Die Kleine Kneipe Die Kleine Kneipe Nr. CXXXII (Nr. 132)
Re: Die Kleine Kneipe Nr. CXXXII (Nr. 132)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hier meldet sich mal wieder die Leseratte vom Dienst.
Ich erfreue mich an euerm fröhlichen Hin und Her
Leider hab ich sehr schlechte Laborergebnisse,
die Tumormarker sind sehr gestiegen und die geplante Narbenbruchop. kann nun nicht in der kommenden Woche gemacht werden,weil nun die ganze ekelhafte Untersucherei von Neuem losgeht,um --vielleicht-- finden zu können,wo sich wieder Krebszellen eingenistet haben........
...nur keine "Beileidsbekundungen"...
hatte nur grade mal so Gedankensplitter,wie nah Freud und
nun
(bischen) Angst liegen.
Gudrun
Ich erfreue mich an euerm fröhlichen Hin und Her
Leider hab ich sehr schlechte Laborergebnisse,
die Tumormarker sind sehr gestiegen und die geplante Narbenbruchop. kann nun nicht in der kommenden Woche gemacht werden,weil nun die ganze ekelhafte Untersucherei von Neuem losgeht,um --vielleicht-- finden zu können,wo sich wieder Krebszellen eingenistet haben........
...nur keine "Beileidsbekundungen"...
hatte nur grade mal so Gedankensplitter,wie nah Freud und
nun
(bischen) Angst liegen.
Gudrun
Ich erfreue mich an euerm fröhlichen Hin und Her
Gudrun,
es freut mich, wenn wir dich ein wenig ablenken können von deinen Sorgen!
Mehr ist ja hier in der Kk auch nicht möglich!
Chris
Fröhliche ABLENKUNG von Sorgen, Nöten, Krankheiten...
ist doch positiv und schon sehr viel, meine ich!
Also lenkt euch ab vom Alltags-Gram-Kram:
Hamburger Alster(ein)blicke
omaria
ist doch positiv und schon sehr viel, meine ich!
Also lenkt euch ab vom Alltags-Gram-Kram:
Hamburger Alster(ein)blicke
omaria
Beim flackernden Licht eines nördlichen Sterns habe ich den Regennachmittag im Trocknen verbracht. Linux ließ grüßen, der grünen Kröte schmeckte meine rote (Grafik)Karte nicht. So wird es wohl noch mehrere Regentage geben müssen ...
Fortsetzung folgt.
Mareike
Fortsetzung folgt.
Mareike
Re: Die Kleine Kneipe Nr. CXXXII (Nr. 132)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Omaria,
wunderschön ist dieser Clip wieder geworden.
Ich liebe diese Wasserbilder sehr.
Auch die Spielerei mit Video und Regenbogen!!!!
Schön, dass wir es anschauen dürfen.
Liebe Grüße
Meli
wunderschön ist dieser Clip wieder geworden.
Ich liebe diese Wasserbilder sehr.
Auch die Spielerei mit Video und Regenbogen!!!!
Schön, dass wir es anschauen dürfen.
Liebe Grüße
Meli
Meli,
hab mir das Video auch gerade angeschaut. Die Blicke auf das Wssser sind
immer wieder schön und sie beruhigen auch unendlich.
Chris,
die stundenlang auf das Wasser blicken kann.
Re: Die Kleine Kneipe Nr. CXXXII (Nr. 132)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Nochmal Glück gehabt....
War das etwa an jenem Freitag...
Man ist nirgends sicher..
nordstern
War das etwa an jenem Freitag...
Man ist nirgends sicher..
nordstern
Besonders schön war dieser Tag bisher nicht. Vom Wetter her nicht, von der Stimmung nicht, von den Nachrichten her nicht und so richtig ist hier auch nichts los. Ich stell euch mal eine Fortsetzung von Mäck rein, erinnert ihr euch? Mäck will zum Bunker gehen und seine letzten Sachen holen. Es liegt noch Schnee.
Fortsetzung:
„Geh nicht im Dunkeln dahin! warte bessere Bedingungen ab. Wollten wir nicht darüber sprechen, was mit uns werden soll?
Jerzy meint, wir könnten uns mit ihm zusammentun, bräuchten nur sein Firmenschild um die Werbefotografie zu erweitern.“
„Hast Du mal ein paar Schritte weitergedacht? Wir haben keinen einzigen Auftrag, wir haben kein Studio, kein Mensch kennt uns und von den Banken bekommen wir nichts. Die Chancen sind gleich Null, Ewa. Trotzdem eine gute Idee, das mit dem Schild. Sag Jerzy, dass wir einverstanden sind, kann ja nichts schaden. Er soll draufschreiben:
Wasowicz & Partner,
Kunstmaler und Werbefotgografie.
Nur an unserer Lage ändert sich nichts. Du machst ihm weiter den Haushalt und ich stehe in Diensten der Frau Czarno. Schrecklich! Ich denke im Kreis herum. Dem Herrn Wierch von der Möbelfirma fällt ausgerechnet am Weihnachtstag ein, uns Aufträge zu entziehen und schickt Dir den Brief mit einem Boten. Bei mir im Goldenen Ring wurde tatsächlich eingebrochen, die Einbrecher waren auch im Hause von Frau Czarno.“ Er erzählt ihr die ganze Geschichte. Doc ist tot, John hat sich abgesetzt, seine Niederlassung aufgelöst, Dein Hilfsarbeiter in der Möbelfabrik schnüffelte hier herum. Ich glaube nicht an Zufälle, nehme eher an, dass der Herr Wierch von der Möbelfabrik eine Rolle bei der Schmuggelei spielt und sich deren Strategie geändert hat. Ein weiterer Punkt ist Tadzik. Der Einbrecher sprach von Tadziks plötzlichem Reichtum. Die müssen in irgendeiner Verbindung zu ihm stehen. Vielleicht Erpresser von Schutzgeldern, kreuzt dabei seine starken Arme über die Brust. Oder die hängen auch mit der Schmugglerbande zusammen? Die Protokolle beim Zoll und die jetzt bei der Polizei sind nicht gerade beruhigend. Beim geringsten Vorfall hänge ich im Netz. Ich will hoffen, dass man mich in Ruhe lässt.
„Und Ania?“ fragt Ewa, „von ihr sprichst Du nicht. Hast Du sie vergessen?“
„Du weißt, dass es nicht so ist. Doch für unsere nächsten Schritte spielt sie keine Rolle. Wir sollten weiter an unser Ziel arbeiten, eines Tages selbständig zu werden. Dazu brauchen wir Geld, weitere Ausbildung, Fürsprecher und eine Umgebung, wo man uns gebraucht. Eventuell in Warschau, Danzig oder Stettin. Lemberg ist mein letzter Ausweg. Von Tadzik habe ich länger nichts gehört. Entweder erstickt er in Arbeit, oder er hat Probleme und will mich damit nicht behelligen. Zur Geldfrage noch: Ich habe von Tadzik einige Dollars bekommen, Schwarzgeld. Es liegt in unseren Schließfächern. Wir könnten es in kleinen Beträgen so nach und nach auf unsere Konten legen.
Du solltest Dich jetzt um einen Verleger für Deinen Bildband kümmern. Das Buch ist Dir gut gelungen, sehr eindrucksvoll. Über den Bildband könntest Du in der Szene bekannt werden. Bemühe Dich mit Jerzy um Foto-Werbeaufträge, ich stehe Euch jederzeit zur Verfügung.“
„Hör mal gut zu Mäck: Jerzy und ich werden nie ein Paar, allenfalls Partner, damit das zwischen uns beiden ganz klar bleibt, so wie wir Partner sind, nur auf einer anderen Stufe.“
„Ich denke, wir haben alles durchdacht Ewa, mehr ist im Moment für uns nicht drin. Verhungern und erfrieren müssen wir beide nicht und was auf uns zukommt, wissen wir nicht. Wir sollten hellwach und mutig in die Zukunft schauen. Ich mache mich gleich zum Bunker auf.
„Bitte, geh nicht!“
„Angst um den alten Grauen? Ich mach das schon Kleine, nur keine Panik. Wegen der Spuren lasse ich mir was einfallen. Ich lege mehrere davon an und trample so lange darauf herum, bis keiner mehr erkennt, wo Anfang und Ende ist. Die Natur war mir immer gut gesonnen. Denk mal an meine Silberpappel am Moor, die hat schwerer zu kämpfen als ich und hat alle Stürme überstanden, werde sie nachher umarmen und ihr ein paar tröstende Worte sagen. Vom Bunker verabschiede ich mich dann endgültig.“
Statt der Pappel sollte er lieber mich in den Arm nehmen, dieser Trottel denkt sie, ich bin bedürftiger als diese blöde Pappel.
Die ersten Sonnentage im März künden den Frühling an. Mäck bekommt von seiner Wirtin ein altes, zerfleddertes Gartenbuch. „Schauen Sie mal rein wie man den Boden bearbeiten muss. Am besten Sie machen eine Bodenprobe, wie es im Buch steht, und düngen dann entsprechend. Er wird viel Dünger gebrauchen, bestimmt Kalk, Kali, Stickstoff und Phosphor. Sie werden ja sehen.“
Sehr lustig, denkt Mäck. Arbeit verteilen, dann abhauen und mit dem Auto in der Gegend herumfahren. Ganz schlimm in den letzten Tagen mit ihr. Wenn er sie schon mal zu Gesicht bekommt, erteilt sie ihm Aufträge. Wo die wohl immer herumfährt? Vor drei Tagen hat er sich mal heimlich ihren Kilometerstand notiert. Heute nun stellt er fest, dass sie in drei Tagen über dreihundert Kilometer gefahren ist. Eine ganze Menge, das wird er mal weiter beobachten. Morgen fährt sie für einige Tage weg und hat Mäck gebeten, im Haus zu bleiben. „Ich habe hier gut zu tun, Frau Czarno, bin total ausgelastet.“
Tadzik hat sich immer noch nicht gemeldet. Er wartet jeden Tag auf Nachricht, sein Bilderstapel wird immer höher. Wie gerufen, erscheint eine Dame bei ihm, die sich mit Dr. Kulmatowa vorstellt, wird so Anfang fünfzig sein. „Ich bin auf der Rückreise von Berlin nach Lemberg und soll Ihnen einen schönen Gruß von Herrn Bronzow ausrichten. Sie sind doch Herr Marek Podszowski, nicht? Im Obdachlosenheim sagte man mir, dass ich Sie hier finde.“
„Ganz recht, aber kommen Sie doch bitte herein, Sie haben eine lange und beschwerliche Reise hinter sich. Warten Sie einen Moment, ich mach mich nur ein bisschen frisch.“ Schnell wäscht er sich und zieht saubere Sachen an.
„So da bin ich Frau Doktor. Ja, ich warte schon länger auf eine Nachricht von den Bronzows. Was gibt es denn Neues in Lemberg?“
„Ich habe Ihnen einen Brief zu überbringen, Herr Podszowski, den Herr Bronzow nicht mit der Post schicken wollte. Er ist zwar schon 14 Tage alt, doch das war einkalkuliert.“ Umständlich hantiert sie an ihrer Handtasche herum, trennt eine Naht auf und zieht den Brief aus einem Geheimfach hervor. „Bitte sehr. Sie fragen nach Lemberg? Die Stadt steht auf dem Kopf. Da wird so allerlei verändert. Bettelei und Kriminalität sind an der Tagesordnung. Den Rentnern geht es schlecht. Polen ist für uns ein reiches Land Herr Podszowski, von Deutschland oder USA gar nicht zu reden. Ich bin eigentlich auch eine Polin, nun aber Ukrainerin geworden und nicht mehr Bürgerin der Sowjetunion, wie noch vor der Wende.“
„Entschuldigen Sie Frau Doktor, darf ich Ihnen etwas anbieten?“
„Wenn Sie eine Tasse Tee hätten und ein Stück Brot dazu, wäre ich Ihnen dankbar. Darf ich mich ein wenig frisch machen?“
„Oh entschuldigen Sie, Frau Doktor, aber selbstverständlich. Hier ist meine bescheidene Badestube“ und zeigt auf die Tür.
„Warten Sie, ich hole Ihnen noch schnell ein frisches Handtuch. Inzwischen koche ich Tee, bereite Brote vor und lese den Brief.“
Geschäft und Haus fordern mich jede Minute. Die Nächte sind kürzer geworden und die Sorgen größer. Ich werde von unbekannten Leuten beobachtet und man fordert von mir Schutzgeld. Wohin ich auch fahre, ständig fährt jemand hinter mir her. Manchmal gelingt es mir, sie abzuhängen, doch die Nachschnüfflerei wird danach umso heftiger. Vertrauliche Briefe schicke ich grundsätzlich nicht mehr mit der Post. Das Telefonieren wird zeitaufwendiger und unsicherer, daher dieser Weg über die Botin. Ich werde die Frau Doktor gut belohnen. Du brauchst Dich ihr gegenüber also nicht verpflichtet fühlen.
Ich hoffe, Du kannst Dich über Wasser halten. Im Moment ist es nicht möglich, Dich hier im Geschäft einzubinden, Deine Bilder könnte ich aber gut gebrauchen. Bitte gebe der Botin einige mit, nicht mehr als fünf, die sollten beim Grenzübertritt keine Probleme machen. Die Frau Doktor malt auch und könnte sich damit bei Grenzkontrollen ausreden.
Meiner Mutter geht es leider nicht gut, sie ist bettlägerig geworden. Edyta kümmert sich Tag und Nacht um sie, hat daneben mit dem Haus zu tun, wo sie mauert und tapeziert. Maryla ist im Geschäft meine große Stütze, ihr Mann Andrzej kümmert sich überhaupt nicht um uns. Wir sorgen uns um ihre Ehe. Maryla geht ihren eigenen Weg. „Wenn es Andrzej nicht passt, soll er gehen“, sagte sie mir kürzlich. Gebe der Botin neben den Bildern bitte ein paar Zeilen von Dir mit. Wir bleiben zusammen, Mäck. Ich will mich gegen alle Widerstände durchschlagen, doch kleine Krankheiten nagen auch an meinem Körper und meiner Seele. Sollten wir im Geschäft Deine Hilfe gebrauchen, melde ich mich umgehend.
Es grüßt Dich von ganzem Herzen Dein Tadzik.
Mäck holt Schreibpapier und antwortet:
selbstverständlich mache ich alles wie Du es wünscht. Von der Möbelfirma bekommen wir keine Aufträge mehr. Da bahnen sich Veränderungen an.
Mir geht es sonst gut, auch Ewa ist wohlauf.
Ania ist nach Warschau gezogen. Ich habe keine Verbindung zu ihr. Sie wollte es so. Ich denke viel an sie und mache mir Sorgen. Weiß nicht ob aus Mitleid oder warum. Ich muss hart gegen mich sein, wie auch Du, lieber Tadzik.
Ich wohne jetzt als Hausmann bei einer alleinstehenden Dame mit Namen Czarno. Frau Doktor wird Dir berichten und Dir meine neue Adresse mit Telefonnummer geben. Ewa und ich streben die Selbständigkeit an, evtl. eine Werbeagentur in einer größeren Stadt.
Man hat mich nachts in meiner neuen Wohnung bei Frau Czarno „besucht“. Wahrscheinlich Ukrainer, die Dich kennen und sich um Dich kümmern. Einen Einbrecher habe ich geschnappt und konnte ihn ausquetschen. Gestohlen hat er nichts.
Machs gut Tadzik, kannst jederzeit auf mich bauen.
Dein Marek.
„So, Frau Doktor, dann lassen Sie uns noch ein wenig plaudern. Ich gebe Ihnen diesen Brief und fünf Bilder für Herrn Bronzow mit.“
„O Gott, was malen Sie denn da für obszöne Sachen? Soll ich die wirklich mitnehmen?“
„Manche mögen es heiß, Frau Doktor. Ich hoffe, Sie bringen die Bilder in Ihrem Koffer heil über die Grenze.“
„Nur gut, dass ich im Notfall weiß, was Sie malen. Ich hoffe mein Geheimfach im Koffer bleibt unentdeckt.“ Mäck merkt ihr eine gewisse Erregung an. Den Brief verstaut sie wieder in der Handtasche, holt ihr Nähetui heraus und heftet das Geheimfach geschickt zu.
Nachdem sie sich eine Weile unterhalten haben, schaut sie wiederholt auf die Uhr. „Ich habe ein Taxi bestellt, das soll in der Nähe auf mich warten. Daher muss ich mich jetzt leider verabschieden.“ Mäck will sie begleiten doch sie bedankt sich, möchte lieber allein gehen. „Zur Vorsicht, wissen Sie? “
Eine couragierte Dame, denkt Mäck, die ist in Ordnung. Tadzik weiß was er tut.
Was nützen Gartenbuch und Bodenproben, wenn die Mittel fehlen. Im Keller findet er endlich Eimer mit altem Kalkstickstoff und verklumptem Thomaskali. Nachdem er die Klumpen zerkleinert hat, verstreut er den Grus übers Land. Von andern hat er sich zwar abgeguckt wie man Beete herrichtet, doch seine Kreativität geht eigene Wege. Vor der Terrasse legt er im Halbkreis ein Blumenbeet an, auf dem ständig etwas blühen soll und beginnt mit einem Mix aus Tulpen und Männertreu. Das Blau der Lobelien hat ihn schon immer begeistert.
Überraschend kommt Frau Czarno auf den Hof gefahren. „Sie sind wirklich ein ganz Fleißiger, Herr Podszowski und sehr zuverlässig. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Was wäre ich ohne Sie. War hier irgendwas?“
„Nichts Besonderes. Mich wundert nur, dass der Briefträger hier immer vorbeifährt und keine Post bringt.“
„Kein Wunder, Herr Podszowski, Meine Post kommt postlagernd, die hole ich mir selbst ab, gefällt mir besser.“
„Ich werde mal gleich Ihr Auto sauber machen, Frau Czarno“.
„Oh nein, Herr Podszowski, das mache ich aus alter Gewohnheit selbst. Trinken wir lieber eine schöne Tasse Tee zusammen, einverstanden?“
Unauffällig schaut er auf den Tacho. Kann ja wohl nicht wahr sein; 1700 Kilometer ist sie in den vier Tagen gefahren. Sollte er sich verguckt haben?
„Nur damit Sie Bescheid wissen, Herr Podszowski, am Abend kommen ein paar Herren zum Kolloquium, es kann dann etwas später werden.“
Was geht es mich an, denkt er, mich kriegt sie da heute nicht hin. Wenn das mit den Kilometern stimmt, hat sie eine gute Kondition. Heute noch Russisch- oder Ukrainischkurs?
Mäck liest jeden Abend einige Seiten im ukrainischen Lehrbuch, doch voran kommt er nicht. Zwar versteht er den Text, kann auch alles lesen, doch nicht ohne Buch sprechen. Er behält die Vokabeln und grammatischen Regeln nicht. Beim Lernen wird er schnell müde. Ein sehr gesundes Schlafmittel, fällt ihm ein.
Die vielen Kilometer lassen ihm keine Ruhe. Er nimmt sich eine Karte und probiert. Warschau und zurück sind über den Daumen 600 km, Stettin und zurück 1600 km, Danzig und zurück 1400 km. Soll begreifen wer will und das in vier Tagen.
Fortsetzung:
„Geh nicht im Dunkeln dahin! warte bessere Bedingungen ab. Wollten wir nicht darüber sprechen, was mit uns werden soll?
Jerzy meint, wir könnten uns mit ihm zusammentun, bräuchten nur sein Firmenschild um die Werbefotografie zu erweitern.“
„Hast Du mal ein paar Schritte weitergedacht? Wir haben keinen einzigen Auftrag, wir haben kein Studio, kein Mensch kennt uns und von den Banken bekommen wir nichts. Die Chancen sind gleich Null, Ewa. Trotzdem eine gute Idee, das mit dem Schild. Sag Jerzy, dass wir einverstanden sind, kann ja nichts schaden. Er soll draufschreiben:
Wasowicz & Partner,
Kunstmaler und Werbefotgografie.
Nur an unserer Lage ändert sich nichts. Du machst ihm weiter den Haushalt und ich stehe in Diensten der Frau Czarno. Schrecklich! Ich denke im Kreis herum. Dem Herrn Wierch von der Möbelfirma fällt ausgerechnet am Weihnachtstag ein, uns Aufträge zu entziehen und schickt Dir den Brief mit einem Boten. Bei mir im Goldenen Ring wurde tatsächlich eingebrochen, die Einbrecher waren auch im Hause von Frau Czarno.“ Er erzählt ihr die ganze Geschichte. Doc ist tot, John hat sich abgesetzt, seine Niederlassung aufgelöst, Dein Hilfsarbeiter in der Möbelfabrik schnüffelte hier herum. Ich glaube nicht an Zufälle, nehme eher an, dass der Herr Wierch von der Möbelfabrik eine Rolle bei der Schmuggelei spielt und sich deren Strategie geändert hat. Ein weiterer Punkt ist Tadzik. Der Einbrecher sprach von Tadziks plötzlichem Reichtum. Die müssen in irgendeiner Verbindung zu ihm stehen. Vielleicht Erpresser von Schutzgeldern, kreuzt dabei seine starken Arme über die Brust. Oder die hängen auch mit der Schmugglerbande zusammen? Die Protokolle beim Zoll und die jetzt bei der Polizei sind nicht gerade beruhigend. Beim geringsten Vorfall hänge ich im Netz. Ich will hoffen, dass man mich in Ruhe lässt.
„Und Ania?“ fragt Ewa, „von ihr sprichst Du nicht. Hast Du sie vergessen?“
„Du weißt, dass es nicht so ist. Doch für unsere nächsten Schritte spielt sie keine Rolle. Wir sollten weiter an unser Ziel arbeiten, eines Tages selbständig zu werden. Dazu brauchen wir Geld, weitere Ausbildung, Fürsprecher und eine Umgebung, wo man uns gebraucht. Eventuell in Warschau, Danzig oder Stettin. Lemberg ist mein letzter Ausweg. Von Tadzik habe ich länger nichts gehört. Entweder erstickt er in Arbeit, oder er hat Probleme und will mich damit nicht behelligen. Zur Geldfrage noch: Ich habe von Tadzik einige Dollars bekommen, Schwarzgeld. Es liegt in unseren Schließfächern. Wir könnten es in kleinen Beträgen so nach und nach auf unsere Konten legen.
Du solltest Dich jetzt um einen Verleger für Deinen Bildband kümmern. Das Buch ist Dir gut gelungen, sehr eindrucksvoll. Über den Bildband könntest Du in der Szene bekannt werden. Bemühe Dich mit Jerzy um Foto-Werbeaufträge, ich stehe Euch jederzeit zur Verfügung.“
„Hör mal gut zu Mäck: Jerzy und ich werden nie ein Paar, allenfalls Partner, damit das zwischen uns beiden ganz klar bleibt, so wie wir Partner sind, nur auf einer anderen Stufe.“
„Ich denke, wir haben alles durchdacht Ewa, mehr ist im Moment für uns nicht drin. Verhungern und erfrieren müssen wir beide nicht und was auf uns zukommt, wissen wir nicht. Wir sollten hellwach und mutig in die Zukunft schauen. Ich mache mich gleich zum Bunker auf.
„Bitte, geh nicht!“
„Angst um den alten Grauen? Ich mach das schon Kleine, nur keine Panik. Wegen der Spuren lasse ich mir was einfallen. Ich lege mehrere davon an und trample so lange darauf herum, bis keiner mehr erkennt, wo Anfang und Ende ist. Die Natur war mir immer gut gesonnen. Denk mal an meine Silberpappel am Moor, die hat schwerer zu kämpfen als ich und hat alle Stürme überstanden, werde sie nachher umarmen und ihr ein paar tröstende Worte sagen. Vom Bunker verabschiede ich mich dann endgültig.“
Statt der Pappel sollte er lieber mich in den Arm nehmen, dieser Trottel denkt sie, ich bin bedürftiger als diese blöde Pappel.
Die ersten Sonnentage im März künden den Frühling an. Mäck bekommt von seiner Wirtin ein altes, zerfleddertes Gartenbuch. „Schauen Sie mal rein wie man den Boden bearbeiten muss. Am besten Sie machen eine Bodenprobe, wie es im Buch steht, und düngen dann entsprechend. Er wird viel Dünger gebrauchen, bestimmt Kalk, Kali, Stickstoff und Phosphor. Sie werden ja sehen.“
Sehr lustig, denkt Mäck. Arbeit verteilen, dann abhauen und mit dem Auto in der Gegend herumfahren. Ganz schlimm in den letzten Tagen mit ihr. Wenn er sie schon mal zu Gesicht bekommt, erteilt sie ihm Aufträge. Wo die wohl immer herumfährt? Vor drei Tagen hat er sich mal heimlich ihren Kilometerstand notiert. Heute nun stellt er fest, dass sie in drei Tagen über dreihundert Kilometer gefahren ist. Eine ganze Menge, das wird er mal weiter beobachten. Morgen fährt sie für einige Tage weg und hat Mäck gebeten, im Haus zu bleiben. „Ich habe hier gut zu tun, Frau Czarno, bin total ausgelastet.“
Tadzik hat sich immer noch nicht gemeldet. Er wartet jeden Tag auf Nachricht, sein Bilderstapel wird immer höher. Wie gerufen, erscheint eine Dame bei ihm, die sich mit Dr. Kulmatowa vorstellt, wird so Anfang fünfzig sein. „Ich bin auf der Rückreise von Berlin nach Lemberg und soll Ihnen einen schönen Gruß von Herrn Bronzow ausrichten. Sie sind doch Herr Marek Podszowski, nicht? Im Obdachlosenheim sagte man mir, dass ich Sie hier finde.“
„Ganz recht, aber kommen Sie doch bitte herein, Sie haben eine lange und beschwerliche Reise hinter sich. Warten Sie einen Moment, ich mach mich nur ein bisschen frisch.“ Schnell wäscht er sich und zieht saubere Sachen an.
„So da bin ich Frau Doktor. Ja, ich warte schon länger auf eine Nachricht von den Bronzows. Was gibt es denn Neues in Lemberg?“
„Ich habe Ihnen einen Brief zu überbringen, Herr Podszowski, den Herr Bronzow nicht mit der Post schicken wollte. Er ist zwar schon 14 Tage alt, doch das war einkalkuliert.“ Umständlich hantiert sie an ihrer Handtasche herum, trennt eine Naht auf und zieht den Brief aus einem Geheimfach hervor. „Bitte sehr. Sie fragen nach Lemberg? Die Stadt steht auf dem Kopf. Da wird so allerlei verändert. Bettelei und Kriminalität sind an der Tagesordnung. Den Rentnern geht es schlecht. Polen ist für uns ein reiches Land Herr Podszowski, von Deutschland oder USA gar nicht zu reden. Ich bin eigentlich auch eine Polin, nun aber Ukrainerin geworden und nicht mehr Bürgerin der Sowjetunion, wie noch vor der Wende.“
„Entschuldigen Sie Frau Doktor, darf ich Ihnen etwas anbieten?“
„Wenn Sie eine Tasse Tee hätten und ein Stück Brot dazu, wäre ich Ihnen dankbar. Darf ich mich ein wenig frisch machen?“
„Oh entschuldigen Sie, Frau Doktor, aber selbstverständlich. Hier ist meine bescheidene Badestube“ und zeigt auf die Tür.
„Warten Sie, ich hole Ihnen noch schnell ein frisches Handtuch. Inzwischen koche ich Tee, bereite Brote vor und lese den Brief.“
Lieber Mäck!
Geschäft und Haus fordern mich jede Minute. Die Nächte sind kürzer geworden und die Sorgen größer. Ich werde von unbekannten Leuten beobachtet und man fordert von mir Schutzgeld. Wohin ich auch fahre, ständig fährt jemand hinter mir her. Manchmal gelingt es mir, sie abzuhängen, doch die Nachschnüfflerei wird danach umso heftiger. Vertrauliche Briefe schicke ich grundsätzlich nicht mehr mit der Post. Das Telefonieren wird zeitaufwendiger und unsicherer, daher dieser Weg über die Botin. Ich werde die Frau Doktor gut belohnen. Du brauchst Dich ihr gegenüber also nicht verpflichtet fühlen.
Ich hoffe, Du kannst Dich über Wasser halten. Im Moment ist es nicht möglich, Dich hier im Geschäft einzubinden, Deine Bilder könnte ich aber gut gebrauchen. Bitte gebe der Botin einige mit, nicht mehr als fünf, die sollten beim Grenzübertritt keine Probleme machen. Die Frau Doktor malt auch und könnte sich damit bei Grenzkontrollen ausreden.
Meiner Mutter geht es leider nicht gut, sie ist bettlägerig geworden. Edyta kümmert sich Tag und Nacht um sie, hat daneben mit dem Haus zu tun, wo sie mauert und tapeziert. Maryla ist im Geschäft meine große Stütze, ihr Mann Andrzej kümmert sich überhaupt nicht um uns. Wir sorgen uns um ihre Ehe. Maryla geht ihren eigenen Weg. „Wenn es Andrzej nicht passt, soll er gehen“, sagte sie mir kürzlich. Gebe der Botin neben den Bildern bitte ein paar Zeilen von Dir mit. Wir bleiben zusammen, Mäck. Ich will mich gegen alle Widerstände durchschlagen, doch kleine Krankheiten nagen auch an meinem Körper und meiner Seele. Sollten wir im Geschäft Deine Hilfe gebrauchen, melde ich mich umgehend.
Es grüßt Dich von ganzem Herzen Dein Tadzik.
Mäck holt Schreibpapier und antwortet:
Lieber Tadzik,
selbstverständlich mache ich alles wie Du es wünscht. Von der Möbelfirma bekommen wir keine Aufträge mehr. Da bahnen sich Veränderungen an.
Mir geht es sonst gut, auch Ewa ist wohlauf.
Ania ist nach Warschau gezogen. Ich habe keine Verbindung zu ihr. Sie wollte es so. Ich denke viel an sie und mache mir Sorgen. Weiß nicht ob aus Mitleid oder warum. Ich muss hart gegen mich sein, wie auch Du, lieber Tadzik.
Ich wohne jetzt als Hausmann bei einer alleinstehenden Dame mit Namen Czarno. Frau Doktor wird Dir berichten und Dir meine neue Adresse mit Telefonnummer geben. Ewa und ich streben die Selbständigkeit an, evtl. eine Werbeagentur in einer größeren Stadt.
Man hat mich nachts in meiner neuen Wohnung bei Frau Czarno „besucht“. Wahrscheinlich Ukrainer, die Dich kennen und sich um Dich kümmern. Einen Einbrecher habe ich geschnappt und konnte ihn ausquetschen. Gestohlen hat er nichts.
Machs gut Tadzik, kannst jederzeit auf mich bauen.
Dein Marek.
„So, Frau Doktor, dann lassen Sie uns noch ein wenig plaudern. Ich gebe Ihnen diesen Brief und fünf Bilder für Herrn Bronzow mit.“
„O Gott, was malen Sie denn da für obszöne Sachen? Soll ich die wirklich mitnehmen?“
„Manche mögen es heiß, Frau Doktor. Ich hoffe, Sie bringen die Bilder in Ihrem Koffer heil über die Grenze.“
„Nur gut, dass ich im Notfall weiß, was Sie malen. Ich hoffe mein Geheimfach im Koffer bleibt unentdeckt.“ Mäck merkt ihr eine gewisse Erregung an. Den Brief verstaut sie wieder in der Handtasche, holt ihr Nähetui heraus und heftet das Geheimfach geschickt zu.
Nachdem sie sich eine Weile unterhalten haben, schaut sie wiederholt auf die Uhr. „Ich habe ein Taxi bestellt, das soll in der Nähe auf mich warten. Daher muss ich mich jetzt leider verabschieden.“ Mäck will sie begleiten doch sie bedankt sich, möchte lieber allein gehen. „Zur Vorsicht, wissen Sie? “
Eine couragierte Dame, denkt Mäck, die ist in Ordnung. Tadzik weiß was er tut.
Was nützen Gartenbuch und Bodenproben, wenn die Mittel fehlen. Im Keller findet er endlich Eimer mit altem Kalkstickstoff und verklumptem Thomaskali. Nachdem er die Klumpen zerkleinert hat, verstreut er den Grus übers Land. Von andern hat er sich zwar abgeguckt wie man Beete herrichtet, doch seine Kreativität geht eigene Wege. Vor der Terrasse legt er im Halbkreis ein Blumenbeet an, auf dem ständig etwas blühen soll und beginnt mit einem Mix aus Tulpen und Männertreu. Das Blau der Lobelien hat ihn schon immer begeistert.
Überraschend kommt Frau Czarno auf den Hof gefahren. „Sie sind wirklich ein ganz Fleißiger, Herr Podszowski und sehr zuverlässig. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Was wäre ich ohne Sie. War hier irgendwas?“
„Nichts Besonderes. Mich wundert nur, dass der Briefträger hier immer vorbeifährt und keine Post bringt.“
„Kein Wunder, Herr Podszowski, Meine Post kommt postlagernd, die hole ich mir selbst ab, gefällt mir besser.“
„Ich werde mal gleich Ihr Auto sauber machen, Frau Czarno“.
„Oh nein, Herr Podszowski, das mache ich aus alter Gewohnheit selbst. Trinken wir lieber eine schöne Tasse Tee zusammen, einverstanden?“
Unauffällig schaut er auf den Tacho. Kann ja wohl nicht wahr sein; 1700 Kilometer ist sie in den vier Tagen gefahren. Sollte er sich verguckt haben?
„Nur damit Sie Bescheid wissen, Herr Podszowski, am Abend kommen ein paar Herren zum Kolloquium, es kann dann etwas später werden.“
Was geht es mich an, denkt er, mich kriegt sie da heute nicht hin. Wenn das mit den Kilometern stimmt, hat sie eine gute Kondition. Heute noch Russisch- oder Ukrainischkurs?
Mäck liest jeden Abend einige Seiten im ukrainischen Lehrbuch, doch voran kommt er nicht. Zwar versteht er den Text, kann auch alles lesen, doch nicht ohne Buch sprechen. Er behält die Vokabeln und grammatischen Regeln nicht. Beim Lernen wird er schnell müde. Ein sehr gesundes Schlafmittel, fällt ihm ein.
Die vielen Kilometer lassen ihm keine Ruhe. Er nimmt sich eine Karte und probiert. Warschau und zurück sind über den Daumen 600 km, Stettin und zurück 1600 km, Danzig und zurück 1400 km. Soll begreifen wer will und das in vier Tagen.
Trux
Re: Die Kleine Kneipe Nr. CXXXII (Nr. 132)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Trux, herzlichen Dank.
Es war mit eine große Freude,die Fortsetzung zu finden.
Euch allen eine gute Nacht!
Meli
Es war mit eine große Freude,die Fortsetzung zu finden.
Euch allen eine gute Nacht!
Meli