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Biowissenschaften Häufige Fragen zur Genetik

Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von Elmos
als Antwort auf Karl vom 01.05.2016, 10:12:06
Hallo Karl,

der Vollständigkeit halber möchte ich versuchen hier einen Direktlink zu dem Geschriebsel über diesen Herren, dessen Name man nicht nennen sollte, zu setzen:
Direktlink

Aber ich bin mir nicht sicher, ob das funktioniert oder ob der Link es nur bei mir richtig tut.

Ansonsten: Eine tolle Entgegnung auf diesen Dreck, den dieser Mensch von sich gegeben hat. Wobei ich mich frage, ob es bei "so etwas" wirklich richtig ist sachlich zu argumentieren. Ich persönlich ziehe es da vor einfach auf stur zu schalten und zu ignoriern, welch faschistische Schei*** er von sich gibt. Denn auch wenn er das ganze "wissenschaftlich" daherkommen lässt, ist es in meinen Augen billigster Rassismus, auf einem Niveau von dem ich gehofft hatte, dass es hier in D-Land niemand mehr offen aussprechen würde ohne sich in Grund und Boden schämen zu müssen. Aber leider ist das nicht so, mein Sohn erzählte mir vorhin, dass es in der Bochumer Filliale der "Mayrischen Buchhandlung" einen Extra-Aufsteller für diesen Mist gibt. (Ein Grund für mich dort nicht mehr einzukaufen. Dass sie das Buch verkaufen müssen wenn man danach fragt ist OK, aber dass sie von sich aus da Reklame machen. Nö, das ist doch etwas zu viel.)

Von daher ist es wahrscheinlich doch besser nicht einfach, wie ich es zu tun pflege, pikiert wegzuschauen, sondern ihn mit wirklich wissenschaftlichen Argumenten zu schlagen. Ich hoffe nur, dass das der Eine oder Andere dann auch liest und hoffentlich auch versteht. Und ich hoffe, dass er es selber auch liest und er sich dann wenigstens ein wenig schämt.

Liebe Grüße
und ganz herzlichen Dank dafür dass du das geschrieben hast

Andrea
Karl
Karl
Administrator

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von Karl
als Antwort auf Elmos vom 01.05.2016, 16:00:45
Liebe Andrea,

ich kenne Deine Gefühle. Margit hat sie auch und sie hatte mir Sätze vorgeschlagen, in die sehr viel Emotionen eingepackt gewesen wären. M. E. wäre dies aber kontraproduktiv gewesen, denn ich wurde angefragt, eine wissenschaftliche Replik zu schreiben.

Das habe ich sehr gerne getan, denn diesem Herrn sollte man das wissenschaftliche Mäntelchen runterreißen, unter dem er blanken, primitiven Rassismus verkaufen möchte. Er ist niemand, der zu einem friedlichen Zusammenleben der gesellschaftlichen Gruppen beiträgt, sondern ein echter Brandstifter, der das gesellschaftliche Klima aufheizt.

Karl

P.S.: ich addiere einmal einen tollen Vortrag des neuseeländischen Politologen Flynn. Der übersetzte Titel lautet "Warum wir intelligenter als unsere Großeltern sind".



Der freigehaltene Vortrag hat deutsche Untertitel!

Karl
lalelu
lalelu
Mitglied

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von lalelu
als Antwort auf Karl vom 30.04.2016, 20:49:41
Morgen erscheint in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Artikel von mir als Replik auf das neueste Buch von Sarrazin und sein FAS-Interview vom letzten Sonntag: "Warum Thilo Sarrazin die Genetik nicht versteht".

Wer mag kann den Artikel hier mit mir diskutieren.

Karl
geschrieben von Karl


@ Karl,

ich habe die Langfassung gelesen und stimme deinen Aussagen im Wesentlichen zu.

Ich bin schon sehr lange davon überzeugt, dass Intelligenz nicht vererbt wird, sondern dass jeder Mensch mit einer individuellen, mehr oder weniger guten Grundausstattung davon geboren wird – unabhängig davon, wie intelligent seine Eltern sind. Bisher kann man weder mit mathematischer Präzision berechnen, wie die Natur die „Zutaten“ der Eltern mixt, noch kann man ein gewünschtes Ergebnis erzwingen. Geboren wird in jedem Fall ein einzigartiges Individuum, welches die Anlagen zu unterschiedlichen Fähigkeiten hat – oder nicht hat, ganz gleich auf welchem Längen- oder Breitengrad es zur Welt kommt. (Vielleicht wird das ja in Zukunft anders, ich denke an dein Steckenpferd, die KI, aber momentan ist es noch so).

Wie die Praxis beweist, können auch wenig intelligente Eltern hochintelligente Kinder haben und sehr intelligente Menschen unterdurchschnittlich intelligente Kinder. Außerdem sind meistens nicht alle Kinder eines Elternpaares gleichermaßen „intelligent“, obwohl sie in derselben Umgebung aufwachsen und in gleicher Art gefördert werden (oder auch nicht).

Wie du ebenfalls ausgeführt hast, entwickeln sich viele adoptierte Kinder, die nachgewiesenermaßen aus sehr schlechten Verhältnissen kommen, aber in ihrer Adoptivfamilie liebevoll unterstützt werden, hervorragend.

Deshalb ist es purer Unsinn, wenn Sarrazin behauptet, Intelligenz würde zu 80% vererbt.

Ganz abgesehen davon ist Intelligenz nicht gleich Intelligenz; dazu gehört einerseits die Fähigkeit, nach Möglichkeit selbstständig Zusammenhänge zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten; es ist aber auch ein Zeichen von Intelligenz, wenn man aus Erfahrungen lernt. Die Übergänge sind fließend.

Manche Leute neigen dazu, Menschen mit einer akademischen Ausbildung per se für intelligenter zu halten als andere, welche keine höhere Schulbildung oder ein Studium erfolgreich abgeschlossen haben.

Diese Klassifizierung ist meiner Meinung nach nicht berechtigt. Ist ein akademisch gebildeter Mensch grundsätzlich intelligenter als ein guter Handwerker? Ich sage: „Nein, denn Intelligenz hat nicht primär etwas mit Schulbildung zu tun. Es kommt darauf an, vorhandene Fähigkeiten weiter zu entwickeln und entsprechend einzusetzen. Wer beispielsweise überdurchschnittlich mit mathematisch-logischer Intelligenz ausgestattet ist, hat vielleicht zwei linke Hände und ist auf die praktische Alltagsintelligenz des Handwerkers angewiesen, der noch nie etwas von höherer Mathematik gehört hat.

Universalgenies, die ALLES können, wissen und verstehen, gab es vielleicht in längst vergangenen Jahrhunderten, weil das Wissen damals noch überschaubar war. Heute kann niemand mehr ALLES wissen.

Schluss deines Artikels: Wollte Sarrazin jedoch sagen: „Gute Bildungschancen fördern den Wohlstand“, dann kann man ihm nur zustimmen. Sehen wir also zu, dass wir gute Bildungschancen schaffen – für unsere eigenen Kinder und für die Kinder der Flüchtlinge, die es nicht verdient haben, in ihren Chancen beschnitten zu werden, weil ein Bestseller-Autor nicht imstande oder willens  ist, die Logik eines biologischen Modells zu durchdringen.

Diese Aussage halte ich für besonders wichtig – wobei ich in dieser Frage pessimistischer bin als du. Auch wenn ich die Kinder der Flüchtlinge nicht für weniger intelligent halte als unsere eigenen, fürchte ich, dass wir zuerst ihre Eltern überzeugen müssen, ihnen eine gute Schulbildung/Ausbildung zu ermöglichen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit stimmen mich diesbezüglich nicht besonders optimistisch, wenigstens was einen recht großen Teil von ihnen betrifft und besonders dann, wenn es sich um Mädchen handelt.

Lalelu

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britti
britti
Mitglied

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von britti
als Antwort auf lalelu vom 01.05.2016, 18:06:15
Also, ich verwirre mich!
Ist Intelligenz auf Logik aufgebaut oder auf Gefühl oder beidem??
Was meinen wir mit Wohlstand? Ist der materiell gemeint
oder geistig oder beides?
Deutschland schafft sich ab?? Nichts bleibt ewig wie es einmal war!
Ist Statistik relevant? Sie beruht auf ausgemittelten Werten - Bevölkerungsdichte hängt doch auch davon ab, wo in einem Land die meisten Menschen leben und nicht davon, wieviele pro Quadratkilometer,denn auf dem Gebirge und auf den Seen lebt man ja nicht.
Warum haben wir 2 Beine? Wenn man immer auf dem einen herumhüpft,droht Erschöpfung...
Ich glaube, ich bin für Masshalten, aber das ist schwer.
Elmos
Elmos
Mitglied

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von Elmos
Hi,

der Vortrag ist wirklich nett. Obwohl ich die Untertitel nicht gefunden habe. Bzw. was meintest du mit "freigehalten"?

Aber, doch, spannend. Und natürlich hängt das alles zusammen, die Art zu leben und die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten sein Hirn zu gebrauchen und auszubilden mit dem, was dabei dann am Ende eben herauskommt. Welch ein Unfug zu behaupten, dass das grösstenteils "genetisch" bedingt sei (ein sehr gutes Beispiel auch die Hirnareale die die Daumen steuern Smartphones verändern Gehirn).

Ich finde ich bin eigentlich auch ein gutes Gegenbeispiel. Ich stamme aus einer alten Arbeiterfamilie (zumindest väterlicherseits, während meine Mutter schon fast Kleinbürgerlich war - aber auch sie hatte "nur" eine Mittlere Reife) und mein Vater ist nach dem 8. Schuljahr aus der Schule herausgenommen worden, weil er einfach zu "schlecht" war (er litt, wie mein Bruder und mein Neffe an Legasthenie, sein ganzes Leben lang).
Und dennoch habe ich ein abgeschlossenes Hochschulstudium "vorzuweisen". Wahrscheinlich bin ich ein Mutant. Oder sowas ähnliches.

Liebe Grüße
Andrea
Karl
Karl
Administrator

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von Karl
als Antwort auf Elmos vom 01.05.2016, 22:15:22
@ Elmos,

ich meinte natürlich "frei gehalten", nicht abgelesen. Ich sehe gerade, dass die deutschen Untertitel nur erscheinen, wenn man im Film auf "Youtube" klickt und den Film sich dort anschaut.

@ lalelu & britti,

letztlich geht es in meinem Text überhaupt nicht darum, dass Gene für die Individualentwicklung notwendig sind, auch selbstverständlich für die Gehirnentwicklung (ich bin ja Genetiker und habe selbst Gene entdeckt, die überall im Tierreich dafür wichtig sind), sondern es geht darum, dass es unzulässig ist aus sogenannten "Erblichkeitsdaten", ich verwende dafür ja aus gutem Grund durchgehend den Begriff ("genotypischer Varianzanteil an der Gesamtvarianz") Schlüsse zu ziehen, dass der Unterschied zwischen Gruppen genetisch bedingt sein müsse.

Oft sind vereinfachte Beispiele zum Verständnis sinnvoll. Nehmen wir einmal an, wir würden die Wuchshöhe von Weizen-Ähren betrachten und hätten zwei Experimentierfelder zur Verfügung, die für die dort ausgesäten Samen aus dem gleichen Sack innerhalb eines Feldes identische Umweltbedingungen bieten würden:

In Feld 1 und in Feld 2, jeweils für sich untersucht, wären die Unterschiede in der Wuchshöhe der Ähren nicht durch unterschiedliche Umweltbedingungen erklärbar, sondern allein durch genetische Unterschiede, der genotypische Varianzanteil (die "Erblichkeit" der Wuchshöhe) wäre nahe 100%.

Trotzdem kann zwischen den Ähren auf beiden Feldern sich die mittlere Wuchshöhe gewaltig unterscheiden, wenn z. B. Feld1 gedüngt worden wäre und Feld 2 nicht.

Übertragt dieses Bild auf die Kinder unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und versteht "Düngung" z. B. als bildungsfördende Umweltfaktoren, dann sollte deutlich werden, was ich meine: Selbst wenn die "Erblichkeit" der Intelligenz (der genotypische Varianzanteil) in zwei untersuchten Gruppen jeweils nahe 100% wäre (weil innerhalb dieser Gruppen, die Umweltbedingungen relativ identisch wären), könnte ein möglicher Unterschied zwischen den Gruppen allein umweltbedingt sein.

Ich weiß aus meiner Erfahrung mit Studenten, dass es Zeit braucht, das zu verstehen. Der Punkt ist, dass ein IQ-Punkte Unterschied zwischen ethnischen Gruppen (z. B. zwischen Schwarzen und Weißen in den USA), die nicht unter identischen Bedingungen leben, keine Unterstützung für rassistische Argumente liefern, sondern primär aufzeigen, dass sich die Lebenssituationen noch nicht angeglichen haben. Der Weg aus der Sklaverei ist eben langwierig.

Wie im Vortrag von Flynn deutlich wird, ändert sich der IQ dramatisch durch die Bildungsexplosion. Das ist der einzige Ansatz, der vernünftiges politisches Handeln ermöglicht, während Rassismus die Entwicklung behindert.

Karl

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britti
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Mitglied

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von britti
als Antwort auf Karl vom 02.05.2016, 09:04:37
Karl, Dein Beispiel mit dem Weizen ist sehr gut!
Was will man erreichen? Wuchshöhe, Kornmenge, Widerstandsfähigkeit gegen Kälte oder Trockenheit, Keimfähigkeit etc. Beim Menschen gibt es noch mehr Qualitäten, der IQ misst Fähigkeit zu hoher Bildung,
der EQ misst soziale Kompetenz wie Empathie und Ehefähigkeit. Unsere Gesellschaft ist vielleicht ein bisschen zu kopflastig geworden (Sarrazin?)und eine Durchmischung täte vielleicht gut.
lalelu
lalelu
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Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von lalelu
als Antwort auf britti vom 01.05.2016, 19:14:19
Ist Intelligenz auf Logik aufgebaut oder auf Gefühl oder beidem??
Was meinen wir mit Wohlstand? Ist der materiell gemeint
oder geistig oder beides?


@ Britti

Die Wissenschaftler sind sich bei unterschiedlicher Auffassung im Detail ziemlich einig darin, dass man unter dem Oberbegriff „Intelligenz“ ganz unterschiedliche Fähigkeiten findet. Neben logisch-verstandesbetonter gibt es emotionale und soziale Intelligenz, sprachliche, musikalische, mathematische usw. Deshalb kann man deine Frage, ob Intelligenz auf Logik, Gefühl oder auf beiden aufgebaut ist, wahrscheinlich nicht so beantworten, dass die Antwort für jeden zutrifft.

Durch Intelligenztests versucht man, Intelligenz zu "messen" – aber diese Tests sind umstritten, weil sie oft zu wenig berücksichtigen, welche Voraussetzungen die Kandidaten mitbringen.

Wohlstand kann materiell und immateriell gemeint sein. Im Kontext hier habe ich ihn materiell aufgefasst, aber materieller Wohlstand kann ja auch zum immateriellen beitragen.

Lalelu
lalelu
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Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von lalelu
als Antwort auf Karl vom 02.05.2016, 09:04:37
@ lalelu & britti,

letztlich geht es in meinem Text überhaupt nicht darum, dass Gene für die Individualentwicklung notwendig sind, auch selbstverständlich für die Gehirnentwicklung (ich bin ja Genetiker und habe selbst Gene entdeckt, die überall im Tierreich dafür wichtig sind), sondern es geht darum, dass es unzulässig ist aus sogenannten "Erblichkeitsdaten", ich verwende dafür ja aus gutem Grund durchgehend den Begriff ("genotypischer Varianzanteil an der Gesamtvarianz") Schlüsse zu ziehen, dass der Unterschied zwischen Gruppen genetisch bedingt sein müsse. 
geschrieben von Karl


@ Karl, ich glaube, dass ich die Aussage deines Artikels durchaus in deinem Sinn verstanden habe; anscheinend habe ich mich aber nicht präzise ausgedrückt. Meine (vielleicht zu ausführlichen) Ausführungen zur Intelligenz kamen daher, dass ich mich über Sarrazins Aussage aufgeregt habe, Intelligenz würde zu 80% vererbt.

Ich hatte gestern geschrieben: Wie du ebenfalls ausgeführt hast, entwickeln sich viele adoptierte Kinder, die nachgewiesenermaßen aus sehr schlechten Verhältnissen kommen, aber in ihrer Adoptivfamilie liebevoll unterstützt werden, hervorragend. 

Damit wollte ich nichts anderes ausdrücken, als dass vorhandene „Erblichkeitsdaten“ nicht allein dafür ausschlaggebend sind, wie sich ein Mensch entwickelt. Ganz unabhängig davon, welche Anlagen ein Kind hat, wird es bei Förderung dieser Anlagen „wachsen und gedeihen“ und bei Vernachlässigung verkümmern … genau wie dein Weizen.

Wir wissen beispielsweise auch aus der Zwillingsforschung, dass eineiige Zwillinge, die schon sehr früh getrennt wurden, sich unterschiedlicher entwickeln als solche, die zusammen aufwuchsen und bis ins Erwachsenenalter zusammenblieben. Deshalb kann man bei ihnen besonders gut feststellen, welchen Einfluss Umwelt, Förderung usw. auf die persönliche Entwicklung nehmen.

Auch wenn neuere Forschungen anscheinend belegen, dass auch bei eineiigen Zwillingen die genetischen Anlagen nicht zu 100% identisch sind (das weißt du sicher besser als ich), sind sie sich trotzdem ähnlicher als beispielsweise zweieiige Zwillinge, erst recht als „normale“ Geschwister, die wegen ihres Altersabstandes weniger eng miteinander aufwachsen.

Die Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass die ererbten Anlagen zwar eine Art „Gerüst“ sind, dass aber die Umwelt und andere Faktoren zu einem hohen Prozentsatz daran beteiligt sind, wie der Mensch sich weiter entwickelt.

Um den Bogen zu schließen: Neben Liebe können wir Kindern nichts Besseres mitgeben als Förderung – jeweils entsprechend ihrer persönlichen Fähigkeiten, damit – um bei deinem Weizen zu bleiben – aus kleinen Pflänzchen große, starke Pflanzen werden. Das gilt für alle Kinder, unsere eigenen und alle Kinder aus Migrantenfamilien .. wobei ich meine Anmerkung von gestern wiederhole: zuerst müssen oft genug die Eltern davon überzeugt werden, dass Bildung wichtig ist, auch für Mädchen, und das ist leider schwer.

Lalelu

P.S.: Dein Terminus "genotypischer Varianzanteil an der Gesamtvarianz" ist sicher wissenschaftlich exakter als Erblichkeitsdaten oder Erbanlagen. Ich versuche aber, meine Gedanken so zu formulieren, dass ich mit Freunden und Bekannten über das Thema diskutieren kann und stelle mir gerade die verständnislosen Gesichter vor, wenn ich ihnen was vom „genotypischen Varianzanteil an der Gesamtvarianz“ erzähle.
Karl
Karl
Administrator

Re: Häufige Fragen zur Genetik
geschrieben von Karl
als Antwort auf lalelu vom 02.05.2016, 14:00:51
Liebe lalelu,

ich stimme Deinen Aussagen weitgehend zu, sie sind zutreffend, ich habe nur zwei Bemerkungen:
Die Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass die ererbten Anlagen zwar eine Art „Gerüst“ sind, dass aber die Umwelt und andere Faktoren zu einem hohen Prozentsatz daran beteiligt sind, wie der Mensch sich weiter entwickelt.
"Prozentangaben" für die Ausprägung eines Merkmals bei einem Individuum, sind irreführend. Umwelt mal Erbanlagen beschreibt die Situation für Individuen besser. Es handelt sich bei unseren Merkmalen, eben auch bei der Intelligenz, um etwas, was weder ohne das eine, noch ohne das andere überhaupt existieren würde. Bei einem Produkt ist das Ergebnis null, wenn einer der Faktoren null ist.

Ich bin gegen die Verwendung des "Erblichkeitsbegriffs", weil er genau zu diesem Trugschluss verleitet, 80% "Erblichkeit" würde bedeuten, das Merkmal sei zu 80% angeboren. Das ist aber falsch, deshalb schrieb ich am Beispiel der Zweibeinigkeit des Menschen davon, dass angeborene Merkmale 0% "Erblichkeit" (genotypischer Varianzanteil) aufweisen können.

Wirkliche Chancengleichheit würde nahe 100% genotypischer Varianzanteil (Erblichkeit) des IQ bedeuten, damit wäre aber überhaupt nicht ausgesagt, dass damit das Merkmal insgesamt nicht mehr verbessert werden könnte (s. Effekt der Düngung auf Feld 2 in meinem Beispiel).

Karl

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