Anthropologie / Psychologie sind wir von Natur aus Lügner?

Beim Lügen oder Schummeln sollte man halt auch noch über ein gutes Gedächtnis verfügen, um sich zu merken, bei wem was gelogen wurde.

Widersprüchlichkeiten machen dann nämlich unglaubhaft, auch wenn ausnahmsweise die Wahrheit gesagt wird

bongoline

Ich stelle mal hier die Frage zur Diskussion, ob Menschen von Natur aus Lügner sind oder ob sich der Mensch das Lügen angewöhnt hat, weil es ihm das Leben erleichtert.(...)

Ich denke, den meisten Menschen liegt es in den Genen (zum Erhalt von Frieden innerhalb einer Gruppe, eine soziale Fähigkeit, die auch missbraucht wird.). Sobald sie den Bogen raushaben, machen sie von der Möglichkeit des Lügens auch Gebrauch - das kann völlig unabhängig von der Erziehung sein.
Menschen die nicht lügen (können), weisen meist irgendeine Störung auf.
Ich denke das Lügen kommt mit der Entwicklung der ToM (Theory of Mind). Die ToM entwickelt sich bei Kleinkindern idR bis zu ihrem vierten oder fünften Lebensjahr herum und verleiht ihnen mit Abschluss der Entwicklung die Eigenschaft zu erkennen, dass ein Gegenüber eine falsche Überzeugung haben kann. Weiter können sie sich nun in ihr Gegenüber hineinversetzen und verstehen, wie er reagieren könnte, was er wollen könnte und ganz besonders eben, dass er nicht über den gleichen Wissensstand verfügen muss, wie sie selbst.
Das heißt, sie erkennen, dass jemand z.B. über Dinge nicht aufgeklärt sein kann, die in seiner Abwesenheit geschehen sind - wenn ein Kind also etwas kaputt macht und es war außer ihm niemand da, versteht es, dass es Mama und Papa nicht wissen können, was es gerade tat. Wenn Mama und Papa also fragen, kann es sagen was passiert ist - oder, es lügt.
Mit Entwicklung der Fähigkeit des Mitgefühls, verfeinert der soziale Mensch sein Gespür dafür, was andere wollen.
Er lügt dann beispielsweise in Situationen, wo er spürt, dass sein Gegenüber an der Wahrheit gar nicht interessiert ist - er sagt das, was er meint, was sein Gegenüber hören möchte.
Menschen die nur noch lügen halte ich hingegen auch wieder für gestört. Es sind meistens Menschen, die Konfrontationen scheuen oder allgemein nicht oder nur schlecht mit Hindernissen umgehen können - also gerne den einfachen Weg wählen - oder jene, die sich durch Lügen mehr Aufmerksamkeit erhoffen.

Allgemein denke ich, eine unterentwickelte ToM kann dazu führen, dass Menschen gar nicht oder nur äußerst selten lügen. Die Kehrseite dabei ist, dass sie dafür Lügner auch nur viel schwerer erkennen und häufiger auf Täuschungen hereinfallen.

Laut verschiedenen Forschungsergebnissen lügen wir mehrfach am Tag, wobei einige Forscher sagen, dass wir rund 12,5 x pro Stunde lügen, während andere behaupten, dass wir in einem 10-minütigem Gespräch rund 2 mal die Unwahrheit sagen.

Zeitungen und Zeitschriften wie SPIEGEL, Süddeutsche, Zeit, Klatschmagazine etc. schreiben ja häufig von einem Schnitt von 200 Lügen pro Tag. Das halte ich für Blödsinn.
Selbst, wenn man nicht wahrheitsgemäße Antworten auf Floskel-Fragen wie "Wie geht's?" mit einrechnet oder die zahlreichen Momente in denen Menschen dazu neigen sich selbst zu belügen, kann ich nicht glauben, dass wir auf einen Schnitt von 200 Lügen am Tag kommen - und das an jedem Tag. Je nachdem wie viel Kontakt man zur Außenwelt hat, hieße das an einem Tag lüge ich vllt. nur 10 mal, am nächsten Tag dafür 390mal. Das ist gar nicht zu schaffen - zumindest für mich nicht.

Wie denkt ihr darüber und wie oft lügt ihr am Tag?

Ich kann es nicht. Ich habe es einige Male auf Empfehlung versucht, weil ich mir schon häufig Vorteile zerstört habe oder höchst ungerecht behandelt wurde, weil ich so doof war die Wahrheit zu sagen. Aber jedes Mal, wenn ich mir vornehme: "Dieses Mal lügst du!" geht es schief. Die Wahrheit platzt einfach aus mir heraus. Entweder so oder ich schweige.
Wenn ich Gefahr laufe, jemanden mit der Wahrheit zu verletzen, was ich auf keinen Fall möchte, verpacke ich die Wahrheit quasi in Watte.
Bsp: Eine Freundin kauft sich eine Hose, die eindeutig eine Nummer zu klein ist und fragt, wie ich die Hose finde. Dann könnte ich sagen: "Du brauchst 'ne Nummer größer. Da quillt überall dein Fett raus, siehst du das denn nicht?!" Oder ich sage: "Die Hose hat einen schlechten Schnitt und lässt dich fülliger erscheinen, als du bist."
Ob die Freundin nun zu dick für die Hose ist oder die Hose nicht über die Freundin passt ist dabei egal - Fakt ist, sie passt nicht.
Dann übertrage ich lieber die Schuld auf die Hose, als meine Freundin zu verletzen, dass sie glauben könnte sie sei dick (wenn sie es nicht ist, aber für die Hosengröße eben nicht dürr genug).
Auf diese Weise wurschtel ich mich durch den Tag

Mag ja sein Klaro - aber wir wissen doch: drei Wissenschaftler in einem Ressort = drei Meinungen und Aussagen. Olga

Ich glaube nicht, dass wir alle Lügner sind und würde eher sagen, dass das Lügen AUCH eine menschliche Eigenschaft ist, die als Gegenpol zur Wahrheitsliebe und Ehrlichkeit auch in uns angelegt ist.

Mancher baut sich ja ein ganzes Gerüst zusammen aus lauter Lebenslügen weil seine Wirklichkeit ihm zu unspektakulär erscheint und weil er durch Lügen eine gewisse Bedeutung erlangen möchte.

Diese Art von Lügen, überhaupt das bewußte Lügen hat was mit einem gestörten Selbstbild zu tun, wohingegen so kleine unwichtige Notlügen die über den Alltag retten, nicht besonders wichtig zu nehmen sind.....meine ureigene Meinung

Beim Lügen ertappt zu werden ist eine der peinlichsten Situationen die ich mir vorstellen kann, schon aus diesem Grund bleibe ich möglichst bei der Wahrheit.

Caya

Nachtrag,
nein, nicht aus dem zuletzt genannten Grund lüge ich möglichst nicht, sondern weil es mir widerstrebt.

Mag ja sein Klaro - aber wir wissen doch: drei Wissenschaftler in einem Ressort = drei Meinungen und Aussagen. Olga

möglich, aber auf der anderen Seite...eine gewisse Intelligenz sollte vorhanden sein, denn sonst geht die Lüge gleich in die Hose bzw. derjenige kommt erst gar nicht auf die Idee, sich durch eine Lüge zu schützen.

Klaro

ich habe unseren Kindern und Enkelkindern immer erklärt, Lügen ist viel zu anstrengend,es bringt im Leben einfach nichts! Und das es eben unrecht ist sowieso. Und das mit der Notlüge ist auch nicht so einfach!

caya,

ich bin bekannt als "grader Michl" und wenn jemand die Wahrheit wissen will, er kann sie bekommen. Wenn er sie aber nicht verträgt, dann beiß ich mir lieber auf die Zunge, als Schleim fließen zu lassen.

Bedenke mal, wie oft zwingen irgendwelche Gründe, mit der Wahrheit hintern Berg zu halten.

Mimosen, die in Tränen ausbrechen, wenn man die Wahrheit sagt,

Leute, die regelrecht agressiv und ausfallend reagieren, wenn sie nicht das zu Hören bekommen, was sie wollen,

eine, von sich überzeugte "Schönheit", jessas nur nicht dem Hascherl sagen, was wirklich Sache ist

Ich weiß jedenfalls, mit der Wahrheit komm ich weiter, ich hab halt dann nicht an jedem Finger 50 "Freunde" mir reichen die handvoll, die das Prädikat "ehrliche" verdienen.

bongoline
die sich überhaupt nicht gern aus Rücksichtnahme zum Lügen verleiten läßt

ich wurde sehr streng erzogen in Sachen "Wahrheit". Als Kinder haben wir aus purer Angst vor unserer Mutter gelogen. Später stellten wir dann "amüsiert" fest, dass sie selbst eine der grössten "Wahrheitsverbiegerinnen" war, die zumindest ich in meinem Leben kennenlernte. Olga

Notlügen - weil man nicht "nein" sagen mag! Ich erinnere mich an eine Situation mit meiner damals 8-jährigen Tochter: wir trafen eine Bekannte, die uns freundlich zu sich einlud, zu deren Einladung ich aber keine Lust hatte und mich damit entschuldigte, dass wir Hausbesuch bekämen ! Daraufhin schaute mich mein Kind grossäugig und sagte: aber Mama, es kommt doch niemand!
Eine scheussliche Situation (und was für ein Beispiel für mein Kind)!

Das ist schon lange her und NIE WIEDER passiert. Aber vergessen habe ich es nicht.
Val

Beim Lesen dieses Threads musste ich jetzt schmunzeln! Ganz vehement wird hier auf der Wahrheit über und bei Anderen bestanden, ist das wirklich das Thema hier??? Ich habe das so verstanden, daß es um die Wahrheit um sich selber geht, oder nicht ?

Edita