Bildende Kunst Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Hisun,
ich meine mal gelesen zu haben, dass sie tatsächlich
ein blaues Klavier besaß.....???
Bin mir aber nicht so ganz sicher.
ninna
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Danke dir Ninna für das schöne Gedicht von Else Lasker-Schüler - "Mein blaues Klavier".
In der Tat: die Dichterin besaß ein solches Klavier - es war aber ein Puppenklavier. Das blaue Klavier ist auch ein Blick zurück auf ihre Kindheit - denn sie schrieb es bereits in Zürich, nach ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten.
Teil 3.
Mein voriger Beitrag endete mit einer der Grußkarten von Franz Marc (es ist die zweite der Serie von 28 Karten) – heute möchte ich Euch noch einige davon zeigen, einzelne von ihnen mit dem Text auf der Rückseite.
Die erste der Grußkarten trägt den Titel:
Auf der Rückseite ist zu lesen: [i]"Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hoheit sein blaues Pferd."
Else Lasker-Schüler antwortete einen Tag später (9. Dez. 1912) – und in ihrem ebenfalls illustrierten Brief ist zu lesen: "Der blaue Reiter ist da – ein schöner Satz, fünf Worte – lauter Sterne."
Dies ist auch der Anfang des wunderschönen Gedankenwechsels zwischen der auch malenden oder zeichnenden Dichterin - und den Maler, mit dessen Hilfe sie sich diese fantastische Welt des Prinzen Jussuf aufbaut. Eine Welt in der sie anscheinend besser leben kann als in der Realität die ihr oft Angst macht.
Es folgt nun die dritte der Karten:
Text auf der Rückseite:
"Lieber Prinz, Ihr Dresdner Brief kam heute als unbestellbar zurück, ich lege ihn hier bei. [---] Wie schön, dass sich die Kur von Gastein bewährt. Alle unsere Wünsche begleiten Sie zu jeder Stunde.
Herzlich von uns beiden. Der blaue Reiter.
Schicken Sie uns doch bitte das Buch von Werfel. Ja?“
Wahrscheinlich bezieht sich "Die sitzende gelbe Frau" die in sich gekehrt scheint, die vielleicht auch leidend ist, auf die zu diesem Zeitpunkt kranke und leidende Freundin.
Als Franz Marc dann von ihrer Genesung erfährt, sendet er ihr die fünfte Grußkarte, mit dem Titel:
Der Text der dieses Bild begleitet, lautet: "Vielen Dank, Liebe, für die Grüße und Küsse, die Sie uns beiden sandten und den Brombeermund unseres Freundes, am meisten Dank für die wunderschönen Lieder. Wir werden heur ein Dankopfer vornehmen (wie richtige Götter) um Ihre Genesung zu feiern, dazu wird ein Wein getrunken, der die Haarfarbe Ihres Lieblingsministers hat..."
Diese Karte bezieht sich also auf die wiederhergestellte Gesundheit von Else Lasker-Schüler, sie teilt dies ihren Freunden in einem Brief mit. Darin ist unter anderem zu lesen: "ein Löwe bin ich wieder und mein Brüllen und mein Sprung Übung."
Doch nun zum geheimnisvollen Satz von Franz Marc: "dazu wird ein Wein getrunken, der die Haarfarbe Ihres Lieblingsministers hat..."
Im Brief der Dichterin, die völlig ins Reich des Prinzen Jussuf zurückgekehrt scheint, ist zu lesen: "Er hat Haare wie das Innere der Glaskugeln – Flittergold und Grünliche."
Die Rede ist dabei von einem Minister im Reich des Prinzen Jussuf, in dem diese(r) sich verliebt hat, was die Regierungsgeschäfte leider sehr erschwert.
Und von wessen Mund ist die Rede, wenn Franz Marc über den "Brombeermund unseres Freundes" schreibt? Als ich es herausfand, war ich überrascht und auch sehr erfreut, denn es ist der Maler und gute Freund - Heinrich Campendonk. Ein Maler, den man viel zu selten erwähnt bzw. zeigt - für mich zählt er zu den ganz Großen jener Zeit.
Übrigens zeichnet Campendonk für Jussuf die "Jagdkrone des Kaisers" - ich hätte diese gerne hier gezeigt, aber finde sie nirgends um sie hier zu übernehmen.
Hier also endet der dritte Teil - der wunderschönen Geschichte über den Blauen Reiter und seiner Hoheit, den Prinzen Jussuf.
Es folgen noch weitere Beiträge (Zeitpunkt unbestimmt) - also wen das Thema anspricht und wer vielleicht jetzt schon etwas dazu schreiben möchte bzw. es gerne ergänzen würde, soll es ruhig machen.
Liebe Grüße
Miriam (mal versunken im Reich des Prinzen Jussuf und des Blauen Reiters, mal darin herumirrend)
In der Tat: die Dichterin besaß ein solches Klavier - es war aber ein Puppenklavier. Das blaue Klavier ist auch ein Blick zurück auf ihre Kindheit - denn sie schrieb es bereits in Zürich, nach ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten.
Teil 3.
Mein voriger Beitrag endete mit einer der Grußkarten von Franz Marc (es ist die zweite der Serie von 28 Karten) – heute möchte ich Euch noch einige davon zeigen, einzelne von ihnen mit dem Text auf der Rückseite.
Die erste der Grußkarten trägt den Titel:
1. Der Blaue Reiter mit seinem Pferd:
http://www.vontobel-art.ch/images/3601.jpg[/img]
http://www.vontobel-art.ch/images/3601.jpg[/img]
Auf der Rückseite ist zu lesen: [i]"Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hoheit sein blaues Pferd."
Else Lasker-Schüler antwortete einen Tag später (9. Dez. 1912) – und in ihrem ebenfalls illustrierten Brief ist zu lesen: "Der blaue Reiter ist da – ein schöner Satz, fünf Worte – lauter Sterne."
Dies ist auch der Anfang des wunderschönen Gedankenwechsels zwischen der auch malenden oder zeichnenden Dichterin - und den Maler, mit dessen Hilfe sie sich diese fantastische Welt des Prinzen Jussuf aufbaut. Eine Welt in der sie anscheinend besser leben kann als in der Realität die ihr oft Angst macht.
Es folgt nun die dritte der Karten:
3.'Sitzender gelber Frauenakt'
Text auf der Rückseite:
"Lieber Prinz, Ihr Dresdner Brief kam heute als unbestellbar zurück, ich lege ihn hier bei. [---] Wie schön, dass sich die Kur von Gastein bewährt. Alle unsere Wünsche begleiten Sie zu jeder Stunde.
Herzlich von uns beiden. Der blaue Reiter.
Schicken Sie uns doch bitte das Buch von Werfel. Ja?“
Wahrscheinlich bezieht sich "Die sitzende gelbe Frau" die in sich gekehrt scheint, die vielleicht auch leidend ist, auf die zu diesem Zeitpunkt kranke und leidende Freundin.
Als Franz Marc dann von ihrer Genesung erfährt, sendet er ihr die fünfte Grußkarte, mit dem Titel:
5.Tänzerin vom Hofe des Königs Jussuf:
Der Text der dieses Bild begleitet, lautet: "Vielen Dank, Liebe, für die Grüße und Küsse, die Sie uns beiden sandten und den Brombeermund unseres Freundes, am meisten Dank für die wunderschönen Lieder. Wir werden heur ein Dankopfer vornehmen (wie richtige Götter) um Ihre Genesung zu feiern, dazu wird ein Wein getrunken, der die Haarfarbe Ihres Lieblingsministers hat..."
Diese Karte bezieht sich also auf die wiederhergestellte Gesundheit von Else Lasker-Schüler, sie teilt dies ihren Freunden in einem Brief mit. Darin ist unter anderem zu lesen: "ein Löwe bin ich wieder und mein Brüllen und mein Sprung Übung."
Doch nun zum geheimnisvollen Satz von Franz Marc: "dazu wird ein Wein getrunken, der die Haarfarbe Ihres Lieblingsministers hat..."
Im Brief der Dichterin, die völlig ins Reich des Prinzen Jussuf zurückgekehrt scheint, ist zu lesen: "Er hat Haare wie das Innere der Glaskugeln – Flittergold und Grünliche."
Die Rede ist dabei von einem Minister im Reich des Prinzen Jussuf, in dem diese(r) sich verliebt hat, was die Regierungsgeschäfte leider sehr erschwert.
Und von wessen Mund ist die Rede, wenn Franz Marc über den "Brombeermund unseres Freundes" schreibt? Als ich es herausfand, war ich überrascht und auch sehr erfreut, denn es ist der Maler und gute Freund - Heinrich Campendonk. Ein Maler, den man viel zu selten erwähnt bzw. zeigt - für mich zählt er zu den ganz Großen jener Zeit.
Übrigens zeichnet Campendonk für Jussuf die "Jagdkrone des Kaisers" - ich hätte diese gerne hier gezeigt, aber finde sie nirgends um sie hier zu übernehmen.
Hier also endet der dritte Teil - der wunderschönen Geschichte über den Blauen Reiter und seiner Hoheit, den Prinzen Jussuf.
Es folgen noch weitere Beiträge (Zeitpunkt unbestimmt) - also wen das Thema anspricht und wer vielleicht jetzt schon etwas dazu schreiben möchte bzw. es gerne ergänzen würde, soll es ruhig machen.
Liebe Grüße
Miriam (mal versunken im Reich des Prinzen Jussuf und des Blauen Reiters, mal darin herumirrend)
9.Zitronenpferd und Feuerochse des Prinzen Jussuf:
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Danke Miriam
für das Eintauchenlassen in die magische Welt von Else-Lasker-Schüler und Franz Marc.
Vor Jahren habe ich ihr erstes und wichtigstes Drama "Die Wupper" gesehen, geschrieben 1908, publiziert 1909, später auch verfilmt.
M.
für das Eintauchenlassen in die magische Welt von Else-Lasker-Schüler und Franz Marc.
Vor Jahren habe ich ihr erstes und wichtigstes Drama "Die Wupper" gesehen, geschrieben 1908, publiziert 1909, später auch verfilmt.
M.
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Gelöscht da Doppel
M.
M.
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Danke dir Medea,
zwar mit gemischten Gefühlen, lese und schreibe ich ja so gerne über dieses Thema – welches zugleich einen starken Bezug zu dem anderen Thema, jenes der beiden Weltkriege hat.
Über den Zweiten Weltkrieg wird ja hier fast zeitgleich geschrieben – und über beide Hauptprotagonisten des vorliegenden Themas, kann man nicht nachdenken oder schreiben, ohne dass auch die beiden Weltkriege, die großen Tragödien unserer Zeit, präsent sind.
Einige Worte zu Else Lasker-Schüler, nun außerhalb des vorliegenden Themas:
Tatsache ist, dass die Meinungen sehr auseinander gingen in Bezug auf Else Lasker-Schüler.
Franz Kafka zum Beispiel, mochte ihre Gedichte nicht, Rainer Maria Rilke konnte ihrer Lyrik auch nichts abgewinnen.
Doch wie sollte Kafka, Else Lasker-Schüler auch mögen? Sie schafft ja (unwillkürlich) eine Art Gegenwelt zu derjenigen die wir mittlerweile als kafkaesk bezeichnen.
Mit anderen Worten – beide Welten sind kein reelles Abbild, doch wir, die eigentlich unseren Alltag eher in der Realität verbringen, sollten froh sein, dass uns die Möglichkeit geboten wird, zeitweilig eine andere Optik anzunehmen, mit der wir uns ja nicht unbedingt auch identifizieren müssen.
Sich aber und natürlich in erster Linie die Welt so zu sagen mit anderen Augen auch mal zu betrachten, scheint mir wichtig.
Liebe Grüße
Miriam
zwar mit gemischten Gefühlen, lese und schreibe ich ja so gerne über dieses Thema – welches zugleich einen starken Bezug zu dem anderen Thema, jenes der beiden Weltkriege hat.
Über den Zweiten Weltkrieg wird ja hier fast zeitgleich geschrieben – und über beide Hauptprotagonisten des vorliegenden Themas, kann man nicht nachdenken oder schreiben, ohne dass auch die beiden Weltkriege, die großen Tragödien unserer Zeit, präsent sind.
Einige Worte zu Else Lasker-Schüler, nun außerhalb des vorliegenden Themas:
Tatsache ist, dass die Meinungen sehr auseinander gingen in Bezug auf Else Lasker-Schüler.
Franz Kafka zum Beispiel, mochte ihre Gedichte nicht, Rainer Maria Rilke konnte ihrer Lyrik auch nichts abgewinnen.
Doch wie sollte Kafka, Else Lasker-Schüler auch mögen? Sie schafft ja (unwillkürlich) eine Art Gegenwelt zu derjenigen die wir mittlerweile als kafkaesk bezeichnen.
Mit anderen Worten – beide Welten sind kein reelles Abbild, doch wir, die eigentlich unseren Alltag eher in der Realität verbringen, sollten froh sein, dass uns die Möglichkeit geboten wird, zeitweilig eine andere Optik anzunehmen, mit der wir uns ja nicht unbedingt auch identifizieren müssen.
Sich aber und natürlich in erster Linie die Welt so zu sagen mit anderen Augen auch mal zu betrachten, scheint mir wichtig.
Liebe Grüße
Miriam
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Teil 4.
Ich habe versucht eine mehr oder weniger genaue Zuordnung zwischen den Briefen von Else Lasker-Schüler und den Grußkarten von Franz Marc herzustellen – dies erwies sich als schwierig. Denn die Briefe der Dichterin, so wie sie mir vorliegen, haben fast nie ein Datum. Also könnte ich nur durch den Inhalt eine zeitliche Sortierung zwischen Grußkarten (F.M.) und Briefe (E. L-Sch.) herstellen.
Von denjenigen Briefen die Anhaltspunkte dazu bieten, erwähne ich hier zum Beispiel die Grußkarte 14. Affen - die Karte ist eine Antwort auf den Brief den Else Lasker-Schüler Franz Marc und seiner Frau Mareja am 10. April schreibt.
Die Dichterin war gerade aus Prag zurückgekehrt – und berichtete in ihren Brief über die Intrigen die sich im Kunstbetrieb abspielen. Darauf erfolgt die Antwort von Marc:
Mir scheint es außerdem, dass ich mit diesen genauen Zuordnungen auch zu sehr ins Detail gehen würde.
Es interessiert eigentlich eher was die beiden, Franz Marc und Else Lasker-Schüler, ausdrücken – sowohl über die eigene Persönlichkeit, als auch über die Zeit in der sie leben.
Was Else Lasker-Schüler betrifft, kann man nur schwer zwischen der Wahrheit und dem Hinzugedichteten unterscheiden. In der Korrespondenz mit Franz Marc, tritt sie ja gleich als Prinz Jussuf von Theben auf – und nennt Marc ihren Halbbruder, Ruben oder aber den blauen Reiter.
Welche ist aber die Realität? Else Lasker-Schüler ist ein sehr ängstlicher Mensch, der sich gerne eine eigene Welt schafft und sich mit Elementen umgibt die ihr das Leben etwas leichter erscheinen lassen sollen.
Die Grußkarten von Marc sind unter anderem auch als solche gedacht, der gute und sehr sensible Freund kennt ihre Ängste und bereichert diese andere Welt, in der es sich anscheinend leichter leben lässt, mit seinen wunderbaren, märchenhaften Bildern.
Dieses Spielpferd ist eigentlich, laut Marc, als Libelle aufzufassen.
In ihrem vierten Brief, schreibt Else Lasker–Schüler dazu:
"Wenn doch Jemand seine Lieblingsblume neben meinem Herzen pflanzen würde, oder einen Stern gießen würde in mein Herz oder – mich ein weltentrückter Blick träfe – Sei nicht bös, blauer Reiter, dass ich wieder sentimental werde., ich brauch mir ja jetzt nur Deine Karte ansehn mit dem Spielpferdchen, genau so eins, wie dieses steht noch auf dem Krimmskrammsboden oben in meinem Palast in Theben. Aus drolliger Spielfarbe, aus Herzkarminrot."
Ihre Briefe sind reich an Metaphern – einerseits trägt dies auch zur Poesie der Texte bei, andererseits macht es sie aber manchmal schwer verständlich.
Ich übernehme hier ein Fragment aus dem ersten Brief von Else Lasker-Schüler an Franz Marc – und denke, dass dieser Text Vieles über die Dichterin aussagt:
"Mein lieber, lieber, lieber blauer Reiter Franz Marc.
Du willst wissen wie ich alles zu Hause angetroffen habe? Durch die Fensterluke kann ich mir aus der Nacht ein schwarzes Schäfchen greifen, das der Mond behütet, ich wär dann nicht mehr so allein, hätte etwas zum Spielen. Meine Spelunke ist eigentlich ein kleiner Korridor, eine Allee ohne Bäume. Ungefähr fünfzig Vögel besitze ich, zwar wohnen tun sie draußen, aber morgens sitzen sie alle vor meinem Fenster und warten auf mein täglich Brot. Sag mir mal einer was auf die Vögel, es sind die höchsten Menschen, sie leben zwischen Luft und Gott, wir leben zwischen Erde Grab. Meine Spelunke ist ein langer, banger Sarg ich habe jeden Abend ein Grauen, mich in den langen, bangen Sarg niederzulegen."
Liebe Grüße
Miriam
(Fortsetzung folgt - irgendwann)
Ich habe versucht eine mehr oder weniger genaue Zuordnung zwischen den Briefen von Else Lasker-Schüler und den Grußkarten von Franz Marc herzustellen – dies erwies sich als schwierig. Denn die Briefe der Dichterin, so wie sie mir vorliegen, haben fast nie ein Datum. Also könnte ich nur durch den Inhalt eine zeitliche Sortierung zwischen Grußkarten (F.M.) und Briefe (E. L-Sch.) herstellen.
Von denjenigen Briefen die Anhaltspunkte dazu bieten, erwähne ich hier zum Beispiel die Grußkarte 14. Affen - die Karte ist eine Antwort auf den Brief den Else Lasker-Schüler Franz Marc und seiner Frau Mareja am 10. April schreibt.
Die Dichterin war gerade aus Prag zurückgekehrt – und berichtete in ihren Brief über die Intrigen die sich im Kunstbetrieb abspielen. Darauf erfolgt die Antwort von Marc:
14. Affen
Mir scheint es außerdem, dass ich mit diesen genauen Zuordnungen auch zu sehr ins Detail gehen würde.
Es interessiert eigentlich eher was die beiden, Franz Marc und Else Lasker-Schüler, ausdrücken – sowohl über die eigene Persönlichkeit, als auch über die Zeit in der sie leben.
Was Else Lasker-Schüler betrifft, kann man nur schwer zwischen der Wahrheit und dem Hinzugedichteten unterscheiden. In der Korrespondenz mit Franz Marc, tritt sie ja gleich als Prinz Jussuf von Theben auf – und nennt Marc ihren Halbbruder, Ruben oder aber den blauen Reiter.
Welche ist aber die Realität? Else Lasker-Schüler ist ein sehr ängstlicher Mensch, der sich gerne eine eigene Welt schafft und sich mit Elementen umgibt die ihr das Leben etwas leichter erscheinen lassen sollen.
Die Grußkarten von Marc sind unter anderem auch als solche gedacht, der gute und sehr sensible Freund kennt ihre Ängste und bereichert diese andere Welt, in der es sich anscheinend leichter leben lässt, mit seinen wunderbaren, märchenhaften Bildern.
10. Das Spielpferd des Königs Abigail
Dieses Spielpferd ist eigentlich, laut Marc, als Libelle aufzufassen.
In ihrem vierten Brief, schreibt Else Lasker–Schüler dazu:
"Wenn doch Jemand seine Lieblingsblume neben meinem Herzen pflanzen würde, oder einen Stern gießen würde in mein Herz oder – mich ein weltentrückter Blick träfe – Sei nicht bös, blauer Reiter, dass ich wieder sentimental werde., ich brauch mir ja jetzt nur Deine Karte ansehn mit dem Spielpferdchen, genau so eins, wie dieses steht noch auf dem Krimmskrammsboden oben in meinem Palast in Theben. Aus drolliger Spielfarbe, aus Herzkarminrot."
Ihre Briefe sind reich an Metaphern – einerseits trägt dies auch zur Poesie der Texte bei, andererseits macht es sie aber manchmal schwer verständlich.
Ich übernehme hier ein Fragment aus dem ersten Brief von Else Lasker-Schüler an Franz Marc – und denke, dass dieser Text Vieles über die Dichterin aussagt:
"Mein lieber, lieber, lieber blauer Reiter Franz Marc.
Du willst wissen wie ich alles zu Hause angetroffen habe? Durch die Fensterluke kann ich mir aus der Nacht ein schwarzes Schäfchen greifen, das der Mond behütet, ich wär dann nicht mehr so allein, hätte etwas zum Spielen. Meine Spelunke ist eigentlich ein kleiner Korridor, eine Allee ohne Bäume. Ungefähr fünfzig Vögel besitze ich, zwar wohnen tun sie draußen, aber morgens sitzen sie alle vor meinem Fenster und warten auf mein täglich Brot. Sag mir mal einer was auf die Vögel, es sind die höchsten Menschen, sie leben zwischen Luft und Gott, wir leben zwischen Erde Grab. Meine Spelunke ist ein langer, banger Sarg ich habe jeden Abend ein Grauen, mich in den langen, bangen Sarg niederzulegen."
Liebe Grüße
Miriam
31. Indianerpferde
(Fortsetzung folgt - irgendwann)
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Teil 5. - letzte Folge
Auf sehr große Gegenliebe oder Interesse stößt dieses Thema hier anscheinend nicht.
Es hat mich aber wieder veranlasst in diese einmalige Begegnung zwischen bildende Kunst und Dichtung mich zu vertiefen - und so war es eine schöne Zeit für mich. Franz Marc und Else Lasker-Schüler gehören zu denjenigen die mich zeitweilig immer wieder durchs Leben begleitet haben durch ihren Brief- und Grußkartenwechsel.
Ich verzichte zwar hier auf einige Folgen die noch hierher gehören würden und natürlich in erster Linie zur Deutschen Kultur - und komme zum Schluss dieser Begegnung.
Eigentlich endet dieser Bilder- und Gedankenaustausch mit dem absurden und frühen Tod von Franz Marc. Ich erwähnte schon, dass er am 4. März 1916 bei Verdun fiel. Er war 36 Jahre alt.
Und so starben in diesem grausamen Ersten Weltkrieg, neben den anderen vielen vielen unnötigen Opfer, zwei der brillantesten Maler Deutschland: ich schrieb ja auch schon, dass bereits in 1914 August Macke gefallen war - mit nur 27 Jahren.
Das letzte Wort soll aber Else Lasker-Schüler hier haben:
--
miriam
Auf sehr große Gegenliebe oder Interesse stößt dieses Thema hier anscheinend nicht.
Es hat mich aber wieder veranlasst in diese einmalige Begegnung zwischen bildende Kunst und Dichtung mich zu vertiefen - und so war es eine schöne Zeit für mich. Franz Marc und Else Lasker-Schüler gehören zu denjenigen die mich zeitweilig immer wieder durchs Leben begleitet haben durch ihren Brief- und Grußkartenwechsel.
Ich verzichte zwar hier auf einige Folgen die noch hierher gehören würden und natürlich in erster Linie zur Deutschen Kultur - und komme zum Schluss dieser Begegnung.
Eigentlich endet dieser Bilder- und Gedankenaustausch mit dem absurden und frühen Tod von Franz Marc. Ich erwähnte schon, dass er am 4. März 1916 bei Verdun fiel. Er war 36 Jahre alt.
Und so starben in diesem grausamen Ersten Weltkrieg, neben den anderen vielen vielen unnötigen Opfer, zwei der brillantesten Maler Deutschland: ich schrieb ja auch schon, dass bereits in 1914 August Macke gefallen war - mit nur 27 Jahren.
Das letzte Wort soll aber Else Lasker-Schüler hier haben:
Else Lasker-Schüler zum Tode von Franz Marc
Der blaue Reiter ist gefallen, ein Großbiblischer, an dem der Duft Edens hing. Über die Landschaft warf er einen blauen Schatten. Er war der, welcher die Tiere noch reden hörte; und er verklärte ihre unverstandenen Seelen.
Immer erinnerte mich der blaue Reiter aus dem Kriege daran: es genügt nicht alleine, zu den Menschen gütig zu sein, und was du namentlich an den Pferden, da sie unbeschreiblich auf dem Schlachtfeld leiden müssen, Gutes tust, tust du mir.
Er ist gefallen. Seinen Riesenkörper tragen große Engel zu Gott, der hält seine blaue Seele, eine leuchtende Fahne, in seiner Hand. Ich denke an eine Geschichte im Talmud, die mir ein Priester erzählte: wie Gott mit den Menschen vor dem zerstörten Tempel stand und weinte. Denn wo der blaue Reiter ging, schenkte er Himmel. So viele Vögel fliegen durch die Nacht, sie können noch Wind und Atem spielen, aber wir wissen nichts mehr hier unten davon, wir können uns nur noch zerhacken oder gleichgültig aneinander vorbeigehen.
In dieser Nüchternheit erhebt sich drohend eine unermeßliche Blutmühle, und wir Völker alle werden bald zermahlen sein. Schreiten immerfort über wartende Erde. Der blaue Reiter ist angelangt; er war noch zu jung zu sterben.
Nie sah ich irgendeinen Maler gotternster und sanfter malen wie ihn. »Zitronenochsen« und »Feuerbüffel« nannte er seine Tiere, und auf seiner Schläfe ging ein Stern auf.
Aber auch die Tiere der Wildnis begannen pflanzlich zu werden in seiner tropischen Hand. Tigerinnen verzauberte er zu Anemonen, Leoparden legte er das Geschmeide der Levkoje um; er sprach vom reinen Totschlag, wenn auf seinem Bild sich der Panther die Gazell vom Fels holte.
Er fühlte wie der junge Erzvater in der Bibelzeit, ein herrlicher Jakob er, der Fürst von Kana. Um seine Schultern schlug er wild das Dickicht; sein schönes Angesicht spiegelte er im Quell und sein Wunderherz trug er oftmals in Fell gehüllt, wie ein schlafendes Knäblein heim, über die Wiesen, wenn es müde war.
Das war alles vor dem Krieg.
Franz Marc, der blaue Reiter vom Ried,
Stieg auf sein Kriegspferd.
Ritt über Benediktbeuern herab nach Unterbayern,
Neben ihm sein besonnener, treuer Nubier
Hält ihm die Waffe.
Aber um seinen Hals trägt er mein silbergeprägtes Bild
Und den todverhütenden Stein seines teuren Weibes.
Durch die Straßen von München hebt er sein biblisches Haupt
Im hellen Rahmen des Himmels.
Trost im stillenden Mandelauge,
Donner sein Herz.
Hinter ihm und zur Seite viele, viele Soldaten.
Der blaue Reiter ist gefallen, ein Großbiblischer, an dem der Duft Edens hing. Über die Landschaft warf er einen blauen Schatten. Er war der, welcher die Tiere noch reden hörte; und er verklärte ihre unverstandenen Seelen.
Immer erinnerte mich der blaue Reiter aus dem Kriege daran: es genügt nicht alleine, zu den Menschen gütig zu sein, und was du namentlich an den Pferden, da sie unbeschreiblich auf dem Schlachtfeld leiden müssen, Gutes tust, tust du mir.
Er ist gefallen. Seinen Riesenkörper tragen große Engel zu Gott, der hält seine blaue Seele, eine leuchtende Fahne, in seiner Hand. Ich denke an eine Geschichte im Talmud, die mir ein Priester erzählte: wie Gott mit den Menschen vor dem zerstörten Tempel stand und weinte. Denn wo der blaue Reiter ging, schenkte er Himmel. So viele Vögel fliegen durch die Nacht, sie können noch Wind und Atem spielen, aber wir wissen nichts mehr hier unten davon, wir können uns nur noch zerhacken oder gleichgültig aneinander vorbeigehen.
In dieser Nüchternheit erhebt sich drohend eine unermeßliche Blutmühle, und wir Völker alle werden bald zermahlen sein. Schreiten immerfort über wartende Erde. Der blaue Reiter ist angelangt; er war noch zu jung zu sterben.
Nie sah ich irgendeinen Maler gotternster und sanfter malen wie ihn. »Zitronenochsen« und »Feuerbüffel« nannte er seine Tiere, und auf seiner Schläfe ging ein Stern auf.
Aber auch die Tiere der Wildnis begannen pflanzlich zu werden in seiner tropischen Hand. Tigerinnen verzauberte er zu Anemonen, Leoparden legte er das Geschmeide der Levkoje um; er sprach vom reinen Totschlag, wenn auf seinem Bild sich der Panther die Gazell vom Fels holte.
Er fühlte wie der junge Erzvater in der Bibelzeit, ein herrlicher Jakob er, der Fürst von Kana. Um seine Schultern schlug er wild das Dickicht; sein schönes Angesicht spiegelte er im Quell und sein Wunderherz trug er oftmals in Fell gehüllt, wie ein schlafendes Knäblein heim, über die Wiesen, wenn es müde war.
Das war alles vor dem Krieg.
Franz Marc, der blaue Reiter vom Ried,
Stieg auf sein Kriegspferd.
Ritt über Benediktbeuern herab nach Unterbayern,
Neben ihm sein besonnener, treuer Nubier
Hält ihm die Waffe.
Aber um seinen Hals trägt er mein silbergeprägtes Bild
Und den todverhütenden Stein seines teuren Weibes.
Durch die Straßen von München hebt er sein biblisches Haupt
Im hellen Rahmen des Himmels.
Trost im stillenden Mandelauge,
Donner sein Herz.
Hinter ihm und zur Seite viele, viele Soldaten.
Das Grab von Franz und Maria Marc in Kochel am See
--
miriam
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Es war bewegend, Miriam, deinen vorgestellten Texten mit Ausnahmemenschen zu folgen, die eine zeitlang in ihren Fantasien und ihrer Märchenwelt leben durften, ehe sie die tödliche Wirklichkeit einholte. Ich bedanke mich bei dir für diesen Einblick in eine ganz besondere Liebe zwischen Else Lasker-Schüler und Franz Marc.
Was hätte noch daraus werden können .......
ohne den grausamen Moloch Krieg, der die schönsten
Hoffnungen brutal vernichtet.
Medea
Was hätte noch daraus werden können .......
ohne den grausamen Moloch Krieg, der die schönsten
Hoffnungen brutal vernichtet.
Medea
Re: Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd
Heute war ich im Frieder-Burda-Museum in Baden-Baden. Fast das komplette Lenbachhaus beisammen. Und die schönsten Bilder von Marc und Macke. Super. Und eine Menge Fotos und Texte von den Malern und ihren Frauen noch dazu.
Natürlich auch das blaue Pferd. Sehr schön: Marcs Rehe in der Dämmerung.
--
silhouette
Natürlich auch das blaue Pferd. Sehr schön: Marcs Rehe in der Dämmerung.
--
silhouette
--Hallo, Miriam, solltest Du einmal in Dresden sein so emp
fehle ich Dir einen Ausflug nach Moritzburg bei Dr. zu unternehmen. Neben vielen Sehenswürdigkeiten wie das Jagd-
schloß Moritzburg aus der Zeit " August des Starken "
findest Du etwas abseits gelegen den Rüdenhof. Dort ver-
brachte Käthe Kollwitz ihre letzte Lebenszeit.Ihr zu Eh-
ren ist da eine ständige Ausstllg.einiger ihrer Werke.
Wenn man diese dann verläßt,ist man sehr ergriffen.Je-
denfalls erging mir es so.
Liebe Grüße von ladysaxony