Diskussion historischer Ereignisse Ach die böse Stasi

Mitglied_5ccaf87
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Ach die böse Stasi
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Das für den schwedischen Möbelhersteller die DDR ein hervorragendes Billiglohnland im Zentrum Europas mit den denkbar kürzesten Transportwegen zu den Kunden im Westen war, sollte mindestens schon 23 Jahre bekannt sein und ist nichts Neues. Es wurde hier im ST schon mehrfach diskutiert. Deshalb verstehe ich das Erstaunen bei der ARD nicht. War das neu? Nun kommt aber das noch hinzu und ein Historiker hat es endlich mal geschrieben:

Überall hat sie geschnüffelt. Prof. Dr. Josef Foschepoth von der Uni Freiburg berichtet über einen perfekten Schnüffelstaat, dem es erfolgreich gelang seine Aktivitäten bis zum heutigen Tag der bösen Stasi-DDR zuzuschieben.

In der Rezension zu seine Buch Überwachtes Deutschland – Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik lesen wir:
Millionen und Abermillionen Postsendungen wurden Jahr für Jahr, Tag für Tag aufgebrochen, ausgewertet und teilweise vernichtet. Millionen und Abermillionen Telefonate wurden abgehört. Von und im Auftrag der ehemaligen Besatzungsmächte, aber auch von den Westdeutschen selbst. Nahezu alle eingehende Post aus der DDR und massenweise Briefe und Pakete aus anderen osteuropäischen und kommunistischen Staaten wurden angehalten und zensiert. Die Telefon- Fernschreib- und Telegraphenleitungen von und zur DDR, nach und von Berlin und in die übrigen osteuropäischen Staaten, aber auch innerhalb der Bundesrepublik, ins westliche Ausland und Durchgangsleitungen von Ost nach West wurden systematisch überwacht und abgehört. Die alte Bundesrepublik zwischen 1949 und 1989 war ein großer, effizienter und effektiver Überwachungsstaat.

Das Buch liefert neue Erkenntnisse aufgrund einer umfassenden und intensiven Auswertung von bislang nicht erforschten, zumeist unzugänglichen und vielfach noch als geheim eingestuften Akten der Bundesregierung und der ehemaligen Besatzungsmächte USA und Großbritannien. Der Autor stieß auf mehrere Millionen Geheimdokumente zur Geschichte der Bundesrepublik, die noch nicht erforscht sind. Sein Buch macht deutlich: Die Geschichte der Bundesrepublik ist noch nicht geschrieben.

Was ist den das? Der Autor schreibt doch nicht über die DDR sondern über die Bundesrepublik Deutschland, dem Musterland der Demokratie.

Ich habe bewusst diesen Beitrag auf dieses Brett gesetzt. Zum einen soll sachlich diskutiert werden und zum anderen verschwindet er hier nicht so schnell in der Versenkung.
myrja
myrja
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Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von myrja
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 21.11.2012, 20:12:11
Dass der Westen die Post, Telefongespräche etc., die aus dem Osten kamen überwachte, ist doch auch nichts Neues Hinterwäldler.

Ich habe in den 80er Jahren mal für 3 Monate in Ostberlin gelebt. Da habe ich am Ende jeden Briefes, den ich an Adressaten im Westen schrieb, gleich ein paar Grüße an die verschiedenen Nachrichtendienste angefügt. Am Ende der Telefongespräche sagte ich immer: Ich grüße alle Mithörer und wünsche viel Erfolg.

Das Buch mag neu sein, die Tatsachen sind altbekannt! Wenn man politisch aktiv war, wusste man das.

Myrja
Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 21.11.2012, 20:12:11
... das ist doch Allen, die sich damals mit dem Thema beschäftigt haben, bekannt.

Und die es noch nicht wissen oder durch "Spät"-Geburt noch nicht wissen können, bringt das nichts. Denn es ist m. E. längst Geschichte.

Dieses Thema sollte m. E. allgemein längst überwunden sein. Es ist nur für die, die seinerzeit direkt darunter gelitten haben, evtl. noch präsent - in der Erinnerung.

Wir leben doch im Heute und Jetzt ...

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Karl
Karl
Administrator

Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.11.2012, 07:12:00
... das ist doch Allen, die sich damals mit dem Thema beschäftigt haben, bekannt.
Ich gestehe, dass ich dies bis zum Beitrag jetzt von hinterwaeldler nicht wusste.

Ich hatte als Doktorand mit einem Studenten aus Jena, den ich auf einer Tagung in Krakau Mitte der 70er Jahre kennengelernt hatte, lange Zeit einen regen Bücheraustausch. Alle Pakete kamen bei mir geöffnet an, einige auch meiner Sendungen gingen "verloren". Ich bin bis heute immer davon ausgegangen, dass selbstverständlich die DDR- Kontrollen schuld waren.

Margit sagt mir jedoch gerade, sie habe dies nicht geglaubt. Sie hätte erkennen können, welche Seite geöffnet hätte, die BRD hätte immer säuberlich in Folie zugeschweißt, die DDR nicht. Vielleicht habe ich also nur erfolgreich verdrängt und so die Verfassungstreue der Bundesrepublik nicht in Frage gestellt.

Karl
hugo
hugo
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Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von hugo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.11.2012, 07:12:00
Dieses Thema sollte m. E. allgemein längst überwunden sein. Es ist nur für die, die seinerzeit direkt darunter gelitten haben, evtl. noch präsent - in der Erinnerung.

Wir leben doch im Heute und Jetzt ...


ja,,und weil im Heute und jetzt diese Stasimethoden -nur weitaus perfektionierter und z.T. ungenierter- durchgezogen und praktiziert werden, sollte dies doch kein Grund für uns sein diese Schnüffeleien als von Gott gegeben hinzunehmen und zur Tagesordnung überzugehen. Das könnte den Schnüfflern so passen.

hier ein Auszug aus einer -geschönten- Wiki Nachbetrachtung zum G7 Treffen in Rostock:

"Im Vorfeld des Gipfels wurde nach einem richterlichen Beschluss durch die Hamburger Polizei im Auftrag der Bundesanwaltschaft in einem Postverteilungszentrum die Post mehrerer Stadtteile über zwei Tage vor der Zustellung geprüft. Auch sollen Beamte bei Briefkastenleerungen anwesend gewesen sein und dabei verdächtige Briefe noch vor dem Transport in das Briefzentrum dem gewöhnlichen Logistikweg entzogen haben. Erst nach einer Prüfung seien die Briefe der Deutschen Post zum Transport wieder übergeben worden. Eine verdächtige Sendung wurde dabei von der Polizei geöffnet.[69] [70] Zwölf Beamte waren für mehrere Tage in einem Briefzentrum der Deutschen Post AG für die Postdurchsuchung abgestellt.

Daneben habe das Hamburger Landeskriminalamt versucht, Internetcafés zur Installation von Videoüberwachung zu bewegen, um die Aufnahmen anschließend auswerten zu können,,

hugo
Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 22.11.2012, 07:33:20
@karl
... ich hatte 1x vor einem meiner Besuche in der damaligen sog. "DDR" Besuch von einem Beamten des Staatschutzes.

Nach meinem Aufenthalt wurde ich dann noch mal von dem Beamten angerufen und nach meinen "Eindrücken" befragt.

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Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hugo vom 22.11.2012, 07:49:13
@hugo
mein Beitrag sollte nicht bedeuten, daß ich alles gut heiße, was man heute und wie man heute "bespitzelt".
Gegenüber früher haben wir wenigstens Datenschutzbeauftragte. Da kann man sich über deren "Durchsetzungskraft" Gedanken machen, aber sie sind wenigstens schon mal vorhanden.

Und das meinte ich mit Heute und jetzt ...
hugo
hugo
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Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von hugo
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.11.2012, 08:37:42
ok, ozimmi, so hab ich Dich auch verstanden,,,

meinst Du das diese Datenschutzdingsda über große Freiheiten und techn Mittel verfügen ihren Job unabhängig zu gestalten ?

Sind die nicht an die Vorgaben und Gesetze gebunden welche durch die Regierung vorgegeben werden ?

Da hab ich fast mehr Vertrauen in die Aufklärungsarbeit einiger (leider nicht sehr vieler) freier mutiger Journalisten,,,ab und zu kommen aus dieser Richtung ja doch interessante, oft sogar überraschende Neuigkeiten ans Tagselicht,,

hugo
Mitglied_5ccaf87
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Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 22.11.2012, 07:33:20
Was ich besonders bemerkenswert finde ist viel eher, dass das Lesen der Post und deren anschließende Vernichtung nur die eine Seite ist. Sie kann aber nicht nur einem Selbstzweck gedient haben. Es müssen doch auch Unterlagen darüber geführt worden sein. Der Stasi wird seit 23 Jahren vorgeworfen, das sie in den letzten Tagen alles geschreddert hat.

Was aber geschah in der Bundesrepublik? Wurden sie etwa nicht vernichtet? Wenn nicht, dann sollten sie noch existieren und wenn ja, wo sind sie geblieben? Sind sie aus Gründen des Datenschutzes einem Bundeslöschtag zum Opfer gefallen? Warum dann kein DDR-Löschtag in der Gauck-Behörde? Sind das etwa keine personenbezogenen Daten? Weshalb diese Differenzierung?

Noch etwas versetzt mich in Erstaunen. Erst heute weiß man angeblich, das in der DDR Produkte nur für den Westen in moderner Sklavenarbeit produziert wurden. Häähhh? Waren Ikea die Einzigen? Edelstahlbleche bezog der Westen aus Freital und Rohre aus Zeithein. Auch dort arbeiten Häftlinge. Ist das etwa neu?

Gestattungsproduktion nannte man das im Osten. Als wir vor 23 Jahren darauf verwiesen, wurde vom Westen jede Schuld weit von sich geschoben und sie allein der DDR gegeben. Bei Rafena in Radeberg wurden auch von Bautzener Häftlingen Farb-TV-Geräte hergestellt, die für uns unbezahlbar waren (3.500-4.500 Ost-Mark) und bei den Versandhäusern zu Schleuderpreisen (10% des Ostwertes) unter dem Markennamen "Privileg" verkauft wurden. Waren sie etwa schlechter als von Blaupunkt oder Philips?

Um es anders zu sagen: Wenn wir im Osten ein Haushaltgerät (egal was) kauften, finanzierten wir die Dumpingpreise in den West-Warenhauskatalogen. Wieso wussten das die Bundesbürger nicht? Müssten nicht nur die Billy-Regale verdammt werden? Heute erhalten wir diese Produkte übrigens aus Fernost und beschimpfen diese Länder zudem noch, das sie Kinder wie Sklaven beschäftigen. Weshalb werden die Zusammenhänge nicht erkannt?

Zur Erhaltung dieses Zustandes muss auch der Strauß-Kredit eingestuft werden. Die DDR wäre ohne ihn schon viel eher Pleite gewesen und hätte keine so preiswerten Produkte in den Westen liefern können. Und wenn wir ehrlich sind: Im Westen war doch kein Mensch ernstlich an der Auflösung dieses Abhängigkeitsverhältnisses interessiert. Um es noch anders zu sagen und wenn es Anfangs noch so absurd klingt: Strauß hat den Unterhalt und Ausbau der Mauer finanziert.

Noch erstaunlicher ist für mich, das diese Leistung, die allein dazu diente den Reichtum des Westens zu mehren lt. Steinbrück (SPD) erst im Jahr 2020 voll anerkannt wird. Bekommen wir dann etwa eine Nachzahlung oder Abfindung für den erlittenen Schaden? In acht Jahren sind wir vielleicht schon tot (oder leiden an Alzheimer) und können die Gleichstellung nicht mehr erleben. Von Schwarz-Gelb hört man zu diesem Thema gar nichts. Wir, die Ossis, werden also nicht nur dafür verlacht und verspottet, sondern überdies noch diskriminiert. Noch heute nach 23 Jahren und so soll es bis in alle Ewigkeit bleiben.

Wird es nicht langsam Zeit diesen Zustand zu verändern?

Zum Schluss noch eine Bitte:
Keiner von uns hat Schuld daran. Wir dürfen sie uns auch nicht gegenseitig zuschieben. Aber sachlich diskutieren sollten wir darüber und jeden in die Schranken verweisen, der genau dies ignoriert.


Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist noch nicht zu Ende geschrieben.
lupus
lupus
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Re: Ach die böse Stasi
geschrieben von lupus
Ich finde die Überschrift total daneben!

Die Machenschaften in der ehem. BRD machen die Handlungen der Stasi überhaupt nicht besser.
lupus

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