Eigene Geschichten Die Saunauhr
Liebe Leute,
ich schreibe seit Jahren Geschichten und hier ist eine kleine Saunageschichte von mir, die auch eine Sanduhrgeschichte ist:
Die Saunauhr
"Da waren doch noch einige Minuten von mir drauf", protestierte ein älterer Herr in der Biosauna, nachdem ich die Sanduhr an der Tür umgedreht hatte. Er saß auf einer hinteren Bank.
"Verzeihen Sie bitte. Aber die Uhr war abgelaufen. Das gebe ich Ihnen gerne schriftlich", antworte ich freundlich und setzte mich auf einen der vorderen Plätze.
"Das wird wohl nicht gehen, ohne Papier. Ich weiß es doch sowieso, dass meine Zeit noch lief".
"Erwin, lass den Herrn bitte in Ruhe", mischte sich die Frau neben dem Sprecher ein. "Ohne deine Brille kannst du die Uhr von hier aus gar nicht erkennen".
"Das brauche ich ja auch nicht, mein Schatz. Ich merke es am Schwitzen, wie viel Zeit vergangen ist. Und ich schwitze noch gar nicht".
"Wir sind in der Biosauna, Erwin. Da dauert es länger mit dem Schwitzen".
Aber Erwin beruhigte sich nicht. "Es war meine Uhr", sagte er nur knapp.
"Wie Sie möchten", sagte ich, stand auf und drehe die Uhr herum.
"Der Sand läuft ab sofort nun wieder für Sie".
Aber Erwin blieb unzufrieden.
"So kommt ja alles durcheinander. Das ist Ihr Sand, der nun rückwärts läuft!"
Seine Begleiterin versuchte, die Wogen zu glätten.
"Der Herr kann doch keinen Sand aus der Uhr nehmen, Erwin. Sei doch bitte vernünftig".
"Kann er das nicht oder will er das nicht?", bekam sie zur trotzigen Antwort.
Glücklicherweise konnten wir die Sanduhr von der Wand nehmen. Erwin und ich legten sie flach zwischen uns auf den Boden. Das verhinderte jedes weitere Ablaufen der Zeit.
"Sie sind rund drei Minuten hier", sagte er, "aber im unteren Kolben ist jetzt Sand für fünf Minuten. Also sind dort doch noch zwei Minuten von mir drauf. Das war mein Sand!"
"Vielleicht gab es einen kleinen Rest, als ich die Uhr drehte", erklärte ich. "Spielt das denn eine Rolle?"
"Höre ganz genau zu, Gertrud. Der Herr gibt zu, dass er meinen Sand nutzte. Hole bitte nun den Bademeister".
Gertrud ging kopfschüttelnd, während Erwin die Anwesenden fragte, ob jemand einen Hammer dabei hätte.
"Wir müssen den verschiedenen Sand trennen", erklärte er, aber niemand schien über das nötige Werkzeug zu verfügen.
"Warten Sie doch lieber auf ihre Frau", sagte eine Stimme.
Aber die Zeit verging, ohne dass Gertrud zurückkam. Mein Gegenüber wurde immer ungeduldiger und begann nun doch mit dem Schwitzen.
"Ich hole mein Handy aus dem Bademantel. Damit geht es auch".
Er schlug mit der schmalen Seite des Mobiltelefons auf den unteren Glaskolben der Uhr. Splitter und Sand verteilten sich auf dem Saunaboden.
"Zwei Minuten gehören mir". Eilig schaufelte er sich ein Häufchen auf seine Seite. "Sie können sich den Rest nehmen".
"Und was soll ich denn nun damit machen?", fragte ich.
"Es ist Ihre Zeit. Sie können damit machen, was Sie wollen", meinte Erwin großzügig.
"Dann nehme ich mir etwas davon mit", antwortete ich, griff in den Sand und verließ den Raum.
Es war eine elegante Lösung, um jeden weiteren Streit zu vermeiden.
Auch die übrigen Saunagäste gingen, als Gertrud kurz danach mit dem Bademeister erschien.
"Wie ich es Ihnen sagte. Er dreht manchmal etwas durch. Sehen Sie. Alles voller Glasscherben und er blutet an der Hand".
Während sie sprach, kniete Erwin vor seinem Sandhäufchen. "Wir haben alles geregelt. Der Herr hat seine Zeit und ich habe meine!"
Er klang ruhig, aber als der Bademeister die Scherben und den Unrat wegfegte, schrie er wild. "Das ist alles meins! Mein Auto, mein Haus, mein Sand!" Die Krankenhelfer der Psychiatrie mussten ihn bei der Abholung wegen seiner heftigen Gegenwehr an der Liege festschnallen.
Als sie an mir vorbeikamen, nahm ich meinen Sand schnell aus der Bademanteltasche und steckte ihn ihm mit einem freundlichen Augenzwinkern in seinen Mantel. "Meine drei Minuten für Sie", sagte ich. "Vielleicht können Sie etwas zusätzliche Zeit gut gebrauchen!"
ich schreibe seit Jahren Geschichten und hier ist eine kleine Saunageschichte von mir, die auch eine Sanduhrgeschichte ist:
Die Saunauhr
"Da waren doch noch einige Minuten von mir drauf", protestierte ein älterer Herr in der Biosauna, nachdem ich die Sanduhr an der Tür umgedreht hatte. Er saß auf einer hinteren Bank.
"Verzeihen Sie bitte. Aber die Uhr war abgelaufen. Das gebe ich Ihnen gerne schriftlich", antworte ich freundlich und setzte mich auf einen der vorderen Plätze.
"Das wird wohl nicht gehen, ohne Papier. Ich weiß es doch sowieso, dass meine Zeit noch lief".
"Erwin, lass den Herrn bitte in Ruhe", mischte sich die Frau neben dem Sprecher ein. "Ohne deine Brille kannst du die Uhr von hier aus gar nicht erkennen".
"Das brauche ich ja auch nicht, mein Schatz. Ich merke es am Schwitzen, wie viel Zeit vergangen ist. Und ich schwitze noch gar nicht".
"Wir sind in der Biosauna, Erwin. Da dauert es länger mit dem Schwitzen".
Aber Erwin beruhigte sich nicht. "Es war meine Uhr", sagte er nur knapp.
"Wie Sie möchten", sagte ich, stand auf und drehe die Uhr herum.
"Der Sand läuft ab sofort nun wieder für Sie".
Aber Erwin blieb unzufrieden.
"So kommt ja alles durcheinander. Das ist Ihr Sand, der nun rückwärts läuft!"
Seine Begleiterin versuchte, die Wogen zu glätten.
"Der Herr kann doch keinen Sand aus der Uhr nehmen, Erwin. Sei doch bitte vernünftig".
"Kann er das nicht oder will er das nicht?", bekam sie zur trotzigen Antwort.
Glücklicherweise konnten wir die Sanduhr von der Wand nehmen. Erwin und ich legten sie flach zwischen uns auf den Boden. Das verhinderte jedes weitere Ablaufen der Zeit.
"Sie sind rund drei Minuten hier", sagte er, "aber im unteren Kolben ist jetzt Sand für fünf Minuten. Also sind dort doch noch zwei Minuten von mir drauf. Das war mein Sand!"
"Vielleicht gab es einen kleinen Rest, als ich die Uhr drehte", erklärte ich. "Spielt das denn eine Rolle?"
"Höre ganz genau zu, Gertrud. Der Herr gibt zu, dass er meinen Sand nutzte. Hole bitte nun den Bademeister".
Gertrud ging kopfschüttelnd, während Erwin die Anwesenden fragte, ob jemand einen Hammer dabei hätte.
"Wir müssen den verschiedenen Sand trennen", erklärte er, aber niemand schien über das nötige Werkzeug zu verfügen.
"Warten Sie doch lieber auf ihre Frau", sagte eine Stimme.
Aber die Zeit verging, ohne dass Gertrud zurückkam. Mein Gegenüber wurde immer ungeduldiger und begann nun doch mit dem Schwitzen.
"Ich hole mein Handy aus dem Bademantel. Damit geht es auch".
Er schlug mit der schmalen Seite des Mobiltelefons auf den unteren Glaskolben der Uhr. Splitter und Sand verteilten sich auf dem Saunaboden.
"Zwei Minuten gehören mir". Eilig schaufelte er sich ein Häufchen auf seine Seite. "Sie können sich den Rest nehmen".
"Und was soll ich denn nun damit machen?", fragte ich.
"Es ist Ihre Zeit. Sie können damit machen, was Sie wollen", meinte Erwin großzügig.
"Dann nehme ich mir etwas davon mit", antwortete ich, griff in den Sand und verließ den Raum.
Es war eine elegante Lösung, um jeden weiteren Streit zu vermeiden.
Auch die übrigen Saunagäste gingen, als Gertrud kurz danach mit dem Bademeister erschien.
"Wie ich es Ihnen sagte. Er dreht manchmal etwas durch. Sehen Sie. Alles voller Glasscherben und er blutet an der Hand".
Während sie sprach, kniete Erwin vor seinem Sandhäufchen. "Wir haben alles geregelt. Der Herr hat seine Zeit und ich habe meine!"
Er klang ruhig, aber als der Bademeister die Scherben und den Unrat wegfegte, schrie er wild. "Das ist alles meins! Mein Auto, mein Haus, mein Sand!" Die Krankenhelfer der Psychiatrie mussten ihn bei der Abholung wegen seiner heftigen Gegenwehr an der Liege festschnallen.
Als sie an mir vorbeikamen, nahm ich meinen Sand schnell aus der Bademanteltasche und steckte ihn ihm mit einem freundlichen Augenzwinkern in seinen Mantel. "Meine drei Minuten für Sie", sagte ich. "Vielleicht können Sie etwas zusätzliche Zeit gut gebrauchen!"
Tolle Geschichte, toll geschrieben.
Danke
Danke
justus39
Mitglied
Re: Die Saunauhr
Eine Satire nach meinem Geschmack, ich sehe den peniblen Sandkornzähler hier direkt in Gedanken vor mir.
Alles muss seine Ordnung haben,
und Recht muss Recht bleiben,
wo kämen wir denn sonst hin?
justus
Alles muss seine Ordnung haben, und Recht muss Recht bleiben,
wo kämen wir denn sonst hin?
justus 
Herrlich ist diese Geschichte und toll geschrieben.
Du solltest sie bei den "Blogs" einsetzen, denn dort wird sie viel mehr gelesen, als bei uns Reimern.
Danke!
Pippa
Du solltest sie bei den "Blogs" einsetzen, denn dort wird sie viel mehr gelesen, als bei uns Reimern.
Danke!
Pippa
RE: Die Saunauhr
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Diese Geschichte hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich finde, sie sollte veröffentlicht werden. In einer Saunazeitschrift vielleicht? Oder in einem Managermagazin?
Findet Ihr nicht auch, ihr anderen Leser? Der Charakter des Zeitpingels wird doch hervorragend in ein Profil gegossen! Mir hat das richtig Spaß gemacht.
Und ich habe nun beschlossen, mich hier mitzubeteiligen. Abwarten ...
Einen schönen Abend wünsche ich Euch!
Puzzlerike