Forum Formulier-Spaß Eigene Geschichten Die Kerze und die alte Frau (eine alte aber wahre Geschichte mit Tiefgang)

Eigene Geschichten Die Kerze und die alte Frau (eine alte aber wahre Geschichte mit Tiefgang)

Frank-13
Frank-13
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Die Kerze und die alte Frau (eine alte aber wahre Geschichte mit Tiefgang)
geschrieben von Frank-13

Die alte Frau und die Kerze

Mit flackerndem Licht stand die Kerze auf der Fensterbank. Wild und frei leuchtete sie in dieser finstren Nacht. Ein leichter Lufthauch ließ die kleine Flamme auf dem Docht tanzen. Ein Knarren erfüllte die Stille des Raums. Ein Stuhl, ein Schaukelstuhl war dafür verantwortlich.
 
Die alte Frau auf dem Schaukelstuhl betrachtete seit geraumer Zeit stillschweigend diese rote Kerze. Das Schaukeln wurde langsamer, es wurde ruhiger. Doch starrten ihre Augen ins Leere, sie starrte durch die Kerze hindurch, als wäre diese kleine Lichtquelle gar nicht vorhanden. Eine Träne bahnte sich ihren Weg über die faltige Wange der Frau. Ganz still und leise, unbemerkt und fein, fiel die Träne auf die Wolldecke, welche über den Beinen der Frau ausgelegt war. Im Schein der Kerze glänzten ihre Augen wie helle Sterne am Nachthimmel. Ein Lächeln zierte das oftmals von Sorgen gequälte Gesicht, ein glückliches Lächeln. Erinnerungen an vergangene Tage der Freude, Tage des Glücks. Nur diese erwärmten ihr Herz in diesen kalten, einsamen Nächten. Der Stuhl war zum Stillstand gekommen. Nichts rührte sich nun noch im Raum. Nur die Schatten, die durch den Schein der Kerze auf der Wand tanzten, belebten diese allzu stille Einsamkeit.
 
Sie trug ihr Haar offen, über ihre Schultern hängend. So wie sie es immer trug, wenn sie sich des abends in ihrem Schaukelstuhl niederließ. Früher war es kastanienbraun gewesen, heute jedoch ziert ein sanftes silbergrau ihren erhabenen Kopf. Doch waren die Haare immer noch in der gleichen Länge wie vor unzähligen Jahren, da sie noch jung und wunderschön war. Langes glattes Haar hatte sie, stark und doch geschmeidig, früher wie auch jetzt noch. Jeder bewunderte sie dafür, es gab niemanden, der davon nicht fasziniert war. Trug sie doch immer zu einer schönen Frisur gestaltet, immer gepflegt. Ja, auch ihrem ersten Verehrer, der später ihr Mann werden sollte, fielen ihre Haare auf. Doch liebte er nicht nur diese, sondern er liebte sie von ganzem Herzen, bedingungslos. Jede Kleinigkeit an ihr brachte ihn vor Verzückung fast um den Verstand. Sie erinnerte sich an ihre Nervosität, als er sie das aller erste Mal ansprach, oder wie sie sich durch ihr fein gekämmtes Haar glitt, als er sie nach ihrem Namen fragte. Er hatte es nicht leicht mit ihr, doch kam es ihm nicht in den Sinn aufzugeben. Sie bedeutete die Welt für ihn, niemals hatte er eine andere Frau außer ihr geliebt, niemals, bis ihn der Tod aus ihren Armen nahm.
 
Wie doch Erinnerungen schmerzen können. Erneut rollte eine Träne ihre Wange hinunter, doch sie schenkte dem keine Beachtung. Sie sah ihren Mann vor ihren Augen. Was war er doch für ein stattlicher und wunderschöner Bursche gewesen. Er war für sie in all der Zeit wunderschön gewesen, obwohl das Alter seiner Schönheit zu schaffen machte, für sie blieb er bis zu seinem Tod der Schönste und Begehrenswerteste. Weit musste er für ihre Liebe gehen, viel musste er überstehen, bis sie ihr Herz für ihn öffnete, doch schenkte sie ihm schließlich und endlich all ihre Liebe, all ihr Vertrauen. Vertrauen, ja, nur ihm vertraute sie bedingungslos. Nur bei ihm wusste sie es mit Sicherheit, er würde ihr Vertrauen niemals missbrauchen. Und er tat es niemals, niemals in seinem ganzen Leben. Alle Zeit war er aufrichtig und ehrlich gewesen, nicht nur zu ihr, zu allen Lebewesen auf diesem Planeten. Es gehörte zu seinen Prinzipien und an diesen hielt er fest. Ein Mann - ein Wort! Mit einem sanften Lächeln sah sie vor sich, wie er sie das erste Mal geküsst hat. Es war ein so wahnsinnig intensives Gefühl der Verbundenheit, es war unvergesslich. Sie fühlte all seine Liebe in diesem ersten Kuss, und sie wusste genau, dass er der Richtige für sie war. Jemand, der sie niemals enttäuschen wird, jemand der immer für sie da sein wird, in guten und in schlechten Zeiten, wie es so schön heißt. Doch lebte er jetzt nur noch in ihren Gedanken fort, lebendig wie er immer gewesen war, schön, wie er immer gewesen war. Sie liebte ihn noch immer unsterblich. Oh bittersüßer Schmerz!
 
Vor dem Fenster bewegte der Wind die Baumkronen hin und her, doch im Raum war es Stille. Nur die Kerze brannte stetig und unaufhörlich weiter. Und die Gedanken der Frau kreisten weiterhin um die schönen wie auch schmerzerfüllten Tage ihrer Jugend. Oh schmerzende Vergangenheit!
 
Sie vermisste ihn so sehr. War er doch immer da gewesen. Niemals hatte er sie im Stich gelassen. Alles in seiner Macht stehende veranlasste er, damit sie glücklich sein konnte. Und mag sein, sie hat es nicht immer zu würdigen gewusst, doch innerlich hatte sie ihm immer gedankt. Er ließ sich dadurch aber nicht von seinem Weg abbringen, sie glücklich zu machen, nichts hätte ihn dazu bringen können aufzuhören, ihr seine Liebe zu beweisen. Obwohl es nicht nötig war, sie wusste immer, wie sehr er sie liebte. So viele Jahre war er nun schon fort. Jeden Tag dachte sie an ihn, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde ihres Lebens. Der Schmerz heute jedoch war tiefer und schlimmer als sonst. Sie vermisste ihn heute mehr als jemals zuvor. Einsamkeit breitete sich in ihr aus, es schmerzte sie so sehr. In ihrem ganzen Leben war sie nie gern allein gewesen, immer umgab sie sich mit Freunden und Verwandten um der Einsamkeit zu entfliehen, nun jedoch hatte sie die Einsamkeit eingeholt. Und es war grausamer als jemals zuvor.
 
Sie drehte ihren Kopf leicht zur Seite und ihr Blick blieb auf ihrer Hand heften - ihr Ehering. Sie betrachtete ihn eine zeitlang und dann nahm sie ihn von ihrem Finger. Sie blickte auf die Innenseite des Rings und las die Gravur laut vor: "Auf ewig Dein - Robert". Lächelnd und unter Tränen umschlossen ihre Finger den Ring und hielten ihn fest. Tränen flossen aus ihren Augenwinkeln. Sie öffnete ihre Augen und steckte den Ring wieder an ihren Ringfinger. Als hätte sie Angst ihn zu verlieren umklammerte sie nun den Finger samt dem Ring. Es schmerzte sie so sehr, vor allem diese schönen Erinnerungen. Sie konnte sich wieder ganz genau an den Heiratsantrag erinnern, den ihr Mann gemacht hatte.
 
Hundert Kerzen oder mehr erhellten den Dachboden seines Hauses. Inmitten der Kerzen stand ein Etui mit dem Ring darin. Er hatte sie ohne besonderen Grund zu sich nach hause eingeladen und überraschte sie mit einem wunderbaren Heiratsantrag. Mit den Worten "Wahre Liebe hält ewig - bitte verbring die Ewigkeit mit mir" kniete er neben ihr auf dem Boden und verharrte ruhig, ihre Hand haltend, auf ihre Antwort wartend. Voll Freude und mit einem strahlenden Lächeln sagte sie "Ja" und damit war der Grundstein von zu vielen Jahren voll Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit gelegt. Und es waren wundervolle Jahre gewesen, nicht immer leicht und freudig, aber gemeinsam haben sie alles gemeistert. Ja, gemeinsam.
 
Ihr Blick wandte sich wieder der Kerze zu. Sie war schon bis zur Hälfte abgebrannt. Gleichmäßig und ruhig loderte die Flamme der Kerze, welche sich im Glas des Fensters spiegelte. Der Halbmond erleuchtete den leicht bewölkten Himmel und die vielen Sterne glitzerten und funkelten vor sich hin. Ein wunderschöner traumhafter Anblick. Die Frau war aufgestanden und betrachtete den Nachthimmel voll entzücken. Langsam zog sie sich wieder in ihren Schaukelstuhl zurück und deckte sich warm zu. Sie trug zwar ein wärmendes Nachthemd und einen Morgenmantel aus Flies, doch fröstelte es sie immer noch. Deshalb hatte sie sich vor Jahren diese schöne Wolldecke gestrickt. Damit sie nicht frieren musste, wenn sie die Landschaft vor ihrem Fenster betrachten wollte. Sie lehnte sich zurück und sog tief die Luft in ihre Lungen ein, als würde sie die reinste Luft einatmen, die es gibt. Ganz leicht und langsam atmete sie wieder aus und lehnte sich in ihren Stuhl zurück. Beide Arme hatte sie auf die Lehnen gelegt und betrachte nun wieder hypnotisiert die Kerze. Sie atmete nochmals tief und voll ein und verharrte. Nein, sie hatte sich nicht geirrt. Sie roch das Parfum ihres verstorbenen Mannes. Konnte so etwas möglich sein? Mit diesem Duft kamen wieder Bilder der Vergangenheit in ihr hoch. Schöne liebevolle Begebenheiten, Augenblicke vollkommener unsterblicher unendlicher Liebe.
Mit einem Lächeln schloss sie ihre Augen und sah ihren Mann vor sich stehen, jung, wunderschön und prächtig, wie er immer gewesen war. Mit einem Lächeln streckte er ihr seine Hand entgegen. Sie lächelte zurück und mit all der Liebe die sie in ihrem Herzen fühlte ergriff sie seine Hand. Unmerklich erlosch die Kerze und es wurde dunkel im Raum, es wurde ganz still. Alles war wie vorher, nur eins hatte sich verändert - die alte Frau hatte aufgehört zu atmen . . . .

 

schorsch
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RE: Die Kerze und die alte Frau (eine alte aber wahre Geschichte mit Tiefgang)
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Frank-13 vom 29.03.2019, 15:07:00
Von dir geschrieben resp. "erfunden"?

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