch einiges aufgebaut. Ihr seid nur nicht den gleichen Weg gegangen. Gestatte deinem Mann seinen Weg und dir den deinen. Dann ist es einfacher, zurückzuschauen, denn dein Weg, den du jetzt im Auge hast, begann ja nicht erst mit der Trennung.
Bitterkeit und Zorn werden noch lange bleiben, dass ist keine Frage - jedenfalls hab' ich's selbst nicht anders erlebt. Diese Gefühle sollten dich nur nicht beherrschen. Beschäftigen ja, aber nicht beherrschen
Ich hab' mal in einer ähnlichen Situation eine Geschichte geschrieben. Ich war damals voller Hass auf meine Frau, die plötzlich einen anderen hatte. Drei Jahre hatte ich diesen Hass schon mit mir rumgeschleppt. Im Grunde begründete der sich darauf, dass ich an sie nicht mehr rankam. Da war der Andere davor. Doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und ich begann, einen Brandbrief zu schreiben. Ich wollte ihr alles das, was ich fühlte, in hässlichen Worten entgegen schleudern und sie genauso fertig machen, wie ich mich selber fühlte. Herausgekommen dabei ist nachfolgender Text, mit dem ich sie plötzlich gehen lassen konnte. ich hatte verstanden
Hänschen und Marie
Marie genoss diesen Moment des Alleinseins. Innerlich fast schwebend saß sie auf dieser Bank am Molfsee, einem See in der schleswig-holsteinischen Landschaft. Mit geschlossenen Augen und zurückgelegtem Kopf genoss sie die Strahlen der Abendsonne in ihrem Gesicht, spürte den kühlen Hauch des Abendwindes auf ihrer Haut. Tiefes Atmen und das Spüren ihres Lebens, die Schreie der Vögel von der Möweninsel und das leise Plätschern der Wellen am Uferrand bescherten ihr einen dieser dankbaren Momente, in denen man das Alleinsein genießt, ohne sich einsam zu fühlen.
Es war die Bank ihrer Kindheit. Vor über dreißig Jahren hatte sie hier ihren ersten Kuss bekommen, eine heimliche Zigarette geraucht, Rotwein aus der Flasche getrunken. Sie dachte zurück an diese lärmenden Abende mit ihren Freunden. An Peter, den Wilden, der neunzehnjährig bei einem Motorradunfall starb; an Horst, den Lautesten von ihnen, der heute als erfolgreicher Bauunternehmer und Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr die Geschicke des Dorfes mit in der Hand hat; an Martina die mit 15 gerade das dritte Mal verlobt war und mit 18 schon verheiratet, an Siegfried, den Fussballbegeisterten, der noch heute in der Alten Herren von früheren „glorreichen“ Zeiten erzählt; und Hans fällt ihr ein, der Stille, der durch seine tiefe Nachdenklichkeit stets etwas geheimnisvoll und zart erschien.
Hans war es, der sie damals zum ersten Mal küsste. Hier, auf dieser Bank. Ängstlich, zurückhaltend und ein bisschen tumb, so dass sie noch heute darüber lächeln muss. Dabei erschien ihr dieser Kuss trotz dieser Ungelenkheit so unglaublich zärtlich und sanft.
Und ein paar Wochen später hatte sie ihm so weh getan in ihrer kindlichen Naivität – ob er heute noch genauso an diesen Moment zurückdenkt, wie sie es jetzt tat? Sie würde ihm gerne sagen, dass das, was sie damals nur als lächerlich empfand, so tief ging, dass sie es manchmal heute noch als fernen, wehmütigen Schmerz spürte.
Damals, nach diesem Kuss, trafen sie sich fast jeden Abend an dieser Stelle – heimlich, die Clique sollte es nicht wissen. Es war ein Sommer mit langen, milden Abenden. Beide konnten sie nicht schwimmen und hatten das vor den anderen stets zu verbergen gewusst. Trotzdem gingen sie nun ins Wasser. Gemeinsam, Hand in Hand. Bis zum Bauch und ein wenig tiefer.
In den Abendstunden schien das Wasser besonders lau. Der Wind, der schon die beginnende Kühle der Nacht in sich trug, umfächelte ihre Schultern. Das Wasser spürten sie mild an ihren Körpern. Und wie einen schwachen elektrischen Strom spürten sie etwas über ihre Hände in die Körper fließen. Ohne dabei zu reden genossen beide still die Geborgenheit, die sie durch die Ruhe ringsherum zu umarmen schienen. Und niemals vorher empfand Marie die Sonne, die hinter dem Wäldchen hinter der Vogelinsel unterging, so tief, so rot, so leuchtend und so warm wie in jenen Tagen.
Erst als nur noch ein dunkelroter Schimmer in den Abendwolken zu erkennen war, die Dämmerung über den Tag zu gewinnen begann und die Kühle sich durch ein leichtes Zittern im Körper bemerkbar machte, gingen sie an das Ufer zurück, trockneten sich mit den weißen Frotteetüchern ab, die über der Bank lagen, und liefen Hand in Hand heimwärts.
Marie wunderte sich darüber, wie wenig sie eigentlich damals miteinander sprachen. Denn sie hatte immer das Gefühl gehabt, sie hätten viel miteinander geredet. Und sie wunderte sich darüber, wie selbstverständlich sie ihr Zusammensein empfunden hatte.
Es waren wunderschöne Abende gewesen. Doch schon bald hatte Marie den Wunsch, auf den See hinauszuschwimmen – hinein in die flachen Wellen, die den rötlichen Widerschein des Abends in sich trugen. Eines Tages – Hänschen war im Zeltlager – sprach sie mit ihrer Mutter darüber, und die zeigte ihr die ersten Trockenübungen; Onkel Karl ging an einem Samstagnachmittag mit ihr an den See, um sie bei den ersten Versuchen zu halten und zu leiten. Prima ging’s, und von Tag zu Tag wurden die Kreise, die sie schwimmen konnte, größer.
Den ersten gemeinsamen Abend nach Hänschens Zeltlager empfand sie als etwas ganz Besonderes, sie hatte sich sehr darauf gefreut und saß schon eine halbe Stunde auf der Bank, bis er endlich kam. Kein Kuss, nur dieser strahlende Blick, als er sich langsam bis auf die Badehose auszog. Innerlich lachte sie und wusste gar nicht so richtig, warum. Als Hänschen dann ihre Hand nahm, schmiegte sie sich eng an seine Arm. Gang langsam taten sie die erste Schritte, doch plötzlich liefen sie in den See hinein und blieben schweratmend dort stehen, wo sie gerade noch Grund hatten.
Und wieder empfand Marie alles so wunderschön, so warm und so leuchtend. Allein schon ihr eigenes Atmen und das Pochen ihres Herzens schienen die Stille zu stören. Ganz stark fühlte sie sich, und sie fühlte sich unheimlich stark, als sie seine Hand los ließ und die ersten Schwimmzüge machte. Es war einfach herrlich, durch das Wasser zu gleiten und der untergehenden Sonne ein Stück entgegen zu schwimmen. Marie genoss das alles, vergaß dabei Zeit und Raum und konzentrierte sich nur auf das Schwimmen und auf das, was um sie herum war. Sie war sehr stolz auf sich, als sie sich nach einiger Zeit das erstemal umblickte. Und da sah sie Hänschen, der gerade die letzten Schritte zum Ufer zurücklegte, sein Handtuch nahm und sich bereits anzog, während sie noch zurück schwamm.
Als sie sich abtrocknete, stand er wartend neben ihr. Und doch hatte sie den Eindruck, er wäre meilenweit von ihr entfernt. Kein Wort zwischen ihnen, kein Händchenhalten, kein Laufen und Lachen auf dem Nachhauseweg und nur ein ausweichender Blick beim Abschied.
Es war damit der letzte Blick, den Hänschen Marie schenkte.
Es war vorbei.
Marie hatte Schwimmen gelernt ...
___________________________________________
Ich wünsch' dir viel Glück beim Schwimmen, Uschi
Robert
ich denke, da türmst du einen Berg vor dir auf, der unüberschaubar sein kann. Es lohnt nicht, eure Ehe von Anfang an in Frage zu stellen. Ihr habt eure Ehe gemeinsam begonnen, ihr habt gute Zeiten miteinander gehabt und ihr habt ja auch einiges aufgebaut. Ihr seid nur nicht den gleichen Weg gegangen. Gestatte deinem Mann seinen Weg und dir den deinen. Dann ist es einfacher, zurückzuschauen, denn dein Weg, den du jetzt im Auge hast, begann ja nicht erst mit der Trennung.
Bitterkeit und Zorn werden noch lange bleiben, dass ist keine Frage - jedenfalls hab' ich's selbst nicht anders erlebt. Diese Gefühle sollten dich nur nicht beherrschen. Beschäftigen ja, aber nicht beherrschen
Ich hab' mal in einer ähnlichen Situation eine Geschichte geschrieben. Ich war damals voller Hass auf meine Frau, die plötzlich einen anderen hatte. Drei Jahre hatte ich diesen Hass schon mit mir rumgeschleppt. Im Grunde begründete der sich darauf, dass ich an sie nicht mehr rankam. Da war der Andere davor. Doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und ich begann, einen Brandbrief zu schreiben. Ich wollte ihr alles das, was ich fühlte, in hässlichen Worten entgegen schleudern und sie genauso fertig machen, wie ich mich selber fühlte. Herausgekommen dabei ist nachfolgender Text, mit dem ich sie plötzlich gehen lassen konnte. ich hatte verstanden
Hänschen und Marie
Marie genoss diesen Moment des Alleinseins. Innerlich fast schwebend saß sie auf dieser Bank am Molfsee, einem See in der schleswig-holsteinischen Landschaft. Mit geschlossenen Augen und zurückgelegtem Kopf genoss sie die Strahlen der Abendsonne in ihrem Gesicht, spürte den kühlen Hauch des Abendwindes auf ihrer Haut. Tiefes Atmen und das Spüren ihres Lebens, die Schreie der Vögel von der Möweninsel und das leise Plätschern der Wellen am Uferrand bescherten ihr einen dieser dankbaren Momente, in denen man das Alleinsein genießt, ohne sich einsam zu fühlen.
Es war die Bank ihrer Kindheit. Vor über dreißig Jahren hatte sie hier ihren ersten Kuss bekommen, eine heimliche Zigarette geraucht, Rotwein aus der Flasche getrunken. Sie dachte zurück an diese lärmenden Abende mit ihren Freunden. An Peter, den Wilden, der neunzehnjährig bei einem Motorradunfall starb; an Horst, den Lautesten von ihnen, der heute als erfolgreicher Bauunternehmer und Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr die Geschicke des Dorfes mit in der Hand hat; an Martina die mit 15 gerade das dritte Mal verlobt war und mit 18 schon verheiratet, an Siegfried, den Fussballbegeisterten, der noch heute in der Alten Herren von früheren „glorreichen“ Zeiten erzählt; und Hans fällt ihr ein, der Stille, der durch seine tiefe Nachdenklichkeit stets etwas geheimnisvoll und zart erschien.
Hans war es, der sie damals zum ersten Mal küsste. Hier, auf dieser Bank. Ängstlich, zurückhaltend und ein bisschen tumb, so dass sie noch heute darüber lächeln muss. Dabei erschien ihr dieser Kuss trotz dieser Ungelenkheit so unglaublich zärtlich und sanft.
Und ein paar Wochen später hatte sie ihm so weh getan in ihrer kindlichen Naivität – ob er heute noch genauso an diesen Moment zurückdenkt, wie sie es jetzt tat? Sie würde ihm gerne sagen, dass das, was sie damals nur als lächerlich empfand, so tief ging, dass sie es manchmal heute noch als fernen, wehmütigen Schmerz spürte.
Damals, nach diesem Kuss, trafen sie sich fast jeden Abend an dieser Stelle – heimlich, die Clique sollte es nicht wissen. Es war ein Sommer mit langen, milden Abenden. Beide konnten sie nicht schwimmen und hatten das vor den anderen stets zu verbergen gewusst. Trotzdem gingen sie nun ins Wasser. Gemeinsam, Hand in Hand. Bis zum Bauch und ein wenig tiefer.
In den Abendstunden schien das Wasser besonders lau. Der Wind, der schon die beginnende Kühle der Nacht in sich trug, umfächelte ihre Schultern. Das Wasser spürten sie mild an ihren Körpern. Und wie einen schwachen elektrischen Strom spürten sie etwas über ihre Hände in die Körper fließen. Ohne dabei zu reden genossen beide still die Geborgenheit, die sie durch die Ruhe ringsherum zu umarmen schienen. Und niemals vorher empfand Marie die Sonne, die hinter dem Wäldchen hinter der Vogelinsel unterging, so tief, so rot, so leuchtend und so warm wie in jenen Tagen.
Erst als nur noch ein dunkelroter Schimmer in den Abendwolken zu erkennen war, die Dämmerung über den Tag zu gewinnen begann und die Kühle sich durch ein leichtes Zittern im Körper bemerkbar machte, gingen sie an das Ufer zurück, trockneten sich mit den weißen Frotteetüchern ab, die über der Bank lagen, und liefen Hand in Hand heimwärts.
Marie wunderte sich darüber, wie wenig sie eigentlich damals miteinander sprachen. Denn sie hatte immer das Gefühl gehabt, sie hätten viel miteinander geredet. Und sie wunderte sich darüber, wie selbstverständlich sie ihr Zusammensein empfunden hatte.
Es waren wunderschöne Abende gewesen. Doch schon bald hatte Marie den Wunsch, auf den See hinauszuschwimmen – hinein in die flachen Wellen, die den rötlichen Widerschein des Abends in sich trugen. Eines Tages – Hänschen war im Zeltlager – sprach sie mit ihrer Mutter darüber, und die zeigte ihr die ersten Trockenübungen; Onkel Karl ging an einem Samstagnachmittag mit ihr an den See, um sie bei den ersten Versuchen zu halten und zu leiten. Prima ging’s, und von Tag zu Tag wurden die Kreise, die sie schwimmen konnte, größer.
Den ersten gemeinsamen Abend nach Hänschens Zeltlager empfand sie als etwas ganz Besonderes, sie hatte sich sehr darauf gefreut und saß schon eine halbe Stunde auf der Bank, bis er endlich kam. Kein Kuss, nur dieser strahlende Blick, als er sich langsam bis auf die Badehose auszog. Innerlich lachte sie und wusste gar nicht so richtig, warum. Als Hänschen dann ihre Hand nahm, schmiegte sie sich eng an seine Arm. Gang langsam taten sie die erste Schritte, doch plötzlich liefen sie in den See hinein und blieben schweratmend dort stehen, wo sie gerade noch Grund hatten.
Und wieder empfand Marie alles so wunderschön, so warm und so leuchtend. Allein schon ihr eigenes Atmen und das Pochen ihres Herzens schienen die Stille zu stören. Ganz stark fühlte sie sich, und sie fühlte sich unheimlich stark, als sie seine Hand los ließ und die ersten Schwimmzüge machte. Es war einfach herrlich, durch das Wasser zu gleiten und der untergehenden Sonne ein Stück entgegen zu schwimmen. Marie genoss das alles, vergaß dabei Zeit und Raum und konzentrierte sich nur auf das Schwimmen und auf das, was um sie herum war. Sie war sehr stolz auf sich, als sie sich nach einiger Zeit das erstemal umblickte. Und da sah sie Hänschen, der gerade die letzten Schritte zum Ufer zurücklegte, sein Handtuch nahm und sich bereits anzog, während sie noch zurück schwamm.
Als sie sich abtrocknete, stand er wartend neben ihr. Und doch hatte sie den Eindruck, er wäre meilenweit von ihr entfernt. Kein Wort zwischen ihnen, kein Händchenhalten, kein Laufen und Lachen auf dem Nachhauseweg und nur ein ausweichender Blick beim Abschied.
Es war damit der letzte Blick, den Hänschen Marie schenkte.
Es war vorbei.
Marie hatte Schwimmen gelernt ...
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Ich wünsch' dir viel Glück beim Schwimmen, Uschi
Robert
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Da hast Du Recht Robert, es ist ein Berg geworden, den ich aber schon in den letzten mehr als 25 Jahren zusammengetragen habe. Mein Mann konnte nicht streiten, wollte nie klären. Also hab ich in der EDV ein Tagebuch begonnen und immer weiter geführt, um Luft zu kriegen. Erst im Nachhinein, beim neuerlichen Zusammensetzen (weil ich es zuvor immer wieder auf CD gebrannt und auf der Festplatte gelöscht hatte), hab ich dann doch gezwungener Maßen nochmal alles gelesen, ergänzt. Ich habe ihm immer seinen Weg erlaubt, aber er versuchte immer mehr, mir meinen zu nehmen, zumindest ihn in seinem Sinne zu bestimmen, bis es darin gipfelte, dass ich mich - vor allem im Freundeskreis - nur noch äußern sollte, wenn ihm das recht war – und auch dann fuhr er mir über'n Mund, dass ich vor Empörung oft nach Luft schnappte. Es war wohl der Alkoholiker oder der „andere“ (bipolarer) Mann, der da aus ihm sprach ...
Die Bitterkeit und der Zorn sind fast verschwunden, ich habe ihm mehrere „Brandbriefe“ geschrieben, aber keinen abgesandt. Ich brauchte sie, um selbst wieder Luft zu bekommen. Meinem Gefühl nach hab ich mich schon vor diesen 4 Jahren kräftig geschüttelt, ihn auch in meinem Kopf seinem Leben überlassen und mich meinem Leben zugewandt. Eigentlich bedauere ich ihn heute, weil er es fertig bringt, auch seine Tochter gefühlsmäßig zu verstoßen. Sie hat es fertig gebracht, sich erfolgreich selbstständig zu machen, trotz ihrer körperlichen Behinderungen, ein gesundes Kind mit über 40 doch noch in die Welt gesetzt und dann die Firma wieder hochgefahren! Er ist vor 5 Jahren einfach draußen geblieben, als die ganze Familie mit Freunden ihre neuen Räume, auf die sie ganz stolz war, besichtigt hat. Ihre Frage, weshalb er sich nicht mit ihr freuen wolle, hat er ihr verübelt! Und seinen Enkel kennt er immer noch nicht, obwohl er schon 21 Monate jung ist. Er könne das nicht ...!
Eigentlich ist es meine große Frage, wie ein Mensch so denken kann, die mich heute noch oft beschäftigt. Und da ich meinen einzigen Enkel Max jeden Tag betreue, kommen eben doch gelegentlich Gedanken, wie jemand so sein kann. Unverständnis auf beiden Seiten. Hass habe ich keinen. Gelegentlich gestatte ich mir gehässige Gedanken. Aber ich würde nie so weit gehen, sie ihn persönlich oder schriftlich wissen zu lassen. Ich denke, er kann nix dafür, dass er so ist ... Aber das heißt nicht, dass ich bis ans Ende meiner (oder seiner) Tage mir seine Gehässigkeiten gefallen lassen müßte. Dazu hab ich ja einige Gedichte geschrieben, die ich in meinen privaten Blog gesetzt habe. Das brauchte ich einfach.
Es ist inzwischen gut so, wie es ist. Ich kann – und tue das auch – wieder für mich planen, was mir Freude macht, das Leben lebenswerter macht. Ich muß keine einsamen Spaziergänge mehr machen, die über Stunden mich von zuhause fern hielten, damit ich wieder Luft bekam. Ich bin auch hier in meinem neuen Leben allein, aber das ist so viel besser zu ertragen, eigentlich zu genießen, als das Alleinsein in unserem gemeinsamen Haus, wo ich doch wußte, dass er jeden Moment ins Zimmer kommen könnte. Tat er aber stundenlang nicht, fuhr auch oft Stunden weg, ohne dass ich informiert war. Kaputt ist immer noch mein Vertrauen. Das kann ich noch nicht wieder aufbauen, herstellen. Das wird wohl noch etwas mehr Zeit brauchen. Aber ich werd mich doch frei schwimmen!!
Uschi
Die Bitterkeit und der Zorn sind fast verschwunden, ich habe ihm mehrere „Brandbriefe“ geschrieben, aber keinen abgesandt. Ich brauchte sie, um selbst wieder Luft zu bekommen. Meinem Gefühl nach hab ich mich schon vor diesen 4 Jahren kräftig geschüttelt, ihn auch in meinem Kopf seinem Leben überlassen und mich meinem Leben zugewandt. Eigentlich bedauere ich ihn heute, weil er es fertig bringt, auch seine Tochter gefühlsmäßig zu verstoßen. Sie hat es fertig gebracht, sich erfolgreich selbstständig zu machen, trotz ihrer körperlichen Behinderungen, ein gesundes Kind mit über 40 doch noch in die Welt gesetzt und dann die Firma wieder hochgefahren! Er ist vor 5 Jahren einfach draußen geblieben, als die ganze Familie mit Freunden ihre neuen Räume, auf die sie ganz stolz war, besichtigt hat. Ihre Frage, weshalb er sich nicht mit ihr freuen wolle, hat er ihr verübelt! Und seinen Enkel kennt er immer noch nicht, obwohl er schon 21 Monate jung ist. Er könne das nicht ...!
Eigentlich ist es meine große Frage, wie ein Mensch so denken kann, die mich heute noch oft beschäftigt. Und da ich meinen einzigen Enkel Max jeden Tag betreue, kommen eben doch gelegentlich Gedanken, wie jemand so sein kann. Unverständnis auf beiden Seiten. Hass habe ich keinen. Gelegentlich gestatte ich mir gehässige Gedanken. Aber ich würde nie so weit gehen, sie ihn persönlich oder schriftlich wissen zu lassen. Ich denke, er kann nix dafür, dass er so ist ... Aber das heißt nicht, dass ich bis ans Ende meiner (oder seiner) Tage mir seine Gehässigkeiten gefallen lassen müßte. Dazu hab ich ja einige Gedichte geschrieben, die ich in meinen privaten Blog gesetzt habe. Das brauchte ich einfach.
Es ist inzwischen gut so, wie es ist. Ich kann – und tue das auch – wieder für mich planen, was mir Freude macht, das Leben lebenswerter macht. Ich muß keine einsamen Spaziergänge mehr machen, die über Stunden mich von zuhause fern hielten, damit ich wieder Luft bekam. Ich bin auch hier in meinem neuen Leben allein, aber das ist so viel besser zu ertragen, eigentlich zu genießen, als das Alleinsein in unserem gemeinsamen Haus, wo ich doch wußte, dass er jeden Moment ins Zimmer kommen könnte. Tat er aber stundenlang nicht, fuhr auch oft Stunden weg, ohne dass ich informiert war. Kaputt ist immer noch mein Vertrauen. Das kann ich noch nicht wieder aufbauen, herstellen. Das wird wohl noch etwas mehr Zeit brauchen. Aber ich werd mich doch frei schwimmen!!
Uschi
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ja, es ist wirklich ein Berg. Das sage ich nicht, weil ich ihn kenne (deinen Berg), aber ich hab' mir damals tatsächlich auch Gedanken über meinen gemacht. Allerdings hab' ich nicht dieses Maß an Unfreiheit und Mangel an Wertschätzung erlebt wie du. Eher im Gegenteil *g* bei mir hat's an der Wertschätzung gehapert. Aber ich war nicht erwachsen zu der Zeit.
Im Grunde stehst du in der Nähe derselben Position. Und das, was dir in der Beziehung gefehlt hat, musst du jetzt neu aufbauen.
Du sprichst da das Vertrauen an, Uschi. Aber das kann so schlimm nicht sein, denn du redest ja über dich und über das, was war. Du machst das nicht, um Mitleid zu erheischen, sondern einfach, um darüber zu reden. Ich finde das gut, weil aus einem solchen Reden oft neue, eigene Gedanken wachsen können - eine gute Möglichkeit, über seinen eigenen Tellerrand hinweg zu schauen. Ich habe nichtmal den Eindruck, dass du Angst hast oder vorsichtig bist. Wo also siehst du Defizite in deinem Vertrauen?
Ich weiß trotzdem, dass wir "an der Kante" reden. Aber das finde ich in Ordnung, das hat mit kaputtem Vertrauen nichts zu tun, sondern mit gesundem Misstrauen, und damit berührst du mich nicht. Also verletzend. Dem gegenüber steht ja das große Fragezeichen, das du vor dir her trägst
Wie ein Mensch so denken kann, wie dein Mann denkt, kann ich dir nicht sagen. Ich selbst glaube, er ist einfach nur zu hart. Erst sich selbst gegenüber und weil er darin zunehmend hilfloser wurde, dann auch dir gegenüber. Und das hast du ja zugelassen.
Im Prinzip ist es nicht deine Sache, ihn zu formen. Aber wenn du in der Zeit ein wenig an dich gedacht hättest und ein wenig für dich gesorgt, wärest du vielleicht besser da rausgekommen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht auch früher. Oder anders. Ich weiß es nicht - es wäre Klugscheißerei, dir hier irgendwas zu erzählen. Und es ist ja auch nicht wichtig. Im Grunde ist er genausowenig oder genausoviel Schuld an eurem Scheitern. Nur bringt dich die Frage nach Schuld nicht wirklich weiter.
Aber dass er nix dafür kann, dass er so ist, wie er ist, ist ein Irrtum. Er hätte sich nur ein wenig bewegen müssen, dann wäre er anders geworden. Das hat er versäumt. Er ist das, was er ist.
Frei geschwommen hast du dich scheinbar schon. Auch als Freischwimmer kann man hin und wieder Wasser schlucken und muss nach Luft schnappen. Das gehört dazu. Ich persönlich finde, dass du schon sehr gut schwimmst für dein Alter *g*
Viel Glück beim weiteren Schwimmen - in der Hoffnung, dass du nicht mehr allzu sehr ins Schwimmen gerätst
Gute Nacht, Uschi
Robert
Im Grunde stehst du in der Nähe derselben Position. Und das, was dir in der Beziehung gefehlt hat, musst du jetzt neu aufbauen.
Du sprichst da das Vertrauen an, Uschi. Aber das kann so schlimm nicht sein, denn du redest ja über dich und über das, was war. Du machst das nicht, um Mitleid zu erheischen, sondern einfach, um darüber zu reden. Ich finde das gut, weil aus einem solchen Reden oft neue, eigene Gedanken wachsen können - eine gute Möglichkeit, über seinen eigenen Tellerrand hinweg zu schauen. Ich habe nichtmal den Eindruck, dass du Angst hast oder vorsichtig bist. Wo also siehst du Defizite in deinem Vertrauen?
Ich weiß trotzdem, dass wir "an der Kante" reden. Aber das finde ich in Ordnung, das hat mit kaputtem Vertrauen nichts zu tun, sondern mit gesundem Misstrauen, und damit berührst du mich nicht. Also verletzend. Dem gegenüber steht ja das große Fragezeichen, das du vor dir her trägst
Wie ein Mensch so denken kann, wie dein Mann denkt, kann ich dir nicht sagen. Ich selbst glaube, er ist einfach nur zu hart. Erst sich selbst gegenüber und weil er darin zunehmend hilfloser wurde, dann auch dir gegenüber. Und das hast du ja zugelassen.
Im Prinzip ist es nicht deine Sache, ihn zu formen. Aber wenn du in der Zeit ein wenig an dich gedacht hättest und ein wenig für dich gesorgt, wärest du vielleicht besser da rausgekommen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht auch früher. Oder anders. Ich weiß es nicht - es wäre Klugscheißerei, dir hier irgendwas zu erzählen. Und es ist ja auch nicht wichtig. Im Grunde ist er genausowenig oder genausoviel Schuld an eurem Scheitern. Nur bringt dich die Frage nach Schuld nicht wirklich weiter.
Aber dass er nix dafür kann, dass er so ist, wie er ist, ist ein Irrtum. Er hätte sich nur ein wenig bewegen müssen, dann wäre er anders geworden. Das hat er versäumt. Er ist das, was er ist.
Frei geschwommen hast du dich scheinbar schon. Auch als Freischwimmer kann man hin und wieder Wasser schlucken und muss nach Luft schnappen. Das gehört dazu. Ich persönlich finde, dass du schon sehr gut schwimmst für dein Alter *g*
Viel Glück beim weiteren Schwimmen - in der Hoffnung, dass du nicht mehr allzu sehr ins Schwimmen gerätst
Gute Nacht, Uschi
Robert
Re: Opfer?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Danke Robert, dass Du Dir soviel Zeit und Geduld für mich genommen hast. Das hab ich jetzt echt gebraucht. Ich hatte schon Ende der 1990-er Jahre, weil ich nicht mehr weiter wußte, eine Gesprächstherapie durchgezogen. Leider hätte ich das nicht allein machen sollen, denn es ging mir darum, mit dem Verhalten meines Mannes mir gegenüber besser klar zu kommen. Aber durch die manisch-depressive fast lebenslänglich bestehende Erkrankung seiner Mutter wußte ich, dass ich ihn nie würde dazu bewegen können, gemeinsam mit mir eine Paartherapie zu machen. Das hat er auch ganz deutlich ausgesprochen, obwohl er nie wußte, dass ich da aktiv geworden war. Zuletzt hab ich mir ja Hilfe bei einer Mediatorin geholt – natürlich wieder allein, allerdings im Beisein meiner Tochter. Das hat dann doch so einiges an Klarheit gebracht.
Durch Deine Antworten hab ich jetzt festgestellt, dass es tatsächlich statt Vertrauensverlust eher Angst, wieder verletzt zu werden, ist. Aber auch die kann nicht so groß sein, dass ich nicht doch (hier nun mit Dir) darüber sprechen konnte. Was ich allerdings wohl noch lange erarbeiten muß, wird mein Misstrauen bezüglich persönlicher Gefühlsverletzungen sein. Aber das kann ich nicht übers Knie brechen.
Ich denke, ich muß nun lernen, mich etwas schneller gegen Angriffe zu wehren, aber nicht dabei übers Ziel hinauszuschießen. Ist wohl die ererbte Art, die auch mein Vater hatte. Meine Mutter und meine Schwestern waren in meinen Augen immer (viel zu schnell) biestig. Das hätte mir vielleicht meinem Ex gegenüber geholfen. Es wäre dann vermutlich doch zu Aussprachen gekommen, die wir beide nie versucht haben. Ich fühlte mich ihm gegenüber nicht fähig, seine Bosheiten, die immer einflossen, zu parieren. Er hatte wohl das Gefühl, ich sei eine starke Frau, die ihm eventuell überlegen wäre (war einmal seine eigene Aussage). Und aus diesem Grund griff er möglicherweise dann immer gleich in die unterste Schublade. Das hat er ja schon als Kleinkind erfolgreich geübt ...
Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bei Dir bedanken, dass Du mir so einige Punkte genannt hast, die es für mich zu überlegen gilt.
Ich wünsch Dir einen schönen Dienstag
Uschi
Durch Deine Antworten hab ich jetzt festgestellt, dass es tatsächlich statt Vertrauensverlust eher Angst, wieder verletzt zu werden, ist. Aber auch die kann nicht so groß sein, dass ich nicht doch (hier nun mit Dir) darüber sprechen konnte. Was ich allerdings wohl noch lange erarbeiten muß, wird mein Misstrauen bezüglich persönlicher Gefühlsverletzungen sein. Aber das kann ich nicht übers Knie brechen.
Ich denke, ich muß nun lernen, mich etwas schneller gegen Angriffe zu wehren, aber nicht dabei übers Ziel hinauszuschießen. Ist wohl die ererbte Art, die auch mein Vater hatte. Meine Mutter und meine Schwestern waren in meinen Augen immer (viel zu schnell) biestig. Das hätte mir vielleicht meinem Ex gegenüber geholfen. Es wäre dann vermutlich doch zu Aussprachen gekommen, die wir beide nie versucht haben. Ich fühlte mich ihm gegenüber nicht fähig, seine Bosheiten, die immer einflossen, zu parieren. Er hatte wohl das Gefühl, ich sei eine starke Frau, die ihm eventuell überlegen wäre (war einmal seine eigene Aussage). Und aus diesem Grund griff er möglicherweise dann immer gleich in die unterste Schublade. Das hat er ja schon als Kleinkind erfolgreich geübt ...
Ich möchte mich noch einmal ganz herzlich bei Dir bedanken, dass Du mir so einige Punkte genannt hast, die es für mich zu überlegen gilt.
Ich wünsch Dir einen schönen Dienstag
Uschi