Forum Politik und Gesellschaft Diskussion historischer Ereignisse Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,

Diskussion historischer Ereignisse Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,

Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Anna842
als Antwort auf Granka vom 22.11.2023, 13:18:30
Liebe Granka,
es gab sehr viele Widerstandsgruppen unterschiedlicher Art.
Ich habe ein Buch darüber, welches einiges aufzeigt.

"  Wer wir sind "  von Sabine Friedrich.

Es umfasst 2.019 Seiten.

Die Autorin hat wirklich sehr viel zusammen getragen.
Aber es ist auch stellenweise in eine Art Romanform geschrieben.

Ich würde mal sagen, es muss sich eine schon sehr lebhaft dafür
interessieren, um diese Seitenzahl zu bewältigen.
Vielleicht schreibe ich mal etwas darüber.

Aber hier wollte ich über den jüdischen Widerstand während des
Holocaust schreiben, wie zu Beispiel über Olga Benario.

Das muss man sich wirklich mal vor Augen führen, was sie da getan hat:

In einem KZ, vor aller Augen, unter den Augen der SS, macht sie etwas,
was strengstens verboten war, nahm harte Strafen in Kauf und machte
es immer weiter, so lange, bis sie auf die Todesliste gesetzt worden ist.

Und sie macht nicht einfach irgend etwas, wie Essen klauen, Arbeit
nicht schnell genug zu verrichten, nein, sie macht etwas ganz
bestimmtes: Eine absolute Demonstration der Menschlichkeit.
DAS macht sie.
Und deshalb steht ihre Skulptur zurecht dort, wo sie steht, in
Ravensbrück, als Erinnerung daran, dass auch dort Menschlichkeit 
möglich war.

Anna
Granka
Granka
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Granka
als Antwort auf Anna842 vom 22.11.2023, 16:03:30

Liebe Anna,
Über dieses spezielle Wissen über den jüdischen  Widerstand während des holocaust, verfügt nur jemand, der sich wie du intensiv damit beschäftigt, ich habe es nicht. Ich habe mich erstmal intensiv mit der Nazi Diktatur beschäftigt, aber ich habe Grenzen dessen was ich verkraften kann. Inzwischen leider auch dessen, was bei mir haften bleibt.

Diese Olga Benerario war eine erstaunlich mutige Frau, ob man so tapfer werden kann, wenn man weiss, dass der Tot wartet? Nein, ich denke nicht, nicht jeder hat diesen Mut. 
Schreib weiter, ich lese alles, nur hören kann ich inzwischen mit dem Handy gar nichts mehr. 
Granka

Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Anna842
als Antwort auf Granka vom 22.11.2023, 17:18:03
Dann werde ich weiter schreiben.
Beim Thema " jüdischer Widerstand " werde ich versuchen, die
unvorstellbaren Grausamkeiten, so weit es geht heraus zu nehmen.

Anna

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Granka
Granka
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Granka
als Antwort auf Anna842 vom 22.11.2023, 17:22:30
Dann werde ich weiter schreiben.
Beim Thema " jüdischer Widerstand " werde ich versuchen, die
unvorstellbaren Grausamkeiten, so weit es geht heraus zu nehmen.

Anna
Nein, Anna, schreib alles was du weisst, dosiert, in Beiträgen vertrag ich es leichter, es geht auch nicht um mich. Wenn es in diesem Forum schon jemand mit deinem Wissen gibt, dann ist das gut, gut für alle die es lesen.
Damit das Grauen nie wieder vergessen wird.
Granka
Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Anna842
Die in Vergessenheit geratenen Vernichtungslager Sobibor und Treblinka
und: Der jüdische Widerstand.


Es gab in der Geschichte der Menschheit kaum grauenvollere und totalitärere
Orte wie die Vernichtungslager Treblinka und Sobibor.
Nirgendwo wurde effizienter gemordet.

Aufgebaut wurden diese Tötungsmaschinerien im Rahmen der
"  Aktion Rheinhardt. "

Der Name bezog sich auf Reinhard Heydrich, der Leiter der Wannseekonferenz.
Auf dieser wurde die " Endlösung der Judenfrage " beschlossen.
Infolge dieser wurden in sehr kurzer Zeit, kleine Vernichtungslager mit
einer außerordentlich hohen Tötungsquote, aufgebaut.
Darunter Sobibor und Treblinka.

Die Züge der Menschen, die ermordet werden sollten, kamen am Morgen
dort an.
Am Nachmittag/am Abend waren bereits alle vergast und verbrannt und ihre
Kleidung und Habseligkeiten zur Sortierung, ins Magazin verbracht.

Die SS war dort nur in einer auffallend geringer Zahl vertreten.

Sie wählten aus den ankommenden Transporten sog.  "  Arbeitsjuden  " aus,
die für einen störungsfreien Ablauf sorgen sollten.
Bei Weigerung wurden sie sofort erschossen.
In regelmäßigen Abständen wurden auch sie vergast und durch neue
ankommende " Arbeitsjuden " ersetzt.

Zwischen Juli 1942 und Oktober 1943 wurden in den Vernichtungslagern
der Aktion  " Reinhardt "  1,6 - 1,8 Millionen Juden und ca. 50.000 Roma
ermordet.

Wie kann unter solchen Umständen ein jüdischer Widerstand aufgebaut
werden?
Wem konnte man trauen?
Wen spricht man an?
Wer ergreift die Initiative, in einer absolut ausweglosen Situation?
Und wer wurde bei einer Planung nicht zum Verräter, in der trügerischen
Hoffnung, damit sein Leben retten zu können?

Ein schier auswegloses Unterfangen, zumal 12-14 Stunden Arbeit
innerhalb dieser Massentötung gegeben war.
Mental und körperlich komplett ausgebrannte, zumeist junge Männer.

Und dennoch gab es diese Aufstände.
In Sobibor ebenso wie in Treblinka.

In Treblinka fand er am 2. August 1943 statt.

Es war zum Teil ein bewaffneter Aufstand.
Etwas 700, überwiegend jüdische Häftlinge, waren daran beteiligt.
Ungefähr 300 gelang die Flucht aus Treblinka.

Aber wohin flohen sie?

Sie flohen in die Ungewissheit hinein.
Sie flohen in ein Land, in eine Umgebung, die ihnen in der Mehrheit,
bestenfalls ablehnend gesonnen war.
Selbst wenn sie auf Partisanengruppen stießen, war es keinesfalls
selbstverständlich, dass sie aufgenommen wurden.

85 überlebten die NS-Zeit.
85 Männer, die Zeugnis ablegen konnten, damit wir nicht vergessen.

Dennoch ist die  " Aktion Reinhardt ", mitunter auch zynisch seitens
der SS als  " Erntefest " bezeichnet, außer bei entsprechenden
Historikern oder Interessierten, zum Großteil in das Vergessen
gefallen.

Anna
Anna842
Anna842
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Anna842

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Malinka
Malinka
Mitglied

RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Malinka
als Antwort auf Anna842 vom 23.11.2023, 12:36:25

Liebe Anna, vielen Dank für die vielen , hochinteressanten Beiträge, denen ich etwas hinzufügen möchte.

So wie Du anfangs schon geschrieben hast - die Juden sind keineswegs widerstandslos und wie die dummen Kälber auf die Schlachtbank gegangen, die allermeisten waren unter einander sehr gut vernetzt und wussten  genau, was da läuft. Die von den Nazis betriebene  Verfolgung und der Massenmord schürten den Widerstand gegen die Deutschen im Dritten Reich selbst und im gesamten besetzten Europa. Juden leisteten auf vielfältige Weise Widerstand gegen die Unterdrückung durch die Nazis, sowohl kollektiv als auch einzeln.

Der organisierte bewaffnete Widerstand war die stärkste Form jüdischer Opposition gegen die Nazi-Politik im deutsch besetzten Europa. Als Beispiel - ich habe mal zusammen getragen, was ich aus analogen und virtuellen Quellen zusammen getragen habe -  sorry, wenn sich da etwas mit Deinen Infos überschneiden sollte. 

Ghetto-Aufstände
Jüdische Zivilisten leisteten in über 100 Ghettos im besetzten Polen und der Sowjetunion bewaffneten Widerstand. Im April und Mai 1943 kam es zu einem bewaffneten Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto, nachdem Gerüchte aufkamen, dass die Deutschen die verbliebenen Ghettobewohner in die Tötungsanstalt Treblinka deportieren würden. Als deutsche SS- und Polizeieinheiten das Ghetto betraten, griffen Mitglieder der Jüdischen Kampforganisation (Zydowska Organizacja Bojowa, abgekürzt:  ZOB) und andere jüdische Gruppen deutsche Panzer mit Molotowcocktails, Handgranaten und einer Handvoll Kleinwaffen an. Obwohl es den Deutschen gelang, die großen Kämpfe innerhalb weniger Tage zu beenden, dauerte es fast einen Monat, bis die weit überlegenen deutschen Streitkräfte das Ghetto vollständig erobern  und nahezu alle verbliebenen Bewohner deportieren konnten. Noch Monate nach dem Ende des Aufstands im Warschauer Ghetto versteckten sich einzelne jüdische Widerstandskämpfer in den Ruinen des Ghettos, wo SS- und Polizeieinheiten patrouillierten, um Angriffe auf deutsches Personal zu verhindern.

Im selben Jahr erhoben sich Ghettobewohner in Wilna (Vilnius), Bialystok und einer Reihe anderer Ghettos gegen die Deutschen. Viele Ghettokämpfer griffen zu den Waffen, wohl wissend, dass die Mehrheit der Ghettobewohner bereits in die Tötungszentren deportiert worden war; und auch im Wissen, dass ihr Widerstand die verbliebenen Juden, die nicht kämpfen konnten, auch jetzt nicht vor der Vernichtung retten konnte. Aber sie kämpften um der jüdischen Ehre willen und um die Ermordung so vieler Juden zu rächen.

Partisanen, Judenratsverweigerer und Lageraufstände
Tausende junger Juden leisteten Widerstand, indem sie aus den Ghettos in die Wälder flüchteten. Dort schlossen sie sich sowjetischen Partisaneneinheiten an oder bildeten eigene Partisaneneinheiten, um die deutschen Besatzer zu bedrohen. Obwohl viele Mitglieder des Judenrats unter Zwang mit den Deutschen kooperierten, bis sie selbst deportiert wurden, widersetzten sich einige, wie der Vorsitzende des Judenrats Moshe Jaffe in Minsk, indem sie sich weigerten, dem nachzukommen, als die Deutschen ihm im Juli befahlen, Juden zur Deportation auszuliefern 1942.

Jüdische Gefangene erhoben sich in drei Tötungsanstalten gegen ihre Wärter. In Treblinka im August 1943 und Sobibor im Oktober 1943 griffen mit gestohlenen Waffen bewaffnete Häftlinge den SS-Stab und die in Trawniki ausgebildeten Hilfswachen an. Die Deutschen und ihre Hilfstruppen töteten die meisten Rebellen entweder während des Aufstands oder später, nachdem sie die Geflohenen zur Strecke gebracht hatten. Mehrere Dutzend Gefangene entkamen jedoch ihren Verfolgern und überlebten den Krieg. Im Oktober 1944 meuterten Mitglieder des Jüdischen Sonderkommandos in Auschwitz-Birkenau gegen die SS-Wachen. Fast 250 starben während der Kämpfe; Nach der Niederschlagung der Meuterei erschossen die SS-Wachen weitere 200 Menschen. Einige Tage später identifizierte die SS fünf Frauen, vier davon Jüdinnen, die an der Versorgung der Angehörigen des Sonderkommandos mit Sprengstoff für die Sprengung eines Krematoriums beteiligt gewesen waren. Alle fünf Frauen wurden getötet.


Hilfe, Rettung und spiritueller Widerstand
In vielen von den Deutschen besetzten oder mit den Deutschen verbündeten Ländern nahm der jüdische Widerstand häufig die Form von Hilfe und Rettung an. Jüdische Behörden im vorstaatlichen Israel schickten 1944 heimliche Fallschirmspringerinnen wie Hannah Senesh nach Ungarn und in die Slowakei, um den untergetauchten Juden jede erdenkliche Hilfe zu leisten. In Frankreich schlossen sich verschiedene Elemente des jüdischen Untergrunds zu verschiedenen Widerstandsgruppen zusammen, darunter die Armée Juive (jüdische Armee), die im Süden Frankreichs operierte. Viele Juden kämpften als Mitglieder nationaler Widerstandsbewegungen in Belgien, Frankreich, Italien, Polen, Jugoslawien, Griechenland und der Slowakei.

Auch die Juden in den Ghettos und Lagern reagierten auf die Unterdrückung durch die Nazis mit verschiedenen Formen spirituellen Widerstands. Sie unternahmen bewusste Versuche, die Geschichte und das Gemeinschaftsleben des jüdischen Volkes trotz der Bemühungen der Nazis, die Juden aus dem menschlichen Gedächtnis auszulöschen, zu bewahren. Zu diesen Bemühungen gehörten: die Schaffung jüdischer Kulturinstitutionen, die weitere Einhaltung religiöser Feiertage und Rituale, die Bereitstellung heimlicher Bildung, die Veröffentlichung von Untergrundzeitungen sowie das Sammeln und Verstecken von Dokumentationen, wie im Fall des Oneg-Sabbat-Archivs in Warschau, das die Geschichte der Juden erzählen sollte im Warschauer Ghetto, trotz seiner Zerstörung im Jahr 1943.

Dieser Artikel wurde aus der Holocaust-Enzyklopädie des United States Holocaust Memorial Museum übernommen.

Anna842
Anna842
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RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Anna842
als Antwort auf Malinka vom 23.11.2023, 14:00:26
Liebe Malinka, hier kann jede schreiben, die etwas schreiben möchte.
Es soll ein offener thread sein.

Auf die Rolle der Sonderkommandos werde ich später nochmal eingehen.
Besonders über das Sonderkommando von Ausschwitz-Birkenau.

Auch anderes kann noch ergänzt werden, kann an deinen Überschriften
angeschlossen werden.

Mein Bedürfniss ist es, aufzuzeigen, in welch einer extremen Situation
sich die Juden/Jüdinnen befanden und dennoch gab es all diese
unterschiedlichen Formen des Widerstandes.
Ich finde es wert, daran zu erinnern.
LG

Anna
Malinka
Malinka
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RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Malinka
als Antwort auf Anna842 vom 23.11.2023, 15:37:22

Da möchte ich besonders an Hannah Szenes erinnern. Hannah, geboren als Anikó Szenes am 17. Juli 1921 in Budapest; gestorben am 7. November 1944 ebenda,  war eine ungarische Widerstandskämpferin, die mit anderen jüdischen Frauen und Männern mit dem Fallschirm hinter der deutschen Front absprang, um zu versuchen, Juden zu retten. Sie wurde von den Nazis hingerichtet
Hier ein interessantes Video über ihr Leben
 





 
Anna842
Anna842
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RE: Widerstand ist nicht die Frage danach, ob du siegen wirst,
geschrieben von Anna842

jerushalayim shel za hav...

Wenn es nach mir ginge, wäre Jerusalem eine religiöse Stadt.
Weder die Hauptstadt des einen, noch des anderen Landes.

Jerusalem war und ist für viele eine Art Sehnsuchtsort.
Des Gebetes....

Anna

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