Anthropologie / Psychologie "Toxische Persönlichkeit" - Modewort oder was ist tatsächlich dran und wie geht ihr mit Verhalten um, daß ihr als "toxisch" empfindet?
Doch sicher ist nicht jeder, dessen Verhalten von anderen als "toxisch" wahrgenommen wird, von dieser Persönlichkeitsstörung betroffen."Schwierig aber durchaus machbar" 😉
Vielleicht gibt es auch leichtere Fälle? Oder Menschen, die nur Tendenzen zu narzisstischem Verhalten haben, mit denen der Umgang schwierig, aber durchaus machbar ist?
Wahrscheinlich gilt auch in solchen Fällen: Erkennen, dass er/sie nun mal so ist und eh nicht offen ist für Veränderungen. Somit keine unnötige Energie darauf verwenden etwas am Verhalten des Gegenübers ändern zu wollen...
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Mareike
Vielen Dank für diesen Link, Mareike!
Bei dem Gespräch, das der Auslöser für meine Internetsuche über toxische Persönlichkeit war, ging es genau um so eine Konstellation, in der Perfektionismus auf beiden Seiten eine große Rolle spielt.
Diesen Zusammenhang habe ich noch gar nicht gesehen.
Zu den gefährdeten, aber noch nicht ausgestorbenen Wörtern zählt die Demut.
Demut als Lebenshaltung bewahrt vor Allmachtsfantasien.
Alles wirklich Große macht demütig - jedenfalls den, der um Größe weiß und sich nicht für den Größten hält.
Das zu erkennen ist ein weiter Weg ...
Nun habe ich mir diesen hochinteressanten Thread einmal komplett durchgelesen und denke, dass ich dazu etwas beitragen kann.
Ich bin unter einem narzisstischen Vater und einer schwachen Mutter großgeworden. Meine ältere Schwester war das sogenannte goldene Kind und ich das schwarze Schaf der Familie. Vater, Mutter und Schwester benutzten mich als Fußabtreter, wodurch ich zwangsläufig ein sehr geringes Selbstwertgefühl entwickelte.
Erst im Alter von 42 Jahren begann ich meine schreckliche Kindheit aufzuarbeiten, mit Hilfe von Büchern der Autorin Alice Miller und des Autors Peter Lauster. Das waren für mich die Augenöffner.
Um mich selbst vor weiteren Angriffen meiner Eltern zu schützen, brach ich den Kontakt zu ihnen irgendwann ab.
Meine Schwester zeigte leider weiterhin dieses toxische Verhalten mir gegenüber, was ich aber noch einige Jahre ertrug, weil wir uns ja selten sahen. Sie wohnt ca. 300 km weit von mir weg. Das Ganze eskalierte allerdings nach dem Tod unserer Eltern und als für mich das Fass zum Überlaufen kam, verbat ich mir, weiterhin von ihr als Fußabtreter missbraucht zu werden. Ihre Reaktion darauf war der sofortige Kontaktabbruch, der nun seit Februar 2022 besteht. Sie straft mich mit eisigem Schweigen ab.
Zwei Versuche meinerseits, den Kontakt wieder herzustellen, prallten an ihr ab. Nun will ich auch nicht mehr, denn es ist meine Aufgabe mich um mein physisches und psychisches Wohlergehen zu kümmern und ich renne niemandem vergeblich hinterher, der meint, mich mit Schweigen bestrafen zu müssen. Dennoch schmerzt mich diese Situation sehr und ich denke nahezu täglich an meine Schwester.
Es ist wie es ist. Ich kanns nicht ändern.
LG,
Drachenmutter
Ja, das hast du sehr Recht, Mareike.
Und auch das fast ausgestorbene Wort "Genügsamkeit".
Man muß nicht immer das bestmögliche erreichen, nur weil es irgendwie machbar ist - der Preis dafür und die Verluste/Schäden auf dem Weg dahin sind manchmal zu groß. Dann ist es besser, sich mit dem "Zweitbesten" oder sogar noch weniger zufrieden zu geben und das (gemeinsam) zu genießen, statt irgendwelchen sehr hoch gesteckten Zielen hinterher zu hechten und dabei vergessen, den gegenwärtigen Augenblick gut zu leben und andere gut leben zu lassen.
Auch das ist nicht so leicht zu erkennen und auch zu realisieren - angesichts der allgegenwärtigen Werbung, die anderes suggeriert.
Vielen Dank für deinen aufwühlenden Bericht, Drachenmutter, es muß furchtbar sein, als Kind und noch so viele Jahre lang später mit solcher Abwertung leben zu müssen von Seiten der Menschen, die einem an allernächsten stehen und auf deren Liebe man so sehr angewiesen ist!
Ich finde es sehr gut, daß du das aufarbeiten könntest.
Es schmerzt natürlich sehr daß die Position deiner Schwester so verhärtet ist, daß du keinen Zugang zu ihr findest. Leider hat die Konstellation in deiner Familie ja sehr lange so angedauert. Und du hast - erzwungenermassen - dich damit auseinander gesetzt und zwar erfolgreich. Du bist in deiner Persönlichkeitsentwicklung weiter voran gekommen. Deine Schwester leider nicht, wie es scheint. Sie wird sich wohl auch nicht damit auseinander setzen, wenn sie es nicht muss. Sehr schade.
Ich sehe auch keine Möglichkeit, wie du zu ihr durchdringen könntest.
Vielleicht hat ja jemand von den anderen Gesprächsteilnehmern eine Idee vielleicht ja sogar Erfahrung.
Mir ist der Begriff in dem Zusammenhang zu schwülstig, wer geht schon demütig durch die Welt um sein Leben zu meistern oder seine Probleme zu lösen?
Es sind andere Eigenschaften, die vielen Menschrn fehlen, das hat was mit Liebe, Bereitschaft,
Zurückgenommenheit, Bescheidenheit, Einsatz, Verzicht, und ähnlichen Dingen zu tun,
ich war nie demütig, aber bereit, mich über meine Grenzen hinaus einzubringen und einzusetzen, wenn es nicht mehr ging, habe ich Leute bezahlt, die meinen Part übernahmen bis ich wieder fit war, dafür wohnen wir jetzt in einer Mietwohnung und nicht im eigenen Haus, aber wir haben ein gutes Leben und sind mehr als zufrieden, weil es mir so über die Jahre hinweg gelungen ist, gerade mit und wegen meiner Standhaftigkeit, das größte Problem zu lösen!
Edita
Liebe Drachenmutter
Es ist wie es ist. Ich kanns nicht ändern.
LG,
Drachenmutter
"Sich mit den Realitäten, so wie sie sind, auseinanderzusetzen und die als Realität zu akzeptieren", das ist der Weg der Verarbeitung.
Und weißt du wer das u a sagt? Der Sohn von Alice Miller.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/es-war-nicht-schoen-der-sohn-von-alice-miller-zu-sein-
Alles Gute für Dich!
Mareike
"Demütig"
wahre Demut ist im Grunde geprägt von Liebe, Bereitschaft,
Zurückgenommenheit, Bescheidenheit, Einsatz, Verzicht, und ähnlichen Dingen.
Für mich war ein Gedicht von Rilke sehr hilfreich:
Und zwar folgender Satz:
zu Wirklichkeit gereift
Realitäten hinnehmen
eine gute Portion Courage
die Bereitschaft sich nicht ZU wichtig zu nehmen.
Mareike
„Der Demütige erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt. Ähnliche Begriffe sind Selbstverleugnung und Servilität. Allgemein wurde die Demut definiert als Liebe zum Dienen, Selbsterniedrigung, tiefe Bescheidenheit, Unterwürfigkeit, Ergebenheit und Humilität“
Das wird allgemein unter Demut verstanden, und nichts davon trifft auf mich zu, ich wollte auch immer was erreichen, aber nicht um jeden Preis und schon gar nicht „um etwas Höheres anzuerkennen“, ich wollte nur erreichen, daß meine Tochter sich wie ein Mensch fühlen kann und nicht wie ein liegender Klumpen Fleisch mit zappelnden Ärmchen und Beinchen dran!
Edita