andere gesellschaftliche Themen Ist die Todesstrafe noch mit irgend etwas zu rechtfertigen
Befasst man sich mit dem fünften Gebot und der Frage, weshalb sich die kath. Kirche erst 2018 gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat, dann stellt man fest, dass selbst im Christentum die Ethik eine Frage der Auslegung zu sein scheint.
Eine echte Hilfe war mir das fünfte Gebot jedenfalls nicht.
Was bleibt ist, sich selbst zu hinterfragen und dabei weder Opfer noch Täter die auch Opfer sein können zu vergessen.
Meine derzeitige Haltung dazu ist: Jemand der tötet ohne Not, ohne sein Leben oder das eines anderen zu verteidigen, ohne dass es ein Unfall wäre, ohne dass er ein hilfloses Wesen schützen wollte, ein Mörder ist. Und nein, den Soldaten an der Front zähle ich nicht dazu. Wohl aber einen Soldaten der Gefangene abknallt.
Damit ist für mich die Todesstrafe ein legitimierter Mord und die, die sie aussprechen, nicht verhindern obwohl sie könnten oder durchführen sind in meinen Augen nicht besser als der Mörder selbst. Nur selbstgefälliger.
Womit begründet man die Todesstrafe - auch in den USA?
Mit Strafe? Oder mit dem Schutz der Gesellschaft vor Gewalttätern? Abschreckung? Sühne?
Strafen kann man auch anders. Und würde man "lebenslänglich" auch wirklich lebenslänglich anwenden, dann wäre das mindestens so abschreckend wie die Todesstrafe. Der Gedanke, den Rest seines Lebens tatsächlich nur noch zwischen Gefängnismauern verbringen zu können ist Strafe genug. Man muss sich das nur einmal wirklich, in aller Deutlichkeit und mit allen Konsequenzen vor Augen führen. Was es für einen Menschen bedeutet in einer (dann natürlich auch nicht komfortablen) Zelle zu sitzen ist auch Sühne genug - zumindest wenn dieser Mensch nicht schon am Ende seines Lebens steht.
Vor allem hat er damit auch ausreichend Möglichkeit über sein bisheriges Handeln nachzudenken. Letzteres verhindert die Todesstrafe.
Sofern man die Täter dann nicht vorzeitig entlässt oder mit Freigang beglückt oder an Neurologische Kliniken übergibt die nicht ausreichend gesichert sind sollte das Schutz genug für die Gesellschaft sein.
Und vor allem wäre das auch Schutz der Nichttäter, der Richter, des Henkers, der anderen Entscheider vor einem Fehlurteil und damit zumindest vor Totschlag. Denn etwas anderes ist es nicht, wenn ein Mensch hingerichtet wurde obwohl er unschuldig war. So unwahrscheinlich ist das ja nun auch wieder nicht.
Einzig in Zeiten, in denen es Völker und Lebensformen gab die sich keine Gefängnisse leisten konnten oder die nicht sesshaft waren und somit ein in Gewahrsam nehmen schwierig bis unmöglich, ist für mich die Todesstrafe als Schutz der Bevölkerung vor Mördern zu rechtfertigen. Aber wo haben wir das denn in den Ländern in denen die Todesstrafe angewandt wird. Mir fällt keines ein.
Im vorliegenden Fall kommt auch noch besondere Grausamkeit und Gleichgültigkeit der Entscheider hinzu. Da frage ich mich dann zusätzlich noch, was das Motiv dafür war.
Ich habe mich auch gefragt, ob ich diese Haltung bei Naziverbrechern (siehe u.a. Nürnberger Prozesse und die dort ausgesprochenen Todesurteile) einnehmen würde. Und ja, ich sehe das auch bei diesen Monstern so. In meinen Augen ist ein Leben mit der grösst möglichen Beschränkung die höchste Strafe. Im Grunde waren die Todesurteile eine Gnade.
Wenn es uns um Sühne und um Gerechtigkeit geht, dann wäre es m.E. angebrachter über die Strafbedingungen unter denen ein Lebenslänglicher im Gefängnis sein Dasein fristen darf nachzudenken und ein Lebenslänglich tatsächlich lt. Definition praktiziert und nicht nach lockeren 15 Jahren beendet. Nicht nur ich empfinde diese 15 Jahre als den blanken Hohn.
Ich glaube auch nicht, dass es den Opfern oder den Hinterbliebenen der Opfer wirklich eine Genugtuung ist wenn der Täter hingerichtet wird.
Oder die Nürnberger Prozesse. Da sehe ich die Todesstrafen als völlig gerechtfertigt an, wie auch bei Adolf Eichmann. Rudolf Heß war einer der 24 Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Heß wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von vier Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1987 beging er im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau Suizid. Da war er 93 Jahre alt.
Wer tot ist leidet nicht mehr. All die, die hingerichtet wurden hatten im Grunde ein gnädiges Ende. Für meinen Geschmack zu gnädig.
Dass ein echtes Lebenslänglich mehr Strafe sein kann als der Tod belegt Heß mit seinen 4 Selbstmordversuchen.
Ich zitiere mal Wiki:
Heß unternahm mindestens vier Suizidversuche. So stürzte er sich am 16. Juni 1941 von einem Balkon in Mytchett Place,[35] am 4. Februar 1945 stieß er sich ein Brotmesser in die Brust,[105] am 26. November 1959 zertrümmerte er seine Brille und schnitt sich mit einer der Scherben die Pulsadern auf,[106] am 22. Februar 1977 unternahm er das gleiche mit einem Messer.[107]
Am 17. August 1987 tötete Heß sich selbst,[108] indem er sich mit einem an einem Fenstergriff befestigten Verlängerungskabel erhängte.
Die im Titel aufgeworfene Frage beantworte ich mit Nein.
Rechtsstaaten lehnen Vergeltung oder Rache ab. Das zur Anwendung kommende Strafmaß muss Resozialisierung beinhalten.
Amnesty International setzt sich aus guten Gründen weltweit gegen die Todesstrafe ein. Das unterstütze ich.
Bei allem Verständnis, aber den Ansatz der Resozialisierung ist bedauerlicher Weise bei einigen doch ziemlich schief gegangen.
Zudem erachte ich das Interesse der Opfer oder dessen Angehörigen als höher als das des Verbrechers. Und auch dessen möglichen Wunsch nach Vergeltung. Vergeltung kann auch Heilung mit sich bringen. Wobei ich Vergeltung im Sinne von "Auge um Auge" ablehne. Strafe ja, Sühne ja, aber nicht in der Form, dass Menschen das gleiche tun was man dem Mörder vorwirft. Nämlich einem Menschen das Leben nehmen ohne dass die Notwendigkeit im Sinne von Schutz gegeben wäre.
Dem von Dir zitierten Text kann ich nur zustimmen. Todesstrafe vollziehen ist per Gesetzt legalisierter Mord und damit unterscheiden sich die Vollstrecker und Richter, die das Urteil fällen, durch nichts von Mördern.
Das Argument, eine Freiheitsstrafe bis zum Tod würde letztlich größeres Leid für den Verurteilten bedeuten als ein schmerzloser Tod, wird von Utilitaristen sowohl für als auch gegen die Todesstrafe ins Feld geführt
Der Jenaer Philosoph und Publizist Matthias Warkus schrieb dazu im Wissenschaftsmagazin "spektrum.de"
Wie Menschen handeln sollten, ist Gegenstand der Ethik. Fragen nach Leben und Tod können als »Königsdisziplin« der Ethik betrachtet werden; dies geht so weit, dass populäre Vorstellungen davon, womit sich philosophische Ethik überhaupt beschäftigt, seit einigen Jahren zunehmend um Dilemmata kreisen, bei denen Menschenleben gegeneinander abgewogen werden müssen. Es liegt also nahe, sich zu fragen, was die Philosophie von der Todesstrafe hält. Hätte das Gericht in Fort Lauderdale den Angeklagten zum Tode verurteilen müssen? Haben diejenigen in der Jury, die den einstimmigen Beschluss verhindert haben, unmoralisch gehandelt?
Einer traditionellen Vorstellung zufolge handelt es sich bei der Todesstrafe um einen Akt der Vergeltung, der mit dem Täter das geschehen lässt, was er seinem Opfer angetan hat – »Ain mörder soll man mörden«, wie es der deutsche Theologe Johann Eberlin von Günzburg 1521 lakonisch ausdrückte. Dieses Argument wird von berühmten Vertretern der philosophischen Ethik geteilt, allen voran von Immanuel Kant (1724–1804).
Wirklich vergelten kann man einen Mord nicht
Man kann allerdings einiges dagegen einwenden, unter anderem, dass eine wirklich exakte Vergeltung eines Mordes nie möglich ist. So kommen Mordopfer häufig auf grausamere Weise ums Leben als Hingerichtete, die zum Beispiel durch eine Giftinjektion getötet werden. Im Gegensatz dazu wissen sie allerdings in der Regel nicht Monate oder Jahre im Voraus, was auf sie zukommt.
Wenn die Vergeltung also abstrakt ausgestaltet wird, ist nicht völlig klar, warum die dem Staat zugestandenen Vergeltungsmittel ausgerechnet ein Töten ohne Qualen einschließen sollen, Folter ohne Tod oder gar Folter bis zum Tod jedoch nicht. Letztlich gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen Konzepten der Todesstrafe als Vergeltung. Berühmt ist zum Beispiel jenes von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), der es geradezu als eine Beleidigung des Mörders als Vernunftwesen ansah, ihn nicht zu töten. Doch all diese Konzepte haben ihre eigenen Probleme.
Steigt man von den Höhen der Abstraktion hinunter zu utilitaristischen ethischen Überlegungen, die ein Handeln daran messen, welchen Nutzen eine Gemeinschaft als Ganze netto daraus zieht, wird es nötig, sich damit zu beschäftigen, welche Folgen die Todesstrafe hat. Zahlreiche Überlegungen, die hierzu ins Feld geführt werden, könnten Ihnen bereits bekannt sein. Sie sind gern gesehene Themen im Ethik- und Religionsunterricht sowie für Bewerbungsaufsätze und Debattierclubs. So ist die Implementierung der Todesstrafe in modernen Rechtssystemen zum Beispiel sehr aufwändig. Gleichzeitig lassen sich Justizirrtümer nicht ausschließen. Auf der Habenseite ist der Nutzen nur schwer kalkulierbar, da die Todesstrafe Studien zufolge kaum Abschreckungswirkung hat. Das Argument, eine Freiheitsstrafe bis zum Tod würde letztlich größeres Leid für den Verurteilten bedeuten als ein schmerzloser Tod, wird von Utilitaristen interessanterweise sowohl für als auch gegen die Todesstrafe ins Feld geführt. Das deutet darauf hin, dass große Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, welches Leid hier eigentlich mit welchem Nutzen für wen abgewogen werden soll.
Hier wurden schon Arbeitslager und Steinbrüche als mögliche "Höchststrafe" genannt - ja, warum lässt man solche Straftäter, Mörder zumeist, zum Beispiel nicht nach seltenen Erden oder dem skandalösen Rohstoff Kobalt schürfen , überall dor, wo unschuldige Kinder diese dreckige und gefährliche Arbeit verrichten müssen? Kobalt wird vor allem im Kongo abgebaut und dort hat man auch entsprechend ausgebildetes Wachpersonal, das den Verurteilten eine Flucht unmöglich macht. Immerhin könnten so einige Kinderleben gerettet werden - nur so als Idee.
Und nochmals zur Kritik durch einige Damen an meiner Person: Der letzte Satz meines EIngangsbeitrags sollte zur Diskussion anregen, das haben auch alle verstanden - mir daraus einen Strick drehen zu wollen ist unanständig.
nd - der jetzige Präsident der USA hätte ausreichend Zeit gehabt, diese unmenschliche und qualvolle Tötung in Alabama zu verhindern, warum hat er das nicht getan?
In dieser Absolutheit, so wie ich es formuliert habe, kann man es wohl nicht stehen lassen. Ich will mich auch mit diesem "soll" in Gebot No. 5 nicht herausreden. Man könnte den Gedanken ja ausweiten, bis zu der Frage 'wann beginnt Leben?' oder darf man es bei 'Selbstverteidigung' tun ... und diesen Fragenkomplex noch beliebig ausweiten.das gilt für Menschen, aber auch für staatliche Institutionen. Niemand hat das Recht einen anderen Menschen zu töten. Hat er es dennoch getan, so hat trotzdem niemand das Recht, es dem gleich zu tun ...das gilt auf dem Level des individuellen Tötungsverbot.
Nun mal -nur so als Gedanke - dieses doch als absolut zu verstehende Tötungs- Verbot auf die kollektive Ebene angewandt, aus dem Einzelnen, der des Mordes beschuldigt werden viele Einzelne, werden Soldaten, die Töten dürfen, ja müssen und dafür natürlich nicht bestraft, sondern belohnt werden. "Strafe ", Sühne, (Rache?) wird dann erfolgreich sein, wenn die eine Seite mehr Menschen tötet, als die andere (mangels Nachschub an 'Henkern')
Nur mal so als unbequemes Gedankenfutter, um das ethische Dilemma des verbotenen und des erlaubten Homizids aufzuzeigen. Homizid bleibt aber Homizid, ein Gut oder Schlecht gibt es - zumindest für mich - nicht.
Der Einzelne allein hat das Recht nicht, der Einzelne als Teil einer autorisierten Masse aber schon, auch wenn das humanitäre Völkerrecht das Töten natürlich verbietet.
Meine, mich nicht ganz zufrieden stellende Antwort: das Tötungsverbot macht nur dann Sinn, wenn es eine Autorität gibt (staatliche Organe), die es durchsetzen und sanktionieren können. Auf supranationaler Ebene gibt es so eine anerkannte, starke Autorität nicht, sieht man mal von einem möglicherweise 'letzten Gericht' ab.
Ich möchte dann bei dem aktuellen Fall in USA bleiben. Da bin ich der Meinung, dass ein Staat nicht das Recht hat, einen Menschen zu töten. Der Mann war in sicherem Gewahrsam, von ihm ging keine Gefahr mehr aus, und dennoch wurde er getötet ... dies ist m.E. nicht vertretbar.
Aber der Tenor nahezu aller Beiträge geht ja auch in diese Richtung ...
MarkusXP
Bruny hat uns doch schon im Trump-Thread erklärt, dass kein Präsident der USA Einfluss nehmen kann auf die Bundesländer, die eine Exekution derTodesstrafe durchführen wollen.
nd - der jetzige Präsident der USA hätte ausreichend Zeit gehabt, diese unmenschliche und qualvolle Tötung in Alabama zu verhindern, warum hat er das nicht getan?
Dieser Todesstrafe auf Bundesebene (also ohne Berücksichtigung der Unabhängigkeit derBundesstaaten) nützte Trump in den letzten 6 Monaten seiner Amtszeit noch gewaltig aus, in dem durch seine Entscheidung noch sehr viele Todesurteile vollstreckt wurden.
DAs änderte Biden, in dem er die Todesstrafe auf Bundesebene aussetzte und die verbliebenen Bundesländer, die sie noch anwenden, unabhängig in ihren Entscheidungen sind. Olga
Hier wurde auch auf das Töten im Krieg eingegangen ,dass jedoch ein weitaus differenzierter Vorgang ist, man bedenke nur Fahnenflucht, Verrat usw.
Was bisher auch wohl nicht betrachtet wurde, ist Polizei und Grenzschutz.
Begonnen hat die Diskussion aber mit der Vollstreckung.
lupus
Hier wurde auch auf das Töten im Krieg eingegangen ,dass jedoch ein weitaus differenzierter Vorgang ist, man bedenke nur Fahnenflucht, Verrat usw.
Was bisher auch wohl nicht betrachtet wurde, ist Polizei und Grenzschutz.
Begonnen hat die Diskussion aber mit der Vollstreckung.
lupus
ja, ich bin auch in diese Richtung abgeschweift weil ich vom Gedankenansatz:
5. Gebot: Du sollst nicht töten
her komme und ich denke ich sollte schon begründen weshalb ich einen Soldaten an der Front nicht Mörger nennen würde, einen Richter der ein Todesurteil ausspricht oder der Vollstrecker des Urteils durchaus dort verorte.
Ich zitiere @Malinka:
"nd - der jetzige Präsident der USA hätte ausreichend Zeit gehabt, diese unmenschliche und qualvolle Tötung in Alabama zu verhindern, warum hat er das nicht getan? "
Auf die USA bezogen, stand folgende Möglichkeit offen:
Wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist, können zum Tode Verurteilte noch beim Gouverneur des jeweiligen Bundesstaats ein Gnadengesuch einreichen.