Forum Blog-Kommentare Validation, was ist das?

Blog-Kommentare Validation, was ist das?

bukamary
bukamary
Mitglied

Liebe Ela
geschrieben von bukamary
ich habe identische Erfahrungen gemacht, von wegen der zu hohen Kosten oder zu wenigen Gerontologen. Um noch ein weiteres Beispiel zu nennen: ich bin einem Arzt begegnet, der eine praxis neu übernommen hat, wohl wissend, welche Altersstruktur bei den Patienten besteht. Dieser Arzt hat sehr aktiv versucht die älteren Patienten loszuwerden und erwartete auch noch von mir, ihn dabei zu unterstützen. Du kannst Dir vielleicht denken, was ich von diesem Arzt gehalten habe. Ich hatte schon meine Probleme mit ihm umzugehen.

Was mich einfach ärgert, ist dass verschiedene Fakten einfach nicht angesprochen werden, bzw. nur auf die Kosten reduziert werden. Es ist eine Menge Geld im Topf. Wer aber bekommt wirklich das Geld? Was wird damit gemacht? Wie ist es möglich, dass z.B. ein Pflegekonzern jährlich 5 - 8 neue Einichtungen bauen will im Regelfall mit jeweils über 200 Plätzen also insgesamt ca. 2000 Plätze jährlich? Ist nicht eigentlich auch das System das eigentliche Problem?
Ständig wird von einer neuen Definition des Pflegebegriffs gesprochen weg von der sog. Minutenpflege hin zur ganzheitlichen Pflege. Nur warum passiert da nichts? Könnte es sein, dass die "Entscheider" gar kein Interesse daran haben? Warum ist das Ganze so unübersichtlich.
Das von den Pflegekräften oft genug Unmögliches verlangt wird und z.T. auch Unnötiges ist unbestritten.Eine einzelne Kraft kann unmöglich alles aufdecken und/oder verändern. Da gebe ich Dir völlig recht. Es wird auf diese ein immenser Druck ausgeübt was zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Qualität führt und leider allzuoft auf Kosten derer, die ihre Aufgabe sehr engagiert wahrnehmen.
Und allzuoft müssen gerade diese auch noch den Unmut der "Kunden" und deren Angehörigen aushalten.
Umfassende Information und Aufklärung ist dringend erforderlich. Dass das unbequem ist und dass viele nichts davon wissen wollen, ist durchaus menschlich, schon garnicht in einer Gesellschaft die an allen Ecken Wellness, Fitness, Jungsein, Spaß haben propagiert. Nur die Realität sieht oftmals anders aus.
Es geht mir keineswegs darum, dass jeder seinen Angehörigen pflegt. Das kann nicht jeder. Auch wenn man die Tätigkeiten an sich vielleicht durchführen könnte, es kommt immer auch die emotionale Beziehung dazu. Und ich weiß nur allzugut was das bedeuten kann. Ich selber hatte nie ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter und habe sehr schnell gemerkt, dass ich an eine Grenze komme, wo ich auch ziemliche Agressionen entwickelt habe. Es stand durchaus die Frage im Raum meine Mutter deshalb in eine Einrichtung zu geben. Mir war klar dass ich eine ziemlich schmerzhafte Auseinander- setzung durch stehen, mich auch den vielen Verletzungen der vergangenen Jahrzehnte stellen muß, wenn ich meine Mutter weiterhin pflegen will. Aber auch meine Mutter hatte ihre Geschichte, über die sie nie gelernt hatte zu reden, nicht darüber sprechen wollte und vielleicht auch nicht konnte. Erst durch die Auseinandersetzung mit unserer gemeinsamen Geschichte, war ich in der Lage meine Mutter wirklich ehrlich zu pflegen. Und ich profitiere noch heute davon.
Trotzdem nicht jeder kann und will seinen Angehörigen selber pflegen und dafür gibt es viele verständliche und gute Gründe. Was mir aber zu oft begegnet ist das geringe Interesse der Angehörigen an einer guten Versorgung ihrer Pflegebedürftigen, sei es die Wahl der Einrichtung (hauptsache billig, wobei eine teure Einrichtung nicht zwangsläufig die bessere ist)oder das Interesse am Alltag des Pflegebedürftigen - hauptsache sie ist ja versorgt.
Bei dementen Angehörigen kommt erschreckend häufig dann das Argument: sie kriegt ja nichts mehr mit. Welch ein Irrtum.
Sie verstehen vielleicht nicht mehr alles, können Zusammenhänge nicht mehr erfassen , sich nicht mehr verbal ausdrücken und, und, und. Aber sie spüren noch unendlich viel, reagieren darauf und können etwas, was wir mehr oder weniger Erwachsenen wenn überhaupt nur noch sehr eingeschränkt können. Ich möchte es so formulieren - sie können ihre Gefühle ungefiltert zulassen und sind darin unendlich ehrlich. Gefühle werden nun mal nicht dement!
Aber ehrliche Gefühle sind nicht mehr gewollt.
Ja, ich kann mich deinem Appell anschließen: die Angehörigen müssen mehr Mut zeigen, Mut Situationen anzusprechen, die nicht in Ordnung sind und das ist nicht unbedingt gerade sie anwesende Pflegekraft. Oftmals liegen die Fehler auch in der Struktur der Einrichtung. Der Heimbeirat/Heimfürsprecher ist sicherlich ein Ansprechpart- ner. Daneben gibt es die Pflegedienstleitung, die Heimleitung, die Pflegkassen und MDK und die Heimaufsicht.
Ich selbst bin z.B. Heimfürsprecherin (diese sind im Gegensatz zum Heimbeirat nicht gewählt sondern werden letztendlich von der Heimaufsicht in Abstimmung mit der Einrichtung ernannt, haben aber die gleichen Aufgaben, immer dann wenn die Wahl eines Heimbeirates nicht gelingt, weil keine geeigneten Bewohner vorhanden sind und Angehörige nicht wollen). Wenn die Einrichtung allerdings eine Zusammenarbeit mit Heimbeirat/Heimfürsprecher nicht unbedingt will, dann sind dessen Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt.

Es gibt m.E.keine Einrichtung,in der nicht einmal fehler vorkommen. Die Frage ist nur um welche Fehler es sich dabei handelt. Wie geht man mit diesen Fehlern um? Eine gute Einrichtung zeichnet sich u.A. meiner Meinung nach aus durch einen offenen umgang mit Fehlern, der Bereitschaft sich mit den in der Einrichtung bestehenden Strukturen auseinanderzusetzen und durch die konstruktive Zusammenarbeit mit den Heimbeiräten/Heimmfürsprechern. Aber auch die Bereitschaft die Kontrollgremien wie Heimaufsicht und MDK nicht nur als solche zu sehen. Diese haben keineswegs nur Kontrollfunktion sondern sethen auch als Berater zur Verfügung. Und eine gute Heimaufischt tut dies auch.
Und noch etwas liebe Ela: mir fällt immer wieder auf, dass eine Unmenge an Energie aufgewendet wird um die teilweise unsinnige nicht Ergebnis orientierte Dokumentation zu manipulieren. In unzähligen Gesprächen mit Pflegekräften wurde mir dies immer wieder bestätigt und meistens um strukturelle Probleme zu verdecken.
Und noch einmal solange ich mit schlechter Pflege gut Geld verdienen kann, stimmt das System nicht.
Wichtig ist doch die Qualität der Pflege. Dazu gehört aber mehr wie die reine körperliche und medizinische Versorgung. Meine Mutter z.B. wollte nicht jeden Tag von Kopf bis Fuß gewaschen werden, das war ihr zu anstrengend und zu schmerzhat. Es war ein Kraftakt bis der Pflegedienst das akzeptiert hat(das müssen wir aber dokumentieren). Ich habe mir dann erlaubt mal die Dokumentation zu kommentieren. Der MDK hat zwar dann mal kurz geschluckt und eine dumme Bemerkung gemacht es aber dann letztendlich akzeptiert. zu dem Zeitpunkt war meine Mutter noch relativ klar und als Ärztin hat sie dann auch noch ihren Kommentar abgeliefert.

Es kommt letztendlich wirklich darauf an, was jeder Einzelne der in irgendeine Form betroffen ist, zuläßt. Je mehr aufstehen und sich wehren, desto Größer ist die Chance, das sich etwas ändert. Es sind aber noch zu wenige, die das tun. Aber ich mag nicht aufgeben, meine klitzekleine Hoffnung begraben. Und solange es noch Begegnungen mit Menschen wie Dir gibt, liebe Ela, gebe ich diese Hoffnung nicht auf und es ist mir auch gleichzeitig Trost in Momenten wo mir Zweifel kommen.

bukamary
EHEMALIGESMITGLIED63
EHEMALIGESMITGLIED63
Mitglied

an Ela...
geschrieben von EHEMALIGESMITGLIED63
nun schreibe ich doch....

nur um Dir und den Kommentatoren meine Hochachtung auszusprechen.

Der Beitrag wurde zu einer Anleitung Aufklärung über ein Thema das unerschöpflich ist.

2001 erkrankte meine Mutter nach einem Appoplex an einer vaskulären Demenz.
10 Jahre Pflege bis zu ihrem Tod mit kurzen Aufenthalten in der Klinik folgten. Die Pflege wurde ausschließlich in allen Stadien von mir und meinen Töchtern ausgeführt.

Da ich selbst eine Medizinische Ausbildung habe war es sicher leichter.
Immer noch glaube ich das demente Menschen in einem normalen Senioren oder Altenheim nicht ausreichend versorgt werden.
Sollte der Vertrag mit chinesischen Pflegekräften realisiert werden den die deutschen privat Heime anstreben, wird es für Menschen mit Demenzerkrankungen noch problematischer werden.
Begine
Ela48
Ela48
Mitglied

Liebe Begine..
geschrieben von Ela48
Ich freue mich sehr über Deinen Kommentar und vor allem über Deinen Zuspruch zu diesem Blog.
Wie Du aus den Kommentaren erkannt hast, kann ich Dir nur zustimmen, dass der erkrankte Mensch auch heutzutage nicht optimal versorgt wird.
Übrigens habe ich in keinem "normalen Altenheim" gearbeitet, sondern in einem gerontopsychiatrischen Zentrum...

Es ist bewundernswert, dass Du und Deine Töchter die Pflege der Mutter übernommen habt. Alle Demenzformen sind schwierig im Umgang.
Auch meine Mutter hatte eine vaskuläre Demenz.
Unbestritten, wir haben einen Pflegenotstand, das ist allgemein bekannt und man sucht überall nach Lösungen.
Was für Lösungen bieten sich an: Arbeitskräfte aus dem Ausland, nicht nur China....
Wenn man so überlegt: Was machen wir mit unseren alten kranken Menschen, die unser Land aufgebaut haben.?
Die durch den Krieg Verluste erlitten haben? Und es geht weiter mit den Verlusten...
Wo bleibt die Würde?
Es macht mich immer wieder betroffen, darüber zu schreiben.
Ela

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Ela48
Ela48
Mitglied

Grüß Dich bukamary una alle Interessierten, Teil I
geschrieben von Ela48
> >>ich habe identische Erfahrungen gemacht, von wegen der zu hohen Kosten oder zu wenigen Gerontologen. Um noch ein weiteres Beispiel zu nennen: ich bin einem Arzt begegnet, der eine praxis neu übernommen hat, wohl wissend, welche Altersstruktur bei den Patienten besteht. Dieser Arzt hat sehr aktiv versucht die älteren Patienten loszuwerden und erwartete auch noch von mir, ihn dabei zu unterstützen. Du kannst Dir vielleicht denken, was ich von diesem Arzt gehalten habe. Ich hatte schon meine Probleme mit ihm umzugehen.


Das, was du geschrieben hast, möchte ich gern in zwei Teilen beantworten. Du hast sicherlich nichts dagegen. Du sprichst einige philosophische Grundgedanken aus, bei denen ich nicht widerstehen kann, auch die Philosophie mit in die Validation zu nehmen.

Was bedeutet Philosophie?: Manche sehen sie als s.g. „Quatsch“ an, dabei bedeutet es „Liebe zur Weisheit“.

Es wird versucht, die Welt und die menschliche Existenz zu deuten und zu verstehen. Sie unterscheidet sich von anderen Wissenschaften dahingehend, dass sie sich nicht auf ein spezielles Gebiet festlegt. Die Art der Fragestellung und die besondere Herangehensweise zeichnet die Philosophie aus. Mit den „ gewöhnlichen“ Wissenschaften lässt sie sich nicht vergleichen. Die Frage nach „gut“, „böse“, nach Gerechtigkeit, was ist der Sinn des Lebens?, ob der Mensch eine unsterbliche Seele besitzt und die Frage nach Gott haben seit Menschengedenken Philosophen ergründen wollen.

„Philosophie“ lässt sich nicht mit aller Gültigkeit definieren, weil jeder, der philosophische Gedanken äußert, eine eigene Sicht der Dinge entwickelt .

Um das Denken geht es beim Philosophieren immer. Denken kann Nach-Denken sein..

Menschen, die ihrem Altruismus nachgehen (allgemein geschrieben ) fühlen sich dazu verpflichtet, die Richtigkeit ihres Denkens und Handelns anerkannt zu bekommen. (davon später mehr)

Sehen wir uns den Arzt an, den Du angeführt hast. Ohne Hemmungen versucht er, Dich zu „verführen“, dass Du seiner Bitte nachkommst..

Etwas Entscheidendes hast Du getan (vermute ich mal): Du hast ein Signal gesetzt, was Stopp bedeutet und hast ihm Einhalt geboten.

Nun etwas aus meiner Alltagspraxis: Eine Bewohnerin (ich sage nicht Kunde!) musste ins Krankenhaus. Schwer übergewichtig. Den Krankenwagen habe ich bestellt. Ich sollte vom Arzt aus dem Transportunternehmen mitteilen, einen Hebekran mitzubringen, sonst bricht alles zusammen, schließlich könnte man aus ihrem Oberschenkel 20 Koteletts machen. Ich hatte einen heftigen Disput mit dem diensthabenden Arzt. Er wollte sich bei der Leitung über mich beschweren. War mir „wurscht“, weil ich dann „rot“ sehe....

Weißt Du bukamary Wir können die gesamte Welt und die Menschen mit ihren unterschiedlichsten Einstellung nicht ändern. Der Unterschied ist (für mich) den Radius des Helfens kleiner anzusetzen.

Denn Welt und Menschen sind große Worte, zu groß für einen einzelnen kleinen Mensch. Manchmal denken wir zu „groß“, dabei braucht es wenig, um Veränderungen herbeizuführen.

Ende, Teil I

Ela
Ela48
Ela48
Mitglied

Ganzheitliche Pflege Teil II @bukamary und...
geschrieben von Ela48
Ich habe und werde auf einzelne Aspekte aus Deinem Posting beantworten...@bukamary

Ich möchte gern auf den Begriff "ganzheitliche Pflege" eingehen. Was mir wohl nicht ganz gelingen wird. Zuviel Wirrwarr ist immer noch vorhanden. Dieser Begriff stagniert, weil er nicht mit Inhalt ausgefüllt werden kann. Der Begriff der geforderten ganzheitlichen Pflege ist nie genauer definiert worden.

Im Grunde genommen finde ich wie viele andere Menschen den Begriff sowieso nicht optimal. Es sollte dieser Begriff in meinen Augen nicht verwendet werden. Er ist verwirrend für Menschen, die involviert sind mit und in der Pflege, für Pflegekräfte, aber auch für Angehörige.

Unter anderem wurde geäußert, nur ganzheitliche Pflege könne eine gute Pflege sein, aber was ist nun überhaupt die ganzheitliche Pflege? Darüber streiten sich die Gemüter. Es gibt übrigens auch den Vorschlag, von einer „umfassenden Pflege" zu sprechen, mit diesem Begriff kann ich persönlich wesentlich mehr anfangen.

Ich habe seinerzeit das Modell von Krohwinkel während meiner Ausbildungszeit erlernen müssen. Leider spielte seinerzeit Validation noch keine so große Rolle. Krohwinkel sprach von einer ganzheitlich-fördernden Prozesspflege. Ich denke, näher darauf einzugehen, wäre eher langweilig , trocken und würde nicht ganz dem Thema entsprechen.

Wenn aber Fragen sind, bitte melden.

Eine Forderung ist, dass sich die Pflege mit allen Aspekten des Menschen befassen sollte, auf das „Gesamte“ oder das „Sein“ orientiert.

Was für eine Schlacht der Begriffe … In meinem Hinterkopf stehen wieder Fragen an: „Wie viele Jahre braucht es, dass unsere alten, demenzkranken Menschen nicht unter der Begriffsfindung leiden müssen …
Ela
Ela48
Ela48
Mitglied

Über Fehler und Fehlersuche....@bukamary und....
geschrieben von Ela48
>>Es gibt m. E. keine Einrichtung, in der nicht einmal Fehler vorkommen. Die Frage ist nur, um welche Fehler es sich dabei handelt. Wie geht man mit diesen Fehlern um?

"Durch Fehler wird man klug, darum ist einer nicht genug." ( Wilhelm Busch)

oder

Hedda Nübel: "Fehler sind Fenster auf den Lernprozess".

Was für eine Freude, zu sehen, dass es Menschen gibt, die sich mit der Angst des Kleinmachens beschäftigen (ironisch). In jedem Arbeitsbereich gibt es den s. g. Fehlerjäger .

Leider ist "Fehler machen", bzw. die Angst davor, ein sehr sensibles Thema, da es dabei immer auf die individuellen Erfahrungen des Einzelnen ankommt.

Mit Fehlern gut umzugehen lernen, bringt uns Menschen doch ein Stückchen weiter. Menschen stehen aber verschämt da, es ist ihnen unglaublich peinlich, wenn ein Fehler passiert ist, weil:

-Fehler zu machen ist etwas Schlechtes.
-Fehler machen nur dumme Leute.
-Fehler zu machen, muss vermieden werden.

Ein kindliches Denken, was auf unsere Kindheit zurückzuführen ist

In der Schule flößte man uns ganz fest ein: Fehler führen zu schlechten Noten, und zuhause werden wir mit erhobenem Zeigefinger empfangen. Wer erinnert sich nicht?.

Diese Einstellung hat sich im Unbewussten festgesetzt, und im Privatleben und in der Arbeitswelt führte das bei den meisten Menschen dazu, dass Fehler einfach vertuscht wurden.

Es wird etwas in uns berührt, was schmerzhaft ist und wir am liebsten vergessen . Nur der Umgang damit – da tun wir uns schwer.

Heutzutage brauchen wir keine Angst mehr vor schlechten Noten in der Schule zu haben, sondern stattdessen haben wir Angst vor

- der Kritik unserer Mitmenschen

- Arbeitsplatzverlust

- Fehler werden in der Personalakte vermerkt

- evtl. Abmahnung

- Personalgespräch

Was für eine schreckliche Vorstellung ...

Die meisten Menschen fühlen sich schlecht und werten sich daher selber ab. Anstatt eine einzelne Sache für ihr Scheitern verantwortlich zu machen, beziehen sie alles gleich auf ihre ganze Person. Und genau das ist der eigentliche Fehler!

Warum sehen wir an anderen Fehler? Um es mit Alexandre Dumas zu sagen: Wir tadeln Fehler, von welchen wir keinen Nutzen ziehen. Es ist der pure Egoismus, auch, um von eigenen Fehlern abzulenken. Fehler machen in unserem gesellschaftlichen Verständnis ja immer nur die Anderen. Schade um diese geringe Einsicht und das sterben der Toleranz gegenüber den Menschen, die um uns sind“. Fand ich schon bemerkenswert!

Also zum Schluss : Wir sollten unser Selbstbewusstsein stärken. Die Einrichtung wird wohl nie einen Fehler zugeben. Die Heimaufsicht bemerkt Fehler, die Leitung zieht den Verantwortlichen vor den "Kadi". Dass aber die Arbeitsumstände der Ursprung aller Fehler sind, wollen sie nicht wahrhaben.

Vielleicht denken einige von Euch "Was hat das mit Validation zu tun?". Laut Naomi Feil wird alles Unverarbeitete ins Unbewusste verdrängt. Können wir wirklich die für uns persönlich gravierenden Fehler immer bearbeiten.? Nein, das können wir nicht, davon bin ich fest überzeugt. In der Demenz wird die Maske abgenommen und Fehler kommen zum Vorschein. Ein kleines Beispiel:

Ein Bewohner lief tagtäglich aufgeregt im Flur entlang und schrie: "Ich habe ihn geschlagen, ich habe ihn geschlagen!", immer und immer wieder.

Manchmal rief er auch den Namen "Hänschen"! Als die Angehörigen kamen, fragte ich, ob es ein "Hänschen" in der Familie gab. Es gab ihn. Um es kurz zu schildern: Hänschen kam und setzte sich mit dem alten Menschen über Gestik und Mimik auseinander. Er hatte nämlich Hänschen eine Ohrfeige gegeben, als er Kind war und nie mit ihm darüber reden können. Durch Gestik, Mimik und Worten und Berührung (darüber spreche ich auch noch) kam es zu einer Aussprache. Es hat geholfen. Der Bewohner wurde wesentlich ruhiger und ich wusste, wie ich mit ihm umzugehen habe, wenn er mal wieder laut und kräftig "Hänschen" rief...

>>Gefühle werden nun mal nicht dement!
Wie du gelesen hast, stimme ich Dir auch da zu.
Ela

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Mitglied_8586d17
Mitglied_8586d17
Mitglied

Danke, liebe Ela,
geschrieben von ehemaliges Mitglied
dass du mich auf deinen Blog hingewiesen hast. Er enthält wirklich tolle Ausführungen zu dem Thema Demenz. Ich kann für mich nur sagen, gut wenn man davon verschont bleibt. Sicher ist das hier auch schon gesagt worden. Wenn man in der Situation - auch als Angehöriger steckt - ist es anfänglich für den Erkrankten schwer zu ertragen, später so denke ich, wird er nicht mehr so viel davon merken, je nach dem Schweregrad der Erkrankung. Für den Angehörigen ist es bitter, den Identitätsverlust mit zu erleben.

Du hattest mich vor allem auf deine Interpretation von "Fehler machen" hingewiesen. Wer meint, keine Fehler zu machen, ist meines Erachtens schlimm dran, weil diese Meinung schon der größte Fehler ist. Aber Fehler machen - ist genauso wie Irren - menschlich.

Liebe Grüße
Gerd
Ela48
Ela48
Mitglied

Lieber Gerd,
geschrieben von Ela48
Danke Dir für für Deinen Kommentar, darüber habe ich mich gefreut.
Ja, ich habe Dich hingewiesen, speziell auf diese Interpretation von "Fehler machen".

Du magst Goethe, ich weiß, ich auch..

Johann Wolfgang Goethe sagt: "Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken."

Ich persönlich denke, dass die Menschen, ob in der Arbeitswelt oder auch im Privatleben, die lernen, mit Fehlern positiv umzugehen, ein Stück Lebensqualität gewinnen würden.

Keiner kann sich von Fehlern freisprechen, da stimme ich Dir zu, aber den/die selbstverschuldeten Fehler immer wieder gedanklich verfolgen zu müssen, zu analysieren, und die Wörter wenn und aber in diesem "Fehlergeschehen" gedanklich ein zu bringen, wäre das wirklich sinnvoll?
Nimmt sehr viel Kraft.
Erst wenn ein Umdenken erfolgt und man gradlinig ohne Pathos seine Einstellung verändert, könnte man doch vom einem persönlichen Vorwärtsschreiten sprechen. Was meinst Du?
Fehler nennt man unter anderem auch:
,Irrtum, Versehen, Fauxpas, Patzer, Missgriff, Schnitzer, Inkorrektheit, Defizit, Unrichtigkeit.

Logisch: Die Unterscheidungsmerkmale und das Handeln darüber sind sicher im Privat-/Arbeitsleben unterschiedlich.
Ela
Ela48
Ela48
Mitglied

Ich möchte eine Anfrage starten...
geschrieben von Ela48
Sehr viel Themen über Validation, Umgang mit Demenz könnten wir noch bearbeiten.
Frage: Wer möchte ein spezielles Thema in Rahmen der Demenz gern erklärt bekommen?
Oder soll ich einfach weiter machen, wie bisher?
lieber Gruß an alle Interessierten. Freue mich über die vielen Klicks und schriftliche Beteiligung, zeigt ein großes Interesse.
Dafür möchte ich auch einmal ein DANKE aussprechen.
Ela
Ela48
Ela48
Mitglied

Das Taschentuch....
geschrieben von Ela48
Ein Freund ist ein Mensch,
der die Melodie deines Herzen kennt
und sie dir vorspielt,
wenn du sie vergessen hast.
A. Einstein


Heute Vorgehensweise und Information über eine Aktivierung mit Taschentücher

Es sind viele kleine Schlüssel der Zufriedenheit..

Ebenso Wahrnehmung und Motivieren wird gefördert

Eine 10 Minuten Aktivierung mit einer Gruppe maximal 5-7 Menschen Demenz, muss nicht nur Alzheimer sein....

Ich bilde einen Kreis (auch mit Rollstühlen) und setze einen zentralen Punkt, vielleicht mit dem Thema, womit ich die Aktivierung durchführen möchte.

Ich begrüße jeden Bewohner mit „Hand geben“ und mit den Worten „Guten Morgen Frau B., guten Morgen Herr V. oder mit dem Namen, den sie gern hören. (reagiert vielleicht nur noch an ihren Mädchenname oder Kosename). Logisch mit Absprache der Angehörigen. Form und Stil soll gewahrt werden, aber Freude geht vor!

Nachfolgend einige Information über „Taschentücher“.

10 Minuten Aktivierung mit verschiedene Taschentücher können auch der Schlüssel zu kleinen Gesprächsrunden sein , was bei mir sehr oft der Fall gewesen ist.

Aus dem Erzählungen eines Bewohners und auch meiner Mutter kam hervor, dass man früher zu Schulbeginn dem Lehrer oder Pastor ein sauberes weißes Taschentuch vorzeigen musste. Stoff-Taschentücher (diese hatten früher einen ganz anderen Stellenwert wie heute)

So falteten katholische Frauen Ihre Taschentücher 2x den langen Weg und 3x den kurzen Weg. Das soll an das Tuch erinnern, mit dem der Abendmahlskelch abgedeckt wurde. Die Fünf-fach-Faltung weist auf die 5 Wunden von Christi hin. Das hat meine Mutter mir erzählt, die aus dem Sudetenland stammt und sehr gläubig war.

Evangelische Frauen hingegen falten Ihr Taschentuch 1x längs, was wohl bedeuten soll: Christi Kreuz-Stamm. Einmal quer gefaltet: Christi-Kreuz-Balken. Ein drittes Mal falten soll wohl die Dreieinigkeit Gottes symbolisieren.Und es wurde auch in der Runde bestätigt, dass zur Konfirmation/Kommunion oft Taschentücher geschenkt wurden und dies nur zu bestimmten Anlässen getragen wurden.Taschentücher mit Monogramm bestickt, erinnert ihr Euch?. Ich finde es faszinierend diese geschichtlichen Aspekte. Ich nehme auch gern Hinweise entgegen, wenn es dem nicht so entsprechen sollte. Ich gebe vieles wieder, was ich selbst erlebt habe, gehört, gelesen und erzählt bekommen habe.

Wer erinnert sich: Mir fällt noch ein, dass früher die Mütter ihren z.T. recht kräftig verschmutzten Jungen, damit das Gesicht sauber gerubbelt haben.
Auf´s Taschentuch gespuckt, damit den Dreck abgerieben, dann konnte man mit den Kindern den Besuch bei Oma abstatten. *lach

Ebenso:Das Stofftaschentuch wurde auch gern mal zum schnellen Schuhe-putzen verwendet, Als Schmutzschutz, wenn man sich bei einer Wanderung auf eine Bank setzen wollte, den Schweiß abwischen während anstrengender Arbeit wie z.B Feldarbeit.

Wenn eine Frau kein Handtaschen dabei, hatte wurde das Taschentuch rechts oder links in den Kleider/Pullover/Blusenärmel geschoben. Sehr wichtig!!

Ebenso wurde das Taschentuch als Schmucktuch fürs Gesangbuch genommen, meistens mit breiter Spitze.

biographische Aspekte:
Taschentücher sind ein Symbol für Ordnung, Sauberkeit, Gepflegtheit.
Früher besaß jeder ein Taschentuch
Erinnert an früher und vermittelt Sicherheit
Eine Bestätigung für handarbeitliches Geschick
Geschenk zu besonderen Anlässen
Wurde von Autoritätpersonen kontrolliert (Vater, Pfarrer, Lehrer)

besondere Taschentücher gab es Sonntags mit Stickereien, Kindertücher, Alltagstücher, Taschentücher für den Handwerker, Tücher z. B. Zur Kommunion verarbeiten.

Auch als Sonnenschutz für den Kopf geeignet in jede Ecke ein Knoten machen fertig. Bitte an die Feldarbeit erinnern...
Weil wir gerade beim Knoten sind... auch gegen das Vergessen soll wohl ein Knoten im Taschentuch helfen.

Wie man merkt, ein breite Spektrum und das nur mit dem "Objekt" Taschentuch

Verbaler Impuls:

Wer hat heute ein Taschentuch bei sich?
Frauentaschentücher/ Männertaschentücher
Zu welchen Zweck kann man ein Taschentuch alles benutzen?
Aus was für einem Material ist Ihr Tuch Frau X (Baumwolle, Seide, Batist)?
* Welche Farbe hat das Tuch?
* Wie ist der Rand (genäht, gesteppt, eingerollt, gehäkelt, geklöppelt)?
Dann stelle ich gezielte Fragen zu den Tüchern, wobei ich direkt bestimmte Bewohner anspreche.

Nonverbaler Impuls:
Taschentuch auswählen lassen
Verschiedene Taschentücher zusammenlegen lassen
Betrachten und Fühlen
Glatt streichen
Weitergeben an den nächsten Bewohner.
Alles in dem Rahmen, was an diesem Tag machbar ist. Nichts forcieren. Wenn durch irgendeine Impulssetzung ein Gespräch, was auch immer, zu Stande kommen sollte, darauf eingehen und am nächsten Tag evtl. die Aktivierung mit dem Taschentuch durchführen. Bitte erinnern: Den Bewohnern dort abholen, wo er sich im Augenblick befindet..

Noch einmal möchte ich erwähnen: Bitte in der Auswahl der Materialien die Wünsche und Bedürfnisse und vor allem die Biografie der Senioren berücksichtigen!

Ist mir wichtig.

Frage an Euch: Was habt ihr erlebt mit Taschentücher. Wozu wurden sie auch noch gebraucht?

Was mir noch gefallen hat und ich interessant fand : Ab dem 18. Jahrhundert wurden die Peinlichkeitsempfindungen ausgeprägter, sodass man beispielsweise bei Tisch jeglichen Gebrauch von Taschentüchern vermeiden sollte, um die anwesenden Gäste nicht zu verärgern. Falls es jedoch unumgänglich war, den „Körperfluss“ aufzuhalten, sollte man den Vorgang möglichst mit einer Serviette verbergen oder sich zumindest von der Tafel weg drehen. Der Begriff Peinlichkeit errang eine neue Position in der Gesellschaft, sodass sogar die Benutzung des Wortes Schnäuzen vermieden werden sollte wikipedia
Ela

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