Forum Politik und Gesellschaft Diskussion historischer Ereignisse Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST

Diskussion historischer Ereignisse Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST

wanderer
wanderer
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Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von wanderer
als Antwort auf carlos1 vom 22.01.2009, 19:27:19
Ich stehe hier mit meinen Erfahrungen vermutlich allein, und bin auch etwas verwundert darüber.
Das Thema Nazionalsozialismus, die versuchte Ausrottung der Juden durch die Nazis, das wurde bei uns in der Schule sehr intensiv behandelt, auch wenn der Begriff "Holocaust" nicht Verwendung fand.
Wir besuchten die Gedenkstätten und Konzentrationslager, sahen die Dokumtarfilme, die nach der Befreiung dieser Lager von den Amerikanern gemacht wurden. Bilder, die man nicht vergisst. Darüber hinaus gab es Gesprächsrunden mit ehem. KZ-Häftlingen in unserer Schule, und damit verbunden, Erlebnisse aus erster Hand zu erfahren.

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wanderer
Mitglied_81b4260
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Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wanderer vom 23.01.2009, 10:30:53
Aus bekannten, vor langer Zeit vorgelegten Gründen wurde zuhause über dieses Thema geschwiegen bzw. mütterlicherseits nur Andeutungen. z.B. "Jetzt fangen sie schon wieder an.Nachbarn wurden in Erznazis und ähnliche, vor denen man sich hüten müsse, eingeteilt...Gerede über eine Scheidung, die ihr, meiner Mutter, von der Verwandtschaft nahegelegt wurden. Die Beschreibung einer Wienreise, aus hier besser nicht darzulegenden Gründen, in der in der Nacht die SS ins Hotel kam. Das verstand ich erst, als ich von meinem älteren Bruder aufgeklärt wurde, nachdem ich mit 13.Jahren etwa einen Film über die KZs privat angesehen habe.

In der Schule praktisch kein wesentliches Thema, ich kann mich da an nichts erinnern.

Nein, ich habe mir diesen Film nicht angesehen und werde ihn nicht ansehen.
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mart1

carlos1
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Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 23.01.2009, 10:56:46
"Aus bekannten, vor langer Zeit vorgelegten Gründen wurde zuhause über dieses Thema geschwiegen bzw. mütterlicherseits nur Andeutungen. z.B. "Jetzt fangen sie schon wieder an.Nachbarn wurden in Erznazis und ähnliche, vor denen man sich hüten müsse, eingeteilt ..." mart1

Menschen schauen weg, wenn es peinlich wird. Am Judenmord ist nicht nur peinlich, wie weggeguckt wurde, sondern auch weil es nicht nur ein Mord war, sondern ein Raubmord. Der deutsche Staat und die Deutschen haben sich am Vermögen der Ermordeten bereichert. Die Juden wurden nicht nur ihrer bürgerlichen Rechte beraubt, aus der Gesellchaft ausgetoßen, entehrt, mit Berufsverbot belegt, als unerwüscht gebrandmarkt und als eine Gefahr für die "reinrassigen" Deutschen verurteilt, sondern ihnen wurden schon vor der "Reichskristallnacht" eine Vermögensabgabe auferlegt. Alle Juden mit einem Vermögen über 50 000 RM mussten eine genaue Aufstellung den Behörden übergeben und eine Abgabe leisten und an das Finanzamt abführen. Es kam ein Betrag von 8 MRD RM zustande, anch heutigem Geld etwa 80 MRD Euro. Die Kosten des Pogroms der Reichskristallnacht wurden ihnen ebenfalls auferlegt. Mit ihrer Deportation verfiel ihr Vermögen dem Staat. Ihr Hausrat wurde auf Auktionen verhökert an Millionen von Deutschen. Sage eine wer nicht wusste, wem die Immobilien, die Grundstücke, die Firmen und Praxen gehörten, die arisiert wurden, der Hausrat, das Mobiliar, die Wächestücke und Anzüge und Kostüme, das Porzellangeschirr, die von Deutschen als Schnäppchen ersteigert werden konnten. Die Auktionen wurden öffentlich ausgeschrieben. In Berlin nahmen Hunderttausende von Menschen daran teil. Mit den Familien mitgerechnet sind das rund 2 MIo Berliner. Dachte niemand daran, dass es fremdes Eigentum war? Nackter unverschämter Raub ist das. Die Deutschen nahmen gerne. Die Juden, das waren ehemals Nachbarn, Bekannte, Freunde würden zum Arbeitseinsatz in den Osten geschickt, hieß es. Kann der Dieb aber ein Interesse daran haben, dass der wahre Eigentümer wieder zurückkehrt? Namentlich sind die Ersteigerer und Schnäppchenjäger in den Akten der Oberfinanzfdirektionen bekannt. Aktenberge, die erst vor wenigen Jahren (!) freigegeben wurden, warten auf Einsichtnahme. Vorher hieß es meist, die Akten seien verloren gegangen.

Antisemitismus hat es immer gegeben. Was so deprimierend war für die beteiligten Opfer, war, wie schnell sich Freundschaften und gute Nachbarschaften verflüchteten, als die Propagandamaschine anfing zu laufen und Repressalien gegen die Minderheit ausgesprochen wurden. Zur Erinnerung: Es waren deutsche Staatsbürger 1933.
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carlos1

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majana
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Mitglied

Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von majana
als Antwort auf wanderer vom 23.01.2009, 10:30:53
Ich stehe hier mit meinen Erfahrungen vermutlich allein, und bin auch etwas verwundert darüber.
Das Thema Nazionalsozialismus, die versuchte Ausrottung der Juden durch die Nazis, das wurde bei uns in der Schule sehr intensiv behandelt, auch wenn der Begriff "Holocaust" nicht Verwendung fand.
Wir besuchten die Gedenkstätten und Konzentrationslager, sahen die Dokumtarfilme, die nach der Befreiung dieser Lager von den Amerikanern gemacht wurden. Bilder, die man nicht vergisst. Darüber hinaus gab es Gesprächsrunden mit ehem. KZ-Häftlingen in unserer Schule, und damit verbunden, Erlebnisse aus erster Hand zu erfahren.

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wanderer


Hallo wanderer,

zu meiner Zeit, ich bin 1952 in die Schule gekommen, war alles was mit den Greueltaten der Nazis zusammenhing ein Tabuthema. Kannte es nur aus den Erzählungen meiner Eltern und später aus der Literatur. Zu meiner Schulzeit wurde dieser dunkle Fleck in der deutschen Geschichte totgeschwiegen. Ich habe damals auch nicht gewußt, dass bei uns in Wuppertal ein KZ war, dass hat man unter den Teppich gekehrt und erst in späteren Jahren publik gemacht. Ein Onkel meines Mannes war in gerade diesem KZ aber er hat nie darüber gesprochen, was ihm dort schlimmes widerfahren ist. Erst als der Neffe meines Mannes 1966 zur Schule kam da war es wieder ein Thema und wurde ausführlich erörtert.

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majana
entdeckerklaus
entdeckerklaus
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Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von entdeckerklaus
als Antwort auf carlos1 vom 22.01.2009, 19:27:19
Ich kann dieses gejammere um den HOLOCAUST nicht mehr Hören.
Ich meine das Wort! wo sind die anderen Opfer der Nazimörder geblieben? Müssen wir uns von einer Seifenoper einlullen lassen und mit diesem Begriff nur noch der jüdischen Opfer bedauern?
Nach der renovierung der Gedenkstätte in Bergen Belsen besichtigte der Israelische Botschafter diese. In einem Gedenkraum hatte man an den Wänden Tafeln mit dem Hinweis auf die Opfer angebracht. Es war auch eine Tafel auf der der Arabischen Opfer gedacht wurde. Der Botschafter verlangte diese Tafel zu entfernen. Es ist im Moment politische nicht oportun Arabischer und Jüdischer Opfer in einem Raum zu gedenken!
Wir sollten das Wort Holocaust durch ein deutsches Wort nämlich Naziopfer ersetzen. Fragt einmal eure Enkel was sie mit dem Wort Holocaust verbinden. Kein Wort von Roma, Sinti, Sozialdemokraten, Komunisten, Körperbehinderten, Politisch unbequemen und al der vielen anderen Opfer werdet ihr hören. Mit diesem
Wort haben sich die Juden den Aleinvertretungsanspruch gesichert die anderen Opfer sind schon vegessen.
Keine Frage die meisten Opfer waren Juden aber waren die Anderen nicht auch Menschen?
gruß Klaus
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entdeckerklaus
Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf entdeckerklaus vom 13.02.2009, 23:54:09
Auch in meiner Familie wurde geschwiegen, in der Schule hörte nach dem Autobahnbau die Geschichte auf.
Ich sehe das Schweigen nicht nur in dem Sinne des Raubmordes.
Das ist die praktische und rationale, also Gewinn orientierte, und deshalb unendlich entsetzliche Seite. Aber da gibt es eben auch die emotionale.
Ich denke, so wie ich es bei meinen Eltern erlebte, als unendlich schambehaftet.
Die Scham, ein sehr wichtiges Gefühl - (ich denke da an die Gewissensdiskussion) darf man niemals vergessen.

Ich erinnere mich, dass ich als junges Mädchen mittags nach Hause kam, meine Mutter weinend vor dem Radio fand, als der Eichmann Prozeß lief. Diese Berichterstattung traf mich völlig unvorbereitet.

Es war auch anschließend kein Gespräch möglich, Abwehr, das "wir konnten nichts tun", was ich mir damals nicht vorstellen konnte. "Ich war doch Krankenschwester an der Front, Dein Vater als Sanitäter, wir wußten es nicht". Und vieles mehr.

Es ist eine Sache, Statistiken zu hören und zu lesen oder ob das Grauen ein Gesicht erhält.
Das tat es in diesem Augenblick für mich.
Wenn das Grauen ein "Einzelgesicht" erhält, wie im Film oder bei Büchern wie Anne Frank und viele andere natürlich auch, passiert eine - sicherlich unbewußte - Identifikation.
Bilder sprechen eine mächtige Sprache - alles visuelle!
Und vielleicht ist einfach auch diese massive Beteiligung an dem Film der Versuch, endlich etwas zu verstehen, dass sich über die Statistik nicht erklären läßt, weil es die emotionalen Bereiche anspricht.

Und ich kann immer wieder nur sagen, dass ich dankbar bin für die Gnade der späten Geburt.





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meli

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pilli
pilli
Mitglied

Re: Eine amerikanische Seifenoper klärt die Deutschen auf - HOLOCAUST
geschrieben von pilli
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 14.02.2009, 08:56:34
Es war auch anschließend kein Gespräch möglich, Abwehr, das "wir konnten nichts tun", was ich mir damals nicht vorstellen konnte. "Ich war doch Krankenschwester an der Front, Dein Vater als Sanitäter, wir wußten es nicht". Und vieles mehr.

geschrieben von meli



ja es macht mich heute noch wütend, wie derart bösartig in manchen familien gelogen wurde wenn kinder fragen stellten.

"sie hätten nix gewußt" eigentlich aus heutiger sicht eine lachnummer!

welch primitive denke muss da die gedanken geformt haben, die kinder würden ihnen tatsächlich diesen nonsense glauben, meli?

sie haben nicht die lkw hochbeladen mit menschen, wie vieh zusammengetrieben, durch die strassen fahren sehen???

sie haben keine zeitungen gelesen oder konnten vielleicht garnicht lesen???

in der presse erfolgten doch die bekanntmachungen, z. bsp. bei juden eben nicht mehr zu kaufen.

wir haben schon aufgrund der freundschaft meiner eltern mit einem niederländischen journalisten, den meine grossmutter während des krieges im keller versteckt hatte, nächtelang den gesprächen der erwachsenen zu den geschehnissen aus dieser zeit zugehört und so wurde ich gewarnt, das stets mit grosser skepsis zu betrachten, sollte mir mal jemand berichten: "man habe nix wissen können"

ich danke meinen eltern, die mir auch manches berichteten, das mir nicht gefiel; aber ich weiß heute, sie haben mich wenigstens nicht belogen!


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pilli
niederrhein
niederrhein
Mitglied

Eine kleine Ergänzung ...
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf pilli vom 14.02.2009, 11:46:13
Eine kleine Ergänzung ...
zu diesem Problem:
ja es macht mich heute noch wütend, wie derart bösartig in manchen familien gelogen wurde wenn kinder fragen stellten. "sie hätten nix gewußt" eigentlich aus heutiger sicht eine lachnummer!

Es gibt viele Beweise, die eben diese Pauschalbehauptung (Lüge, Verdrängung? Eben dieses: "Wir haben nichts gewußt.") widerlegen.
U.a. z.B. die massenhafte Verbreitung der nationalsozialistischen Varianten des bekannten Brettspiels "Mensch ärgere dich nicht nicht": die Propagandaspiele "Juden raus" und "Jude, auf nach Palästina"
(Sendung im Bayerischen Rundfunk)

Wer sich die Sendung über die Geschichte dieses bekannten Brettspiels als Podcast herunterladen möchte:
Hier!

Die Bertha
vom Niederrhein
Re: Eine kleine Ergänzung ...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf niederrhein vom 14.02.2009, 19:34:53
Stimmt Niederhein,
ich habe von meinen Eltern auch nichts erfahren. Obwohl meine Eltern eine Wiedergutmachungszahlung an eine jüdische Familie die nach Amerika ausgewandert war, zahlen musste. Wenn ich meine Eltern darauf angesprochen habe, war nur schweigen oder aber jammern über den Betrag den sie zahlen mussten. In meiner Schulzeit wurde diese schlimme Zeit nicht angesprochen.

In meiner Heimatstadt wurden drei Juden in der Pogromnacht ermordet, diese habe ich erst erfahren als meine Kinder zur Schule gingen.

--
lara

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