Diskussion historischer Ereignisse 15. Januar 1919

niederrhein
niederrhein
Mitglied

15. Januar 1919
geschrieben von niederrhein
Da ja nun diese Jahr 2009 geradezu überquillt von Gedenktagen, Jubiläen etc., soll doch immer des 15. Januar 1919 kurz gedacht werden, von dem Volker Ullrich in der ZEIT (15.01.2009, S. 31; Artikel: Die Noske-Pabst-Connection) schreibt: Der Doppelmord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am Abend des 15. Januar 1919 in Berlin zählt zu den folgenreichsten Ereignissen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert.


http://community.seniorentreff.de/storage/pic/userbilder/a30f1d57825f100a5a9ba38c76fffe20/materialiengeschichte20jh./130172_1_Materialien_Geschichte_20_Jh..jpg[/img]

Aus dem Text:
Die Verantwortlichen für das Verbrechen wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Noch im April 1962 konnte der eigentliche Drahtzieher, Hauptmann Waldemar Pabst, sich in einem Spiegel-Interview damit brüsten, dass er die beiden Kommunistenführer habe »richten lassen«.


Volker Ullrich bespricht die beiden Bücher von Klaus GietingerDer Konterrevolutionär. Waldmar Pabst – eine deutsche Karriere. Hamburg 2009; und: Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung Rosa Luxemburgs. Hamburg 2009. In bzw. mit den Büchern, so Volker Ullrich, enthüllt Klaus Gietinger 90 Jahre nach dem Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht die Zusammenarbeit der SPD-Führung mit den Tätern.
(Der Artikel ist auf der Webseite der ZEIT frei zugänglich [Stand 22.01.2009; 21.30 h]).




Siehe auch der ZEIT-Artikel von Jan Ross "Ich war, ich bin, ich werde sein", 15.01.2009; S. 9.

Die ZEIT wird - so ihre redaktionelle Ankündigung - die Geschichtsdaten dieses Jahres mit Artikeln begleiten.


Verantwortlich [i]
Die Bertha
vom Niederrhein



carlos1
carlos1
Mitglied

Re: 15. Januar 1919
geschrieben von carlos1
als Antwort auf niederrhein vom 22.01.2009, 21:24:20
"Da ja nun diese Jahr 2009 geradezu überquillt von Gedenktagen, Jubiläen ...." Nierrhein[indent][/indent]

Jedes Jahr quillt über von Gedenktagen, wenn man nur sucht und nachdenkt, dann wird immer ein Gedenktag draus. Das ist in diesem Fall besonders richtig.

Der Mord an Luxemburg und Liebknecht beraubte die Linke ihrer Führer von Rang. Es ist müßig darüber zu spekulieren, was in der Folge passiert wäre, wäre das nicht geschehen. Eines lässt sich vermuten: Mit ihnen (vor allem Luxemburg) hätte es nicht diesen moskauhörigen Kurs der KP gegeben, wie er unter Thälmann dann vertreten wurde. Die KP unterlag im Endstadium de Weimare Republik, auf Moskaus Weisung hin, einer fatalen Fehleinschätzung der Bedeutung Hitlers. Es ist vorstellbar, dass dies nicht mit Luxemburg und Liebknecht zu machen gewesen wäre. Beweisbar ist es nicht. Dabei müssen wir auch ausklammern, wie die innerparteiliche Entwicklung der KPD verlaufen wäre.

Aus dem Charakterbild, der Herkunft und den programmatischen Erklärungen von Politikern lässt sich nicht ableiten, wie sie in der Zukunft handeln könnten. Beide Luxemburg und Liebknecht waren Politker von hohem geistigen Rang, unterschieden sich wesentlich von den durch Moskau gelenkten Funktionärsgestalten der KP. Dem stalinistischen Einfluss wurde damit das Tor geöffnet.

c.
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

ich verneige mich vor Rosa, Karl, Ernst und den anderen!
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf carlos1 vom 25.01.2009, 23:00:19
@carlos1

was wäre wenn?


in meinen augen ist es erschreckend, welchen blutzoll die LINKE in den 20er und 30er jahren gelassen hat. hunderttausende wurden heimtückisch erschlagen oder in den KZs ermordet - und das waren die besten! was soll denn danach noch übrig bleiben?

übrig geblieben sind vor allem die "kämpfer" und dogmatiker stalinistischer prägung (siehe ulbricht). selbst ein Thälmann wäre noch 1000x besser gewesen als dieser karrierist moskauer schule. ...aber Ernst Thälmann wurde von den nazis wenige tage vor kriegsende in Buchenwald erschossen.

millionen menschen verloren ihr leben durch den faschismus. sozialdemokraten, kommunisten, humanisten, freidenker, pazifisten, querdenker und viele andere, die der deutsche bürger bis 1968 am liebsten "ins arbeitslager" gesteckt hätte. auch einige der hier lesenden, haben damals sicher umdenken müssen - oder haben es nicht geschafft? ich erinnere an das Rosa-Luxemburg-Zitat:

Freiheit ist immer auch die Freiheit des anders denkenden!

ich finde es gut, richtig und eine ehrenvolle aufgabe, opfern wie Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Ernst Thälmann, Anton Saefkow, der "Roten Kapelle" und all den anderen Widerstandskämpfern gegen den faschistischen, deutschen mob heute noch würdig zu gedenken. ein bruchteil des volkes stemmte sich mutig unter todesgefahr gegen die "HEIL!" rufende, bräunliche überzahl.

ICH VERNEIGE MICH!

p.s.: ich fand es peinlich und typisch, wie die bundesdeutsche presse in diesem jahr, über die gedenkfeier am grabmal der sozialisten in Berlin berichtet hat. als ob da ein paar bekloppte ihren mumien huldigen würden, als sie die Kränze und roten nelken, am grab von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht nieder legten.

GESCHMACKLOS!


TEDDY LEBT!

Anzeige

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: ich verneige mich vor Rosa, Karl, Ernst und den anderen!
geschrieben von carlos1
als Antwort auf dutchweepee vom 26.01.2009, 03:23:25
"[i]in meinen augen ist es erschreckend, welchen blutzoll die LINKE in den 20er und 30er jahren gelassen hat. hunderttausende wurden heimtückisch erschlagen oder in den KZs ermordet - und das waren die besten! was soll denn danach noch übrig bleiben? Dutchwepee

übrig geblieben sind vor allem die "kämpfer" und dogmatiker stalinistischer prägung (siehe ulbricht). selbst ein Thälmann wäre noch 1000x besser gewesen als dieser karrierist moskauer schule."[/
indent] Dutchwepee

@ Dutchwepee

Geschichtsschreibung soll darlegen, wie es gewesen ist. Das, was wir historische Wahrheit nennen, ist im Hinblick auf die Geschichtschreibung ein (zu) großes Wort. Kein Historiker ist als Berichterstatter bei den Ereignissen dabei. Die Rekonstruktion der Vorgänge ist schwierig und erfolgt mit Hilfe von Zeugenaussagen und schriftlichen Quellen, oder Bildmaterial etc. Es darf nichts darüber hinwegtäuschen, dass Geschichtsschreibung oft aus vergänglichen Überzeugungen und eigenmächtige Interpolationen und Interpretationen besteht, die als Schlussfolgerungen die Geschichntsschreibung ausmachen. Jede Zeit hat übrigens ihre eigenen Darstellungen geschichtlicher Vorgänge und damit ihre eigene historische Wahrheit.

Wenn der in dem Beitrag von Niederrhein erwähnte Gietinger in der ZEIT schreibt, dass die Bundesregierung die Ermordung Luxemburgs und Liebknechts als standrechtliche Erschießungen wertete, so ist mir das neu. Ich habe in den 60er Jahren keine andere Bewertung dieser Tat vernommen als Mord. Die beiden Ermordeten waren in der Hand von Freikorpssoldaten unter dem Kommando des Helmut Pabst. Sie wurden weggefahren mit einem Auto. Lebend wurden sie nicht mehr gesehen. Wer kommt als Täter in Frage? Auf der "Flucht" erschossen, so habe ich es in Erinnerung, war auch eine Version. Besser wäre zu sagen: Feiger Mord.

Wenn du von den Hunderttausenden sprichst, die in KZs ermordet wurden, so darfst du nicht vergessen, dass Stalin viele Millionen Kommunisten umgebracht hat. Dem Wüten der großen Säuberung fielen auch eine große Zahl deutscher Kommunisten zum Opfer. Den stalinistischen Terror so beiseiteschieben wie du es tust und dann behaupten, es seien nur die Duckmäuser und Apparatschiks übriggeblieben, ist nicht akzeptabel. Es waren auch nicht "Kämpfer und Dogmatiker, wie du schreibst, sondern eben Funktionäre, Apparatschiks, die nur auf Befehl handelten und funktionierten. Die Vorstellung von kommunistischen Widerstandskämpfern, die heldenhaft sich dem braunen Wüten entgegenstellten, solltest du in aller Ruhe einmal auf dem Hintergrund der Moskauer Weisungen an die KP sehen. Der Aufstieg des Nationalsozialismus war nicht unaufhaltsam. Er war möglich weil die Linke nicht einig war. Die SPD wurde als Sozialfaschismus bekämpft, bereitwillig wurde auf den Machtwechsel hingearbeitet, weil Stalin der Auffassung war, und damit die KOMINTERN ebenfalls die Auffassung vertrat, Hitler würde in wenigen Monaten, spätestens in 1 oder 2 Jahren so abgewirtschaftet haben, dass die Macht an die KPD fallen würde. Ein schwerer Fehler. Hitler wurde unterschätzt. Die KPD beteiligte sich auch an gemeinsamen Aktionen - gemäß dieser Moskauer Strategie - mit den Nazis nur um den Staat zu treffen (Streik der Beriner Verkehrsbetriebe November 1932). In Schlägereien mit der Polizei waren kommunistische Kampfgruppen auch beteiligt. Kommunisten und Nazis bekämpften den Staat, der 1932 kein Demokratie mehr war, sondern ein Präsidialdiktatur. Eine Rosa Luxemburg mit Thälmann zu verglichen, der im August 1944 im KZ Buchenwald ermordet wurde, geht nicht. Zu einem Humanisten und geistigen Führer der Arbeiterschaft reicht es bei Thälmann nicht. Er war ein gefügiges Werkzeug Moskaus.

Die politischen Kämpfe nach dem Waffenstillstand vom 11.11.1918 gingen um die Frage, ob Deutschland eine parlamentarische Demokratie werden sollte oder eine Räterepublik. Räterepublik hätte bedetuet den Weg der bolschewistischen Oktoberrevolution zu gehen. Der Spartakusbund tratrfür dieses Ziel ein. MSPD und USPD, die gemeinsam den Rat der Volksbeauftrgaten bildeten - die Regierung - waren verasntwortlich für die Durchführung der Bestimmungen des Waffenstillstandes, Rückführung der Truppen nach genauem Zeitplan, Ablieferung der vorgesehenen Waffen und Verkehrsmittel (Lokomotiven, rollendes Material, Vieh, Waffen etc), Eingliederung der rükckehrenden Soldaten. Angesichts dieser Tatsachen und der Drohung der Ententemächte bei Nichteinhaltung der Bestimmungen des Waffenstillstandsvertrages Deutschland zu besetzen, war die Inszenierung des Spartakusaufstandes sehr gewagt, ein Abenteuer, aber keine realistische Politik. Die Deutschen wollten das Kriegsende, sichere Versorgung und keine Abenteuer. Politische Romantik wollten sie nicht. Der Aufstand musste scheitern, zeigte aber die Schwächen und Fehler der Regierung des Rats der Volksbeauftragten. Die Regierung hatte keine eigene Truppen und griff auf die von der Obersten Heeresleitung angebotene Bildung von Freiwilligenverbänden (Freikorps)zurück. Ein Verhängnis für die weitere Entwicklung. Es hat auch unmittelbar mit der Ermordung Luxemburgs und Liebknechts zu tun. Luxemburg und Liebknecht waren gegen den Aufstand.

Ich selbe war auch schon am Grabmal oder der Gedenkstätte der Sozialisten. Bei meinem Besuch war auch der name Ulbricht zu lesen und Pieck, neben dem von Luxemburg. So wird es heute auch noch sein. Und nun wunderst du dich, Duch, dass die alljährliche Zeremonie ein Geschmäckle hat. Luxemburg und Ulbricht passen nicht zusammen.

c.
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: ich verneige mich vor Rosa, Karl, Ernst und den anderen!
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf carlos1 vom 26.01.2009, 20:14:17
@carlos1

ich gebe dir 100%ig recht. LINKER ist nicht gleich LINKER! ich selbst habe auf vielen demos, versammlungen, aktionen und bei diskussionen "Linke" getroffen, mit denen ich nicht in einen topf geworfen möchte.

es gibt allerdings tausende opfer (nicht zuletzt die kommunisten, die von stalin und hitler gefoltert und getötet wurden), die mit den edelsten motiven und rechtschaffend in den tod gingen.

daß ein ulbricht auf dem friedhof der sozialisten liegt, schmälert nicht das angedenken an das opfer von rosa luxemburg und karl liebknecht. die besucher am todestag von walter ulbricht sind sicher überschaubar.
Medea
Medea
Mitglied

Re: 15. Januar 1919
geschrieben von Medea
als Antwort auf niederrhein vom 22.01.2009, 21:24:20
Hier darf das Kampflied der Kommunisten nicht fehlen -
über viele Jahre an jedem 1. Mai von mir mit vielen anderen zusammen aus Solidarität mitgesungen:

Auf, auf zum Kampf, zum Kampf!
Zum Kampf sind wir geboren.
Auf, auf zum Kampf, zum Kampf,
zum Kampf sind wir bereit.
Dem Karl Liebknecht, dem haben wir's geschworen,
Der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand.

Wir fürchten nicht, ja nicht
Den Donner der Kanonen!
Wir fürchten nicht, ja nicht
die grüne Polizei.
Den Karl Liebknecht, den haben wir verloren,
Die Rosa Luxemburg fiel durch Mörderhand.

Es steht ein Mann, ein Mann
so fest wie eine Eiche.
Er hat gewiß, gewiß
schon manchen Sturm erlebt.
Vielleicht ist morgen er schon eine Leiche,
wie es so vielen Freiheitskämpfern geht.

Auf, auf zum Kampf, zum Kampf,
zum Kampf sind wir geboren.
Auf auf zum Kampf, zum Kampf,
zum Kampf sind wir bereit.
Dem Karl Liebknecht, dem haben wirs geschworen.
Der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand.


M.

Anzeige

wanderer
wanderer
Mitglied

Re: 15. Januar 1919
geschrieben von wanderer
als Antwort auf Medea vom 26.01.2009, 21:55:42
Es gibt von diesem Kampflied ja mehrere Versionen, soviel ich weiß, hat es die SA später mit verändertem Text gesungen, u.a. "dem Adolf Hitler haben wir`s geschworen".

Die von den Kommunisten intonierte Variante lernten wir damals in der Schule. Eine Textzeile aber anders, als bei Dir, medea.

"Wir fürchten nicht, ja nicht
die grüne Polizei."

ist mir in Erinnerung als:

"Wir fürchten nicht, ja nicht
die Noske-Polizei."

In diesem Zusammenhang:
Kam der Befehl zur Ermordung von L und L eigentlich direkt aus der SPD-Zentrale, oder geschah dies nur mit Duldung von Ebert/Noske/Scheidemann?
Weiß jemand was darüber?



--
wanderer
Mitglied_73fd35a
Mitglied_73fd35a
Mitglied

Re: ich verneige mich vor Rosa, Karl, Ernst und den anderen!
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 26.01.2009, 03:23:25

ich finde es gut, richtig und eine ehrenvolle aufgabe, opfern wie Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Ernst Thälmann, Anton Saefkow, der "Roten Kapelle" und all den anderen Widerstandskämpfern gegen den faschistischen, deutschen mob heute noch würdig zu gedenken. ein bruchteil des volkes stemmte sich mutig unter todesgefahr gegen die "HEIL!" rufende, bräunliche überzahl.

pea
pea
Mitglied

Re: ich verneige mich vor Rosa, Karl, Ernst und den anderen!
geschrieben von pea
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 26.01.2009, 23:06:29
Da stimme ich Dir vorbehaltlos zu!


--
pea
wanderer
wanderer
Mitglied

Re: ich verneige mich vor Rosa, Karl, Ernst und den anderen!
geschrieben von wanderer
als Antwort auf pea vom 27.01.2009, 10:12:23
Diese Zustimmundg müsstest du dann aber schon an durtchweepee richten, denn der hatte diese Ansicht eine Seite zuvor formuliert. Abdu hat sie hier lediglich, weshalb auch immer, 1:1 reinkopiert (sieht man sehr schön an der Verwendung von Umlauten, die sich auf abdus Tastatur nämlich gar nicht finden lassen), und unkommentiert stehen lassen.
--
wanderer

Anzeige