Diskussion historischer Ereignisse Das Jahr 2009: 60 Jahre BRD, 20 Jahre Mauerfall etc.
Im SZ-Magazin (Heft 01/2009) findet sich ein - so meine Einschätzung - sehr lesenswertes Essay:
Fluch der Erinnerung
60 Jahre Bundesrepublik, 20 Jahre Mauerfall: Im Jubiläumsjahr 2009 werden sich die Deutschen endgültig nur noch mit ihrer Vergangenheit beschäftigen. Und genau das ist das größte Problem dieses Landes.
Obwohl es bewunderswerte Zeitgenossen gibt, die auch ohne Lektüre und weitere Kenntnis profunde Urteile so laufend von sich geben, empfiehlt sich doch die sorgfältige Lektüre des ganzen Textes.
Als Anreiz einige Auszüge
Gleich geht es wieder los, ich kann sie schon hören. Gleich fängt es wieder an, das große Reden, Jubeln, Debattieren. Gleich stellen sie sich wieder auf und wackeln mit den Köpfen und rascheln mit den Papieren und hängen Wort an Wort, dass es langweiliger nicht sein könnte [...]
Die Kanzlerin wird dort stehen und reden, am 8. Mai, am 3. Oktober, am 9. November [...] Der Präsident wird dort stehen und reden [...] aber einer muss es ja tun, einer muss die große Fabel von der Erfolgsgeschichte der deutschen Demokratie verbreiten, einer muss auf Einheitsfeiern Sätze sagen wie: »Neulich bin ich in Sachsen-Anhalt unterwegs gewesen, im Burgen-landkreis, entlang der Unstrut.«
Und in evangelischen und katholischen und sonstigen Akademien werden Professoren, die sich kaum selbst wach halten können mit dem, was sie da reden, auf hässlichen Stühlen sitzen und vor Menschen in Pullundern darüber diskutieren, was für ein Geschenk doch das Grundgesetz ist, wie wichtig die Währungsreform war, ob Annäherung oder Wandel das Ziel war und wie das eigentlich genau mit der Ostpolitik war [...]
Es wird furchtbar werden. Schrecklich. Lähmend. Peinlich. Es wird Serien geben in Spiegel und Stern, es werden deutsche Helden gesucht werden in ARD und ZDF, es wird bunte Bücher geben und Talkshows [...]
Es wird ein einziges rauschendes Selbstbespiegelungsfest unserer Nation sein, die mal wieder vor lauter Historie die Gegenwart vergessen wird oder vergessen will. [...]
20 Jahre Mauerfall, 60 Jahre BRD, 70 Jahre Zweiter Weltkrieg, 2000 Jahre Varusschlacht, das ist der absolute Erinnerungsernstfall [...]
[...]und überhaupt all die Gemeinschaft stiftenden Vereinigungsrituale, über die wir jetzt wieder 20:15-Uhr-Filme machen: Der Tunnel, Die Mauer, Das Wunder von Berlin, Speer und Er, Stauffenberg, Die Krupps, Margarete Steiff. [...]
Das Fernsehen wurde zum Geschichtsseminar, mit dem einzigen Unterschied, dass hier nicht Analyse betrieben wurde, sondern Affirmation [...]
Die Geschichte sollte nicht Erkenntnis bringen, sondern Einfühlung ermöglichen. [...] ... wir haben versucht, die deutsche Geschichte nicht zu verstehen, sondern lieber zu erfühlen. [...]
Wir haben, und der Dank geht an Johannes Baptist Kerner, wir haben gelernt, dass Geschichte nichts ist, wofür man sich schämen muss – Geschichte kann auch Spaß machen, wenn sie nur sortiert ist wie eine Bestenliste.
Guido Knopp war also nur der Anfang. Er hat in seinen Sendungen am eindrucksvollsten gezeigt, dass auch das vermeintlich Böse Identität stiften kann, wenn man nur lang genug Interview auf Interview und Aufmarsch nach Aufmarsch zeigt. [...]
Und deshalb wird die Geschichtsseligkeit des Jahres 2009 so schwer zu ertragen sein. Sie lenkt das Land ab, sie wiegt das Land in Sicherheit, sie steigert die Selbstgefälligkeit, sie erschwert den Blick nach vorne.
[...]
Doch vor lauter Reden werden wir uns selbst nicht mehr hören können. Und deshalb will ich jetzt schon rufen: Halt die Klappe, Deutschland!
Georg Diez
Quelle: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/27608
Verantwortlich für die Auszüge
Die Bertha
vom Niederrhein
Fluch der Erinnerung
60 Jahre Bundesrepublik, 20 Jahre Mauerfall: Im Jubiläumsjahr 2009 werden sich die Deutschen endgültig nur noch mit ihrer Vergangenheit beschäftigen. Und genau das ist das größte Problem dieses Landes.
Obwohl es bewunderswerte Zeitgenossen gibt, die auch ohne Lektüre und weitere Kenntnis profunde Urteile so laufend von sich geben, empfiehlt sich doch die sorgfältige Lektüre des ganzen Textes.
Als Anreiz einige Auszüge
Gleich geht es wieder los, ich kann sie schon hören. Gleich fängt es wieder an, das große Reden, Jubeln, Debattieren. Gleich stellen sie sich wieder auf und wackeln mit den Köpfen und rascheln mit den Papieren und hängen Wort an Wort, dass es langweiliger nicht sein könnte [...]
Die Kanzlerin wird dort stehen und reden, am 8. Mai, am 3. Oktober, am 9. November [...] Der Präsident wird dort stehen und reden [...] aber einer muss es ja tun, einer muss die große Fabel von der Erfolgsgeschichte der deutschen Demokratie verbreiten, einer muss auf Einheitsfeiern Sätze sagen wie: »Neulich bin ich in Sachsen-Anhalt unterwegs gewesen, im Burgen-landkreis, entlang der Unstrut.«
Und in evangelischen und katholischen und sonstigen Akademien werden Professoren, die sich kaum selbst wach halten können mit dem, was sie da reden, auf hässlichen Stühlen sitzen und vor Menschen in Pullundern darüber diskutieren, was für ein Geschenk doch das Grundgesetz ist, wie wichtig die Währungsreform war, ob Annäherung oder Wandel das Ziel war und wie das eigentlich genau mit der Ostpolitik war [...]
Es wird furchtbar werden. Schrecklich. Lähmend. Peinlich. Es wird Serien geben in Spiegel und Stern, es werden deutsche Helden gesucht werden in ARD und ZDF, es wird bunte Bücher geben und Talkshows [...]
Es wird ein einziges rauschendes Selbstbespiegelungsfest unserer Nation sein, die mal wieder vor lauter Historie die Gegenwart vergessen wird oder vergessen will. [...]
20 Jahre Mauerfall, 60 Jahre BRD, 70 Jahre Zweiter Weltkrieg, 2000 Jahre Varusschlacht, das ist der absolute Erinnerungsernstfall [...]
[...]und überhaupt all die Gemeinschaft stiftenden Vereinigungsrituale, über die wir jetzt wieder 20:15-Uhr-Filme machen: Der Tunnel, Die Mauer, Das Wunder von Berlin, Speer und Er, Stauffenberg, Die Krupps, Margarete Steiff. [...]
Das Fernsehen wurde zum Geschichtsseminar, mit dem einzigen Unterschied, dass hier nicht Analyse betrieben wurde, sondern Affirmation [...]
Die Geschichte sollte nicht Erkenntnis bringen, sondern Einfühlung ermöglichen. [...] ... wir haben versucht, die deutsche Geschichte nicht zu verstehen, sondern lieber zu erfühlen. [...]
Wir haben, und der Dank geht an Johannes Baptist Kerner, wir haben gelernt, dass Geschichte nichts ist, wofür man sich schämen muss – Geschichte kann auch Spaß machen, wenn sie nur sortiert ist wie eine Bestenliste.
Guido Knopp war also nur der Anfang. Er hat in seinen Sendungen am eindrucksvollsten gezeigt, dass auch das vermeintlich Böse Identität stiften kann, wenn man nur lang genug Interview auf Interview und Aufmarsch nach Aufmarsch zeigt. [...]
Und deshalb wird die Geschichtsseligkeit des Jahres 2009 so schwer zu ertragen sein. Sie lenkt das Land ab, sie wiegt das Land in Sicherheit, sie steigert die Selbstgefälligkeit, sie erschwert den Blick nach vorne.
[...]
Doch vor lauter Reden werden wir uns selbst nicht mehr hören können. Und deshalb will ich jetzt schon rufen: Halt die Klappe, Deutschland!
Georg Diez
Quelle: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/27608
Verantwortlich für die Auszüge
Die Bertha
vom Niederrhein
ich hab diesen text durchgelesen, und gott sei uns gnädig.
am laufende meter politiker und sonstige heinis und damen mit betroffenheits gesichter zu ertragen , erfordert wirklich dass gemüt eines elephanten.
was in medien auf uns zukommen wird, voran herrn knopp..........wie gut, dass es ein ausschaltknopf gibt.
--
eleonore
am laufende meter politiker und sonstige heinis und damen mit betroffenheits gesichter zu ertragen , erfordert wirklich dass gemüt eines elephanten.
was in medien auf uns zukommen wird, voran herrn knopp..........wie gut, dass es ein ausschaltknopf gibt.
--
eleonore
Re: Das Jahr 2009: 60 Jahre BRD, 20 Jahre Mauerfall etc.
Zitat eleonore:
"..........wie gut, dass es einen ausschaltknopf gibt"
Na wunderbar! Dann ist ja alles in Ordnung, denn niemand wird gezwungen, sich das anzutun, was da die olle Bertha zitiert hat. Einfach nur ausschalten.................und fertig! Und nicht hier darüber herumzumotzen. (((
--
eko
"..........wie gut, dass es einen ausschaltknopf gibt"
Na wunderbar! Dann ist ja alles in Ordnung, denn niemand wird gezwungen, sich das anzutun, was da die olle Bertha zitiert hat. Einfach nur ausschalten.................und fertig! Und nicht hier darüber herumzumotzen. (((
--
eko
Eko.... soweit ich das verstanden hab, ist Eleonore hier durchaus einer Meinung mit Bertha
--
simba
--
simba
@eko,
meine bemerkung münzt sich in keinste weise auf bertha.
hast du diesen artikel durchgelesen??
ich hab mir einige sendungen von herrn knopp angesehen, geschichte light für unbedarfte, mit verlaub.
aber jedem seins.
ich lese lieber in bücher und gute essays nach.
und was die anmerkungen von herr diez in süddeutsche angeht, zu politiker mit betroffenheits gesichter, triefend von verständnis......wo er recht hat, hat er recht.
--
eleonore
meine bemerkung münzt sich in keinste weise auf bertha.
hast du diesen artikel durchgelesen??
ich hab mir einige sendungen von herrn knopp angesehen, geschichte light für unbedarfte, mit verlaub.
aber jedem seins.
ich lese lieber in bücher und gute essays nach.
und was die anmerkungen von herr diez in süddeutsche angeht, zu politiker mit betroffenheits gesichter, triefend von verständnis......wo er recht hat, hat er recht.
--
eleonore
Lasst es ihnen doch! Sie sind das Gewissen der Nation und sie haben ein schlechtes Gewissen, deshalb müssen sie reden, reden reden um sich herauszureden. Ohne ihr Gerede würden sie sich noch viel schlechter fühlen deshalb reden sie. Um sich zu entschuldigen (wofür?) um die Dinge umzudrehen und geradezubiegen um die Zuhörer besoffen zu reden.
Außerdem gibt es hinterher oft genug ein ausgezeichnetes kaltes Buffet, bei dem sie dann mit vollen Mäulern weiterreden können.
Und wie schon von meinen Vorrednern bemerkt, Da gibt es doch das gewisse Knöpfchen....!
--
marvin
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marvin
Außerdem gibt es hinterher oft genug ein ausgezeichnetes kaltes Buffet, bei dem sie dann mit vollen Mäulern weiterreden können.
Und wie schon von meinen Vorrednern bemerkt, Da gibt es doch das gewisse Knöpfchen....!
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marvin
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marvin