Bildende Kunst Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hochheit sein blaues Pferd

Ohne dass man es sich wirklich vornimmt, gehen in einem gewissen Alter die Blicke plötzlich zurück.

Ist es eine Art Bilanz die man nun zieht?
Ich weiß es nicht – und ich möchte eigentlich auch nicht das Phänomen der Rückblende an sich analysieren. Sie ist einfach da – und ich blicke mit einer gewissen Neugierde, manchmal auch etwas überrascht was sie mir so präsentiert. Denn es sind manchmal unerwartete Sachen – und ich gestehe, dass ich mich mit manch einem Wiedersehen sehr freue.

Eigentlich fing alles mit Käthe Kollwitz an – doch der Rückblick auf diese bedeutende Malerin und Persönlichkeit mit der ich mich vor Jahren intensiv beschäftigt hatte, hat seine Erklärung. Es war eher ein glücklicher Zufall, dass ich einen sehr nahen Verwandten von Käthe Kollwitz kennen lernte, lange Zeit ohne zu wissen wer er/sie eigentlich ist. Doch über diese Begegnung möchte ich nicht sprechen.

Vielleicht war dies aber der Auslöser für andere Rückblenden – und ich war einerseits überrascht aber auch erfreut wer da plötzlich wieder im Vordergrund stand.

Der blaue Reiter präsentiert Eurer Hoheit sein Blaues Pferd

Wer ist der blaue Reiter – und wer seine Hoheit?
Ich denke, dass viele von Euch es wissen: es ist Franz Marc – der sich in dieser Weise an seine langjährige Freundin wendet, die Dichterin Else Lasker-Schüler.

Doch auch die Dichterin nahm in diesem bezaubernden Brief-Karten- und Bilderwechsel eine andere Identität an: sie wurde Jussuf, Prinz von Theben.

Der Gedanken- und Bilderwechsel zwischen den beiden, war leider nur von kurzer Dauer. Er fand hauptsächlich zwischen 1912 und 1914 statt, Briefe aus dem Jahr 1915 sind uns auch erhalten geblieben.
Doch schon im Jahr 1914 wurde Franz Marc einberufen, der erste Weltkrieg war ausgebrochen – und forderte auch bald seine Opfer.
Freund August Macke starb schon am 26.Sept. in der Champagne mit nur 27 Jahren, Franz Marc fiel am 4. März 1916 bei Verdun – er war 36 Jahre alt.

Zurück zum Karten- und Briefwechsel zwischen Franz Marc und Else Lasker-Schüler:

Man sollte dabei wissen, dass sich die Dichterin auch äußerlich dem Jussuf, Prinz von Theben in dieser Zeit anpasste. Dazu gehörte ihr kurzer Haarschnitt, ihre Kleidung (weite, orientalische Hosen und dazu reichlich orientalischer Schmuck).



Zum Traumreich des Prinzen von Theben, gehörten aber auch andere Persönlichkeiten der Zeit, nicht nur der blaue Reiter, auch Ruben genannt.
Wir treffen da auf [i]Dalai Lama oder Cardinal, und dieser ist kein anderer als Karl Kraus, dann noch Franz Werfel, den sie Prinz von Prag nennt, Troubador oder Riese – alias Oskar Kokoschka, Schwarze Leopardin – wie die Dichterin Tilla Durieux, die große Schauspielerin nennt.
Am besten gefällt mir aber Gieselheer, der Barbar, hinter diesem Namen versteckt sich Gottfried Benn.

(Fortsetzung folgt)

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miriam

Willst du darauf anspielen?

Blaue Reiter Baden-Baden

Ich hoffe, dass mein Rücken in nächster Zeit so eine Rumsteherei und Tippelei zulässt, denn BAD liegt ja vor meiner Haustür.
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silhouette

Gut dass du dies ansprichst, Silhouette.

Nein - ich wusste auch nichts von der Ausstellung und danke dir für den Hinweis - aber ich hätte schon von Anfang an darauf hinweisen sollen, dass dabei nicht "Der Blaue Reiter" als expressionistische Kunstbewegung gemeint ist, sondern "der blaue Reiter" - der Name den sich Franz Marc oder eher seine Freunde ihm gaben, da er ja so oft diese schönen blauen Pferde und auch mal sich selbst als Reiter, malte.

Es folgen (so meine Absicht), im Rahmen dieses Themas zahlreiche Bilder - also einige der Grußskarten die Franz Marc für Else Lasker-Schüler malte und schrieb, so wie Auszüge aus ihren Briefen an den Freund.

Bis später - lieben Gruß

Miriam

Miriam

der eigentliche "Blaue Reiter" ist jedoch jener
von Kandinsky gemalte in 1903.

Die Ausstellung werde ich mit Sicherheit besuchen.

ninna

Ja es stimmt - auch Kandinsky hatte den berühmten Blauen Reiter gemalt für das gleichnamige Almanach, das er zusammen mit Franz Marc und anderen Malerfreunde herausgab.
Ihr sieht: wir haben es hier mit einer ganzen Herde von blauen Pferden zutun.

Das Almanach

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miriam

Willst du darauf anspielen?

Blaue Reiter Baden-Baden

Ich hoffe, dass mein Rücken in nächster Zeit so eine Rumsteherei und Tippelei zulässt, denn BAD liegt ja vor meiner Haustür.
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silhouette

Hallo silhouette und ninna,

da Ihr die Ausstellung "Blaue Reiter"in Baden-Baden erwähnt: Ich war kürzlich dort und kann die Ausstellung sehr empfehlen!!
Übrigens gibt es im und um das Frieder-Burda-Museum viele Sitzmöglichkeiten, so dass man auch als "Kreuzfahrer" ) (ich gehöre auch dazu) den Besuch gut bewältigen kann.

Wegen des großen Interesses ist der Termin inzwischen bis 08. November verlängert worden. Wenn Ihr irgendwie könnt, geht hin, es lohnt sich sehr!

Gruß, Ursula

PS @Miriam, entschuldige bitte, ich wollte Deinen Thread nicht stören

Danke, das weiß ich. Das größere Problem liegt für mich vor der Kasse, im Schlangestehen. Mal sehen. Rentner haben ja auch vormittags Zeit, da geht es vielleicht schneller.
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silhouette

Teil 2.

Bevor ich Näheres zu den Grußkarten von Franz Marc bzw. zu den Antworten von Else Lasker-Schüler schreibe, möchte ich nochmals auf den Namen zurückkommen, den die Dichterin für sich gewählt hatte: Jussuf - Prinz von Theben.
Theben ist zwar die alte Königsstadt Ägyptens gewesen – doch die Dichterin lässt ihrer Phantasie freien Lauf wenn sie sich diesen Ort zum Teil erfindet, denn im Grunde genommen soll dieser die Baustelle einiger ihrer Werke werden.

Dass dieser Ort in Ägypten liegt, ist jedoch wichtig, es soll an das biblische Ägypten erinnern – also der Ort der sich in der Fremde befindet und an dem Joseph beim Hofe des Pharaos, einen einzigartigen Weg durchschreitet. Ursprünglich von seinen Brüdern nach Ägypten - an Potifar - verkauft, macht Jussuf, wie sein Name in Ägypten lautet, einen erstaunlichen Weg und wird erst Pharaos Traumdeuter und letztendlich sein Verwalter.

Einige Details nun sowohl zu den 28 Grußkarten die Franz Marc an Else Lasker-Schüler sendet (oder 28 die uns erhalten blieben?) – und auch zu ihren Antworten.

Erst im Jahr 1954 wurde dieses wichtige Dokument des Expressionismus veröffentlicht, wichtig war dabei auch, die Rückseite der Karten lesen zu können – denn erst durch die Texte Franz Marcs, konnte man die Antworten der Dichterin identifizieren bzw. begreifen.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden übrigens alle diese Dokumente zur entarteten Kunst erklärt.

Natürlich ist der Inhalt mancher Briefe die Else schreibt, der Anlass für den Maler auf ihre Texte zu antworten - Franz Marc ist also nicht immer derjenige der ein Thema aufgreift, sondern oft auch derjenige der auf ein Thema der Dichterin eingeht.

Den Anfang dieses Gedanken- und Bilderaustausches kann man als eine rein private Angelegenheit betrachten – mit der Zeit aber, wird dies ein fast schon öffentliches Dokument, denn zwischen 1913 und 1915 sind die Antworten der Dichterin in den namhaften Kunstzeitschriften jener Zeit zu finden.

Franz Marc ist darüber sehr erfreut – ich nehme an, dass die Tatsache dass sein Werk dadurch der Öffentlichkeit näher gebracht wurde, nicht ohne Bedeutung für ihn gewesen ist.

Es wäre noch unbedingt zu erwähnen, dass man diesen Kunst- und Gedankenaustausch nicht als einerseits Bilder, andererseits Texte sehen darf. Denn beide schreiben und malen oder zeichnen auch zugleich.

Ich möchte hier auch daran erinnern, dass wir es zum großen Teil dem Entgegenkommen der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin/DDR verdanken, wenn im Jahr 1954 die Veröffentlichung dieses Gedanken- und Bilderaustausches zustande kam.

Zum Abschluss dieses Beitrags, noch eine der Grußkarten von Franz Marc:

Turm der blauen Pferde

Auf der Rückseite ist zu lesen:

>>Vielen, vielen Dank liebe Freundin für die schönen Bücher und die Widmung und den Gruß an meine Mareia.

Wollen wir Samstag zusammenkommen? Abends können wir leider nicht, aber sooft am Tage, wann Sie wollen. Schreiben oder telefonieren Sie uns, ja?
Gutes neues Jahr und Gruß an Paulchen.

Ihr Fz. M. u. M.<<

Diese Postkarte ist eigentlich ein Entwurf zum späteren Gemälde mit dem gleichen Titel.

(Fortsetzung folgt)

--
miriam

"Turm der blauen Pferde" gefällt mir ja besonders
gut.

Übrigens hatten sowohl Kandinsky als auch Marc
und Else Lasker Schüler eine ganz besondere
Vorliebe für die Farbe Blau.

Hier aus ihrem Gedichtband das blaue Klavier
eines meiner Lieblingsgedichte von ihr.

Mein blaues Klavier

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielten Sternenhände vier
Die Mondfrau sang im Boote
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür
Ich beweine die blaue Tote.
Ach liebe Engel öffnet mir
Ich aß vom bitteren Brote
Mir lebend schon die Himmelstür
Auch wider dem Verbote.

Else Lasker - Schüler

@Ninna

Ja, mir gefällt das Bild "Turm der blauen Pferde" auch sehr, sehr gut.

Und auch dein eingestelltes Gedicht hat mich berührt!

hisun