Diskussion historischer Ereignisse Adel und Bürgertum

lotte2
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von lotte2
als Antwort auf Marija vom 07.03.2011, 14:25:05
In Österreich wurden im Zusammenhang mit der Republiksgründung am 3. April 1919 alle Adelstitel und Adelsprivilegien per Gesetz abgeschafft, gleichzeitig wurde die weitere Verwendung von Titeln unter Strafe gestellt.


"Man" erkennt also nicht sofort, wer seinem Adel verpflichtet ist . Sogar wenn "man" Habsburg heißt , muss man sich zu nichts verpflichtet fühlen.Wenn Karlchen Habsburg wüsste, was er eigentlich studiert( hat), wäre das schon etwas.

Und was diese ehemaligen "niedrigen" Adeligen ( Amtsadel) oder der ehemalige Hochadel ( im Gotha stehend) so treibt,ist nicht nur mir piepegal... vor dem Gesetz sind sie gleich und werden auch so behandelt.

Für alle Menschen in allen Ländern gilt ( für mich): Menschsein verpflichtet.


schorsch
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Marija vom 07.03.2011, 15:42:38
Ich sah mal in einer Dok-Sendung im TV (ein "Indio"-Stamm im Urwald, der noch nie mit Weissen in Kontakt gekommen war, wurde entdeckt) wie diese Urwaldbewohner die Weissen als Götter verehrten. Dann fiel einem dieser "Wilden" auf, dass die Weissen genau so braune Kegel abliessen wie sie selber. Von da an wurden die weissen behandelt wie ganz normale Menschen.
Marija
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von Marija
als Antwort auf schorsch vom 08.03.2011, 08:20:08
Ich sah mal in einer Dok-Sendung im TV (ein "Indio"-Stamm im Urwald, der noch nie mit Weissen in Kontakt gekommen war, wurde entdeckt) wie diese Urwaldbewohner die Weissen als Götter verehrten. Dann fiel einem dieser "Wilden" auf, dass die Weissen genau so braune Kegel abliessen wie sie selber. Von da an wurden die weissen behandelt wie ganz normale Menschen.


............großartig, schorsch !

Ja, da wo auch der Kaiser alleine sitzt, da treffen sich die Seelen

Marija

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olga64
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Re: Adel und Bürgertum
geschrieben von olga64
als Antwort auf clara vom 07.03.2011, 18:41:47
Positive Beispiele dafür, dass junge Adelige nicht mehr so versnobt sind wie frühere Generationen, sind Ehen zwischen Prinzen und Prinzessinnen mit Bürgerlichen. Clara[/quote]

Bewundern sollte dies niemand - der Grund ist sehr oft, dass frisches Geld (auch von Bürgerlichen) dringend benötigt wird, auch um die alten Kästen (Schlösser und Burgen) zu renovieren. Nicht umsonst öffnen viele Adelige ja ihre alten Gebäude dem Publikum und verlangen Eintritt. Auch Gloria von Thurn und Taxis, die ein erfolgreiches Unternehmen aus einem fast Pleite-Adel ihres verstorbenen Johannes daraus machte.
Warum aber hat der Adel nach wie vor so eine hoheAnziehungskraft auf bestimmte bürgerlichte Kreise? Demnächst wird wieder der grosse Hype einsetzen, wenn zwei junge Menschen in England heiraten und dann die nächsten in Monaco. Was ersehnen sich z.B. mittelalterliche Damen (diese bilden ja die grösste Zuschauer-Gruppe solcher Events), wenn sie sich das mit feuchten Augen ansehen? Werde ich nie verstehen. Olga
clara
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Re: Ein Beispiel preußischer Tugenden
geschrieben von clara
als Antwort auf carlos1 vom 07.03.2011, 23:20:29
Carlos, auch Dir Dank für die gründliche Darlegung Deiner Sichtweise!

Obwohl der „Fall Stauffenberg“ ja nur einen kleinen Bereich des Themas hier abdeckt, nochmal so kurz wie (mir) möglich meine Einschätzung.
Stauffenberg schreibt in der Briefstelle von „Juden“ und „Mischvolk“ und leider klingt dies für mich sowohl herablassend, als auch verächtlich, "Pöbel" ohnehin. Gerade weil er beide Begriffe in einem Atemzug nennt, sehe ich darin einen rassistischen Hintergrund. „Mischvolk“ gehörte wie „Juden“ zur Rassentheorie der Nazis und war negativ besetzt. (Natürlich nicht auf das deutsche Volk bezogen, das diese Bezeichnung noch am ehesten verdient hätte!) Hätten die Verschwörer zunächst nicht im nationalsozialistischen Ungeist gedacht, wären sie gar nicht in so hohe Offiziersränge gelangt, bzw. Stauffenberg hätte nicht die Chance gehabt, Hitler überhaupt so nahe zu kommen, um ein Attentat auszuführen.

Die damaligen Ereignisse sind inzwischen Geschichte geworden, und so werden auch die zu den Ereignissen gehörenden Personen geschichtlich beurteilt. Erst seit wenigen Jahrzehnten „wagt“ man überhaupt eine kritische Sichtweise zu Stauffenberg und den anderen Verschwörern. Ich nenne dies nicht „etikettieren“, sondern den Versuch einer historisch fundierten Betrachtung, fern von einer mehr emotionalen Sichtweise, die lange Zeit herrschte. Es war die Genugtuung darüber, dass es doch mutige Menschen im überwiegenden Mitläufertum in Deutschland gab, die den Versuch wagten, noch eine Wende herbei zu führen. Ich betone nochmal, dass ich diesen Versuch gar nicht hoch genug einschätze!

Was Du über den Eid und seine geistigen Grundlagen sagst, Stefan George usw., ist natürlich richtig. Eine vergangene idealisierte Welt sollte wieder erstehen (vermutlich spielte auch die schöngeistige Erziehung der Stauffenbergkinder eine Rolle), was ich nur vor dem Hintergrund der schrecklichen Erfahrungen sehen kann, die die Verschwörer mit fortschreitender Kriegsdauer gemacht hatten.
Aber wie Du schreibst, die Welt ist eine andere geworden.

Clara

P.s. Deinen Linktipp habe ich gelesen, die Mutter der Stauffenbergs war eine erstaunliche Frau, besonders zur damaligen Zeit!
carlos1
carlos1
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf trux vom 07.03.2011, 14:27:37
"Man steht dabei stets in der Geschichte, kommt gar nicht auf den Gedanken, etwa die Person oder die Personen zu bewerten, die man gerade im Blick hat, man arbeitet wertneutral." trux


@ trux
Da gebe ich dir recht, trux. Hier im Forum wird sehr rasch die Keule geschwungen. Zornigwird auf die Pauke gehauen und schnell geurteilt. Du bist es gewöhnt mühsam Fakten zu sammeln und dann dir ein Urteil zu bilden oder eine Einordnung in einen historischen Kontext vorzunehmen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn du öfter hier vorbei schauen würdest.

Du sprichst verfassungsgeschichtliche Zusammenhänge der deutschen Entwicklung an und stellst fest, dass es im Mittelalter keine Nationalstaaten in Europa gab. In Westeuropa allerdings ging die Entwicklung in andere Richtung als in Dtld, wo es zur Herausbildung des institutionellen Flächenstaates durch die Fürsten gegen das Kaisertum kam. Dem Reichsoberhaupt gelang es im ausgehenden Mittelalter nicht das Reich im modernen Sinne umzugestalten. Der Wahlcharakter des dt. Königtums hat dies verhindert. Die Ansammlung von Hausmacht diente somit nicht der Stärkung der Zentralgewalt, da durch die deutsche Ausprägung des Lehnsrechtes die Gewinne der königlichen Hausmacht dem Reichsgut entfremdet wurden. Wenn ein König aus anderem Haus gewählt wurde, verblieb das königliche Hausgut bei der seitherigen Dynastie. Die Folge war staatliche Zersplitterung. Die Mitregierung der Reichsstände und die Entstehung eines deutschen Staatensystems waren die Folge, was bis heute nachwirkt. Anders dagegen Frankreich, wo der Heimfall der erledigten Lehen im Erbfall das Krongut mehrte und somit die Zentralgewalt stärkte. Nicht nur die Wege zum Nationalstaat waren verschieden, auch die geschichtlichen Zeiträume, in denen der Wandel sich vollzog, waren verschieden. In Westeuropa erfolgte er zeitverschoben jedoch früher.

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carlos1
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Re: Adel und Bürgertum
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Marija vom 08.03.2011, 06:37:15
"Niemand braucht ein Königshaus.
Alle Royals dieser Welt gehören einer Spezies an, die nichts, aber auch garnichts mehr in Demokratien zu suchen hat." Zitat aus Blog über britisches Königshaus


Warum nur wollen die Briten an der Monarcheie festhalten, wenn alles stimmt, was der SPIEGEL über den Hzg von York schreibt? Trotzdem wäre es verfehlt England aus dem Katalog der Demokratien zu streichen, nur weil ein schwarzes Schaf in der Großfamilie der Royals das Prinzip der Ungleichheit offiziell verkörpert. Ein Schaf? Ganze Schafherden sind es gewesen in der Geschichte.

Sir Walter Bagehot schrieb im 19. Jahrhundert ein Buch über die englische Verfassung, das heute noch lesenswwert ist. Darin beschrieb er ganz praktisch und lebensnah die Unabkömmlichkeit der Monarchie:

"Ein Königreich ist eine Regierungsform, in der die Aufmerksamkeit der Nation ständig auf eine Person und die interessanten Dinge, die sie tut, konzentriert ist. Eine Republik dagegen ist eine Regierungsform, bei der die Aufmerksamkeit auf viele verteilt ist, die alle zusammen uninteressante Dinge tun."


Die Monarchie ist und bleibt eine wichtige Institution in GB. Sieht man von unwürdigen Personen ab, von denen es genug gibt, wird sie als unentbehrlich angesehen, weil sie eine Identifikation ermöglicht. Solange ein Monarch nicht nach Macht nach mehr Macht strebt, ist er willkommen. 1660 holten die Engländer die Stuarts zurück, weil sie erkannt hatten, dass ein bürgerlicher Diktator nicht besser ist als ein königlicher. Formalrechtlich ist die Königin heute immer noch im umfassenden Besitz aller Gewalten und Einflussmöglichkeiten. Sie übt sie aber nicht aus.

Ihr Titel lautet:

"El. the Second, by the Grace of God of the United Kingdom of Great Britain and of Northern Ireland and of the other Realms and Territories Queen, Head of the Commonwealth, Defender of the Faith, Sovereign of the British Orders of Knighthood."


Hier findet sich auch die auf das Mittelalter zurückgehende Devotonsformel des Gottesgnadentums. Trotz dieser alten Formel ist E.II. keine Herrscherin von Gottes Gnaden.

sarahkatja
sarahkatja
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von sarahkatja
als Antwort auf trux vom 07.03.2011, 14:27:37
Hallo Trux,
Du hast ja recht, verallgemeinern sollte man nicht.

Aber, ganz egal, wer auch immer Macht über Menschen besaß, hat diese meistens zu seinen Gunsten, für seine Ideen und Interessen ausgenutzt.
Das gemeine Volk hatte immer das Nachsehen. Es war Fußvolk und hatte zu gehorchen, zu arbeiten und zu sterben, wann immer es verlangt wurde.
Geachtet wurde es nicht.

Was sagte Friedrich der Große: “ Kerle, wollt ihr ewig leben?“
......................................................

Das von mir erwähnte „ damals, und das ist noch gar nicht so lange her,“ - Beitrag vom 6. 3.

war eigentlich auf die Mentalität des Menschen
im Allgemeinen bezogen. Ich habe im Laufe meines Lebens so viel Dünkel kennen gelernt, man könnte ihn unter Umständen sogar verständliche Vorausschau nennen, der immer darauf bedacht war, ja nicht unter seinem eigenen Besitz - Niveau Verbindungen einzugehen.

Die Tochter des Beamten sollte zumindest wieder einen Beamten heiraten.
Der Angestellte bekam Gehalt - der Arbeiter Lohn. Das war schon ein Unterschied.
Der Großbauer wollte keinen Kleinbauern zum Schwiegersohn.
Geld zu Geld – denn wir sind doch nicht auf der Brennsuppen dahergeschwommen gekommen.

Ich wollte damit ausdrücken, dass die Fürsten und der Adel den Hang
zum Dünkel und der Eitelkeit nicht für sich alleine gepachtet haben.
Auch hier gilt - von oben nach unten.

Sarahkatja








Marija
Marija
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von Marija
als Antwort auf sarahkatja vom 11.03.2011, 03:17:31
@carlos


"
Hier findet sich auch die auf das Mittelalter zurückgehende Devotonsformel des Gottesgnadentums. Trotz dieser alten Formel ist E.II. keine Herrscherin von Gottes Gnaden.
"


....selbst dann, wenn formal der Spruch, den du eingestellt hast, gültig ist, was macht unser Unterbewusstes wirklich daraus ?


@sarahkatjia

.......du hast recht, der Standesdünkel zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten.
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Das Bürgertum,

läuft in der aktuellen Gesellschafts- Umbildung Gefahr, ins Prekariat abzugleiten und zu schrumpfen.

Vielleicht bewundern viele Bürger einen von und zu Guttenberg deshalb so innig, weil es diese Familie geschafft hat, ihren Stand zu erhalten, ihren Besitz zu wahren und zu mehren und ihre Traditionen zu sichern. Diese Adelsfamilie blieb, wie viele andere Familien von
Freiherren, Grafen, Markgrafen, Fürsten, Herzöge in Deutschland vom Niedergang bewahrt.

Warum ?

Weil sie ihre Netzwerke auch vor Computerzeiten pflegten und ausbauten,
weil sie immer in neue Technologien investierten ohne die Forst-und Landwirtschaft zu vernachlässigen,
weil sie immer mehrere Sprachen erlernten und weltmännisch auftraten........
und
weil sie geschickt geheiratet haben.

Marija
schorsch
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Re: Adel und Märchen
geschrieben von schorsch
als Antwort auf sarahkatja vom 11.03.2011, 03:17:31
Eigentlich ein Wunder, dass sich die diversen "Kasten" noch miteinander kreuzen lassen.....

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