Forum Wissenschaften Biowissenschaften Sexentzug und Alkohol

Biowissenschaften Sexentzug und Alkohol

Marija
Marija
Mitglied

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von Marija
als Antwort auf hafel vom 18.03.2012, 10:41:27
@ Marija:


Die Grundlagenforschung ist von Außen stehenden oft nicht richtig interpretierbar. Auch in "meinem" Institut entstanden.

Hafel


@hafel,

richtig !
Vielleicht sehe ich schon Gespenster.
Aber mart1 sagt wichtige Fakten und kommt wohl auch aus dem Fach.

O.T.

Ich komme eben aus dem Wald. Bin völlig frustriert.
Was nützen alle Grundlagenforschungen, wenn der Mensch den Kommerz über alles
stellt ?

Nur eine Randnotiz :
Die Gelbbauchunke steht auf der Roten Liste. Die Amphibienbestände wurden untersucht, hoch gerechtnet, usw.
Im Wald von Heiligenberg, er gehört dem Fürstenberger, lebten bis vor einem Jahr mindestens 5 Populationen von Gelbbauchunken. Ich habe sie beobachtet, gezählt.
Seit letztem Jahr wird ein Friedwald installiert. - Einige Tiere konnte ich retten.

Was nützt alle Forschung ?

Marija
Karl
Karl
Administrator

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von Karl
als Antwort auf Marija vom 18.03.2012, 12:49:46
Was nützt alle Forschung ?
Was wäre ohne Forschung? Ein interessantes Gedankenexperiment wäre es schon einmal, darüber nachzudenken, was wäre wenn es keine Forschung gäbe? Wahrscheinlich gäbe es heute keine 6 Milliarden Menschen trotz höherer Geburtenzahl pro Frau. Es gäbe keine Autobahnen und keinen Flugverkehr, keinen Fernseher und kein Internet. Wir jedenfalls würden uns hier nicht unterhalten, sondern wir wären wahrscheinlich auf dem Feld beim Acker aufritzen oder bereits kurz nach der Geburt an einer Infektion gestorben.

Karl
Marija
Marija
Mitglied

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von Marija
als Antwort auf Karl vom 18.03.2012, 14:07:17
alles, Karl,

hat zwei Seiten.
Als Genetiker weißt du am besten, dass das Genmaterial der Menschheit sich durch den harten Überlebenskampf "ausmendelt".

Schlechte Zähne , schlechte Leber usw hätten sich nicht fortgepflanzt. Ergo wäre kein Medizinbedarf entstanden.

Die Überbevölkerung des Planeten wird nach meiner Ansicht zukünftig sehr viele Forschungen nötig machen und neue Probleme schaffen.

Ich möchte beim Eingangs-Thema bleiben.
SCIENCE hat die BILD erreicht :

zAbgewiesene Fruchtfliegen trösten sich mit Alkohol.



LG
Marija

Anzeige

Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Alkohol und Sex
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Marija vom 18.03.2012, 14:15:06
Schriftsteller Wladimir Kaminer findet Alkohol wichtig für eine Beziehung.

„Er löst die Verklemmungen“, und für besonders geeignet halte er Wein. „Nicht umsonst hat Jesus Wasser in Wein verwandelt – aus Verzweiflung. Er sah ja, dass die Menschen mit Wasser einfach nicht weiterkommen.“

Also Alkohol aus Frust, Alkohol für den besseren Sex
Alkohol ist für alles gut, er ist auf jeden Fall ein gutes Lösungsmittel - für polare und unpolare Substanzen
miriam
miriam
Mitglied

Re: Alkohol und Sex
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.03.2012, 17:48:44
Schriftsteller Wladimir Kaminer findet Alkohol wichtig für eine Beziehung.

„Er löst die Verklemmungen“, und für besonders geeignet halte er Wein. „Nicht umsonst hat Jesus Wasser in Wein verwandelt – aus Verzweiflung. Er sah ja, dass die Menschen mit Wasser einfach nicht weiterkommen.“


Wer nun Wladimir Kaminer und seine Werke nicht gut kennt, könnte meinen, dass dies ernst gemeint ist.
Eigentlich handelt es sich dabei um einen typischen Kaminer-Kommentar, bei dem man das Augenzwinkern nicht übersehen sollte.

Der osteuropäische Humor und derjenige des Westens, sind oft wie zwei unterschiedliche Sprachen.

Miriam
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Alkohol und Sex
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf miriam vom 18.03.2012, 18:05:28
Ein Schlitzohr wer meint dieser jetzt überall wiedergegebene Kommentar sei in Hinblick auf den Kinostart in einer Woche hingezielt worden.

Eben sehr geschäftstüchtig... und er trifft mittig ins Herz der durstigen und sexhungrigen Seele

Anzeige

diogenes
diogenes
Mitglied

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von diogenes
als Antwort auf Marija vom 18.03.2012, 14:15:06
herzlichen Gruß in die Runde ...

na, das hat aber auch gedauert, bis sich nun BILD um diese hochaktuelle Frage kümmert – da bekommen wir endlich ein völlig klares Bild über die bisher so verworrenen Zusammenhänge.

Karl hatte auf ein neurophysiologisch recht interessantes Forschungsergebnis aufmerksam gemacht, daß Drosophila-Männchen alkoholangereichertes Futter bevorzugten, wenn sie ‚sex-depriviert‘ waren. Erstaunlich, daß kleine Mückchen Alkohol konsumieren? – bei Drosophila eher nicht, fliegen diese auch außerhalb von Labors eben auf faulendes Obst und dort findet regelmäßig eine Alkoholgärung statt. Sie sind also von Natur aus an diese Beimischung gewöhnt. Bleibt eigentlich nur die Frage: was ist mit den Drosophila-Weibchen, können doch nicht alles Abstinenzler sein?

So ganz bierernst wollte Karl die Diskussion wohl nicht geführt wissen, setzt er doch gleich ein Video eines beschwippsten Insekts dabei mit ein, und ich erinnerte mich an Kindertage auf dem Dorf. Dort wurden die Hühner meist oberhalb den Viehställen in einem Verschlag untergebracht, der für das Geflügel auf einem schräg angestellten Brett vom Hof aus erreichbar war. Wenn im Herbst dann der Most, der Apfelwein, hergestellt wurde, fiel dabei auch Obsttrester an, der schnell in Gärung überging, und den brachten wir dann dem Federvieh. Die erhoffte Wirkung blieb auch nicht lange aus – versuchten die armen Tierchen anschließend, ihre Schlafstangen zu erreichen, torkelten sie ständig links und recht von der Steige herunter. Bekamen freilich unsere Sozialisationsagenten von dem Treiben Wind, dann wurden nicht gerade unsere Belohnungszentren gereizt.

Vielleicht wäre das Gespräch hier auch ganz gelassen weitergegangen, hätte Karl seinen Kommentar nicht ausgerechnet mit ‚z u m i n d e s t .. gilt der Zusammenhang zwischen Sexentzug und Alkohol für Drosophila-Männchen‘ eingeleitet und damit eine mögliche Übertragbarkeit bis hin zum Menschen angeregt. Genau diesen Aspekt greift nun Dutch mit seiner allumfassenden und völlig lückenlosen Beweisführung auf: ‚hicks!‘ – was ich ungefähr derart interpretiere: ‚mir geht’s momentan genau so – q.e.d!‘

Absolut lückenlos? – nicht unbedingt, falls wir rein hypothetisch mal annehmen, daß Dutch nicht zur Population der Menschen gehört, sondern der Gattung Drosophila zuzurechnen ist. Dann bezöge sich das Forschungsergebnis ausschließlich auf diese Lebewesen und die Frage nach möglicher Übertragbarkeit wäre vom Tisch. Nun wissen wir über Dutch freilich weitaus mehr, als daß er nur gelegentlich hinter irgendwelchem Obst her ist, und so scheidet diese Erklärung leider aus.

Somit aber bleibt die Frage, ob der bei der Fliege beobachtete, recht deterministische Zusammenhang zwischen einem Neurotransmitter (Neuropeptid F), wirksam in einem kleinen Nervenzellenverband (reward system = Belohnungszentrum) und dem äußerlich sichtbaren Verhalten, beim Menschen seine Entsprechung hat, anderenfalls die verblüffende Ähnlichkeit in der Verhaltensbeschreibung beider Lebewesen ein sprachlich-interpretatives Artefakt darstellt.

Hierzu sind weitere Informationen zum Belohnungssystem hilfreich,
sie finden sich englischsprachig bei

reward systems

deutsch unter
Belohnungssystem

(in beiden Darstellungen auch der Hinweis auf die klassischen Experimente von James Olds und Peter Milner 1954, die Belohnungspunkte durch elektrische Reizung identifizierten).

Völlig berechtigt weisen Mart und Marija auf entsprechende Mediendarstellungen und problematische Schlußfolgerungen hin.
Dementsprechend finde ich auch, um nur ein Beispiel zu nennen, bei n-tv.de am 15.03.2012

‚ Frustriert beim Sexentzug - Fliegen suchen Trost im Alkohol -

sollte man Fliegen wirklich Gefühle wie Frust und Trost attestieren?

Ähnlich kritisch äußerte sich Mart bereits am 18.03.2012, 12:33:

‚ Gibt es auch bei der Taufliege so etwas wie Sublimation?‘ –

eine Bemerkung, die auf Anschauungen in FREUD-vollerer Zeit zurückreicht, in der Sex als die letztwirkende Triebkraft im menschlichen Verhalten angesehen wurde. Ohne nun all die zahlreichen, interessanten Details aufzuführen, will ich allgemein anmerken, daß beim Menschen emotionale und kognitive Funktionen zu beobachten sind, die speziell erst durch den Neokortex möglich werden, und die wesentlich an der Verhaltenssteuerung beteiligt sind.

Fairerweise will ich deshalb auch anfügen, daß n-tv später den Troy Zars von der University of Missouri (Columbia/US-Staat Missouri) zitiert:

‚ Es sei verführerisch, das bei den Fliegen beobachtete Verhalten auf den Menschen zu übertragen ... Die Entdeckung des Neuropeptid-Systems lasse aber hoffen, die molekularen und genetischen Grundlagen von Belohnung sowie den Einfluss auf Missbrauchsverhalten künftig besser zu verstehen‘.

Ich denke, hier liegt auch der nicht zu unterschätzende Nutzen des Drosophila-Experimentes, weil bei einem so vergleichsweise einfachen Organismus die untersten Funktionseinheiten der Verhaltenssteuerung von Lebewesen einigermaßen isoliert studiert werden können. Bei einem so hoch komplexen System, wie dem Menschen, sind gleichzeitig unüberschaubar mehr und wesentlich höher organisierte Funktionssysteme aktiv, so daß die einfachen kaum noch herauspräpariert werden können, andererseits die komplexeren auch nicht mehr ausschließlich in der Sprache von Neuronen, Synapsen, Neurotransmittern u.ä. hinreichend beschrieben werden können.

Abschließend noch eine weitere Beobachtung, die ganz gut zu dem Titeltema paßt:
In ihrem umfangreichen Buch ‚Biologische Psychologie‘ von Niels Birbaumer und Robert F. Schmidt zeigen die Forscher zwei Aufnahmen der Aktivität im oben erwähnten N. accumbens und kommentieren diese unter dem Stichwort ‚ Belohnungs- und Bestrafungssysteme‘.

‚Erwartung positiver Geldverstärker und Erwartung von Kokain bei Kokainabhängigen im Nucleus accumbens. Die stärkere positive Erwartung von Kokain drückt sich in erhöhter Aktivierung des N. accumbens aus, aber auch Erwartung von finanzieller Belohnung aktiviert dasselbe dopamine Areal.‘ (6.Auflage), S.698.

Möglicherweise ein weiterer Faktor bei den Abläufen, die zur Finanzkrise geführt haben? Ganz so abwegig nicht. Der Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz hat bereits vor einigen Jahren in einem Interview auf die Rolle von Belohnungsmechanismen bei der zunächst wundersamen Geldvermehrung hingewiesen.

Nun schenke ich uns aber einen Roten ein – nicht wegen Neuropeptid-Y-Mangel, vielmehr weil er uns an wohlige Sommerabende auf einer ruhigen Adriainsel erinnert und den Abend genüßlich ausklingen läßt.
- und auch Euch noch einen harmonischen Tagesausklang in angenehmer Atmospäre

diogenes

luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von luchs35
als Antwort auf diogenes vom 18.03.2012, 22:31:26
Dann decke deinen Roten gut ab, Diogenes, sonst laufen womöglich hordenweise sexgefrustete Fruchtfliegen Gefahr ,in deinem Glas im Vollrausch zu ertrinken

Hätte im Titel das verräterische Wörtchen Sex gefehlt, wäre die Diskussion auch noch in andere Bahnen gelaufen , siehe untenstehenden Link.

Ich muss schon zugeben, die Versuche an bezw. mit Fruchtfliegen sind mir wesentlich sympathischer, als wenn Säugetiere dafür hätten herhalten müssen.

Luchs
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf diogenes vom 18.03.2012, 22:31:26
diogenes,
Schade, dass dein Juwel an wohlgesetzten Worten und Wissen, gewürzt mit Prisen von Humor, nicht in einer Tageszeitung eine größere Leserschaft erreicht.

Aber eine Frage an den Kenner Freud-vollerer Zeiten habe ich noch.

Sagt eine alkoholselige Taufliege, die ein junges Weibchen von einem alten allein am puren Geruch unterscheiden kann, auf des Prinzen Frage "Warum trinkst du?"
ebenfalls "Weil ich mich schäme" und
"Warum schämst du dich?"
"Weil ich trinke" oder eher "Weil ich zu keiner Ejakulation kam."
diogenes
diogenes
Mitglied

Re: Sexentzug und Alkohol
geschrieben von diogenes
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.03.2012, 23:03:43
ei, ei, eieiei, Mart!!!

ohne auf die höchst komplizierte Psychodynamik bei Drosophila melanogaster detaillierter einzugehen, ist hier festzustellen, daß bei dem von Dir beschriebenen, zutiefst bedauernswerten Wesen bereits in der frühen Kindheit gar manches schief gelaufen ist.

Darüber sollte man nun wirklich keine Späße machen!

Welche unguten Erfahrungen stattgefunden haben, wir wissen es nicht – inzwischen rumoren sie im Unbewußten.

Freilich sollten wir mit den Freudschen Vorstellungen selbst ebenfalls nicht unbedacht umgehen: nicht auszudenken, welchen Verlauf Diskussionen nehmen würden, sollten dabei gar Spekulationen über mögliche Projektionen angestellt werden. Übertragen und gegenübertragen auf den ST würden sich die Teilnehmer dann schnell mal nach alten Zeiten zurücksehen.

Herzlichen Dank für Deine Antwort, sie freut mich sehr. Inhaltlich will ich mich trotz der noch reichlich vorhandenen Ansatzpunkte zurückhalten, da ich mich gleich wieder um die Folgen eines Wasserschadens in vermieteten Räumen kümmern muß.

diogenes

Anzeige