Diskussion historischer Ereignisse Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
Unglaublich, zu was "Menschen" fähig sind.
Nie wieder!
Ingrid60
Henryk Goldszmit stammte aus gutbürgerlichen Verhältnissen. Aber in jedem Leben gibt es Brüche und es kam die Zeit, wo er auch die Armut kennenlernte. Neben seinem Medizinstudium begann er unter dem Pseudonym Janusz Korczak zu schreiben und hatte später sowohl Erfolg als Arzt als auch als Schriftsteller. In „Kinder der Straße“, „Kinder der Salons“ setzt er sich mit den sozialen Gegensätzen des Kapitalismus auseinander und benennt sie als Ursache für Kinderarmut und Kinderleid.
In „Wie man ein Kind lieben soll“ gibt er wichtige pädagogische Hinweise, die er seit 1912 als Leiter des Waisenhauses sammelte. Mit seinen Kindern übte er demokratisches Zusammenleben, indem er sie in die Arbeit einbezog. Es gab ein „Kinderparlament“, die Kinder lernten Regeln aufzustellen, Streitigkeiten zu schlichten. In diesem Waisenhaus gab es die erste Kinderzeitung weltweit, sie trug den Namen „Kleine Rundschau“, die Kinder kommunizierten in dieser Zeitung ihre eigenen Angelegenheiten.
Janusz Korczak gilt damit auch als erster Fachlehrer für Medienerziehung. Sein Credo: „Kinderrechte sind Menschenrechte“. Danach lebte und handelte er. Der faschistische Überfall auf Polen beendete alle Aktivitäten. Und als die Kinder des Waisenhauses im August 1942 deportiert werden sollten, begleitete Janusz Korczak die Kinder in die Gaskammer.
Solche Verbrechen dürfen nicht verjähren und nicht vergessen werden.
Janusz Korczaks Sämtliche Werke erschienen zwischen 1996 und 2010 in deutscher Übersetzung im Gütersloher Verlagshaus. Im Jahre 1972 wurde Janusz Korczak posthum der "Friedenspreis des deutschen Buchhandels" verliehen.
Weder meine Sprache noch meine Nationalität beschämen mich, sie verändern die Vergangenheit nicht. Sich der unbestreitbaren, unmenschlichen Tatsache des Holocaust zu stellen, sehe ich als Verpflichtung und Aufgabe.
Für eine friedliche Zukunft ohne Antisemitismus, muss alles getan werden, dass das Leid unschuldiger Menschen nicht in Vergessenheit gerät.
Lisa
ich freue mich immer sehr, wenn ich von Gleichaltrigen, in diesem
Fall von dir, erfahre.
Jene, die sich zeit ihres Lebens mit der NS-Zeit und insbesondere
mit dem Holocaust befassen.
Ich war 13, als ich mich in die Erwachsenen-Bibliothek der Stadt
Oberhausen schlich, weil ich es genau wissen wollte.
Jetzt bin ich 72.
Oft bekam ich zu hören, ich solle doch endlich aufhören, mich damit
zu befassen.
Ich werde nicht aufhören. Niemals. Es geht nicht.
Danke, dass du so vieles eingestellt hast.
Einiges habe ich mir bereits angesehen.
Aber ich bin noch nicht ganz wach.
Ganz besonders freut es mich, wenn sehr junge Menschen, sich
mit der NS-Zeit befassen !!
Dann weiß ich, dass es weiter geht, es nicht in Vergessenheit gerät.
Die Lehren, die ich aus unserer Geschichte gelernt habe, sind sehr
vielfältig.
Diesbezüglich hätte ich viel zu schreiben.
Besonders nachdem ich mich mit den Tätern und Täterinnen befasst
habe.
Studien zu diesen kamen erst sehr spät.
Daraus zog ich ganz andere Erkenntnisse.
" Die unerträgliche Leichtigkeit des Massenmordes ", würde ich da
mal zu sagen.
Aber hier wollte ich in erster Linie über den jüdischen Widerstand etwas
schreiben, bin aber für jeden Beitrag, jede Beteiligung hier dankbar !
Auch dir , Karl, vielen Dank. Ich werde mir alles in Ruhe ansehen.
Anna
Dazu ein Zitat aus einer Rezension (Amazon)
Mareike hatte auf ein Buch hingewiesen, welches ziemlich neu ist.
Das Buch kenne ich aber nicht.
Du müsstest Mareike fragen, ob sie dir empfehlen kann, dieses zu lesen.
Anna
" Der Schreibstil ist überwiegend sachlich, nur selten werden einzelne Szenen etwas ausgeschmückt – die erschreckenden Fakten sprechen für sich, es bedarf nur wenige Ergänzungen. Die Freundschaft mit Anne und Margot Frank wird in der Buchbeschreibung besonders hervorgehoben, spielt aber im Buch selbst eine untergeordnete Rolle. Viele andere Menschen, denen die Schwestern begegnen, nehmen einen größeren Platz ein.
Es gelingt Roxane van Iperen, ein sehr gutes Bild des Widerstands zu zeichnen. Sie deckt die einzelnen Netzwerke auf, berichtet über die heimlichen Aktivitäten und Verstecke und verfolgt letztlich den Werdegang fast aller genannten Personen.
Beeindruckt und erschreckt erkennt man beim Lesen, wie sich die Stimmung gegen die Juden im Land ganz langsam wandelt, bis sie von Freunden und Nachbarn zu Gejagten werden. Wie Menschen, ganz normale Menschen, zum großen Teil kollaborieren und sich darüber hinaus mit den Nazis gegen die Juden verbünden.
Trotz der Sachlichkeit und der großen Anzahl an Namen, fällt es nicht schwer, dieses Buch gespannt zu lesen. Die Schicksale machen betroffen, man bangt mit den Menschen und hofft mit ihnen, dass sie alle dem brutalen System entkommen mögen. Am Ende werden die Schicksale der Opfer aber auch der Täter genannt – ohne Wertung, doch auch hier reichen die Fakten aus um das Buch erschrocken, beeindruckt und letztlich nachdenklich zuzuschlagen."
Ich finde es wertvoll, dass nüchtern, gut recherchiert, ohne Wertung berichtet wird, fast wie in einem Sachbuch.
Es werden ganz normale Menschen beschrieben mit ihren ureigensten Bedürfnissen und Überzeugungen,
ein Jeder bemüht diese Kriegsjahren zu überstehen, Familie und Freunde zu beschützen, ein Jeder auf seiner Weise.
Lien ( Lin Jaldati ) war sehr aktiv im Widerstand. Das bedeutete u.a. Untergetauchten mit falschen Papieren, Lebensmittelmarken und Verstecken zu helfen.
Mareike
Olga Benario - Die Tragende
Ich lese hier mit.
Und bei so vielem werde ich an meine Kindheit erinnert. Bei jedem Familienfest, Weihnachten, Geburtstage, Hochzeiten, wurde an das Leid der von Nazis Verfolgten, Gefolterten und Ermordeten erinnert, an meine Oma, von mir laut Aussagen meiner Mutter unsagbar geliebt, die schon recht früh an den Spätfolgen der Gestapoverhöre starb, und an die ich mich immer noch erinnere -; an ihre jüdisch-christlichen Eltern, also an meine Urgroßeltern -; an meinen kommunistischen Opa, an deren Geschwister und Eltern.
Das Familienfest begann meist mit guten Erinnerungen und fröhlichen Gesängen, die dann im Laufe des Nachmittags in todtraurige Berichte und Gesänge aus Russland und aus polnischen Dörfern endeten. Und dann lagen sich alle weinend in den Armen.
Und wir Kinder verstanden NICHTS, spürten aber das unendliche Leid in den Stimmen und in den Gesichtern. Später erzählte mir mein Opa mehr, eigentlich war das Leid der verfolgten Menschen im Dritten Reich immer unser Gesprächsthema. Jedes Mal, wenn jemand aus der Nachbarschaft "plötzlich weg" war, geriet meine Oma in Panik und mit ihr ihre Kinder (meine Mutter und deren Geschwister) .
Meine ganze Kindheit und Jugend war bis zu Opas Tod (1970) von diesen Berichten, Erzählungen, Liedern geprägt, die Erzählungen und schrecklichen Berichte tobten als Kind durch viele meiner Träume. Aber wir sollten darüber mit niemandem reden, was wir auch nicht taten. Eigentlich rede ich da bis heute nur mit ganz wenigen Menschen drüber. Ich bin Jahrgang 1952 und war und bin ja nicht direkt betroffen, obwohl es meine Kindheit so geprägt hat wie wohl nichts anderes in meinem Leben.
Am schlimmsten war, wenn an den Feiern auch der Cousin meines Opas teilnahm, der in der NS-Zeit ein Nazi war, und mit dem Opa aufgewachsen war. Er hielt in der Nazi-Zeit schützend seine Hand über Opa und Oma und die ganze Familie, was Opa ihm nie verzieh, weil er genau wusste, dass der Cousin ihn "in der Hand hatte". Und der Cousin sagte das auch ganz deutlich, wenn er irgendwas von Opa wollte, und es nicht bekam. Dann drohte er, "den Parteigenossen" zu verraten, dass seine Schwägerin "von Juden abstammt". Auch das hat Opa seinem Cousin nie verziehen. Wenn die beiden sich dann nach 1945 auf Familienfeiern trafen, saß der eine wie versteinert in einer Ecke des Raumes, und der andere, ebenfalls wie versteinert, in der anderen. So blieb das bis zu Opas Tod. Für uns Kinder war das unheimlich, weil wir es nicht verstanden. Und ich habe erst vor wenigen Jahren erfahren, dass die beiden "nur" Cousins waren, ich dachte immer, sie seien feindliche Brüder, Kain und Abel.
Mehr schreibe ich dazu hier nicht; es ist mir hier zu öffentlich. Ich werde hier auch nicht regelmäßig lesen, jeder Film, jedes Lied, jeder Bericht triggert mich immer mehr, ich habe seit einiger Zeit sogar das Gefühl, je älter ich werde, umso weniger ertrage ich die Erinnerungen und das alles noch.
Dennoch danke, dass es diesen Thread gibt.
DW
Olga Benario wurde am 12. Februar 1908 in eine bürgerliche jüdische
Familie hinein geboren.
Sie wurde am 7. April 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet.
Sie war schon früh politisch aktiv und schloß sich 1925 der Kommunistischen
Jugendgruppe in Schwabing an.
Sie hatte ein sehr bewegtes Leben.
In Moskau erhielt sie eine militärische Ausbildung.
Danach war sie in einigen Ländern als Kommunistin tätig.
Sie wurde mehrfach verhaftet und wieder frei gelassen.
Zuletzt war sie in Brasilien.
Dort nahm sie 1935 an einem Aufstand teil, der allerdings fehl schlug.
Im September 1936 wurde sie ausgewiesen und musste nach Deutschland
zurückkehren.
Hinein in die Nazi-Zeit...
1939 kam sie in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück.
Olga Benario sah sich nicht als Jüdin.
Sie war Kommunistin, sie sah sich als Revolutionärin.
Was es bedeutet, eine Jüdin zu sein, das erfuhr sie erst, als sie 1939
in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt worden ist.
Von all den unterschiedlichen Gruppen, waren es die Jüdinnen, die am stärksten gefährdet waren.
Sie bekamen weniger zu essen, mussten weitaus härter arbeiten, wurden
öfter geprügelt und auch die Hunde wurden besonders auf die Jüdinnen
gehetzt.
Olga Benario hatte sich lange von ihren jüdischen Wurzeln distanziert.
In Ravensbrück hingegen wurde sie massiv damit konfrontiert, was es
heißt, eine Jüdin zu sein.
Das war wohl der Grund, warum sie sich nicht dem kommunistischen
Block anschloß, sondern dem jüdischen.
Was war ihr Widerstand im Konzentrationslager Ravensbrück ?
Es ist kein Zufall, dass die Skulptur " Die Tragende " Olga Benario
darstellt.
Obwohl sie harten Strafen ausgesetzt war, unterließ sie es nicht,
ausgemergelte, von Hunger und Arbeit geschwächte Mitgefangene, in ihren Armen haltend, manchmal eine weite Strecke, bis zur Krankenstation
zu tragen.
Durch menschliches Mitgefühl und die unabdingbare Hilfe für die
Schwächsten, bot sie dem Menschenverachtenden
unerschrocken die Stirn.
Welch ein Mut braucht es !!
Anna
Ich bin 1951 geboren.
Aber in völlig andere Verhältnisse hinein.
In vielerlei Hinsicht konträr zu deinen.
Ich muss mich von anderen threads hier fern halten.
Von diesem nicht.
Habe ihn ja auch begonnen.
Ausgangspunkt war ja für mich: Wie die Schafe zur Schlachtbank.
Dem wollte ich etwas entgegen setzen und auch, wie viele Gesichter
der Widerstand haben kann.
Anna
Widerstand jenseits eines bewaffneten Kampfes, bei dem es eben
nicht darum geht, Sieger oder Verlierer zu sein, sondern die Frage
beantwortet: Wie will ich leben?
Auch wenn hier über eine völlig andere Zeit berichtet wird, ist die
Frage danach weiterhin aktuell.
Uns begegnen hier Menschen in Extremsituationen und was sie
getan haben, um nicht der " Unmenschlichkeit " anheim zu fallen.
Anna