Diskussion historischer Ereignisse 1914

carlos1
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Re: 1914
geschrieben von carlos1
als Antwort auf panda vom 10.02.2014, 19:50:52
Lieber panda,
wann kommen wir zu dem Jahr 1914?

Du gehst auf die Validität der historischen Methode ein. Wir solltne es dabei belassen, dass in erster Linie herausgearbeitet wird, was war und was ist. Das bereitet schon unüberwindliche Schwierigkeiten. Deehalb mein Hinweis auf die Gerichte. Tathergänge lassen sich auf Grund von Ausagen Beteiligter nur selten exakt rekonstrieren.

Nur an konlreten Beispielen lässt sich nachweisen, ob sie gefälscht (dafür gibt es Kriterien) und ob sie richtig bewerte werden. Darüber kann man streiten. Sprache ist immer auslegeungfähig.

Von de Deutung habe ich nicht gesprochen. Deutung bezieht sich auf die gewonnenen Erkennntnisse. Jede Generation deutet und bewertet z. B. historische Erkenntnisse neu, weil jeder Mensch ein Anfang ist, etwas ganz Neues und Anderes.

Es ist richtig, wenn du schreibst, dass manche Zusammenhänge nicht klar sind, weil sie von Verantworlichen absichtlich vertuscht werden. Aber es steht fest, dass Kriegserklärungen abgegeben wurden und wann und wie und was darauf folgte.

Wir sollten zum Thema 1914 kommen. Oder anders gefragt: Wie willst du 1914 in die heutige Zeit einbringen? Willst du Lehren daraus ziehen? Wenn ja, welche? Die Welt hat sich gewandelt.
carlos1
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Re: 1914
geschrieben von carlos1
als Antwort auf panda vom 10.02.2014, 19:50:52
Lieber panda,
habe gerade deinen Eingangsbeitrag nochmals gelesen. Du gehst dort auf die Gefahr einer Isolierung Dtlds ein.

Inmitten Europas zu liegen, von 9 Nachbarstaaten umgeben, stellt uns vor die Aufgabe mit allen in Frieden zu leben. In der Vergangenheit gab es die Versuchung sie zu beherrschen und zu dominieren (Hegemonie) .

Hegemonialbestrebungen sind übrigens ein beherrschendes Thema der europ. Politik der Neuzeit seit dem 16. Jhd. Gleichgewicht und Hegemonie sind die Hauptthemen, um die die Entwicklung des europ. Staatensystems kreist.

Stabilität und Frieden hat es in der Neuzeit dann gegeben, wenn die Mitte Europas schwach war (z. B. Dt. Bund seit 1815). War sie stark (wie seit 1871) war das Gleichgewicht gestört. Es gab dann starke Spannungen und Kriegsgefahr bzw. Kriege.

Das Zeitalter der beiden Weltkriege von dieser Perspektive gesehen ist der Versuch vom Zentrum Mitteleuropas aus den Kontinent zu beherrschen. Er scheiterte. Frühere Versuche Frakrchs scheiterten auch (NaPOLEON, Ludwig XIV, Spanien unter Philipp II.). So gesehen ist Dtlds Versuch eine Hegemonie in Europa zu errichten nicht einmalig.

Die Deutschen haben bei all diesen Versuchen europ. Staaten eine Hegemoniestellung in Europa zu erlangen immer leiden müssen (30j. Krieg, die schlimmste Katastrophe der dt. Geschichte; Ludwig der Sonnenkönig und Napoleon - dt-. Leidenszeit). Wir haben das nur vergessen.

Folgerungen für heute: Ja sicher. Wir sollten uns nicht größer machen als wir sind. Keine Großmauligkeit. Nicht den Lehrmeister speielen. Viele Freunde suchen. Nicht kleinlich sein mit Geld. Geld erhält die Freundschaft. Mitmachen mit anderen aber nicht führen wollen, dafür Einfluss nehmen.

Als Deutschland schwach war, war es das "Fürstengestüt" Europas. Wurde irgendwo in Europa eine ansehnliche fürstliche Heiratspartie gesucht, suchte man in Dtld oder dem dt. Staatengewirr. Das englische Königshaus, das russische, fast rein deutsch, um nur zwei zu erwähnen. Der Enkel der Queen Victoria (1837 bis 1901 verheiratet mit Albert von Sachsen-Coburg-Gotha), Kaiser Wilhelm II., war es, der in den Ersten Weltkrieg stolperte. Seine Mutter (Victoria) war die Tochter der Queen. Prinz Philipp (Mountbatten = Battenberg) der Gemahl der heutigen Queen El. II. ist eng verwandt mit der russischen Zarenfamilie. Als die Gebeine der ermordeten Zarenfamilie gefunden wurden, lieferte Prinz Philipp Material zur DNA-Analyse.

Der große Gegenspieler der Hegemonialbestrebungen war immer England. Panda, du hast die spanische Armada erwähnt (1588). Du kannst es bei den Kämpfen gegen Frkrch sehen. England und Frkrch waren über Jahrhunderte hinweg Feinde. 1914 standen sich erstmals in der Geschichte deutsche und englische Soldaten im Kampf gegenüber. England und Frkrch waren Verbündete.

Die Beziehungen zwischen Russland und Preußen waren im 19. Jhd sehr eng, sogar herzlich. Sie verschlechterten sich seit 1871 mit dem Erstarken des Panslawismus und einer dt. Nationalismus. Eine starke Macht in der Mitte Europas, das war neu, ungewohnt, erschien gefährlich. Die seither stärkste Militärmacht, Frkrch. war besiegt worden von diesem Gebilde.
panda
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Re: 1914
geschrieben von panda
als Antwort auf carlos1 vom 10.02.2014, 22:44:59
" Stabilität und Frieden hat es in der Neuzeit dann gegeben, wenn die Mitte Europas schwach war (z. B. Dt. Bund seit 1815). War sie stark (wie seit 1871) war das Gleichgewicht gestört. Es gab dann starke Spannungen und Kriegsgefahr bzw. Kriege ".

Dies halte ich für sehr wichtig.

Der auf dem Wiener Kongreß gegründete Deutsche Bund hielt , wie bekannt , nicht sehr lange. Nach dem deutsch-dänischen , dann dem deutsch-österr.Krieg ergab sich die dominierende Macht Preußens.
Nach dem Sieg 1870 über Frankreich ,und der Gründung des deutsch-preußischen Reiches, war die " Mitte Europa´s" sehr stark geworden.
Trotz der dominierende Rolle konnte Bismarck durch eine relativ kluge Ausgleichs-Politik / z.B. Kongo-Konferenz ) eine Zeitlang das Gleichgewicht in der Mitte halten.
Erst unter Wilhelm II liefen die Dinge aus dem Ruder.
Vielleicht hätte Jemand vom Kaliber Bismarcks England nicht unnötig gereizt ( und damit nicht zur " Entente cordiale " mit dem einstigen Langzeit-Feind Frankreich getrieben ) vielleicht auch mehr auf Abstand zu Ö/U gegangen , aber das ist spekulativ.....
Damit sind wir schließlich bei !914. Die Folgen sind bekannt.

Den Bogen zu Heute schlage ich so :
Nach fast 70 Jahren " Nachkriegszeit " ist aus Dtld. die wirtschaftlich stärkste Macht in der EU geworden.Wir sind ein zuverlässiger NATO-Partner , haben spez.Freunschaftsbündnisse mit Frankreich , und auch seit einiger Zeit auch mit Polen.
Durch unserer Gebiets-Verzichte haben sich unsere östlichen Nachbarn beruhigt...
Wo sollte also , analog zu 1914 , dieses wirtschaftlich starke , sonst aber nicht zu den " Großen "( keine Atom-Macht , nicht im Ständigen Sicherheitsrat der UNO ) gehörende Deutschland eine Bedrohung sein ? Denn als politische Mitte Europa´s sind wir schwach , und das ist ja gut für die Stabilität und den Frieden ( s.o. )
Also ergibt sich , klassisch gesehen , wie vor 100 Jahren , auf keinen Fall eine von uns ausgehende Gefahr.

Aber die Unruhe-Möglichkeit in Teilen Europa´s , die ich im Eingangsthread ansprach , wird viel von uns fordern. Wir brauchen die Solidarität der Anderen , sonst isolieren wir uns. Diese Solidarität kostet uns , und wird noch kosten....
Die Frage ist ---- werden die Deutschen das immer so ruhig mitmachen ? und wenn es zu Krisen oder inneren Unruhen kommt , kann man mit Geld alles beruhigen ?
Hoffentlich....das aber setzt voraus , daß der europäische Gedanke in Dtld nicht zugunsten einer wieder-erstarkten " Mitte " , die wir ja wirtschaftlich schon sind , zu schwach wird.

Der Wunsch , so zu sein wie die Schweiz , also nicht nationalistisch , aber wirtschaftlich stark , und eigentlich unabhängig von den Anderen , ist verlockend.
Aber das ist illusorisch , ohne unsere Partner sind WIR schwach...
Unsere Chance ist die EU , auch wenn sie reform-bedürftig ist !

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carlos1
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Re: 1914
geschrieben von carlos1
als Antwort auf panda vom 11.02.2014, 01:41:42
"Wo sollte also , analog zu 1914 , dieses wirtschaftlich starke , sonst aber nicht zu den " Großen "( keine Atom-Macht , nicht im Ständigen Sicherheitsrat der UNO ) gehörende Deutschland eine Bedrohung sein ? Denn als politische Mitte Europa´s sind wir schwach , und das ist ja gut für die Stabilität und den Frieden ( s.o. )" panda


Was eine Bedrohung ist, panda, definieren die Nachbarn, nicht wir.

Unterschwellig ist ein Ressentiment immer da gegen den "großen" Nachbarn Deutschland.

Der "große" Nachbar ist immer Zielscheibe, weil er wirtschaftlich ein wenig besser da steht als andere. Politisch sind wir ohnehin ein Zwerg.

Neutral können wir nicht sein wie die Schweiz, dazu sind wir zu groß. Es müsste dann auch eine bewaffnete Neutralität sein.

Aber wir können mit kleineren Nachbarn enger kooperieren (etwa Niederlande) und über sie, die eine ähnliche Interessenlage haben, (z. B. Niederlande) Vorschläge in der EU machen.

Was von dem "großen" Nachbarn kommt, ist immer verdächtig, was kleinere Staaten tun nicht in gleichen Maße. Eine dt. Europapolitik könnte (müsste eigentlich) kleinere Staaten stärker in unsere Europapolitk einbeziehen, als gute Partner. Wir dürfen die kleinen Staaten nicht links liegen lassen. Immer nur Dtld-Frkrch als Taktgeber ist nicht gut, es bevormundet andere.

Frühere dt. Reg.chefs haben Erfolg mit dieser Methode gehabt. Wohlgemerkt es geht nicht um eine Aufweichung der dt-frz. Zusammenarbeit, sondern um eine wichtige europapolitische Ergänzung.

Diplomatie in der Mittellage Europas erfordert ein Jonglieren nicht nur mit einem Ball, sondern mit 5ehreren. Einfache Lösungen gibt es nicht.
panda
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Re: 1914
geschrieben von panda
100 Jahre nach Sarajewo kommt es im ( Süd )-Osten Europas´wieder
zu einer gefährlichen Spannungs-Situation.
Damals hätte die jetzige Krim-Krise , so wie Mitte des 19.Jahrhunderts , möglicherweise zu einem wirklichen Krieg geführt.

Die alten Feindbilder und Schuld-Zuweisungen folgen den alten Mustern.
" Wem gehört die Krim , wem gehörte sie vorher , wer ist schuld an der Zuspitzung , wer hat auf dem Maidan zuerst geschoßen , wer will Freiheit und Demokratie verhindern , wer ist ein Diktator , welches Spiel treiben Die und Die....usw , usw " .
Daran sieht man , wie mangelnde Information , mangelnde Kenntnis der Region , aber auch gezielte Des-Information , zu Konflkten und schließlich zu Kriegen führen können.

Wäre da nicht das Potenzial der Abschreckung zweier " Großmächte " ,von modernsten Bomben , die über zig-1000-mal so stark sind wie die von 1945 , von Inter-Kontinental-Raketen , die in kürzester Zeit diese Bombenladungen an jedes Ziel der Welt bringen können ---- dann würden sich russische , ukrainische , vielleicht polnische , auch deutsche , französische und amerikanische Truppen wieder niedermetzeln....

So aber ---könnte es sein , daß nach einer gewissen Zeit , wie nach dem Jugoslawien- oder dem Georgien-Krieg , in Europa wieder Ruhe einkehrt....bis zum nächsten Mal !
panda
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Re: 1914
geschrieben von panda
als Antwort auf panda vom 09.03.2014, 10:35:13
Rein informativ :

Morgen wird in Karlsruhe die erste gemeinschaftlich erstellte
Deutsch-Franz. Ausstellung : " Menschen im Krieg 1914-1918 " eröffnet -
an der sich die beiden benachbarten Bevölkerungen mit Dokumenten , Foto´s u.a. beteiligt haben.
Die Ausstellung " wandert " dann nach Bruchsal , Ettlingen , Rastatt , anschließend ins Elsaß.

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