Diskussion historischer Ereignisse Schah-Demonstrationen 1967 in Berlin
Ende der 1960er, zur Zeit der Antivietnamdemonstrationen und der Demonstrationen gegen das amerikanische Rüstungskartell, galt der Schah als Symbolfigur eines faschistischen Vasallen der USA. Deshalb demonstrierten auch in der damaligen Bundesrepublik die Studenten bei seinem Besuch.
Danke, Symbolfigur, das ist es wohl gewesen. Die Demonstrationen richteten sich gegen die USA und gegen ihren unsäglichen Vietnam-Krieg, und damit gleichzeitig gegen den Schah.
Bisher fragte ich mich immer: Was zum Teufel scherte es die deutschen Studenten und Linken, was im Iran passierte? Es ging in erster Linie gegen die USA, ist jetzt meine Einstellung.
Gruß Fritz
P.S.: Die Demonstrationen veränderten in Persien nichts, aber in Deutschland, wie du geschrieben hast.
Die Demonstrationen richteten sich gegen die USA und gegen ihren unsäglichen Vietnam-Krieg, und damit gleichzeitig gegen den Schah.
@Fritz,
wohl eher umgekehrt. Die Demonstrationen richteten sich gegen den Schah (direkt gegen die USA waren die Vietnamdemonstrationen) und somit nur indirekt auch gegen die USA. In der Bundesrepublik verbreitete damals die Yellowpress ein Märchenbild der Schahfrauen Soraya und Farah Diba. Farah Diba lebt heute noch von ihrem iranischen Vermögen mit Wohnung in Paris und einer Villa in Ägypten, die der ägyptische Staat dem Schah nach dessen Sturz schenkte.
Lies mal den Brief von Ulrike Meinhoff, den diese damals öffentlich an Farah Diba richtete. Dieser Brief ist heute für mich das Symbol eines idealistischen, aber naiven Gerechtigkeitsdenken. Die Anprangerung von Ungererechtigkeit führt über einen Umsturz noch längst nicht zu einer gerechteren Gesellschaft.
Was die Bundesrepublik anbelangt, führten die 1960er zu einer Politisierung der Gesellschaft. Es wurde jede Menge Obrigkeitsdenken abgeschafft, auch wenn sich die Mehrheit der sog. "68er" später brav in die Gesellschaft integrierten.
Im Iran dauerte es ja nach 1967 noch 12 Jahre bis zur "Revolution". Und wenn der Schah ein schwarzer Pfau auf dem Pfauenthron war, haben sich die Iraner 1979, in Gestalt von Chomeini, eine schwarze Mamba ins Land geholt. An Stelle des übermächtigen Kaisertums trat die Übermacht der Religion, die heute mit den selben Mitteln an der Macht gehalten wird.
Für mich stellt sich das Problem, daß eine Revolution zwar alte Ungerechtigkeiten wegfegen, aber mangels Bildung in der Bevölkerung keine neue Gerechtigkeit schaffen kann. Andererseits kann ich mir mit einer höher gebildeten Bevölkerung keine wirkliche Revolution vorstellen. Siehe Französische Revolution, Oktoberrevolution oder Iran. Ist die ehemalige DDR eine Ausnahme oder bestätigt sie die Triebfeder einer idealistischen Naivität?
--
adam
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Hätte der Schah damals, als er diese hehren Ziele vorgab verwirklichen zu wollen, sich nicht wie ein Gott benommen, hätte er das Volk für sich gewinnen und als Halbgott Verehrung entgegen nehmen können. Er aber führte sich als Herrscher über Leben und Tod seiner Untertanen auf, was seine Gegner fleissig ausnutzten um ihn zu stürzen.
Für mich stellt sich das Problem, daß eine Revolution zwar alte Ungerechtigkeiten wegfegen, aber mangels Bildung in der Bevölkerung keine neue Gerechtigkeit schaffen kann.
Das müsste sich dann in absehbarer Zeit ändern, denn 15% des Staatshaushalts fließen in die Bildung ein. Es sind zwar immer noch 16% der Männer und 30% der Frauen Analphabeten, aber die Einschulung beträgt 90% bei einer allgemeinen Schulpflicht für Sechs-bis Zehnjährige.
So lange die Religionsführer in Wahrheit dort das Sagen haben und die Schulen zwangsweise stark von ihrem Denken beeinflusst sind, kann ich mir keine Änderung in breiten Bevölkerungsschichten vorstellen.
Bildung im Iran
Clara
Er aber führte sich als Herrscher über Leben und Tod seiner Untertanen auf, was seine Gegner fleissig ausnutzten um ihn zu stürzen.Wie es vor dem Schah war, werde ich noch aus einem Buch herausarbeiten.
Etwas zu den Lebensumständen in Saudi-Arabien aus einem Buch aus der Sicht der Amerikaner, die Verhältnisse waren für die Einheimischen sicher nicht anders:
"Wünscht eine Amerikanerin im Basar einen Kamelsattel zu kaufen, so muß sie sich von einem Mann in ihrem Plymoth dorthin fahren lassen; denn in Saudi-Arabien darf keine Amerikanerin am Steuer sitzen, es sei denn innerhalb des Lagers der Ölgesellschaft.
Ist sie literarisch interessiert, so wird sie bei ihrer Rückkehr ins heimatliche Ohio feststellen, wie wenig sie auf der Höhe ist; denn nach Saudi-Arabien darf kein Buch eingeführt werden.
Will sie einen Whisky-Soda trinken, dann muß sie sich einen eigenen Destillator in ihrer Küche bauen; denn in Saudi-Arabien herrscht Alkoholverbot.
Bekommt sie einen Brief von einer Freundin aus Israel, wird sie unverzüglich des Landes verwiesen; die Briefmarke mit dem Stempel Tel Aviv ist ein ausreichender Anlaß dafür.
Eine Kirche kann sie nicht besuchen, denn Saudi-Arabien verbietet christliche Gottesdienste; der Priester, der manchmal von Bahrein herübergeflogen kommt, gibt bei den saudi-arabischen Behörden an, er sei Lehrer."
Aus: Morris: Wessen ist der Orient, von 1958.
Vielleicht kann mich jemand aufklären, was sich seither geändert hat. Dagegen wurde in Deutschland nicht nicht protestiert.
Gruß Fritz
In der Bundesrepublik verbreitete damals die Yellowpress ein Märchenbild der Schahfrauen Soraya und Farah Diba. Farah Diba lebt heute noch von ihrem iranischen Vermögen mit Wohnung in Paris und einer Villa in Ägypten, die der ägyptische Staat dem Schah nach dessen Sturz schenkte.
Das spielte sicher auch eine Rolle. Über den Reichtum und Glanz wurde und wird gerne berichtet, und kaum einer sah die Armen und Hungrigen. Aber sie gab es auch schon vor der Schah-Familie. Der Fehler war wohl, daß die Schah-Familie dagegen nichts unternahm. Sie hat das Land aber auch nicht in die Armut geführt. Die gab es schon vorher. Den Brief von Ulrike Meinhoff habe ich gelesen. Er trifft sicher zu, die Zustände waren aber vor dem Schah und Mossadegh sicher nicht besser, nur wurden sie im Kontrast zur Schahfamilie gerne herausgestellt.
Gruß Fritz
Re: Schah-Demonstrationen 1967 in Berlin
Er aber führte sich als Herrscher über Leben und Tod seiner Untertanen auf, was seine Gegner fleissig ausnutzten um ihn zu stürzen.Wie es vor dem Schah war, werde ich noch aus einem Buch herausarbeiten.
Etwas zu den Lebensumständen in Saudi-Arabien aus einem Buch aus der Sicht der Amerikaner, die Verhältnisse waren für die Einheimischen sicher nicht anders:
"Wünscht eine Amerikanerin im Basar einen Kamelsattel zu kaufen, so muß sie sich von einem Mann in ihrem Plymoth dorthin fahren lassen; denn in Saudi-Arabien darf keine Amerikanerin am Steuer sitzen, es sei denn innerhalb des Lagers der Ölgesellschaft.
Ist sie literarisch interessiert, so wird sie bei ihrer Rückkehr ins heimatliche Ohio feststellen, wie wenig sie auf der Höhe ist; denn nach Saudi-Arabien darf kein Buch eingeführt werden.
Will sie einen Whisky-Soda trinken, dann muß sie sich einen eigenen Destillator in ihrer Küche bauen; denn in Saudi-Arabien herrscht Alkoholverbot.
Bekommt sie einen Brief von einer Freundin aus Israel, wird sie unverzüglich des Landes verwiesen; die Briefmarke mit dem Stempel Tel Aviv ist ein ausreichender Anlaß dafür.
Eine Kirche kann sie nicht besuchen, denn Saudi-Arabien verbietet christliche Gottesdienste; der Priester, der manchmal von Bahrein herübergeflogen kommt, gibt bei den saudi-arabischen Behörden an, er sei Lehrer."
Aus: Morris: Wessen ist der Orient, von 1958.
Vielleicht kann mich jemand aufklären, was sich seither geändert hat. Dagegen wurde in Deutschland nicht nicht protestiert.
Gruß Fritz
Es hat sich dort nichts geändert bisher.
Auch heute noch darf eine Frau in Saudi-Arabien nicht autofahren.
Es wird nur demonstriert in Deutschland, wenn es gegen Amerika geht, warum wohl?
Und bei dem Schah von Persien war es ganz wichtig,
das sich der Vater des schahs selber zum Schah gemacht hatte, und der junge Schah daher nicht fest im Sattel saß.
Ausschlaggebend war damals die Innenpolitik und das Interesse der Engländer am Öl.
Der Schah wollte die Engländer am Öl beteiligen.
Darüber kann Adam doch sicher auch genaueres sagen, oder ?
Re: Schah-Demonstrationen 1967 in Berlin
Und bei dem Schah von Persien war es ganz wichtig,
das sich der Vater des schahs selber zum Schah gemacht hatte, und der junge Schah daher nicht fest im Sattel saß.
Irgendwelche Machtkämpfe gab es ja immer, und der Schah, der König, war weltlich modern ausgerichtet, wenn ich das richtig verstanden habe. Eine Liste der Schahs siehe im Link unten.
Auf der anderen Seite war Mohammed + Ali + ihre Nachfahren bis hin zu den Imamen und Khomeinis (Schiiten) sowie die Gläubigen vom Kalif Abu Bakr (Sunniten). So habe ich aus dem erwähnten Buch gelesen. Aber geköpft, vergiftet oder entführt wurde immer. Und der Bevölkerung ging es immer dreckig, einfach mal salopp gesagt.
Gruß Fritz
Nachtrag: Darum kann ich die Demos gegen den Schah nur durch die oberflächliche Publizität im Westen erklären, vielleicht auch durch die Meinungsmache in den deutschen Medien.
Re: Schah-Demonstrationen 1967 in Berlin
Es wird nur demonstriert in Deutschland, wenn es gegen Amerika geht, warum wohl?
Das ist eine gute Frage. Warum wird in Deutschland nicht gegen die deutsche Regierung demonstriert? Man zeigt mit dem Finger gerne auf andere und deckt dort die Mißstände auf.
Wenn ich zurückblicke, glaube ich, daß die BRD nach dem Krieg gut mit den Amerikanern gefahren ist, daß die USA sich aber immer mehr von uns entfernen (oder wir von ihnen) und auch die USA nur zuschauen kann, wie ihnen die Macht aus den Händen genommen wird.
Re: Schah-Demonstrationen 1967 in Berlin
Es wird nur demonstriert in Deutschland, wenn es gegen Amerika geht, warum wohl?
Vielleicht ist diese Aussage aus dem Königspalast von Riadh während des Irak-Iran-Krieges die Antwort:
"Die Sowjets als Feind sind schlimm - die Amerikaner als Freund sind furchtbar!"
(aus: Konzelmann: Allahs Schwert, S. 249 dtv