Diskussion historischer Ereignisse Vergessen

king
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Re: Vergessen
geschrieben von king
als Antwort auf Gambler vom 29.08.2011, 16:41:41
Hallo Gambler, ich danke Ihnen für den Beitrag.

Mein Sohn hatte vor ca. 10 Jahren als Aufgabe für eine Facharbeit das Thema….“ Schulzeit und Leben der Schüler in…………. von 1930 – 1945“, erhalten.
Gemeinsam machten wir uns alle Gedanken, wie man dieses Thema angehen sollte.
Zunächst wurde das Stadtarchiv aufgesucht, danach die heutige Grundschule, es wurden sogar die Kirchenbücher eingesehen und Kontakt mit einem regional bekannten Historiker aufgenommen.
Nach und nach besuchten wir alle Zeitzeugen, führten viele Gespräche, kramten auf Speichern und Dachböden und suchten mit den Besitzern nach alten Dokumenten, Schulbüchern Zeugnissen und sonstigen Unterlagen. Es war wirklich erstaunlich, was noch alles, trotz der Kontrollen in den Nachkriegsjahren, gut versteckt zum Vorschein kam.
Eine alte Dame hatte noch sämtliche Aufsatzhefte. Anhand der Aufsätze, ließ sich das Schulleben gut nachvollziehen, es wurden ja anschließend immer Aufsätze über Ausflüge… Ereignisse…z. Beispiel die Reichserntedanktage am nahen Bückeberg oder die Wanderungen zum Horst Wessel Denkmal, geschrieben. Alle befragten Dorfbewohner haben uns diese Unterlagen zur Verfügung gestellt. Sogar auf unserem alten Scheunenboden wurden wir pfündig.
Die Facharbeit hat er dann anschließend natürlich selbst geschrieben, nur die Zeitzeugen wollte er nicht allein besuchen. Ich kannte ja viele aus dem Dorfleben, da ist der Einstieg in ein Gespräch leichter.
Sogar das Stadtarchiv hat angefragt, sie haben ein Exemplar erhalten.
Meine Mutter hat leider, als einzige Erinnerung an ihre Kindheit, nahe der Marienburg, nur einige Fotos.
Die Gespräche, die wir mit meinem Schwiegervater geführt haben über seine Erlebnisse, waren die Erinnerungen an Kiel, er war bei der Marine.


Wünsche Ihnen im Wintersemester noch spannende Vorlesungen.


king
carlos1
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Re: Vergessen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Gambler vom 27.08.2011, 14:57:58
Lieber gambler,
deine Beiträge habe ich sehr gerne gelesen. Ich habe es nicht so gut getroffen wie du und kann nicht als Senior einen Hörsaal oder ein Seminar besuchen. Trotzdem bin ich so gut es geht am Leben interessiert.

Deine Bemerkungen über die Nachkriegszeit könnte ich nicht anders abfassen. Es war eine dunkle Zeit, in der Informationen spärlich flossen, in der geschwiegen wurde. Das hing wohl auch damit zusammen, dass die Leute mit sich beschäftigt waren. Bis 1948 hatte der Normalbürger mit dem Überleben zu kämpfen. 1946/47 waren Zeiten, wo es an allem fehlte. Kaum zu essen, wenig Heizmaterial, keine Textilien, nur Armut total und Entbehrung, die Sehnsucht nach der verlorenen Heimat. Zeitung und dann das Radio waren Informationsquellen, aber erst ab 1950. Dann brach am 29.6.50 der Koreakrieg aus und alle hatten Angst, mun würde der Russe auch marschieren. In der Schule auf der Oberstufe endete der Geschichtsunterricht mit Bismarcks Außenpolitik. Der erste und zweite Weltkrieg fanden nicht statt. Kein Wort über Hitler und den NS-Staat.Über die Politik erfuhr ich praktisch nichts. Immerhin wurde das Grundgesetz erwähnt und Ansätze zu einer unvollständig bleibenden Institutionenkunde gab es auch. Bücher gab es noch nicht, dafür wurde ins Heft diktiert. Über das bekannte Nachrichtenmagazin aus Hamburg wurde meine politische Sozialisation vorangetrieben. Den Vorlesungsbetrieb kenne ich aus den 50ern. Er wird mit dem heutigen nicht vergleichbar sein.

Erzbergers Todestag jährte sich vor kurzem. Mit Recht erinnerst du an die Bedeutung dieses Politikers. Er hat in schwieriger Zeit Dtld eine neue Finanzverfassung gegeben. Es ist eine Tragik ohnegleichen, dass die demokratischen Politiker nicht erkannten, welche Gefahren darin lagen, wenn sie die Verhandlungen über den Waffenstillstand führten ohne Beteiligung der Militärs, die seit 1916 die eigentlichen Herrscher in Dtld waren. Dann die Unterzeichnunge des Friedensvertrages von Versailles. Die Verantwortung für die unverantwortliche VErlängerung des Krieges wurde so verwischt. Hindenburg und Ludendorff, die den Siegfrieden unbedingt wollten, waren mit ihrer Strategie (U-Bootkrieg) gescheitert. Sie hätten die Verhandlungen über den Waffenstillstand einleiten und dann führen müssen. Nachher stritt Hindenburg ab, dass die OHL den Waffenstillstand gefordert hatte: Der Ursprung der Dolchstoßlegende, die eigentlci eine Dolchstoßlüge war. Sie war mit ein Anlass für maßlos überzogene Hetze gegen die Demokratie und ihre Repräsentanten.

Es wäre schön, wenn du nicht gleich wieder in der Versenkung verschwinden würdest.

Viele Grüße
c.
wolfi1611
wolfi1611
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Re: Vergessen
geschrieben von wolfi1611
als Antwort auf king vom 29.08.2011, 18:34:55
Hallo Gambler,
zum Thema Vergessen:
1975 wurde M.Erzberger zum 100.Geburtstag mit einer Briefmarke der (damaligen) Deutschen Bundespost geehrt.

MiNr. 865 Deutschland Bundesrepublik Deutschland
1975, 14. Aug. 100. Geburtstag von Matthias Erzberger
adb) M. Erzberger (1875-1921), Zentrum-Politiker

Matthias Erzberger, geb. 1875 in Buttenhausen. Seit 1903 war er Zentrums-Abgeordneter im Reichstag. Er wandte sich im Sinne einer parlamentarischen Mitverantwortung offen gegen alle Regierungsmaßnahmen, die ihm für Deutschland und sein politisches Ansehen bedenklich schienen. Als Gegner der verfehlten Polenpolitik und des als wirkungslos erkannten uneingeschränkten U-Boot-Krieges 1917 trat er für die Friedensresolution des Reichstags ein. Er fiel dem Attentat zweier ehemaliger Offiziere zum Opfer. Gestorben: 1921 bei Bad Griesbach.


Text zur Briefmarke: Michel-Onlinekatalog vom Schwaneberger Verlag.

Gruß
wolfi1611

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