Diskussion historischer Ereignisse wir sind geschichte ----- gedanken

vitaraw
vitaraw
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wir sind geschichte ----- gedanken
geschrieben von vitaraw




ich habe mir gerade angelottchens thread zum 30. september durchgelesen , und mir schiessen da so viele gedanken durch den kopf .

wissen wir eigentlich in welch einer zeit wir leben , welche umbrüche politischer gesellschaftlicher und technischer art wir er und durchleben ?

ich sehe oft den werbetrailer von 3sat , wo junge menschen sich verwandeln dazu der spruch wir sind geschichte .... wir sind es wirklich ... !

wenn ich allein auf die 40 - 45 jahre an die ich mich bewusst erinnern kann zurück schaue , was haben wir erlebt ..... !

ich erinner mich an den schah besuch
die 68 revolte
die unruhen in prag und die änsgte meiner eltern
die mondlandung
den deutschen herbst
an lech walesa
an die unglaublichen vorkommnisse die zur deutschen wiedervereinigung geführt haben
an nine eleven
die erforschung des mars

im gegensatz zu vielen von euch musste ich weder kriegs noch nachkriegszeit durchleben , allerdings auch nicht die so wichtige zeit des demokratieaufbaus .

ich bin ein weltwirtschaftswunderkind geboren 1960 , habe also alles wichtige am tv verfolgen können , habe oftmals staunend oder total entsetzt mit offenen mund vor dem bildschirm gesessen ...

nur manchmal frage ich mich .... was haben wir durch unser leben in dieser so unglaublichen zeit gelernt ? sind wir weltoffen geworden .... sehen wir die probleme aber auch die lösungen die vor oder hinter uns liegen ?
oder leben wir nach wie vor in unserer kleinen welt und können nicht über den eigenen tellerrand schauen und haben angst das uns einer ein kartöffelchen klaut ?

meine 23 jährige tochter war gestern in dem baader meinhof komplex film , für sie ist das ja auch geschichte .... und sie stellte fragen .... fragen wie ich sie in den 70 und 80 er jahren meinen eltern zur vorkriegszeit gestellt habe .... fragen die vielleicht meine enkel mir einmal zur heutigen zeit stellen werden .... habt ihr die gefahren und anzeichen nicht gesehen ?

habt ihr nicht gesehen wie ziele der globalisierung unterwandert wurden ?

manchesmal mal , und jetzt komme ich zum anfang meines beitrages zurück , bekomme ich angst wenn ich hier lese .... angst vor uns .... angst vor der verbohrtheit in unserem köpfen .... nach 20 jahren lese ich immer noch von wessis und ossis .... lese ich immer noch angriffe gegen das damals und heute geführte leben .... haben wir nichts gelernt ? wie soll auf der welt frieden herrschen wenn wir es nicht mal schaffen im kleinen kreis so zu diskutieren , das man respekt und tolleranz erkennen kann ?

wie wollen wir unsere kinder und enkel zu weltoffenen tolleranten aber auch problembewussten menschen erziehen , wenn in unseren köpfen der kleingeist herrscht .... sollen denn alle entwicklungen der letzen sagen wir mal 80 jahre umsonst gewesen sein ?
ich kann und will es nicht glauben . zeigen wir unseren nachkommen das wir gelernt haben , gelernt aus dieser unglaublichen zeit der umbrüche ....


jutta

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vitaraw
cariha
cariha
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Re: wir sind geschichte ----- gedanken
geschrieben von cariha
als Antwort auf vitaraw vom 02.10.2008, 09:56:45
Was sprichst du mir aus dem Herzen!

Es ist immer wieder erschreckend, wenn ich - und das im Jahr 2008! - im TV und in der Zeitung lesen muß, daß es immer wieder passiert, daß Menschen anderer Nationalität diskreminiert, sogar verprügelt oder gemordet werden! Und das nur, weil sie in einem anderen Land geboren sind!

Auch ich habe - zu meinem Glück - die Zeit des 2. Weltkrieges nicht mit erleben müssen. Ich kenne sie nur aus Erzählungen meiner Eltern - also Zeitzeugen - und das sitzt immer noch tief. Die Erlebnisse meines Vaters, der als so junger Mann in den Krieg ziehen mußte, bleiben für mich immer in Erinnerung. Und er hat uns Kindern immer versucht, zu erklären, daß es nur mit Verständnis und Toleranz klappt - das friedliche Miteinanderleben! Seine Worte klingen mir immer noch im Ohr......

...und sind zu meiner Lebensmaxime geworden!

LG Conny


angelottchen
angelottchen
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Re: wir sind geschichte ----- gedanken
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf vitaraw vom 02.10.2008, 09:56:45
hallo jutta,
ich erinnere mich noch gut an die Zeiten, als unsere Eltern uns Kindern vom Krieg erzählten - erst vor wenigen Tagen haben mein Bruder und ich uns darüber unterhalten und er - 4 Jahre älter als ich und unsere verstorbene Schwester, die 6 Jahre älter war als ich, haben damals wohl oft gemosert, dass das "doch alles schon sooo lange her ist und nu doch mal gut sein müsse". Erst viel später haben wir verstanden, dass ja noch kaum 15 Jahre seit Kriegsende vorbei waren - und wenn man bedenkt, wie lebendig die Erinnerung in uns ist, wenn man 15 oder 20 Jahre zurückdenkt ... dann wird einem erst klar, wie schwer es die Elterngeneration hatte, diese Zeit zu verarbeiten .. und wie nah alles immer noch gewesen sein muss für sie.




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angelottchen

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Drachenmutter
Drachenmutter
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Re: wir sind geschichte ----- gedanken
geschrieben von Drachenmutter
als Antwort auf angelottchen vom 02.10.2008, 10:37:43
Das stimmt, als Kind kann man nicht ermessen, was die Eltern erlebt haben und wie lebendig das in ihnen noch ist.
Meine Schwester und ich haben früh gelernt, keine Fragen zu stellen, was Krieg und Gefangenschaft des Vaters anging. Er wollte nicht darüber reden, hatte nachts schwere Albträume, aus denen er schweißgebadet aufwachte. Dann war der Tag gelaufen. So wissen wir nicht viel von dem, was er erlebt hat in dieser Zeit. Ich bedaure das, denn ich denke, seine ganze Art wäre besser zu verstehen, wenn wir mehr darüber wüssten.

LG,
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woelfin
cariha
cariha
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Re: wir sind geschichte ----- gedanken
geschrieben von cariha
als Antwort auf Drachenmutter vom 02.10.2008, 10:50:24

Du schreibst, daß dein Vater lange nicht darüber geredet hat. Mein Vater konnte auch erst mit mir darüber reden, als er schon merkte, daß seine Zeit ablief. Er hat auch in diesen Gesprächen erklärt, warum erst sooo spät. Die genaueren Schilderungen wollte er mir erst zumuten, als ich das Alter erreicht hatte, um ihn besser verstehen zu können. Und das war gut so, denn als kleines Kind wäre ich sicherlich sehr entsetzt gewesen, über all das, was Menschen sich antun können.

Meine Eltern haben noch während der Kriegszeit geheiratet - meine Mutter stammt aus Reims in Frankreich und mein Vater aus Schlesien. Mein Bruder und ich fragen uns noch heute, wie es möglich war, solch eine Ehe in dieser Zeit eingehen zu können. Leider können wir sie beide nicht mehr fragen.....

Aber es ist für mich ein Zeichen dafür, daß sich Menschlichkeit und Liebe auch in diesen Zeiten durchgesetzt hat. Warum nicht auch heute? Oder erst recht heute?

LG Conny
cariha
luchs35
luchs35
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Re: wir sind geschichte ----- gedanken
geschrieben von luchs35
als Antwort auf vitaraw vom 02.10.2008, 09:56:45
Vitara, ich kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen.Man greift sich manchmal an den Kopf und glaubt nicht, wie sich manches so festsetzen konnte. Nichts ist schwieriger und langwieriger, als sich von Vorurteilen und fehlgeleiteten Gedanken und Erfahrungen zu verabschieden.
Ich vergleiche es mal mit festgefahrenen Ehen, wo die Gewohnheit überhand genommen hat und nur noch Schweigen und Gleichgültigkeit herrscht.

Hier in den Foren gibt es dafür geradezu Musterbeispiele voller Intoleranz und falschen Wegen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass die Entwicklungen auf allen Gebieten in den letzten 60 Jahren in einem so rasenden Tempo abliefen, dass unser kleiner Verstand schlicht und einfach nicht mehr nachkommt mit Verarbeiten so vieler Neuerungen und Weiterentwicklungen, dass für das Nachdenken über die wesentlichen menschlichen Probleme kaum mehr Raum ist. Das Resultat heisst Gleichgültigkeit und Kästchendenken.

Das Schweigen unserer Eltern liegt wohl nicht nur in den Erfahrungen des Krieges und der Vorgeschichte, sondern auch darin, dass in diesem völlig zerstörten Land ohne funktionierende Infrastruktur andere Vorstellungen Raum nahmen. Das Hoffen auf ein besseres Leben, den damit verbundenen Aufbau - und nicht zuletzt die Scham über das Geschehene, an dem sich die Menschen die Schuld gaben, weil sie ein Regime unterstützt hatten, das in dieses Katastrophe führte.

Wir versuchen tagtäglich, alles besser zu machen, aber in einer Zeit, in der Wertevorstellungen kaum mehr Platz haben, wird der Kampf immer schwieriger. Unsere Kinder und Enkel wachsen hier hinein und werden ihre Wege suchen müssen, wie wir selbst einst auch.

Geben wir ihnen einfach das Wichtigste mit auf den Weg : unsere Liebe.
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luchsi35

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